Langzeit- statt Kurzzeitspeicher

Sind saisonale Langzeitspeicher doch die bessere Alternative zu den derzeit angesagten Kurzzeit-Batteriespeichersystemen? Das Berliner Unternehmen Home Power Solution (HPS) geht mit seinem Brennstoffzellen-Konzept Picea an den Markt und rollt damit ein altes Thema neu auf.

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Schemazeichnung des Picea-Konzepts: Der Solarstrom aus der PV-Anlage wird entweder direkt verbraucht oder bei Nichtbedarf in eine Batterie eingespeist. Ist diese voll, erzeugt ein Elektrolyseur Wasserstoff, der bei Bedarf in einer Brennstoffzelle verstromt wird. Parallel dazu gibt es ein Abwärme-Nutzungskonzept. Bild: HPS
Schemazeichnung des Picea-Konzepts: Der Solarstrom aus der PV-Anlage wird entweder direkt verbraucht oder bei Nichtbedarf in eine Batterie eingespeist. Ist diese voll, erzeugt ein Elektrolyseur Wasserstoff, der bei Bedarf in einer Brennstoffzelle verstromt wird. Parallel dazu gibt es ein Abwärme-Nutzungskonzept. Bild: HPS

Ende Oktober 2018 wählte die Crowd-Investment-Plattform Wiwin unter fast 80 Bewerbern um den von ihr erstmals ausgelobten Wiwin-Award die erfolgversprechendsten Startups für Nachhaltigkeit aus. Unter den fünf Finalisten war das Berliner Unternehmen Home Power Solutions (HPS) am Ende der Gewinner. HPS befasst sich mit Brennstoffzellen-Technik fürs Eigenheim. Daran haben sich schon etliche Unternehmen versucht. Was ist also neu am Konzept der Berliner?

Solarstrom zu Wasserstoff

Das System von HPS nennt sich Picea und das Unternehmen will damit Sonnenenergie vom Sommer in den Winter bringen, indem Solarstrom in Form von Wasserstoff gespeichert wird. Dazu bedient sich das System eines Elektrolyseurs. Mit Hilfe des Wasserstoffs und einer Brennstoffzelle wird dann wiederum bei Bedarf Strom erzeugt. HPS rechnet für einen 4-Personen-Haushalt bei einem durchschnittlichen jährlichen Strombedarf von 4.000 kWh mit einer Photovoltaik-(PV)-Anlage in der Größenordnung zwischen 8 und 12 kW.

Eigenstromnutzung erweitert

Erweiterte Eigenstrom-Nutzungslösungen basieren bisher auf der Kombination aus einer PV-Anlage und einem Solarstromspeicher in Form einer Batterie. Diese kann den Anteil des selbst erzeugten Solarstroms vom Dach am Gesamtverbrauch von etwa 30 auf 60 bis 70 % erhöhen. Laut HPS lässt sich über einen Wasserstoffspeicher aber mehr als hundertmal so viel Speicherkapazität realisieren als bei herkömmlichen Solarstrombatterie-Speichersystemen. Damit könnte erstmals die hundertprozentige Eigenstromnutzung erreicht werden. Auch das HPS-System besitzt eine Batterie; ist diese voll, springt der Elektrolyseur an und produziert Wasserstoff für den Wasserstoffspeicher.

Das System nimmt dabei beträchtliche Größen an: Die Energiezentrale (sie beinhaltet Batterie, Leistungselektronik, Lüftungsgerät, Elektrolyseur, Brennstoffzelle) ist untergebracht in einem kompakten Gehäuse, das 2 m² Grundfläche benötigt. Der Wasserstoffspeicher braucht 3 m², kann allerdings sowohl innerhalb als auch außerhalb eines Gebäudes installiert werden.

Wärmenutzung aus der Brennstoffzelle

Bei der Elektrolyse und auch bei der Stromproduktion in einer Brennstoffzelle fällt Abwärme an. Im Picea-Konzept soll die Abwärme aus der Wasserstoff-Elektrolyse in einen Warmwasserspeicher fließen. Das funktioniert wie folgt: Der Elektrolyseur ist wassergekühlt. Die Abwärme der Elektrolyse wird in einen Warmwasserspeicher des Hauses ausgekoppelt, ein Warmwasserspeicher (500 l) ist im Leistungsumfang von Picea enthalten. Sie kann aber auch in einen bestehenden Speicher im Haus eingetragen werden. Gängige Warmwasserspeicher haben einen Eingang zur Einbindung einer Solarthermie Anlage. Über diesen Anschluss koppelt Picea die Wärme ein. Angeschlossen wird ein einfaches Kupferrohr.

Ausgeklügeltes Konzept

Die Brennstoffzelle wird stromgeführt betrieben. Sie hat eine Leistung von 1,5 kW. Das Gerät kann unter zusätzlicher Nutzung von Batterie oder PV für bis zu drei Stunden 8 kW Leistung zur Verfügung stellen und kurzzeitig 20 kW Spitzenleistung erbringen. Der elektrische Wirkungsgrad der Zelle liegt laut HPS bei über 50 %el. Die Picea-Brennstoffzelle beinhaltet ein Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung. Die Abwärme der luftgekühlten Brennstoffzelle kann laut HPS in Häusern mit einer Wohnraumlüftung über die Luftwärme ins Haus eingekoppelt werden. Gibt es kein Luftverteilnetz im Haus, z. B. im Gebäudebestand, wird die Luftwärme über einen internen Luft-Wasser-Wärmetauscher ebenfalls in den Warmwasserspeicher des Hauses eingekoppelt. Auf diese Weise kann für die Brennstoffzelle ein Gesamtnutzungsgrad von über 85 % erzielt werden, berichten die Berliner.

Laut HPS liegt der Wirkungsgrad eines Zyklus’ der Solarstromeinspeicherung in den Wasserstofftank und der Rückverstromung bei rund 40 %. Dadurch, dass die Wärme mitgenutzt wird, steigt er auf rund 85 %.

Zusätzliches Heizsystem

Die Menge Wärme, die bei Picea ausgekoppelt werden kann, hängt folglich stark vom Jahrestromverbrauch, vom Standort und der PV-Anlage ab. Laut HPS können dafür 2.500 kWh angesetzt werden. Picea ist kompatibel mit jedem Wärmeerzeuger. Zu beachten ist, dass in der Regel noch eine Zufuhr von Elektrizität für die Restwärme von außen notwendig ist, wenn die Wärme allein über Strom erzeugt wird. Wünscht der Kunde ein komplett inselfähiges System für Strom und Wärme, kann Picea z. B. mit einer Zusatzheizung über Holz kombiniert werden. Bei einem sehr gut gedämmten Neubau kann die Wärme laut HPS bereits mit Hilfe einer vergrößerten PV-Anlage, einer Wärmepumpe und dem Picea-System mit Speichererweiterung erreicht werden.

Gespanntes Interesse

Gegründet wurde Home Power Solutions im Dezember 2014 von Zeyad Abul Ella, einem Bauingenieur mit mehrjähriger Erfahrung im Projektmanagement und der Produktentwicklung im Bereich erneuerbare Energien sowie Henrik Colell, einem Physiker, der über Katalysatorenentwicklungen für Brennstoffzellen und Elektrolyseure promovierte. Auf der Intersolar 2017 stellten die beiden erstmalig einen Prototyp von Picea vor. Im März 2018 startete ein erstes Pilotprojekt zwischen HPS und dem Fertighaushersteller WeberHaus in Berlin. Laut HPS meldeten sich schon im Vorfeld des Vertriebsstarts mehr als 800 Interessenten. Es wurde deshalb eine Warteliste eingerichtet, die die Interessierten nach Bauvorhaben und Zeitplan priorisiert.

Preisdetails

Laut HPS soll der Einführungspreis für die ersten Picea-Systeme ab 54.000 € netto starten - ein hoher, aber für komplexe Brennstoffzellengeräte nicht unüblicher Preis, wie die Vergangenheit zeigt. Das Gerät ist aber förderfähig gemäß KfW-Programm 433 (Energieeffizient Bauen und Sanieren – Zuschuss Brennstoffzelle), das Zuschüsse bis zu 28.200 € für den Einbau von Brennstoffzellensystemen in neue oder bestehende Gebäude anbietet. Dennoch dürfte der Preis am Ende keiner sein, der die Masse elektrisiert. In einem Interview äußerte Geschäftsführer Henrik Colell die Erwartung, dass man unter Berücksichtigung der Kosten in der Anfangsphase zunächst 2 % der Hausbesitzer erreichen könne.

Picea wird individuell ausgelegt – je nach Standort, Stromverbrauch und Ausstattung. Daraus resultiert ein unterschiedlicher Aufwand für die Installation, der von den Vertriebspartnern gesondert ermittelt wird.

Fazit

Aufgrund des Preises dürfte Picea derzeit erst für wenige Hausbesitzer von Interesse sein. Das Thema Brennstoffzelle bleibt aber nach wie vor aktuell. Daran ändert auch der Hype um Batterien für E-Mobilität und Solarstromspeicher nichts. HPS legt mit Picea ein schlüssiges Konzept vor, dem künftig durchaus breiterer Erfolg beschieden sein könnte.

Dittmar Koop

Dittmar Koop
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Seite 16 bis 17
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