Die Änderungsverordnung des Bundesrates streicht die Verbindlichkeit der bislang gültigen Tabellen mit Mindest- und Höchstsätzen. Die Honorartabellen als solche werden jedoch beibehalten. Sie dienen weiterhin als – für Architekturbüros und Bauherrschaften gleichermaßen zuverlässiger – Orientierungsrahmen für die Angemessenheit von Honoraren für Planungsleistungen.
Die Anpassung der HOAI ist Folge des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 4. Juli 2019. Der EuGH hatte die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze der Honorar- und Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für mit EU-Recht unvereinbar erklärt, aber klargestellt, dass verbindliche Mindestsätze abschreckend auf Billiganbieter und damit insgesamt qualitätssichernd wirken könnten.
"Das Schlimmste ist verhindert worden: Ziel der EU-Kommission war, die HOAI als verbindliches Preisrecht vollkommen abzuschaffen. Dem ist die Bundesregierung in der Umsetzung des EUGH-Urteils von 2019 sinnvollerweise nicht gefolgt. Damit bleibt die HOAI, auch wenn nicht ausdrücklich im Verordnungstext formuliert, weiterhin die maßgebliche Berechnungsgrundlage für die Herleitung von Architektenhonoraren. Das ist die gute Nachricht des Tages", so der Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, Markus Müller. Die Mindest- und Höchstsätze der Honorartabellen bildeten weiterhin einen wichtigen Kalkulationsrahmen bei der Entlohnung der zunehmend wichtigen Planungstätigkeit. Das Kriterium der Angemessenheit explizit zu erwähnen, sei leider unterlassen worden. Die Architektenkammer fordert in diesem Zusammenhang vor allem öffentliche Bauherren wie die Landesbauverwaltung auf, in einem Akt der beispielgebenden Selbstbindung, die HOAI einzuhalten und damit weiterhin eine angemessene Honorierung von Architektenleistungen zu gewährleisten.
Mit diesem Beschluss nicht gelöst sind Kammerpräsident Müller zufolge inhaltliche Unzulänglichkeiten der HOAI. Die vom EUGH zu Recht aufgeworfenen Fragen zur Qualitätssicherung von Planungsleistungen, gerade im Sinne eines angemessenen Verbraucherschutzes, löst die neue HOAI nicht. Eine zeitnahe Weiterentwicklung und Modernisierung der Honorar- und Gebührenordnung sei deshalb zwingend, so Müller. "Klimawandel, Wohnungsmangel und andere Transformationsprozesse zeigen, dass sich Planungsprozesse in vielen Bereichen einer reinen marktwirtschaftlichen Betrachtung entziehen. Die Erfahrungen in Bauprojekten zeigen darüber hinaus, dass zentrale Weichenstellungen weit vor dem Eintritt in die Leistungsphasen der HOAI stattfinden, die auch durch die jetzt beschlossene Honorarordnung gar nicht abgebildet sind." Die Debatte um eine zukunftsgerichtete Planungskultur gehe also weiter.