Integrierte Projektabwicklung

Bundesbau und Bundeswehr entwickeln Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg

Die integrierte Projektabwicklung kommt erstmals bei einem Großbauvorhaben der Bundeswehr zum Einsatz. Bei den aktuellen Vergabeverfahren sollen u.a. Allianzpartner für die TGA- und Elektro-Planung und -Baudurchführung gefunden werden.

Für die Entwicklung des klimaneutralen modernen Wissenschaftsstandortes am Campus der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg stellt die Bundeswehr 1 Mrd. Euro zur Verfügung. Rendering: h4a Architekten, Gessert + Randecker
Für die Entwicklung des klimaneutralen modernen Wissenschaftsstandortes am Campus der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg stellt die Bundeswehr 1 Mrd. Euro zur Verfügung. Rendering: h4a Architekten, Gessert + Randecker

In einem der größten Bauvorhaben der Bundesrepublik entwickeln Bundeswehr und Bundesbau bis 2035 gemeinsam den Campus der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg mit einem Bauvolumen von rd.1 Mrd. Euro.

Mit den Bundeswehr-Mitteln soll nahezu der gesamte Campus der Douaumont-Kaserne (DOK) in Hamburg-Jenfeld neu entwickelt werden: Eine Fläche von 205.000 m² mit Neubauten und Bestandssanierung, sowie der zugehörigen Infrastruktur und Freianlagen. Der denkmalgeschützte architektonische Charakter des Gesamtensembles soll dabei erhalten bleiben. Ziel ist ein klimaneutraler, innovativer und moderner Wissenschaftsstandort, der alle derzeit ausgegliederten Fachbereiche der Universität wieder auf dem Campus zusammenführt.

Vergabeverfahren haben begonnen

Forschung und Lehre werden während des voraussichtlich bis 2035 andauernden Bauprozesses weiterlaufen. Um einen zügigen und effizienten Bauprozess zu gewährleisten, gehen die Bauherren im Verfahren neue Wege: Das Projekt soll in Integrierter Projektabwicklung (IPA) geplant und gebaut werden.

Aktuell laufen die Vergabeverfahren für die ersten Allianzpartner: Im ersten Vergabepaket wurde Ende 2024 bereits ein Planungsbüro für die Erweiterte Objektplanung Gebäude gesucht.

Seit Januar 2025 laufen die Vergaben für Planungsbüros der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) im Bereich Elektrotechnik (Frist bis 17.02.2025) sowie im Bereich HLSM (Heizung, Lüftung, Sanitär und Maschinentechnik, Fristende 03.03.2025). Anschließend soll die Erweiterte Objektplanung Freianlagen/Ing.-Bau folgen.

Ab Februar beginnen sukzessive die Vergabeverfahren für die ausführenden Unternehmen (HLSM, ELT, Ausbau und Labor, Abbruch, erweiterter Rohbau und Fassade, Tiefbau, Abbruch, Außenanlagen und Verkehrsanlagen).

Wichtig sind neben fachlicher Expertise viel Erfahrung beim Thema Bauen im laufenden Betrieb und beim Denkmalschutz. Interessierte Unternehmen können sich auf der Projektwebsite über das Bauvorhaben informieren. Dort sind auch alle Infos und Links zu den Vergabeverfahren hinterlegt.

IPA-Kompetenz für ein besseres Miteinander im Bauprozess

In einer Allianz bilden die Planenden, die Baupartner und der Auftraggeber ein gleichberechtigtes Team. Dazu schließen alle Partner einen Mehrparteienvertrag ab und gehen in die gemeinsame Verantwortung für die Planung und Ausführung. Teil der Vereinbarung ist auch, Chancen und Risiken zu teilen, so dass  ein möglicher Gewinn ebenso wie ein Verlust (begrenzt) von allen getragen wird. Mit der recht langen Laufzeit von zehn Jahren ist darüber hinaus eine langfristige Auslastung für alle Partner gegeben.

„Wir wollen gemeinsam neue Wege gehen und haben uns deshalb mit IPA für einen sehr innovativen Ansatz in der Projektabwicklung entschieden", erklärt Donald Appel, Leiter der Bundesbauabteilung Hamburg. "Dies soll zu einem Kulturwandel im Bau beitragen, hin zu einem Mit- statt Gegeneinander, mit dem Ziel ‚best for project‘ und damit eine Realisierung des Projekts im Kosten- und Zeitplan in den Fokus nehmen. Besonders wichtig ist uns Partnerschaftlichkeit und eine Allianz auf Augenhöhe. Wir suchen gezielt nach Partnern für die Integrierte Projektabwicklung, die nicht durch das günstigste Angebot, sondern durch ihre Eignung und Kompetenz für dieses spezielle Bauprojekt überzeugen.“

Kollaboration aller Beteiligten schon vor Baubeginn

In der Allianz werden insgesamt neun Partner (vier Planungspartner und fünf Ausführungspartner) von Projektbeginn an gemeinsam mit dem Team des Auftraggebers die Lösungen für Planung und Ausführung entwickeln.

Dazu gehören:

  • Erweiterte Objektplanung Gebäude,
  • Erweiterte Objektplanung Freianlagen / Ingenieurbau,
  • Fachplanung der Technischen Ausrüstung im Bereich Elektrotechnik,
  • Fachplanung der Technischen Ausrüstung in den Bereichen Heizung, Lüftung, Sanitär sowie Maschinentechnik,
  • Ausführung der Technischen Ausrüstung im Bereich Elektrotechnik,
  • Ausführung der Technischen Ausrüstung in den Bereichen Heizung, Lüftung, Sanitär sowie Maschinentechnik,
  • Ausführung von Abbruch, erweitertem Rohbau und Fassade,
  • Ausführung von Ausbau und Laborbau,
  • Ausführung von Tiefbau, Abbruch, Außen- und Verkehrsanlagen.

Im Vorfeld der Ausschreibungen wurde durch den Gewinner des 2022 durchgeführten Städtebaulich-Freiraumplanerischen Wettbewerbs (1. Platz h4a Gessert + Randecker) ein Masterplan entwickelt, der die grundsätzliche Machbarkeit der Umsetzung des Siegerentwurfs bei gleichzeitigem Forschungs- und Lehrbetrieb belegt.

Masterplan für das Entwicklungsprojekt

In Zusammenarbeit mit dem Bundesbau werden über die nächsten 10 Jahre die 1973 erbauten Universitätsgebäude auf dem Gelände der Douaumont-Kaserne (DOK) saniert, zurückgebaut und teilweise neu errichtet. Hierzu die denkmalschutzgerechte Restaurierung von acht Gebäuden, die Errichtung von neun Neubauten, sowie die Entwicklung zu einer klimaneutralen Hochschule, die als Innovationscampus der Zukunft etabliert werden soll.

Rendering: h4a Architekten, Gessert + Randecker
Rendering: h4a Architekten, Gessert + Randecker

Herzstück des neuen grünen Campus wird eine fünfstöckige Bibliothek. Darum gruppieren sich das denkmalgeschützte Hauptgebäude, die Mensa sowie die neuen Institutsgebäude. Mehr als ein Drittel des rund 26 ha großen Hochschulgeländes werden in den kommenden Jahren umgestaltet.

Die Pläne dafür stammen von h4a Gessert + Randecker Architekten, Glück Landschaftsarchitektur und Städteplaner Partnerschaft mbB; sie entschieden 2022 den Planungswettbewerb für sich.

Für einen reibungslosen Ablauf der Campusentwicklung wurde ihr Siegerentwurf unter Beteiligung von Drees und Sommer zu einem Masterplan weiterentwickelt. Der Plan koordiniert die konkrete Abfolge der einzelnen Projektschritte und skizziert, wann welcher Bereich des Campus von Bauarbeiten betroffen sein wird. Er regelt zudem, wie der universitäre Betrieb während des Baus aufrechterhalten wird und bildet die Grundlage für die Entwicklung der Rahmenbedingungen der Integrierten Projektallianz (IPA).

Klimaanpassung, Schwammstadt und nachhaltige Energieversorgung

Auf dem Campus sind begrünte Dächer und eine gezielte Bepflanzung der Außenanlagen geplant, die in den heißen Sommermonaten für kühlende Effekte sorgen. „Kies- oder Bitumendächer heizen sich im Sommer auf bis zu 40 bis 55 Grad auf. Gründächer haben dagegen das Potenzial, die Oberflächentemperatur um bis zu 25 Grad zu senken", sagt Gregor Grassl, Associate Partner und Experte für klimafreundliche Gebäude- und Stadtentwicklung bei Drees & Sommer. "Das wirkt sich positiv auf das Klima der näheren Umgebung sowie die Artenvielfalt aus. Als grüne Lunge produzieren die Pflanzendächer außerdem Sauerstoff und filtern Schadstoffe.“ Auch die Bestandsbäume werden berücksichtigt: Je nach Zustand bleiben sie erhalten, werden ergänzt oder komplett ersetzt. 

Ein speziell errichteter Mobility-Hub an der Hauptzufahrt sorgt dafür, dass der Campus nahezu verkehrsfrei bleibt – abgesehen vom Lieferverkehr, der über eine Ringstraße alle notwendigen Bereiche erreicht. Die Universität fördert die umweltfreundliche Fortbewegung auf dem Campus zudem, indem sie Roller und Fahrräder bereitstellt, ein erweitertes Wegenetz mit zahlreichen Fahrradstellplätzen an allen Gebäuden ergänzt.

Beim Um- und Neubau des Campus auf die Nutzung setzte man auf bereits vorhandene lokale Potenziale der erneuerbaren Energien. "Durch einen innovativen Technologiemix, der solare Strahlungsenergie, Grundwasser-, Abwasser- und Abwärme aus dem neuen Rechenzentrum integriert, wird eine zukunftsfähige und klimaneutrale Energieversorgung auf dem Forschungsgelände realisiert”, sagt Jörg De Tommaso, Projektleiter bei Drees & Sommer.

Ein aktives Wassermanagement ist auf das sogenannte Schwammstadt-Prinzip ausgelegt. Große Retentionsflächen sorgen dafür, dass Regenwasser über die begrünten Flächen versickert, verdunstet oder rückgehalten wird. Das Risiko von Überschwemmungen sinkt, das Wasser kann zur Bewässerung der Pflanzen genutzt werden, die Biodiversität wird gefördert.

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Über den Hamburger Bundesbau

Der Bundesbau ist zuständig für den Bau und die Sanierung von Gebäuden für Bundesbehörden und Institutionen. Die Bundesbauabteilung Hamburg, zugehörig zur Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt
Hamburg, übernimmt die Aufgaben des Bundesbaus in der Elbmetropole. Sie nimmt im Wege der Organleihe sämtliche Bauaufgaben des Bundes für die in Hamburg liegenden Bundesliegenschaften als zuständige Bauverwaltung wahr.
Insbesondere ist die Bundesbauabteilung zuständig für die Planung und Durchführung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie für die Bauunterhaltung auf militärischen und zivilen Liegenschaften des Bundes.

 

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