Dass es auf dem Bau und insbesondere im Gebäudesektor oft nur schleppend vorangeht, hat zahlreiche politische und wirtschaftliche Gründe, über die ausführlich aber teilweise wenig faktenbasiert gestritten wird. Nicht jedes Problem hat nur eine einzige Ursache. Für viele Lösungen, die sinnvoll erscheinen und mit wenig Aufwand umgesetzt werden könnten, gibt es keine Mehrheiten, für manche nicht einmal eine Öffentlichkeit.
Einer Studie von Forschenden der University of Virginia zufolge, die in der Wissenschaftspublikation Nature erschien, tendieren wir Menschen dazu, beim Verändern einer problematischen Situation lieber etwas hinzuzufügen als etwas wegzulassen. Die Forschung nennt das „additive bias“ und es könnte u. a. damit zu tun haben, dass „mehr“ besser bewertet wird als „weniger“. Weniger kann aber Situationen oft vereinfachen und zugleich verbessern.
Derzeit wird viel über Bürokratieabbau gesprochen und im deutschen Bausektor gibt es in der Tat zahlreiche Vorschriften, die Prozesse verlangsamen oder gar zum Erliegen bringen. Die Schweiz etwa hat viel weniger Normen und kann trotzdem auf einen beispielhaften Baubestand verweisen. Bei der Forderung einiger Parteien, für jede neue Regelung zwei alte abzuschaffen, ist dennoch Vorsicht geboten, denn das Identifizieren von Regeln, die tatsächlich überflüssig und nicht lediglich unbequem sind, kann ebenfalls aufwändig sein und neue, potenziell wichtige Gesetzesinitiativen verlangsamen oder gar verhindern.
Moderne Gebäudetechnik hat sich zuletzt mehrfach des Themas Projektmanagement und insbesondere der Integrierten Projektabwicklung (IPA) angenommen. Das Modell in seiner Gänze ist eher für Großprojekte geeignet, hat aber diverse transformative Merkmale, die sich für Vorhaben jeder Größe empfehlen. Hier wird zudem ein Weg beschritten, der automatisch mit weniger Bürokratie, Ärger und unnötigen Auseinandersetzungen auskommt. Er involviert viel direktes Miteinanderreden und Methoden wie BIM und Lean. Er erzeugt echte Teams statt eines aufgesetzten „corporate team washing“ und führt zu besseren Projektergebnissen - im vorabgestimmten Zeit- und Kostenrahmen.
Bauherrn, Planungs- und Baubeteiligte haben mir wiederholt bestätigt, wie wichtig die TGA-Fachplanung ist, aber auch beklagt, wie schwer es ist, aus diesem Segment Partner für IPA-Projekte zu gewinnen. Einer der Gründe ist der Fachkräftemangel und die daraus resultierenden Belastungen für die Büros. Zudem sind gerade TGA-Fachplanende meist in viele parallellaufende Projekte verwickelt. Trotzdem möchten wir Sie ermutigen, sich Auschreibungen für IPA-Projekte einmal anzusehen. Unser Top-Thema ab S. 12 dreht sich um Projektmanagement und IPA, um BIM und indirekt auch um die Fachkräftegewinnung.
Ihre
MSc, Dipl.-Ing. Silke Schilling
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