Verbände fordern Schwerpunktsetzung auf Klimaschutz und Wirtschaftswachstum
Das politische Berlin ringt um Lösungen für die Haushalte 2023, 2024 und darüber hinaus. GIH und BWP verwiesen in einem Pressegespräch im Mittwoch darauf, dass Rufe nach Kürzungen in der Klimapolitik Verbraucher:innen und Energieberatende, ausführende Gewerke und Industrie gleichermaßen verunsichern.
Im Gebäudebereich brauche es nach monatelangen, kontroversen Debatten dringend Klarheit dazu, dass insbesondere die verabredeten Anpassungen der BEG zum Jahreswechsel an den Start gehen, und ihr positiver Effekt auch nicht durch Streichungen an anderer Stelle wieder zunichte gemacht werde. Die Ampelkoalition müsse die Klima- und Gebäudepolitik so aufstellen, dass etablierte Technologien und Geschäftsmodelle der Wärmewende verstärkt zu Anwendung kommen. Eine erfolgreiche Klimapolitik dulde keine jährlichen Diskussionen um die Verteilung knapper Ressourcen.
Mit Priorität müsse die immer stärker werdende Verunsicherung bei Verbrauchern, Handwerk und Industrie beendet werden. Es müsse sichergestellt werden, dass die im Wärmebereich bereits bewährten Instrumente und Programme weiter genutzt werden können und auch die neu beschlossenen Maßnahmen, insbesondere die Novelle der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wie angekündigt in Kraft treten.
Festhalten an den Ankündigungen, insbesondere bei BEG und Netzentgelten
Während Anträge der BEG bislang nicht betroffen sind, waren zuletzt mehrere Förderprogramme aufgrund der Haushaltssperre ausgesetzt.
„Das abrupten Aussetzen vieler Förderprogramme hat drastische Auswirkungen auf die unabhängigen Beratungen und ganzheitlichen energetische Sanierungen. Unsere aktuelle Umfrage zeigt: Zwei von drei GIH-Mitglieder sehen den Förderstopp der Energieberatungsprogramme als existenzbedrohend, Diese Entwicklung zieht sich durch die gesamte Branche, trifft aber insbesondere Neueinsteiger“, so Benjamin Weismann, GIH-Geschäftsführer. „Wir müssen unbedingt an die gute Dynamik der letzten Zeit anknüpfen. Immer mehr Sanierungswillige vertrauen auf gewerkeübergreifende Beratungen. Es bleibt also dringend zu hoffen, dass die ausgesetzten Förderprogramme rasch wieder aufgenommen werden, die neue BEG so wie angekündigt zum Jahresanfang 2024 kommt und somit nach Monaten der Flaute das Modernisieren von Gebäuden wieder in Gang kommt.“
Damit dies gelinge, sei neben der pünktlichen Einführung der neuen BEG wichtig, dass nicht an anderer Stelle neue Kostenfaktoren entstehen, die der gewünschten Anreizwirkung der Förderung entgegenlaufen. „Die angekündigten staatlichen Zuschüsse zu den Netzentgelten müssen unbedingt erhalten bleiben. Ansonsten würde der Strompreis für Haushalte und Industrie deutlich steigen“, zeigt sich BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel besorgt. Dazu komme die Unsicherheit über die weitere Finanzierung der EEG-Umlage.
Branchen benötigen längerfristige Planungssicherheit
BWP und GIH fordern alle Beteiligten in Bundestag und Bundesregierung dazu auf, nicht nur auf die kurzfristigen Fragen zum Haushalt für 2023 und 2024 zu blicken. Hausbesitzende, Gewerke, Industrie und Kommunen brauchen mittel- bis langfristige Planungssicherheit über die regulativen und finanziellen Rahmenbedingungen der Energie- und Klimapolitik.
„Unsere Branchen haben über die letzten Jahre gezeigt, dass sie die Wärmewende vorantreiben können. Die Wärmepumpenbranche hat im Vertrauen auf ambitionierte Klimapolitik europaweit Investitionen in Höhe von fünf Milliarden Euro teils angestoßen, teils bereits getätigt“, so Klaus Ackermann, BWP-Vorstandsmitglied und Geschäftsführer der NIBE Systemtechnik aus Celle. Er verweist darauf, dass alle Beteiligten für die Wärmewende bereit seien. Etablierte Technologien und Geschäftsmodelle müssten konsequent in die Anwendung gehen. „Wenn der Staat mitzieht, wird die Wirtschaft die für Klimaschutz nötigen Maßnahmen ergreifen. Das gilt nicht nur, aber ganz besonders auch für den Gebäudesektor.“
Bundesverfassungsgericht verpflichtet zu wirksamem Klimaschutz
Die beiden Verbände verweisen dabei auch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz aus dem Jahr 2021, in welchem klar definiert sei, dass Bundesregierung und Bundestag zu ambitioniertem Klimaschutz verpflichtet sind. Wenn das Klimaziel für 2030 verfehlt wird, weil wirksame Maßnahmen unter Verweis auf fehlende Mittel aufgeschoben werden, dann verstoße dies gegen das Grundgesetz und die Rechte zukünftiger Generationen.
Um den Zielkonflikt aus Haushaltsrecht und Klimaverpflichtungen nachhaltig zu lösen, stünden der Politik vielfältige Mittel zur Finanzierung der Wärmewende zur Verfügung. Zusammen mit der Einführung eines Klimagelds könne der aktuelle CO2-Preis im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) angehoben werden. Im Gegenzug zum Abbau klimaschädlicher Subventionen könnten staatliche Bestandsteile beim Strompreis (Mehrwertsteuer, Stromsteuer) gesenkt werden, um durch Elektrifizierung den Umstieg von Öl, Kohle und Gas zu erneuerbaren Energien anzureizen.
Nicht zuletzt steckt in der Wärmewende ein enormes wirtschaftspolitisches Potenzial. Über 75.000 Beschäftigte in der Heizungsindustrie und mehr als 500.000 Beschäftigte im Bereich der Gebäudesanierung verlassen sich darauf, dass die Politik verlässliche Rahmenbedingungen für eine immer stärkere Ausrichtung auf Klimaschutz im Gebäudesektor schafft.