Politik und TGA-Verbände im Gespräch
Laut Koalitionsvertrag soll das „Heizungsgesetz", sprich der §71 GEG, abgeschafft werden. Bis spätestens zum 30. Mai 2026 muss die europäische Gebäudeeffizienzrichtlinie in nationales Gesetz umgesetzt sein. Zudem hat Deutschland ein großes Problem, wenn die derzeit schwer an den politischen Unsicherheiten leidende Heizungsindustrie zugrundegeht. Die Zurückhaltung Sanierungswilliger, die auf Fernwärme als Ergebnis der kommunalen Wärmeplanung hoffen, auch wenn völlig klar ist, dass es in ihrer Region kein Netz geben wird, verstärkt den Trend. Der Gebäudesektor, ein großer Klimatreiber, muss schneller saniert werden, zugleich soll Bauen einfacher und kostengünstiger werden. Damit war die Agenda für den 7. Energy Talk in Berlin umrissen.
Der Energy Talk der Reihe Politik fragt Wirtschaft wird jedes Jahr von der TGA-Repräsentanz in Berlin initiiert. In diesem Jahr folgten Dr. Alaa Alhamwi MdB (Bündnis 90/Die Grünen) und Lars Rohwer MdB (CDU) als Gäste aus dem Deutschen Bundestag der Einladung. Alaa Alhamwi ist Dr.-Ing für Energiesystemoptimierung, Lars Rohwer Aufsichtsratsmitglied beim Generalplaner IPRO Consult und bei der LEAG. Sie kamen ins Gespräch mit Prof. Dr.-Ing. Dr. rer. pol. Christoph Kaup, Vorstandsvorsitzender des FGK, Andreas von Thun, Vorstandsvorsitzender des RLT-Herstellerverbands, und Frank Ernst, Geschäftsführer der TGA-Repräsentanz Berlin. Das Gespräch moderierte Jakob Schlandt vom Hamburg Institut.
Kurzfristig Klarheit bei der Heizungsgesetzgebung schaffen!
„Die Situation ist angespannt bis dramatisch", sagte Lars Rohwer MdB (CDU), der die Frage des GEG vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktsituation am liebsten noch in diesem Jahr klären möchte. Zwei Jahre Kurzarbeit in einer Branche mit mittelständischen Familienunternehmen, die entscheidend für den Klimaschutz seien, bedeuteten, dass es kein drittes geben werde.
Das liegt jedoch nicht allein in seiner Hand, denn Einigkeit besteht möglicherweise nicht einmal zwischen den Koalitionspartnern. Das nimmt mindestens Dr. Alhamwi MdB (Bündnis 90/Die Grünen) an, denn Antworten auf wiederholte Nachfragen gebe es bislang nicht. Diese Regierung treibe die Menschen in die Heizkostenfalle, die sich auch durch den ETS-2 auftue. Der ETS-2 kann ab 2027 zu einer exorbitanten Erhöhung der Heizkosten führen.
Diskussionsbedarf besteht offenbar beim Begriff „Technologieoffenheit". So kritisiert Rohwer, dass grüner Wasserstoff trotz seiner Erwähnung im Gesetz durch Nebenforderungen in der aktuellen Fassung des § 71 faktisch ausgeschlossen werde. Zudem werde Strom, anders als Gas, ohne weiteren Nachweis als 100 % klimaneutral behandelt, obwohl das nicht durchgehend der Fall ist. Das müsse man ändern. Und auch insgesamt laufe der Paragraf auf entweder Wärmepumpe oder Fernwärme hinaus. Das sieht Alhamwi anders, denn alle Optionen, die zu 65 % Erneuerbaren bei der Gebäudewärme führten, seien möglich. Er fordert schnell Klarheit und an den 65 % will er auch festhalten.
Damit ist er nicht allein. Die TGA-Verbände unterstützen die 65 % und auch die Wärmepumpe ergebe Sinn, sagt FGK-Vorstandsvorsitzender Christoph Kaup. Was jedoch störe, sei der Passus der „nicht vermeidbaren Abwärme". Hier käme es zu Verzerrungen, da damit bestimmte Abwärmearten derzeit nicht in die Anrechnung der 65 % Erneuerbaren einfließen dürften.
Nichtwohngebäude (NWG) seien im GEG nicht ihrer Bedeutung entsprechend berücksichtigt, sagt Andreas von Thun, Vorstandsvorsitzender des RLT-Herstellerverbands. Die EPBD sei hier weiter. Aufgrund ihres großen Flächenanteils spiele bei der Energieeffizienz die Wärmerückgewinnung gerade bei den NWG eine große Rolle. Zudem gehörten zu dieser Kategorie nicht nur die viel erwähnten Rechenzentren, sondern weit mehr öffentliche Gebäude.
Das geltende GEG setze den Fokus vielfach auf Wohngebäude, diesen Fehler dürfe man nicht wiederholen, sagt Frank Ernst, Geschäftsführer der TGA-Repräsentanz, zudem dürfe man beim wichtigen Thema Klimaschutz nicht erneut die Wirtschaft außen vor lassen. Und auch die Förderung solle überdacht werden: Bei Gebäuden, die von Investoren errichtet und dann verkauft würden, läge die Priorität eher bei guten Abschreibungsmöglichkeiten. Dies unterstützt auch von Thun.
In die GEG-Novelle müssten zudem das Thema Innenraumluftqualität bzw. die Gesundheit des Menschen sowie der CO2-Fußabdruck von Gebäuden über ihren gesamten Lebenszyklus aufgenommen werden, die beide Teil der EPBD-Richtlinie sind, sagt Ernst.
Einfacher bauen, schneller sanieren
Die Lebenszyklusbetrachtung (LCA) findet Rohwer schwierig, denn Bauen solle auch einfacher werden, wohingegen die LCA es erneut verkompliziere. Diese komplexen Ziele müsste man erstmal unter einen Hut bringen. Als einen möglichen Ansatz sieht von Thun das serielle Bauen - nicht im Sinne einer Gleichförmigkeit, sondern mit standardisierten Bauteilen. So seien etwa RLT-Anlagen weitgehend standardisiert. Christph Kaup unterstreicht den Nutzen der Lebenszyklusanalyse: Die Ökologie müsse über die CO2-Analyse in die Ökonomie eingepreist werden. Obwohl manche Investition anfangs vielleicht teurer sei, gleiche sich das über den Lebenszyklus aus. „Wer billig kauft, kauft zweimal", zitiert er seine Großmutter.
Wie kann man die Sanierungsrate, die in den letzten Jahren zusehens gefallen ist, nach oben bekommen, will Rohwer auch wissen. Frank Ernst meint, die Menschen müssten einen Nutzen davon haben und es sich leisten können. Dazu müsse sich beispielsweise das Strom-Gas-Preis-Verhältnis verbessern und es brauche vernünftige Einkaufskonditionen. (Der Koalitionsvertrag enthalte ein klares Bekenntnis zum ETS-2, der das seine dazu tue, sagt Rohwer.) Der Netzausbau müsse finanziert werden, so Ernst weiter, und verweist abschließend auf die dünne Auftragsdecke beim Anlagenbau, und inzwischen auch bei Ingenieurbüros, Planern und Architekten.
Auch das Gesellschaftsthema Bürokratisierung bleibt nicht unerwähnt: Leider sei der Dokumentationsaufwand beim Einbau einer Wärmepumpe oder anderer effizienter Optionen ungleich höher als früher, beklagt Kaup, der sich hier Entlastung wünscht.














