Großwärmepumpen

Umweltwärme im großen Maßstab nutzen

Großwärmepumpen könnten einen beträchtlichen Anteil an der Wärmeversorgung für den Gebäudesektor, Gewerbe und Industrie abdecken. Dazu braucht es Signale aus der Politik.

Großwärmepumpen werden für den Energiemix der Zukunft eine entscheidende Rolle spielen. Großwärmepumpenanlage der Stadtwerke Rosenheim. Bild: Bärbel Rechenbach | BWP
Großwärmepumpen werden für den Energiemix der Zukunft eine entscheidende Rolle spielen. Großwärmepumpenanlage der Stadtwerke Rosenheim. Bild: Bärbel Rechenbach | BWP

Der Wärmebedarf in Deutschland ließe sich komplett aus Umweltquellen wie Gewässern, Abwasserwärme, Geothermie und Erdwärme decken. Laut Agora Energiewende liegt der Bedarf bei ca. 1.000 TWh/a, die genannten Quellen könnten sogar 1.500 TWh liefern; noch gar nicht eingerechnet die Luft. Allein die Fließgewässer würden demnach ausreichen, Deutschland rund um die Uhr mit Wärme zu versorgen.

Die Umweltwärme in großem Maßstab nutzbar machen können Großwärmepumpen. Anders als die handelsübliche Luft/Luft-Wärmepumpe, die im Ein- oder Zweifamilienhaus mit Leistungen von 6 kW arbeitet, sagt BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel, liefern die Großen" schnell mal Leistungsbereiche um das Zehntausendfache und können somit über Wärmenetze auch ganze Stadtviertel mit Wärme versorgen.

Großwärmepumpen-Markt nimmt Fahrt auf

Die Marktentwicklung bei Großwärmepumpen zeigt eine klare Richtung: Der Ausbau gewinnt massiv an Dynamik - auch wenn die bislang installierte Leistung weit entfernt von den Zahlen ist, die in nordeuropäischen Ländern wie Schweden (Spitzenreiter), Finnland, Norwegen, Dänemark oder auch Frankreich bereits Standard sind. So befinden sich etwa im flächenmäßig deutlich kleineren Dänemark bereits 178 Anlagen mit über 580 MW in Betrieb. In Deutschland hingegen stieg laut einer aktuellen Erhebung von Fraunhofer IEG und LEA Hessen die installierte Leistung zuletzt auf etwas über 180 MW.

Wachsendes Interesse trifft auf Hürden und Hemmnisse

Das Interesse an der Technik wächst aber auch in Deutschland rasant, und mit dem Interesse verlängert sich auch die Projektpipeline. Mehr als 70 Projekte sind in der Planung oder bereits im Bau. Für die nächsten Jahre angekündigt sind Anlagen mit einer Gesamtleistung von über 900 MW. Das ist eine Vervielfachung der aktuellen Kapazitäten.

Doch Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) e.V. warnt: „Viele Projekte verzögern sich wegen regulatorischer Unsicherheiten oder könnten schlimmstenfalls ganz abgesagt werden.“

Wärme aus Flüssen zu entnehmen, ist heute auch für die Flüsse gut

Beispielhaft verweist Sabel auf die Nutzung von Flusswasser als Wärmequelle: Mehr als die Hälfte der geplanten oder in Bau befindlichen Großwärmepumpenprojekte in Deutschland sollen das gewaltige thermische Potenzial von Flüssen erschließen. Doch fehle es bislang an einheitlichen Regelungen für die Rückführung von abgekühltem Wasser.

Befürchtet werden beispielsweise ökologische Einflüsse durch Abkühlung von Gewässern. Die lassen sich jedoch einfach entkräften. So werden im Vergleich zum Gesamtvolumen der Gewässer nur recht kleine Mengen entnommen und um wenige Grad Kelvin abgekühlt. Zudem ist bedingt durch den Klimawandel eher eine - durchaus problematische - Gewässererwärmung zu beobachten.

„Gerade in den Sommermonaten kann die Nutzung von Flüssen als Wärmequelle durch die Abkühlung überhitzter Gewässer neben der energetischen auch eine ökologische Funktion erfüllen“, so Sabel. „Wir fordern daher einen zügigen, bundesweit abgestimmten Konsultationsprozess, um praxisnahe Rahmenbedingungen und Planungssicherheit zu schaffen.“

Das gelte laut Sabel auch für die Förderung: „Die Technik ist da, die Projekte liegen auf dem Tisch – was fehlt, ist ein verlässlicher Rahmen. Wenn wir die Wärmewende ernst nehmen, müssen wir das Potenzial von Großwärmepumpen jetzt konsequent nutzen.“ Daher müssten die BEG-Förderung, über die auch viele Großwärmepumpen gefördert werden, stabil und praxisnah gestaltet und die angekündigten Maßnahmen zur Senkung des Strompreises schnell umgesetzt werden.

Verbände fordern verlässliche Wärmenetz-Förderung

Ein zentrales Instrument der Bundesregierung für den Ausbau erneuerbarer Wärmenetze ist zudem die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW). Doch trotz ihres Potenzials bremse eine unzureichende Mittelausstattung derzeit viele Vorhaben aus.

Neben dem Bundesverband Wärmepumpe sprechen sich auch zahlreiche andere Branchenverbände für eine bessere finanzielle Ausstattung und klarere Förderprozesse aus. Für eine Aufstockung der BEW hatten sich die Koalitionäre in ihrem Koalitionsvertrag auch verständigt.

Dabei sei nicht allein die Höhe der Förderung von Bedeutung, sagt zum Beispiel André Schreier, Geschäftsführer von SmartHeat, einem Unternehmen, dass Wärmepumpen für Industrie und Gewerbe entwickelt. Insbesondere brauche es Kontinuität: Planung, Genehmigung und Bau von Anlagen zögen sich i.d.R. über mehrere Jahre hin, daher müsse klar sein, dass bei Fertigstellung noch gelte und auch in den Fördertöpfen zur Verfügung stünde, was bei Planungsbeginn festgeschrieben war.

Äußerst problematisch sei zudem, dass Betriebsgenehmigungen für Großwärmepumpenanlagen, die mit Fördergeldern errichtet wurden, auch wieder entzogen werden könnten, kritisiert etwa Andreas Kaiser vom Ingenieurbüro Goodman Energy, das sich mit energetischer Quartiersentwicklung befasst. Er weiß von zwei Fällen zu berichten.

BWP fordert politischen Rückenwind

BWP-Geschäftsführer Sabel wünscht sich aus der Politik ein deutliches Signal für Großwärmepumpenprojekte. Durch die Erklärung eines überragenden öffentlichen Interesses müsste ihnen die notwendige Priorität verliehen werden. Das Geothermiegesetz und das Wasserhaushaltsgesetz, das in Folge der politischen Veränderungen nicht mehr von der Ampel beschlossen werden konnte, müsste kurzfristig verabschiedet werden.

Genehmigungen müssten vereinfacht und Genehmigungsprozesse auf eine Dauer von maximal drei Monate beschleunigt werden

Sabel dringt auf eine schnelle Umsetzung. „Wir brauchen hier schnell Klarheit, denn jetzt stehen wichtige Investitionsentscheidungen an und die Wärmewende duldet keinen Aufschub.“

(Sc und BWP)

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