Bundesweit befasst sich fast jede fünfte Stadt mit der Aufstellung oder Umsetzung der Kommunalen Wärmeplanung (KWP) – dies besagt eine Mitteilung auf der Website des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Das im Januar von der Bundesregierung eingesetzte, strategische Planungsinstrument soll kommunalpolitischen Entscheidern, Bürgern und Wirtschaft in etwa 11.000 Kommunen den Weg vorzeichnen, wie man Wärmeerzeugung und -verbrauch bis 2045 klimaneutral gestalten kann. Aber ist das aufwändige und teure Verfahren mit rechtlich unverbindlichen Ergebnissen in der Lage die Realitäten vor Ort vorausschauend und zukunftsorientiert abzubilden? Klar ist, bis konkrete kommunale Beschlüsse in einigen Jahren die Umsetzungspläne in Gang bringen, darf die energetische Sanierung des Gebäudesektors nicht ins Stocken geraten. Wer jetzt die Heizung sanieren will, sollte das Fachhandwerk kontaktieren und entsprechende Fördermittel nutzen.
KWP-Phasen geben die Umsetzung vor
Schon sehr früh in der KWP werden die Teilgebiete identifiziert, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht für eine Versorgung durch ein Wärmenetz eignen. Im nächsten Schritt erfasst man in den verbleibenden Gebieten je Gebäude die Bestandsdaten mit aktuell genutzten Energieträgern, den Energieverbräuchen inklusive der daraus resultierenden Treibhausgas-Emissionen. Danach geht es um eine verbesserte Effizienz, die möglichen Energieeinsparungen für Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme, sowie natürlich um die Erhebung der verfügbaren Einbindungsmöglichkeiten Erneuerbarer Energien in die zentrale oder dezentrale, individuelle Wärmeversorgung. Insofern gibt die KWP am Ende einem Fahrplan ähnlich vor, wie und wann künftig in den einzelnen Wohn- und Gewerbegebieten klimaneutral geheizt werden sollte, ob mit Wärmenetzen oder individuell mit dezentraler Heizungstechnik.
Nachvollziehbare und wirtschaftliche Lösungskonzepte schaffen Akzeptanz
„Die Kommunale Wärmeplanung ist komplex, daher gilt es die hohen Erwartungen, die an sie gestellt werden, gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern richtig einzuordnen. Das heißt es muss deutlich werden, dass es sich hierbei um einen Plan handelt, dessen Umsetzung Zeit und häufig hohe Investitionen erfordert“, sagt Markus Staudt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie e. V. (BDH). „Daher braucht es flexible, realistisch nachvollziehbare und vor allem wirtschaftliche, für die Bürger bezahlbare Lösungskonzepte, Denkblockaden helfen nicht. Die KWP darf nicht zum Bremsklotz der individuellen Wärmewende werden“, so der Verbandschef weiter. So ist der Ausbau von Fernwärmenetzen scheinbar immer noch vorrangig geplant, obwohl sie wegen veralteten Strukturen erheblich in der Kritik stehen. Für eine transparente KWP-Umsetzung wird seitens des Gesetzgebers die kontinuierliche Information der Bürger gefordert. Planungsverantwortliche oder von der KWP thematisch betroffene Personen und Organisationen sind an den Planungsprozessen zu beteiligen.
Realistisches Abbild durch fachlich neutrale und zukunftsorientierte Umsetzung
„Zwar steht das Umsetzungsgerüst zur KWP, aber wer setzt letztlich die geforderten Erhebungen fachlich neutral und in der benötigten Detailtiefe um, so dass trotz struktureller Unterschiede in den Kommunen eine gewisse Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit entsteht?“, fragt Andreas Müller, Geschäftsführer Technik beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK). Der unterschiedliche Umgang mit den Basisdaten und deren Verarbeitung u. a. durch unterschiedliche Akteure geriet in Baden-Württemberg schon in die Kritik. Aber wie verhält es sich damit, dass der lokale Energieversorger in nicht seltenen Fällen als exklusiver KWP-Akteur im Grunde sein künftiges Geschäftsmodell planen darf? „Als Umsetzer der Transformation müssen die fachlich betroffenen Handwerker und Gewerbetreibenden in die Kommunale Wärmeplanung eingebunden sein“, so Andreas Müller weiter. Zwar soll die KWP alle fünf Jahre ein Update erfahren, doch in den aktuellen Verfahren finden übliche Sanierungsanpassungen wie auch Umbauten an den Gebäuden bzw. ganz normale Veränderungen der Lebensgewohnheiten sowie Bedürfnisse der Bewohner keine Berücksichtigung. „Die Kommunale Wärmeplanung kann dann erfolgreich sein, wenn die Kommunen wirtschaftliche Lösungen für alle Beteiligten suchen und über transparente Prozesse Akzeptanz in der gesamten Bevölkerung erzeugen“, ist Andreas Müller überzeugt.
Baden-Württemberg: Kostenintensive KWP nicht selten Mammutaufgabe für Kommunen
Die auf mehreren Phasen basierende KWP-Umsetzung ist im neuen Wärmeplanungsgesetz (WPG) geregelt. Erste Erfahrungen und Abschlussberichte liegen aus Baden-Württemberg vor, wo 104 größere Kreisstädte bereits bis Jahresende 2023 verpflichtet waren ihre Ergebnisse vorzulegen. Herr des Verfahrens sind die Städte und Gemeinden, die entweder selbst tätig werden müssen oder externe Umsetzungspartner engagieren können. Nicht selten werden die ortsansässigen Stadtwerke und Energieanbieter mit den Planungsaufgaben betraut. Dass im Vorreiterbundesland vorerst nur 71 abgabepflichtige Kommunen ihre Wärmepläne vorlegten wird vor allem auf strukturelle Probleme wie Personalmangel und -wechsel, Krankheitsfälle, EDV-Schwierigkeiten sowie die umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung zurückgeführt. Baden-Württemberg plant für Oktober einen Wärmegipfel zu den Auswertungen bisheriger KWP-Berichte und den daraus gewonnenen Empfehlungen für Kommunen. Das Erstellen der Wärmepläne kann teuer werden. So können die Kosten für eine 10.000 Einwohner zählende Gemeinde nach Schätzungen des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu) je nach Fläche und Struktur der Kommune, Datenlage und genauem Auftragsumfang, bei mindestens 50.000 Euro liegen. Großstädte müssen wohl mit sechsstelligen Beträgen kalkulieren.
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