Energieeffizienzmaßnahmen

Wärmepumpen stärken Argumente für Fernwärme

Durch die Ausweitung der Nutzung von Fernwärmenetzen und Kältemitteln mit niedrigem Treibhauspotenzial lassen sich Energieverbräuche verringern und Treibhausgasemissionen einsparen.

Pixabay/Willi Heidelbach
Pixabay/Willi Heidelbach

Von Lee Hermitage, EMEA Marketing Director bei Honeywell Advanced Materials

Vor dem Hintergrund steigender Heizkosten, der Abkehr von fossilen Brennstoffen und der Hinwendung zu nachhaltigen Energiequellen wird deutlich, dass die Ausweitung und Nutzung von Fernwärmenetzen mit elektrischen Wärmepumpen weiter voran getrieben werden sollte.

Die Sommermonate gewährten eine vorübergehende Atempause von hohen Heizkosten, sehr zur Erleichterung von Hausbesitzern und Gebäudebetreibern. Im Winter bleibt der Anstieg der Heizkosten ein Problem. Der durchschnittliche Erdgaspreis in Europa ist von Oktober 2021 auf Oktober 2022 um über 25 % gestiegen und es wird in Zukunft zu weiteren Angebots- und Preisschwankungen kommen, da sich die globalen Gasmärkte auf eine Reihe von Variablen, wie geopolitische Unsicherheiten, steigende Nachfrage, Produktionsgrenzen und Probleme in der Lieferkette einstellen müssen.

In der Zwischenzeit soll die Abkehr von fossilen Brennstoffen und die Hinwendung zu nachhaltigen Energiequellen wie Solar- und Windenergie weiter vorangetrieben werden. Die Nutzung sauberer und umweltfreundlicher Energiequellen ist ein wichtiger Bestandteil zur Dekarbonisierung und Erreichung der Net-Zero-Ziele für 2050. Das gilt auch für die Verbesserung der Energieeffizienz aller Gebäude, die einen Anteil von 35 % am gesamten deutschen Endenergieverbrauch haben. Die energiebedingten Emissionen wiederum machten im Jahr 2020 etwa 83 % der deutschen Treibhausgas-Emissionen aus. Um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, müssen alle Arten von Energieeffizienzmaßnahmen ergriffen werden, einschließlich der Raumheizung. In privaten Haushalten liegt der Endenergieverbrauch für Wärmeanwendung bei 90 %, im Sektor Gewerbe, Handel, und Dienstleistungen bei über 60 %.

Die Nutzung erneuerbarer Energiequellen muss eine Priorität bleiben, aber fossile Brennstoffe werden auf absehbare Zeit weiterhin den größten Teil des Energiebedarfs decken. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Wege zu finden, um Häuser und Gebäude in Deutschland mit konventionellen Energieträgern effizienter zu beheizen. Der Endenergieverbrauch ist seit den 1990er Jahren in Deutschland kaum gesunken, doch das volle Potenzial technologiegestützter Energieeffizienzmaßnahmen ist noch nicht ausgeschöpft. Inkrementelles Vorgehen wird uns nicht dorthin bringen, wo wir hinmüssen, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und sicherzustellen, dass alle Menschen in sicheren, komfortablen und erschwinglich beheizten Gebäuden leben, arbeiten und zusammenkommen können.

Überwindung des Paradigmas “ein Gebäude, ein Heizkessel“

Der Anteil von Gaskesseln an Wärmeerzeugern in Deutschland beträgt über 30 %. Obwohl es im Laufe der Jahre einige technische Verbesserungen bei Gaskesseln gab, sind selbst die modernsten Kessel nicht sehr energieeffizient. Multipliziert man diese Ineffizienz mit Millionen von Heizkesseln, wird deutlich, wie groß die Chance ist, die Energieeffizienz zu verbessern, indem man das fest verankerte Konzept „ein Gebäude, ein Heizkessel“ in Frage stellt. Es gibt ein enormes ungenutztes Potenzial zur Einsparung von Energie und zur Verringerung der Treibhausgasemissionen durch die Ausweitung der Nutzung von Fernwärmenetzen, die mehrere Gebäude von einer zentralen Heizanlage aus mit heißem Druckwasser versorgen.

Auf Fernwärmesysteme, die es seit 150 Jahren gibt, entfallen etwa 8,5 % des weltweiten Wärmeverbrauchs. Sie werden am häufigsten in dicht besiedelten städtischen Gebieten oder zur Beheizung kleinerer Gebäudegruppen, z. B. auf einem Universitäts- oder Medizincampus, eingesetzt. In Deutschland nutzen etwa 14 % der deutschen Haushalte Fernwärme.

Mit Fernwärme zu neuen Höhen

Fernwärme verbessert die Energieeffizienz und senkt die Kosten, indem Wasser an einem zentralen Ort erhitzt und über eine Reihe von isolierten Rohren an Gebäude und Haushalte verteilt wird. Die Einsparungen und Umweltvorteile können noch verstärkt werden, wenn für die Erwärmung des Wassers Elektrizität anstelle von Erdgas verwendet wird.

Hocheffiziente elektrische Wärmepumpen können einen Wirkungsgrad von 500 % oder mehr erreichen und liefern 5 kW Wärme für 1 kW Strom. Ein neuer Gaskessel arbeitet nur mit einem Wirkungsgrad von etwa 90 % und erzeugt weniger als 1 kW Wärme pro Kilowatt Strom.

Vor diesem Hintergrund unterstützt die Bundesregierung den Einbau von Wärmepumpen mit einem Fördersatz und einem zusätzlichen Bonus, wenn als Wärmequellen Wasser, Erdreich oder Abwasser erschlossen werden[1]. Solche Anreize könnten einen sinnvollen Wechsel fördern, es könnte jedoch mehr getan werden. Die Leistungen heutiger hocheffizienter Wärmepumpen sind enorm, doch sie können unter anderem durch die Verwendung von Kältemitteln mit niedrigem Treibhauspotenzial (GWP) noch umweltfreundlicher sein.
[1] vgl. BMWK BANZ vom 27.7.2022 B1 via bundesanzeiger.de (zuletzt abgerufen am 2.8.22).

 

Honeywells Solstice ze (R-1234ze)
Honeywells Solstice ze (R-1234ze) - Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotenzial (GWP) - Bild: Honeywell

Die Umweltvorteile von Wärmepumpen werden darüber hinaus größer, wenn die Wärmepumpe mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Sonne, oder Biomasse betrieben wird. Die Beschaffenheit einer Wärmepumpe ermöglicht auch die Rückgewinnung von Abwärme aus Supermärkten, Rechenzentren, Kraftwerken oder anderen industriellen Prozessen, um das Wasser zu erwärmen, das letztendlich Häuser, Arbeitsplätze und Gemeinschaftsräume warm und komfortabel hält.

Positiver Kreislauf der Veränderung

Fernwärme und elektrische Wärmepumpen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, konventionelles Denken zu hinterfragen und das Heizsystem für Häuser und Gebäude, auf das wir uns seit Generationen verlassen, neu zu erfinden. Es ist wichtig, dass wir in diesem Bereich weiter innovativ sind, wenn wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren, unsere ehrgeizigen Ziele zur Verringerung des Kohlenstoffausstoßes erreichen und allen Menschen Zugang zu einer zuverlässigen, erschwinglichen und nachhaltigen Raumheizung verschaffen wollen.

Auch wenn die anfänglichen Investitionskosten für die Weiterentwicklung unseres Heizungssystems beträchtlich sein werden, werden sie sich durch die Senkung der Energiekosten und die Verbesserung der Lebensqualität um ein Vielfaches amortisieren. 

Mithilfe der Regierungsförderung bei der Umstellung der Infrastruktur kann es großen Teilen der Bevölkerung ermöglicht werden, die Vorteile von Fernwärmenetzen mit elektrischen Wärmepumpen zu nutzen. Da fossile Brennstoffe weiterhin eine Rolle spielen, müssen wir diesen Weg fortsetzen, damit ein größerer Teil der Energie aus erneuerbaren Quellen kommt. Und es braucht Aufklärungskampagnen, um das Verständnis, die Unterstützung und die Akzeptanz in der Öffentlichkeit für einen unterschätzten Ansatz zur Befriedigung eines grundlegenden menschlichen Bedürfnisses zu fördern.

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