PVT-Wärmepumpensysteme für Mehrfamilienhäuser
Wärmepumpen sind heute im Neubau vielfach die Heiztechnologie der Wahl. 2021 wurden in Deutschland insgesamt 154.000 Heizungswärmepumpen verkauft, 28 % mehr als im Vorjahr. Aber nicht immer sind die nötigen Flächen für Erdkollektoren oder die geologischen Bedingungen für Tiefenbohrungen vorhanden. Der Einsatz einer Luft-Wärmepumpe ist aufgrund ihrer Geräuschemissionen nicht immer möglich.
PVT-Kollektoren beliefern die Wärmepumpe nicht nur mit CO2-neutralem Strom, sondern dienen ihr auch als Wärmequelle, indem sie einen Großteil des Jahres Solar- und Umweltwärme zur Verfügung stellen. Die Kombination beider Technologien erfüllt nicht nur die aktuellen Vorgaben zur CO2-Reduzierung im Gebäudesektor, sondern auch die Ziele für 2040 laut Klimaschutzgesetz der Bundesregierung.
Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Initiative zur Verbreitung von PVT-Solarkollektoren und Wärmepumpen im Gebäudesektor (IntegraTE) will den Bekanntheitsgrad dieser effizienten Technologie steigern. Mit dem Fraunhofer ISE in Freiburg, dem Institut für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung (IGTE) der Universität Stuttgart und dem Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) sind dafür seit Dezember 2019 drei wissenschaftliche Partner gemeinsam am Start. Das Projekt wird außerdem unterstützt vom Bundesverband Wärmepumpe BWP, dem Bundesverband der deutschen Heizungsindustrie und dem Bundesverband Solarwirtschaft sowie 13 Industriepartnern und dem Bielefelder Marktforschungsinstitut Solrico.
Nachhaltiges Wohnbauprojekt in Altbach
„Unter Berücksichtigung von Klimaschutz, CO2-Ausstoß und Betriebskosten suchen wir die passende Lösung für unsere Bauprojekte“, fasst Geschäftsführer Oliver Uecker die Firmenphilosophie der Metzger GmbH & Co. KG, Esslingen, zusammen. Wie dieser Anspruch in der Praxis aussieht, zeigt ein Projekt des Wohnungsbauunternehmens in Altbach bei Stuttgart, das Anfang 2021 fertiggestellt wurde. Die drei Mehrfamilienhäuser mit je acht Einheiten und gemeinsamer Tiefgarage verfügen über eine Gesamtwohnfläche von 1.753 m2 und wurden nach KfW-55-Standard errichtet.

„Als wir das Objekt vor vier Jahren geplant haben, war der KfW-55-Standard noch das Non-plus-Ultra“, erklärt Uecker. „Heute planen wir ausschließlich KfW-40 oder KfW-40+. Die Entwicklung geht weiter und dem wollen wir Rechnung tragen.“
Die drei Wohnhäuser werden jeweils über eine PVT-Wärmepumpen-Anlage mit Wärme versorgt. Pro Haus besteht diese aus 36 PVT-Kollektoren vom Typ Solink (Consolar GmbH) mit einer Gesamtfläche von je 71 m2 und zwei Wärmepumpen vom Typ EcoTouch 5014.5 Ai mit je 14 kW Leistung von Waterkotte.

Die hydraulische Anbindung der Wohnungen erfolgt über ein Vierleitersystem, das heißt, es gibt getrennte Leitungsnetze für Heizung und für Warmwasser. Dies verbessert die Gesamteffizienz der Anlage, weil die Wärmepumpe für die Fußbodenheizungen Wärme mit niedrigerer Temperatur bereitstellen kann und nur die Wärmemenge für die dezentralen Frischwasserstationen auf über 50 °C erhitzt werden muss.
Die Niedertemperaturheizung hat eine Vorlauftemperatur von maximal 35 °C und wird über einen 800-l-Speicher versorgt. Dieser dient als hydraulische Weiche zur Entkopplung der Heizkreis- und Speicherladepumpe. Den Warmwasserbedarf der Wohnungen auf einem Temperaturniveau von ca. 55 °C deckt ein 1.500 l fassender Wärmespeicher mit Einschicht- und Strömungsoptimierung. Dieser Pufferspeicher ist für die hohen Volumenströme der Wärmepumpe gut geeignet und wurde bewusst größer gewählt, um Spitzenlasten in der Warmwasserbereitung abdecken zu können. Bei Außentemperaturen unter –15 °C schaltet der Verdichter der Wärmepumpe ab und der integrierte E-Heizstab wird aktiv.
Mit der Effizienz des Systems ist Uecker nach ca. 10-monatigem Betrieb sehr zufrieden. „Inklusive der Bautrocknung bei sehr niedrigen Außentemperaturen im Januar und Februar 2021 kommen wir auf eine Jahresarbeitszahl (JAZ) der Wärmepumpe von 4,1.“ Diese werde sich im Normalbetrieb sicherlich noch weiter verbessern. Unterm Strich hält Uecker den Einsatz von Wärmepumpen in Kombination mit einer regenerativen Stromerzeugung heute im Neubau für die Technologie der Wahl. Ob man sie mit Solar- oder Erdwärme kombiniere, müsse von Fall zu Fall in Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen entschieden werden. Dabei sollten die Bedürfnisse der späteren Bewohner der Immobilien immer im Blick bleiben, denn „die tun natürlich gerne etwas für die Umwelt, aber am Ende des Tages gucken sie auch in ihren Geldbeutel“, resümiert Uecker. „Und wir schauen, dass sich diese Kosten in Grenzen halten und nachhaltig zu kalkulieren sind.“
PVT-Technologie im Aufwind
Auch die Saarbrücker eVERA GmbH hat sich die möglichst kostenautarke Energieversorgung von Immobilien auf die Fahne geschrieben. Seit mehr als 16 Jahren erstellt das Unternehmen nachhaltige Energiekonzepte mit Hilfe regenerativer Energien und Speicherlösungen. Als Wärmequelle für Sole-Wärmepumpen hat eVERA die so genannte PV-ISIETherm-Technologie entwickelt.
Damit lassen sich neue PV-Module und bestehende PV-Anlagen zu PVT-Kollektoren auf- beziehungsweise nachrüsten. Sie können so neben dem erzeugten Strom auch Wärme generieren. Dafür wird auf der Unterseite des PV-Moduls ein pulverbeschichteter Absorber aus geschweißtem Stahlblech über eine Halterung verschraubt. Das zusätzliche Gewicht liegt bei einer Fläche von 1,5 m2 bei 17 kg.
„Das Thema PVT nimmt in Deutschland Fahrt auf“, beobachtet Rainer Büsser, Technischer Leiter bei eVERA. „Derzeit verzeichnen wir ein großes Interesse aus den unterschiedlichsten Bereichen für unsere PVT-Wärmepumpen-Systeme. Angefangen beim Einfamilienhaus, über den Wohnungsbau bis hin zu Großprojekten im gewerblichen und öffentlichen Bereich.“ Die momentanen Fördermöglichkeiten für diese Projekte nennt Büsser „äußerst attraktiv“.

Mehrfamilienhaus in Eppelborn
Davon konnte auch ein Mehrfamilienhaus im Saarländischen Eppelborn profitieren. Neben einer Bezuschussung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wird das Gebäude aufgrund seiner hocheffizienten und innovativen Haustechnik aus dem Förderprogramm EVO des Saarländischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr mit 60.000 Euro gefördert. Das Mischgebäude wurde gemäß KfW-40+-Standard errichtet und soll im Frühjahr 2022 bezugsfertig sein. Es beherbergt ein Büro im Erdgeschoss und jeweils zwei Wohnungen in den beiden oberen Etagen.

Die PVT-Wärmepumpenanlage wurde im Dezember 2021 installiert und soll künftig durch ein begleitendes Monitoring überwacht werden. Die Wohnungen und Büroräume auf einer Gesamtfläche von 900 m2 werden über zwei 17-kW-Wärmepumpen des österreichischen Herstellers M-TEC mit Heizwärme und Warmwasser versorgt. Als Wärmequelle wurden auf dem Dach des Gebäudes 75 PVT-Kollektoren (ISIETherm) mit einer Fläche von rund 100 m2 installiert. Für Redundanz und Kühlung im Sommer sorgen künftig vier zusätzliche Erdsonden.
Die hydraulische Anbindung des Büros und der Wohnungen erfolgt über ein 2-Leiter-System. Die Beheizung der Räume übernimmt eine Fußbodenheizung mit einer Vorlauftemperatur von 35 °C. Warmwasser liefert die zentrale Frischwasserstation in Verbindung mit einem 1.000-l-Speicher. Ein weiterer 500 l großer Trennpuffer komplettiert das System. Die JAZ der Wärmepumpen soll laut vorangegangener Simulation 4,9 betragen.
KfW-40+-Standard in Heitersheim
Beim Teilrückbau und der Wiederaufstockung eines Mehrfamilienhauses in Heitersheim bei Freiburg durch die Holzbauspezialisten der Steiger & Riesterer GmbH, Staufen, ging es in erster Linie darum, den KfW-40+-Standard sinnvoll umzusetzen. Dass sich dieser Anspruch gut mit dem Einsatz eines PVT-Wärmepumpensystems verbinden lässt, war das eher zufällige Ergebnis einer Online-Recherche. „Um die Vorgaben für ein KfW-40+-Gebäude zu erfüllen, muss Strom erzeugt und gespeichert werden,“ erklärt Geschäftsführer Raphael Riesterer. „Eine reine Stromheizung hat mich aber nicht überzeugt und den Einsatz einer Erdwärmepumpe wollte ich vermeiden, weil es hier in Staufen im Breisgau ein unschönes Beispiel für Tiefenbohrungen gibt (Geländeerhebungen und daraus resultierende Hebungsrisse im historischen Ortskern, Anm. d. A.). Im Internet bin ich dann darauf gestoßen, dass man PVT-Module als Hybrid aufs Dach bringen kann, um gleichzeitig Strom und die Grundwärme für die Wärmepumpe zu erzeugen. Das fand ich innovativ und habe mich deshalb dafür entschieden.“

Seit Dezember 2020 versorgt die PVT-Wärmepumpenanlage sechs Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 560 m2 mit Strom und Wärme. Insgesamt 28 Solink-Module von Consolar arbeiten mit einer 17-kW-Wärmepumpe von Waterkotte zusammen. Die Anlage ist als 4-Leiter-System ausgelegt. Eine zentrale Frischwasserstation übernimmt in Kombination mit einem 1.000-l-Speicher die Warmwasserversorgung des Gebäudes. Für den Heizkreislauf wurde ein 800-l-Pufferspeicher installiert. Die Wohnungen werden über Fußbodenheizungen beheizt und gekühlt. Die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe lag laut der begleitenden Effizienzermittlung durch den Hersteller für das Jahr 2021 bei 4,3. Darin sind der Kompressor und der Heizstab berücksichtigt, nicht aber die Quellenpumpe und die Speicherverluste.
„PVT-Kollektoren bieten eine gute und günstige Versorgung für die Wärmepumpe“, zieht Riesterer nach einem Jahr Bilanz. „Ich habe darauf vertraut, dass das System gut ist, wohl wissend, dass schneereiche Gebiete mit PVT ein Problem haben können.“ So habe man gleich zu Beginn der Inbetriebnahme diese Wintersituation erlebt, in der die Wärmepumpe praktisch eine reine Stromheizung gewesen sei. „In der Phase hat uns die Grundwärme aus den Kollektoren gefehlt, die uns über eine Erdsonde zur Verfügung gestanden hätte.“ Letztlich, so Riesterer, werde es auch nicht für alle Gebäude die eine Universallösung geben. „Davon müssen wir uns verabschieden. Wenn man als Verarbeiter oder Zwischenkunde frei handeln und Projekt-spezifisch entscheiden kann, was das Richtige ist, dann sollte man diese Freiheit auch nutzen. Jedes Bauprojekt hat seine eigenen Anforderungen und Bedürfnisse“, lautet sein Fazit.
Stephanie Banse

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