Raus aus dem Dickicht

Leistungen der Projektsteuerung für die TGA-Fachplanung

Das Projektmanagement in der Technischen Ausrüstung (PiTA) hat einen wesentlichen Anteil am Erfolg eines Bauprojektes. Leistungen der Steuerung der Fachplanung Technische Ausrüstung (TGA-Fachplanung) sind eine wesentliche Voraussetzung dafür. Wir alle haben das gleiche Ziel: eine funktionierende und integrierte TGA für nachhaltige Gebäude effizient und doch flexibel zu planen. Das ist die Maxime des Leistungsbildes TGA-Fachplanung, aber auch der Leistungsbilder Objektplanung und Projektsteuerung.

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Kostenkennwerte 2024 anhand von nutzungsspezifischen Flächen für ein Laborgebäude in Hamburg Bild: Fritsches-Baguhl
Kostenkennwerte 2024 anhand von nutzungsspezifischen Flächen für ein Laborgebäude in Hamburg Bild: Fritsches-Baguhl

Dabei haben wir es nicht leicht: Die TGA-Fachplanung vereint die komplexesten Gewerke am Bau, maximale Verantwortung für Nachhaltigkeit und Funktionalität, Zielkonflikte mit der Architektur – und im Management des Bauprojektes wird sie meist nur als „Mitwirkende“ berücksichtigt. Fehlendes Hintergrundwissen über Planungsgrundlagen, Ziele und Schnittstellen der TGA-Fachplanung in Verbindung mit fehlender Erfahrung im modernen Projektmanagement führen zu Frust und Unverständnis bei allen Beteiligten.

Leistungen der Projektsteuerung des Auftraggebers für eine erfolgreiche TGA-Fachplanung

In das Management der TGA-Fachplanung sind Auftraggeber, Projektsteuerer und mehrere Planende mit stark verzahnten Leistungsbildern eingebunden. Insbesondere die Projektleitung und Projektsteuerung des Auftraggebers kann mit ausreichender Methoden- und Sozialkompetenz zielführende Leistungen mit Fokus auf die TGA-Fachplanung erbringen. Leistungen des Projektmanagements in der Bau- und Immobilienwirtschaft werden durch die AHO-Fachkommission „Projektsteuerung/Projektmanagement“ definiert. Nachfolgende vier Grundleistungen im Leistungsbild Projektsteuerung sind besonders wichtig für ein zielführendes Management der TGA-Fachplanung und ein erfolgreiches Bauprojekt.

1. Mitwirkung bei der Festlegung der Projektziele (Stufe I, Leistung A2)

„Die konkrete Leistung des Projektsteuerers liegt in dem rechtzeitigen Erkennen von Zielkonflikten zwischen Bauherrn, Nutzer, Planer und sonstigen Beteiligten sowie dem Hinweis auf bestehende Problempunkte, um einen ungestörten und optimalen Projektablauf sowie die Zielerreichung sicherzustellen“, heißt es in Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft aus der AHO-Schriftenreihe /1/.

Für einen ungestörten und optimalen Projektablauf müssen insbesondere solche konkurrierenden Ziele durch die Projektsteuerung und den Auftraggeber durch klare Zielvorgaben aufgelöst werden.

Ansonsten herrscht die in Bauprojekten übliche Praxis: Der „Stärkere“, mit anderen Worten der Eloquentere (und das ist nicht immer derjenige mit dem besseren Fachwissen oder Gesamtüberblick), setzt sich durch, und das meistens nicht im Sinne des Projektes. Zielkonflikte sind immanent in den Leistungsbildern Objektplanung Gebäude (folgend Architektur) und Fachplanung Technische Ausrüstung (folgend TGA). Die Architektur verfolgt beispielsweise aus Gründen der Wirtschaftlichkeit im Auftrag des Bauherrn stets eine maximale Flächeneffizienz. Die TGA weist kürzere Wartungs- und Lebenszyklen als der Rest des Gebäudes auf und fordert daher für eine dauerhafte Funktionsfähigkeit des Gebäudes mehr lichten Raum in Schächten, Vorwänden, Abhangdecken und Technikzentralen.

Die Mitwirkungsleistung der Projektsteuerung im Prozess der Zielfindung ist lt. Eschenbruch, Projektmanagement und Projektsteuerung, nicht genauer definiert /2/.

Ein mögliches Hilfsmittel zum Erkennen und Hinweisen auf Zielkonflikte ist die Zielbeziehungsmatrix, die im Folgenden beispielhaft für die genannten Leistungsbilder erstellt wurde.

Entscheidungen des Auftraggebers bereits vor Planungsbeginn insbesondere über konkurrierende Ziele sind wesentliche Grundlage eines zielführenden Managements der TGA-Fachplanung.

Bild: HUSS-MEDIEN GmbH

2.Mitwirken bei der Erstellung des Kostenrahmens und des Nutzungskostenrahmens (Stufe I, Leistung C1)

Ebenfalls vor Planungsbeginn ist ein abgestimmter Kostenrahmen auch für die TGA durch den Projektsteuerer eindeutig zu dokumentieren.

Als hilfreiche Detaillierung beschreibt die AHO-Fachkommission dazu:

„Bei der Ermittlung über Kostenflächenarten werden die Bauwerkskosten der Kostengruppen 300 und 400 mit Kostenkennwerten anhand von nutzungsspezifischen Flächen [ …] bewertet.“ /1/.

Solche Kostenkennwerte können über das Baukosteninformationszentrum (BKI) /3/ herangezogen werden. Diese erlauben auch für die Kostengruppe 400 detaillierte Betrachtungen zum Kostenrahmen der TGA. Wichtig ist die Einbeziehung des Regionalfaktors, der als regionaler Multiplikator insbesondere in Großstädten enorme Auswirkungen auf die Baukostenbewertung hat.

So liegen im Jahr 2024 die Großstädte Berlin 12 %, Hamburg 15 % und München 55 % bei den Baukosten über dem deutschen Durchschnitt.

Unter Berücksichtigung des Regionalfaktors und der Nutzungsart des Gebäudes, im folgenden Beispiel Bildung und Wissenschaft, lassen sich durch die Projektsteuerung spezifische Kosten in €/m² BGF für fast alle Kostengruppen der TGA ermitteln.

Die Darstellung von Mindest-, Mittel- und Maximalwerten erlaubt die vergleichende Einschätzung und Festlegung eines Kostenrahmens für jede einzelne Anlagengruppe und damit für fast jedes Planungsobjekt der TGA. Ausnahme sind einige spezifische Anlagen wie Medienversorgungsanlagen, Labortechnik oder Gewerbeküchen.

Die im Rahmen der Vorplanung durch die Fachplanung der TGA zu erstellende Kostenschätzung kann schließlich dem Kostenrahmen in der gleichen Darstellung durch die Projektsteuerung vergleichend gegenübergestellt werden.

3. Vorschlagen und Abstimmen der Schnittstellen und Prozesse der Planung (Stufe I, Leistung A4)

Wurden Zielkonflikte und der Kostenrahmen vor Planungsbeginn geklärt, müssen folgend Schnittstellen und Prozesse der Planung visualisiert und verhandelt werden. Eine für die TGA-Fachplanung dafür wesentliche Grundleistung der Projektsteuerung im Handlungsbereich Organisation, Information, Koordination und Dokumentation lautet:

„Abstimmung von Prüfschemata sowie Planumläufen für Vorplanung, Entwurfsplanung, Ausführungsplanung, Werk und Montageplanung“ /1/.

Insbesondere die Entwurfsplanung ist maßgeblich für die Koordination und Integration der TGA in das Gebäudemodell. In dieser Leistungsphase findet ein eng verzahntes Zusammenspiel der Leistungsbilder Objektplanung (OP), Tragwerksplanung (TWP) und Technische Ausrüstung (TA) statt.

Planumläufe für diese Leistungsphase werden ansatzweise durch den Deutschen Beton- und Bautechnikverein definiert /4/. Tabelle 2 zeigt, wie sich das in die Praxis übersetzen lässt.

Bild: HUSS-MEDIEN GmbH

Wichtig ist das Verständnis des für die TGA-Fachplanung essenziellen Entwurfes als stufenweisen Planumlauf. Dieser endet mit einer freigegebenen Entwurfsplanung durch den Bauherrn und einem verbindlichen „Bausoll“ für alle Planungsbeteiligten. Der Weg dorthin muss durch die Projektsteuerung insbesondere hinsichtlich Koordination und Integration der TGA sichergestellt werden.

4.Analysieren, Bewerten und Steuern der Koordinations- und Integrationsleistungen der Objektplanenden (Stufe II, Leistung B1)

Weitere Schnittstellen zwischen den Planungsbeteiligten müssen so früh wie möglich geklärt werden. Aufgrund der Vielzahl von Planungsobjekten der TGA-Fachplanung sind hier Festlegungen für ein definiertes Bausoll sehr wichtig.

Die wesentliche Grundleistung der Projektsteuerung wird in Projektstufe 2 (Planung) beschrieben:

„ … bereitet der Projektsteuerer eine Schnittstellenliste vor, die von den Projektbeteiligten ausgefüllt, abgestimmt und fortgeschrieben wird. Die Schnittstellen bestehen i. d. R.aus physischen Verbindungen im Sinne von Berührungspunkten (z. B.Raumlufttechnik/abgehängte Decke), an denen Sachverhalte zweier oder mehrerer Planungsbereiche abgestimmt und gelöst werden müssen“ /1/.

Eine solche abgestimmte Schnittstellenliste ist insbesondere für die Kostengruppen 300, 400 und 500 unbedingt vor Erstellung der Kostenschätzung notwendig. In der Praxis bewährt sich die Nutzung der DIN 276, um detaillierte Vereinbarungen zum Leistungsumfang der TGA-Fachplanung zu treffen. Das in Tabelle 2 /5/ dargestellte Beispiel für diese Vereinbarungen betrifft die Kostengruppe 390, sollte jedoch über alle genannten Kostengruppen in der gleichen Tiefe erfolgen, insbesondere für die Kostengruppe 500.

Bild: HUSS-MEDIEN GmbH

Fazit und Ausblick

Wie erreichen wir unser Ziel, funktionierende und integrierte TGA für nachhaltige Gebäude effizient und flexibel zu planen? Auf Grundlage der vier beschriebenen Leistungen der Projektleitung und Projektsteuerung des Auftraggebers kann die TGA-Fachplanung ihre Leistungen im Rahmen der HOAI zielführend erbringen:

  1. Die Klärung der Zielbeziehungen zwischen Architektur und TGA, insbesondere konkurrierender Ziele.
  2. Die Erstellung des Kostenrahmens für alle Planungsobjekte der TGA mit Kostenkennwerten.
  3. Das Abstimmen der stufenweisen Planumläufe zwischen Objekt- und Fachplanung im Entwurf.
  4. Die Klärung der Schnittstellen zwischen Architektur, Freianlage und TGA-Fachplanung.

 

Qualifizierte und leistungsfähige Projektleitende der TGA-Fachplanung finden

PiTA.training zertifiziert Projektleitende der TGA-Fachplanung über ein spezialisiertes Mentoring-Programm.

Eine Übersicht der bereits zertifizierten Ingenieurbüros steht auf der Website zur Verfügung. Alle Büros teilen das in diesem Artikel dargestellte Verständnis der Projektleitung in der TGA-Fachplanung, welches zu erfolgreichen Bauprojekten führt. Die Projektsteuerung mit ihren Grundleistungen gemäß AHO e. V. bleibt allerdings Grundlage und wesentlicher Erfolgsfaktor für ein gutes Management des Bauprojektes.

Literaturhinweise

  • /1/ Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft, 5. Auflage, 2020, AHO e.V.

  • /2/ Projektmanagement und Projektsteuerung, 5. Auflage, 2021, Prof. Dr. jur. Klaus Eschenbruch, Wolters Kluwer

  • /3/ Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern GmbH

  • /4/ Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein, Merkblatt zur „Qualität der Planung“, 2015

  • /5/ Auszug DIN 276 Fassung Dez. 2018, Kostengruppengliederung in der 1. bis 3. Ebene

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Dipl.-Wirtsch.-Ing. Roman Fritsches-Baguhl

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Leistungen der Projektsteuerung für die TGA-Fachplanung
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