Der DENEFF EDL_HUB (Energiedienstleistungshub der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz) fordert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf, den aktuellen Referentenentwurf zur Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Fernwärmeversorgung (AVB-Fernwärme) aus dem November 2024 zurückzuziehen. Der vorgelegte Entwurf bedeute eine Vollbremsung für die von der Bundesregierung angestrebte Dekarbonisierung von Nah- und Fernwärme. Der EDL_HUB bemängelt deutliche Rückschritte im Vergleich zum vorherigen Entwurf aus dem August 2024, der besser geeignet war, die Interessen von Verbrauchern und Anbietern in Einklang zu bringen.
Verpasste Chancen bei Investitionen in erneuerbare Wärme
Der Referentenentwurf gefährde die beim Fernwärmegipfel von Bundesminister Robert Habeck angekündigten Investitionen in eine erneuerbare Wärmeversorgung. Besonders die Regelungen des § 3 des aktuellen Entwurfs stellen einen Rückschritt dar. Sie räumen Kunden wie Wohnungsbaugesellschaften Möglichkeiten zur Kündigung und Reduktion von vereinbarten Leistungswerten ein. Dies konterkariert die Ergebnisse der kommunalen Wärmeplanung. Gerade innovative Wärmeversorger, die den über die kommunale Wärmeplanung angestoßenen Ausbau kleinerer Wärmenetze finanzieren, brauchen Planungssicherheit, dass sich die erheblichen, notwendigen Infrastrukturinvestitionen auch amortisieren. Der EDL_HUB fordert, die Formulierungen des § 3 auf die Version vom August 2024 zurückzusetzen, der diese unkalkulierbaren Risiken besser adressiert hat.
Um die Umstellung auf erneuerbare Wärmeversorgung zu fördern, müssen Preisgleitklauseln neugestaltet werden. Das war im Entwurf vom August 2024 im nun gestrichenen § 24a vorgesehen. Sie sollten sowohl ermöglichen, dass die notwendigen Investitionen in neue Wärmetechnik über den Wärmepreis refinanziert werden können - gleichzeitig aber extreme Preissteigerungen verhindern. Der EDL-HUB betonte, dass der gesetzlich geforderte Austausch fossiler Technik mit Investitionen verbunden sei, die allein mit den bestehenden Förderangeboten oft nicht kostenneutral darstellbar sind. Angesichts steigender Öl- und Gaspreise schützten klimaneutrale Wärmequellen jedoch vor künftigen Preisschocks.
Fehlende Unterstützung für Verbraucher
Der Entwurf aus November 2024 ließe jedoch auch die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Umsetzung der Wärmewende im Stich. Die Regelungen des Entwurfs lassen den Eindruck entstehen, dass eine umweltfreundliche Wärmeversorgung zu jeder Zeit zu den gleichen Preisen erhalten werden kann, ohne dass Anpassungen an den Wärmepreisen und -bedingungen vorgenommen werden. Diese Annahme sei unrealistisch und ignoriere die Herausforderungen, die mit Investitionen in die Umstellung auf erneuerbare Wärmeversorgung verbunden sind.
„Die Umsetzung der Wärmewende erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen der Wärmewirtschaft und den Verbraucherschutzorganisationen. Der aktuelle Entwurf sendet jedoch ein falsches Signal und gefährdet die erfolgreiche Transformation des Wärmesektors“, sagt Rüdiger Lohse, Geschäftsführer des DENEFF EDL_HUB.
Appell an das BMWK
Der DENEFF EDL_HUB appelliert daher an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, die geplante Novelle der Verordnung bis nach der Bundestagswahl zurückzustellen und neu zu überdenken. In den kommenden Wochen sollten Gespräche mit den Verbänden der Wärmewirtschaft und des Verbraucherschutzes aufgenommen werden, um gemeinsam einen sinnvollen und tragfähigen Entwurf zu entwickeln, der die Wärmewende unterstützt und gleichzeitig die Interessen der Verbraucher wahrt. Ein ausbalancierter, zukunftsorientierter Entwurf sollte im Frühjahr 2025 zu Beginn der neuen Legislaturperiode beschlossen werden.
BDEW und VKU: Entwurf des AVBFernwärmeV sollte in dieser Form nicht verabschiedet werden
Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, und Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer:
„Diverse Änderungen des neuen Referentenentwurfes sind für den Ausbau der Fernwärme wenig förderlich, könnten ihn sogar gefährden. Während es dem ersten Referentenentwurf (Juli 2024) noch gelang, die Verbraucher- und Versorgerinteressen miteinander in Einklang zu bringen, misslingt das nun völlig. Der neue Entwurf hat eindeutig Schieflage - zu Lasten der Versorger.”
Ein Beispiel: Wenn Versorger von fossiler auf erneuerbare Wärme, wie etwa aus einer Großwärmepumpe, umsteigen und dafür große Investitionen stemmen, müssen sie neben einvernehmlichen Vertragsanpassungen ggf. Kundinnen und Kunden kündigen und Neuverträge anbieten, wenn damit andere Kostenstrukturen einhergehen.
Andreae und Liebing: „Diese im Raum stehenden Kündigungen führen zu einer immensen Investitionsunsicherheit, zumal mit dem Wärmeplanungsgesetz Fernwärmeversorger zur Dekarbonisierung ihrer Netze verpflichtet sind, und sich dadurch Kostenstrukturen verändern müssen.”
Für neue Netze ist am März 2025 der Einsatz von Erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme zu 65 Prozent vorgegeben. In Bestandsnetzen muss der Anteil an erneuerbarer Wärme bis 2030 mindestes 30 Prozent betragen, bis 2040 mindestens 80 Prozent. „Wenn Fernwärmebetreiber intendierte Investitionen tätigen, sollte sichergestellt sein, dass sie diese Kosten vernünftig umlegen können – ohne gleich Gefahr zu laufen, Verträge kündigen zu müssen”, so Andreae und Liebing.
„Transparenz ist grundsätzlich positiv. Allerdings erhöhen die im Entwurf skizzierten umfassenden Veröffentlichungspflichten den bürokratischen Aufwand enorm, ohne dass die Verbraucher einen Mehrwert davon haben. Das verteuert die Fernwärme künstlich. Die Novelle muss Verbraucherschutz und Investitionssicherheit gleichermaßen berücksichtigen.”
Fazit von Andreae und Liebing: „Dieser Entwurf sorgt für Verunsicherung, weil sich die Risiken für die Versorger nicht mehr verlässlich abschätzen lassen und damit der Um- und Ausbau der Fernwärme ins Stocken gerät. Das kann aber weder das Ziel der Bundesregierung sein, noch ist es im Sinne der Versorgungswirtschaft. Der Entwurf hat erheblichen Nachbesserungsbedarf. In dieser Form sollte er nicht vom Bundeskabinett verabschiedet werden.“