Baustoffpreise

Bundeserlasse zu Preisgleitklauseln bis Jahresende verlängert

Bauunternehmen können steigende Kosten für Baustoffe wie Stahl, Aluminium, Kupfer und Rohre aus Gusseisen gegenüber der öffentlichen Hand weiter geltend machen.

Steigende Kosten für Kupfer können bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand weiterhin gletend gemacht werden. Quelle: stock.adobe.com/Dirk Hoffmann
Steigende Kosten für Kupfer können bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand weiterhin gletend gemacht werden. Quelle: stock.adobe.com/Dirk Hoffmann

Stoffpreisgleitklausel wird verlängert und angepasst

Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs hatten Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundesverkehrsminister Volker Wissing Ende März 2022 Erlasse veröffentlicht, mit denen Lieferengpässe und Stoffpreisänderungen für den gesamten Bundesbau einheitlich geregelt werden sollen. Die Stoffpreisgleitklausel wurde nun bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Die Sonderregeln für den Umgang mit den gestiegenen Baupreisen auf Baustellen des Bundes (Hoch- und Tiefbau) galt zunächst bis Ende Juni. Zudem wurden Anregungen der Bauwirtschaft und der Bauverwaltungen aufgegriffen, die Preisgleitklausel praktisch handhabbarer zu machen.

„Die Stoffpreisgleitklausel ist ein gutes und pragmatisches Beispiel dafür, wie die Bauwirtschaft und die Bauverwaltungen schnell unterstützt werden können. Ich bin unseren Partnern der Bauwirtschaft für ihre konstruktiven Rückmeldungen dankbar. So wissen wir, was vor Ort hilft und was noch besser gemacht werden kann" sagt Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. "In der Abwägung zwischen den Interessen der Unternehmen und der Steuerzahlerinnen und -zahler konnten nicht alle Hinweise aufgegriffen werden. Mit der Verlängerung bis Jahresende, der Ausweitung des Anwendungsbereichs der Klausel durch Absenkung der Aufgreifschwelle und der Verringerung des Selbstbehalts bei nachträglich vereinbarten Gleitklauseln wurden aber hilfreiche Änderungen für die Bauwirtschaft und die Auftraggeber gemeinsam in der Bundesregierung vereinbart."

Zahlreiche Länder hatten die Bundesregelung aus dem März für ihren eigenen Zuständigkeitsbereich übernommen. Der Bund wird dafür werben, dass dies mit den nun präzisierten Regelungen ebenfalls geschieht.

Die wesentlichen Neuregelungen

  • Die Regelungen werden bis 31. Dezember 2022 verlängert. Der bisherige Befristungszeitraum wird damit von 3 auf 6 Monate verdoppelt. Das gibt den Unternehmen Planungssicherheit.
  • Die Schwelle, ab der Stoffpreisgleitklauseln zu vereinbaren sind, wird von 1 % auf 0,5 % Stoffanteil an der Auftragssumme abgesenkt. Mit dieser Ausweitung des Anwendungsbereichs wird verhindert, dass sich mehrere, knapp unter 1 % liegenden Stoffpositionen zu erheblichen Mehrbelastungen für das Unternehmen kumulieren. So konnte ein Unternehmen, dass z.B. in einer Position 0,9% Holz, in einer anderen 0,9% Stahl und in einer weiteren 0,9% Aluminium hat, bisher nicht von der Klausel profitieren, obwohl sich die Gesamtmenge der den Preisveränderungen besonders ausgesetzten Stoffe auf 2,7% addiert. Dies wird nun geändert.
  • Es wird eine alternative Handhabung der Stoffpreisgleitklausel eingeführt. Diese basiert, statt auf einem von der Bauverwaltung in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen Preis, auf dem tatsächlichen Angebotspreis des Unternehmens, das den Zuschlag erhält. Das Unternehmen kann die Wirkung auf seine Kalkulation so besser abschätzen. Auch für die Bauverwaltungen wird die Klausel in der Anwendung damit einfacher.
  • Es wird betont, dass die Feststellung einer unzumutbaren Mehrbelastung für das Unternehmen in bestehenden Verträgen im Einzelfall getroffen werden muss. Eine feste Prozent- oder Betragsgrenze, ab deren Überschreiten solches stets anzunehmen sei, wird es weiterhin nicht geben, da dies durch die geltende Rechtslage nicht gedeckt ist.
  • Als ein Mittel, um unzumutbare Mehrbelastungen des Unternehmens in bestehenden Verträgen abzufedern, können Stoffpreisgleitklauseln auch nachträglich vereinbart werden. Diese nachträglichen Klauseln waren bisher mit einem erhöhten Selbstbehalt für das Unternehmen in Höhe von 20 % versehen. Der Selbstbehalt wird künftig auf den „normalen“ Satz von 10 % abgesenkt, der auch für Stoffpreisgleitklauseln in neuen Verträgen gilt.

Der Selbstbehalt soll das Unternehmen dazu anhalten, trotz des ihm durch die Klausel im Wesentlichen abgenommenen Preisrisikos wirtschaftlich einzukaufen. Im Übrigen wirkt der Selbstbehalt, wie die Stoffpreisgleitklausel im Ganzen, in beide Richtungen. Sinken Einkaufpreise unter das kalkulierte Maß, kann das Unternehmen bis zu 10 % der Einsparung für sich behalten, ohne den Auftraggeber daran beteiligen zu müssen.

Baugewerbe begrüßt Verlängerung und hofft auf Signalwirkung

"Engpässe bei Baustoffen und exorbitante Preissprünge bestimmen nach wie vor das Baugeschehen. Angesichts dieser schwierigen Ausgangslage begrüßen wir die Verlängerung ausdrücklich", so Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. "Viele Bauunternehmen konnten nur durch die Regelungen überhaupt ihre Angebote abgeben."

Neu ist, dass innerhalb einer Auftragssumme bereits 0,5 % des jeweiligen Baustoffs ausreichen, damit die Klauseln greifen. Bislang musste der Anteil mindestens 1 % ausmachen, um Mehrkosten erstattet zu bekommen. Auch die Einführung eines neuen Formblatts für die Ermittlung des Basiswerts wird eine große Hilfe sein. "Mit den neuen Regelungen werden mehr Unternehmen von der Preisgleitung profitieren als bisher", so Pakleppa.

Es komme jetzt wie zuvor auf die Länder und Kommunen an. "Die meisten Bundesländer hatten den ersten Erlass übernommen und es den Kommunen empfohlen. Wir hoffen sehr auf eine Signalwirkung und dass alle öffentlichen Auftraggeber sich an den unkalkulierbar steigenden Materialkosten für ihre Bauprojekte weiter beteiligen", so Pakleppa.

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