Rechtsgutachten

Was kostet der Ausstieg aus dem Gasnetz die Beteiligten?

Wie werden die Kosten gerecht verteilt, wenn der Gasnetz-Anschluss zugunsten einer Heizung auf Basis Erneuerbarer weichen muss? Ein neues Gutachten der Kanzlei re|Rechtsanwälte sieht hier erhebliche Regelungslücken und Risiken für Verbraucher und Netzbetreiber. 

Bild: Gabriel Cassan/stock.adobe.com
Bild: Gabriel Cassan/stock.adobe.com

Handlungsbedarf für neue Bundesregierung

Immer mehr Haushalte steigen von Gasheizungen zum Beispiel auf Wärmepumpen oder Pelletheizungen um. Ein wichtiger Schritt für den Umwelt- und Klimaschutz und auch eine Entscheidung für mehr Energieunabhängigkeit Deutschlands. Doch wer seinen Gasanschluss kündigt, sieht sich mit einem Flickenteppich an Regelungen und teils erheblichen Kosten konfrontiert: Während einige Netzbetreiber die Stilllegung kostenlos anbieten, fordern andere mehrere hundert Euro.

Ein neues Rechtsgutachten der auf Energierecht spezialisierten Kanzlei re|Rechtsanwälte hat im Auftrag des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) e.V. die Rechtslage untersucht. Das Ergebnis: Es bestehe in dieser Sache bislang keine hinreichende rechtliche Klarheit. Entsprechende Maßnahmen seien auch für die Netzbetreiber mit wirtschaftlichen Risiken verbunden.

Unklare Rechtslage sorgt für Unsicherheit bei Netzbetreibern und Verbrauchern

Verbraucher sähen sich beim Umstieg demnach vielfach mit intransparenten Regelungen und teils erheblichen Kosten konfrontiert. Technisch gesehen sollten die Hausanschlüsse stillgelegt und verplombt werden. Dabei entstehen dem Netzbetreiber Kosten. Doch ob diese dem Kunden in Rechnung gestellt werden dürfen, sei bislang gesetzlich nicht eindeutig geregelt, so Dr. Miriam Vollmer, Fachanwältin für Verwaltungsrecht und Autorin des Gutachtens:

„Weder die Niederdruckanschlussverordnung noch andere verbindliche Vorschriften geben eindeutig vor, ob Netzbetreiber dem kündigenden Anschlussnehmer diese Kosten auferlegen dürfen. Selbst vertragliche Klauseln oder pauschale Gebühren können demnach problematisch sein – sie müssten rechtlich sauber begründet und wirtschaftlich angemessen sein. Diese Bedingungen werden bislang oft nicht erfüllt.“

Beteiligte brauchen Sicherheit über den richtigen Umgang mit anfallenden Kosten

Die Unsicherheit trifft beide Seiten: Netzbetreiber brauchen Klarheit über ihre Kostenweitergabe, Verbraucher müssen wissen, welche Belastung auf sie zukommt. Denn nur so könnten sie abschätzen, welche Kosten insgesamt mit dem Heizungswechsel verbunden seien, so Vollmer weiter.

Gutachterin: Eindeutige Regelung benötigt

Das Gutachten sieht daher Handlungsbedarf beim Gesetzgeber oder beim Wirtschaftsministerium: „Die Unsicherheit ist für alle Beteiligten unzumutbar – für Verbraucher, die sich umwelt- und klimafreundlich verhalten wollen, genauso wenig wie für Netzbetreiber, die rechtssicher agieren müssen. Es braucht eine eindeutige Regelung, wie mit diesen Kosten umzugehen ist“, so Vollmer.

BWP sieht neues Wirtschaftsministerium in der Pflicht

Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP, fordert von der designierten Bundeswirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche zügiges Handeln: „Das Wirtschaftsministerium sollte rasch die gesetzliche Klärung der Kostenfrage anstoßen. Rechtliche Unsicherheit und hohe Stilllegungskosten dürfen den Wechsel zu klimafreundlichen Heiztechnologien wie der Wärmepumpe nicht ausbremsen – gerade jetzt, wo viele Menschen raus aus fossilen Heizsystemen wollen.“

Der BWP schlägt vor, die Kosten als Teil der allgemeinen Netzkosten über die Netzentgelte zu finanzieren. Das würde nicht nur für rechtliche Klarheit sorgen, sondern auch verhindern, dass zusätzliche Einmalbelastungen den Umstieg auf klimaneutrale Heizsysteme erschweren.

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