10/2020: Editorial

Grüner Strom: Preis vs. Kosten

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Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss deutlich schneller voran gehen, um das Ziel von 65% Ökostrom bis 2030 zu erreichen. Quelle: stock.adobe.com/peterschreiber.media
Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss deutlich schneller voran gehen, um das Ziel von 65% Ökostrom bis 2030 zu erreichen. Quelle: stock.adobe.com/peterschreiber.media

Liebe Leserinnen und Leser,

am 23. September beschloss das Bundeskabinett die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Mit dem Entwurf sollen sich nun Bundestag und Bundesrat befassen. Am 1. Januar 2021 sollen die Neuerungen in Kraft treten und den Weg zum Ausbau der Erneuerbaren bis 2030 bahnen.

46 % des deutschen Stromverbrauchs werden heute über erneuerbare Energien gedeckt, bis 2030 sollen es 65 % sein. Das ist weniger als die EU will und weit weniger als technisch machbar ist. Ob es mit dem neuen EEG erreicht werden kann, ist aber keineswegs sicher. So fehlt etwa die Einführung der bundesweiten Photovoltaikpflicht auf Neubauten, die das Bundesumweltministerium gefordert hatte.

Treibhausgasneutral soll die Stromversorgung bis 2050 sein. Im gleichen Zeitraum ist damit zu rechnen, dass der Stromanteil am Energiemix mit der Ausbreitung der E-Mobilität und einem steigenden Bedarf in Wärmemarkt und Industrie drastisch nach oben geht. Technisch ist das unproblematisch und wirtschaftlich rechnet es sich – theoretisch jedenfalls. Strom aus Erneuerbaren ist heute weit günstiger – und nach Erfahrungen des Corona-Jahres 2020 deutlich krisenfester – zu erzeugen als aus Gas, Öl, Kohle und Atomkraft. Umso unverständlicher erscheint, dass deutsche Endverbraucher weiterhin den höchsten Strompreis in Europa zahlen werden. Grund ist neben den Netzentgelten und sonstigen Abgaben die leidige EEG-Umlage, die künftig zwar teilweise aus der CO2-Steuer finanziert werden soll, aber den Strompreis nach wie vor unverhältnismäßig belastet.

Es wird Ausnahmen geben, z. B. für die Produktion von grünem Wasserstoff. Doch im Bereich der Gebäudewärme, die mit einem Drittel am deutschen Energieverbrauch beteiligt ist, sollte der eher sparsam eingesetzt werden. Hier kann z. B. mit Wärmepumpen viel mehr erreicht werden. „Die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis behindert den Einsatz dringend benötigter Sektorkopplungstechnologien wie Wärmepumpen", sagt Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP e. V.). „Eine ,Begrenzung der Kostenbelastung‘ ist unzureichend, wir brauchen eine schnelle und deutliche Entlastung des Strompreises und alternative Finanzierungsmechanismen für die EEG-Umlage.“

Dass die Preise für die Energie, mit der Wärmepumpen Gebäude klimaneutral heizen und kühlen, die realen Kosten für Wirtschaft und Umwelt abbilden, bleibt eine Aufgabe für die Politik. Über praktische Möglichkeiten und Anwendungen der Technologie informiert Sie unser Top-Thema Wärmepumpen ab S. 36.

Ihre

MSc, Dipl.-Ing. Silke Schilling

Dipl.-Ing. Silke Schilling
Chefredakteurin

· Artikel im Heft ·

Grüner Strom: Preis vs. Kosten
Seite 3
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