Der neue Industriepark Mark 51°7 in Bochum soll mit einem der nachhaltigsten Energiekonzepte Europas ausgestattet werden: Aus Grubenwasser gewonnene Energie wird das Quartier künftig mit Wärme und Kälte versorgen.
Zum Heizen wird rund 30 °C warmes Grubenwasser aus einem 810 m tiefen Stollen hochgepumpt und durch Wärmepumpen auf rund 48 °C erwärmt, bevor es in das Fernwärmenetz eingespeist wird. Zur Kühlung wird rund 18 °C warmes Grubenwasser aus einem 340 m tiefen Stollen an die Oberfläche gepumpt und dort auf 10 °C abgekühlt.
Tauchkreiselpumpen zur Grubenwasserförderung
Zwei neue Tiefbrunnen werden jeweils mit einer Tauchkreiselpumpe (TKP) ausgestattet, um mehrere neue Gebäude mit Wärme und Kälte zu versorgen. Das maßgeschneiderte Pumpensystem, mit dem das Grubenwasser an die Oberfläche gefördert wird, wurde von Oil Dynamics GmbH geplant, gebaut und installiert.
Die größten Herausforderungen bei der Konzeptionierung waren der extrem große Betriebsbereich der Tauchkreiselpumpen und die häufigen Lastschwankungen. Der Energiebedarf des Mark 51°7 kann stark variieren - je nach Jahreszeit, Tageszeit, Wetter, Wochentag und anderen Faktoren. Die unterschiedlichen Energieanforderungen werden vom Pumpensystem durch Förderraten zwischen 30 und 150 m³/h abgebildet. Dabei muss die Pumpendrehzahl stets angepasst werden.
Während im Winter hauptsächlich aus dem tieferen, wärmeren Brunnen und im Sommer größtenteils aus dem flacheren, kälteren Bohrloch gepumpt wird, wird das System im Frühling und Herbst mit mehreren Richtungsänderungen am Tag betrieben. An einem typisch deutschen Frühlingstag, an dem es nachts und morgens immer noch kalt, ab Mittag aber sonnig und warm ist, würde die Anlage beispielsweise vom Heiz- in den Kühlbetrieb umschalten. Eine anlageschonende und gleichzeitig betriebswirtschaftlich effiziente Steuerung der Pumpenanlage wird derzeit mit Unterstützung der Software-Abteilung von Oil Dynamics entwickelt.
Effiziente Energiegewinnung
Die kürzlich vor Ort durchgeführten Pumpentests bestätigten die gewünschten Ergebnisse. Im Regelbetrieb wird die im Grubenwasser enthaltene Energie mehr als 75% des Heiz- und Kühlbedarfs aller angeschlossenen Gebäude des Gewerbeparks über dem stillgelegten Kohlebergwerk abdecken. Die Differenz wird durch ein Nahwärmenetz und konventionelle Kühlsysteme ausgeglichen.
Das vom Fraunhofer IEG und Stadtwerke Bochum entwickelte Projekt ist das erste große Industriegebiet, das durch eine Kombination aus Geothermie, Fernwärmenetzen, unterirdischen Speichern und Großwärmepumpen mit integrierter Wärme und Kälte versorgt wird. Derartige Wärme- und Kältenetze der fünften Generation, auch kalte Fernwärmenetze genannt, sind besonders effizient, da sie nur eine sehr niedrige Betriebstemperatur der zirkulierenden Flüssigkeit haben. So können die Wärmepumpen in den einzelnen Gebäuden je nach Bedarf Wärme oder Kälte aus dem Netz beziehen. Und: Im Vergleich zu Erdgas und elektrischer Kühlung bei MARK 51°7 wird die Energie aus Grubenwasser die Emission von etwa 3.200 Tonnen CO2 pro Jahr vermieden.
Das Marktpotenzial dieses Energiekonzepts spiegelt sich in der großen Zahl der bestehenden stillgelegten Bergwerke in Europa und weltweit wieder. Bestehende Infrastruktur, die sich oft unter großen Städten befindet, kann relativ schnell und kostengünstig im Sinne einer nachhaltigen Heizung und Kühlung nachgenutzt werden.