Viren verbreiten sich per Tröpfcheninfektion, aber auch durch Aerosole in der Luft. Selbst bei ruhiger Atmung können virushaltige Partikel freigesetzt werden. Bei sehr trockener Raumluft lassen sich dem Umweltbundesamt zufolge vermehrungsfähige Viren bis zu drei Stunden nach Freisetzung nachweisen. Die Partikel können sich zudem innerhalb kurzer Zeit über mehrere Meter im Raum verteilen, sei es durch Luftströmungen, Konvektion, Druckunterschiede oder Bewegungen und Tätigkeiten. Ziel jeglicher Lüftungsmaßnahmen ist die Verdünnung bzw. Entfernung des Aerosols durch einen möglichst hohen Frischluftanteil.
Fensterlüftung allein reicht nicht
Nur durch eine regelmäßige Stoßlüftung von fünf Minuten in einem Zeitintervall von ca. 20 Minuten lässt sich eine deutliche Senkung der Partikelkonzentration erzielen. Eine Studie der Wolf GmbH, Mainburg, mit Unterstützung der Technischen Universität Berlin, Hermann-Rietschel-Institut (HRI), kommt zu dem Ergebnis, dass eine mechanische Lüftung die Partikelkonzentration in der Raumluft effektiver und über einen längeren Zeitraum reduziert als gekippte Fenster.
Die Simulationsrechnungen am HRI wurden anhand eines typischen Klassenzimmers von 60 m2 mit einer Lehrkraft und 24 Schüler*innen durchgeführt. In der Messvariante „alle Fenster geöffnet“ stellt sich bei 20 °C Außentemperatur eine Luftwechselrate von kurzfristig 15 ein, und die Partikelkonzentration sinkt unter 100 pro m3. Sind die Fenster wieder gekippt, steigt sie auf den Ursprungswert. Die Simulationen zeigen, dass die Raumluft bei geschlossenen Fenstern mehr als 900 infizierte Partikel pro m3 enthalten kann. Welche Konzentration zu einer Ansteckung führt, ist zurzeit noch nicht sicher, grundsätzlich steigt aber das Infektionsrisiko mit der Partikelkonzentration. Im Herbst und Winter führt reine Fensterlüftung zudem zu erheblichen Belastungen durch Zug, zu höheren Krankheitsraten und stark steigenden Energiekosten.
Sicherheit durch maschinelle Lüftung
Ein etwa viereinhalbfacher maschineller Luftwechsel genügt, um den oben beschriebenen Raum über das in der Simulation eingesetzte Kompakt-Lüftungsgerät CGL zu be- und entlüften. Mit konstant geschlossenen Fenstern und einem Frischluftvolumen von 800 m3/h konnte die Partikelkonzentration im unkritischen Bereich stabilisiert werden.
Die Luftführung im Simulationsversuch erfolgte über an der Decke angeordnete Auslassventile; die verbrauchte „belastete“ Luft wurde zentral am Sockel des Geräts abgeführt.
Bei den Versuchen am HRI wurde auch die CO2-Konzentration als Maß für die Raumluftqualität überwacht. Innerhalb von 45 Minuten stieg unter realitätsnahen Klassenzimmerbedingungen beim maschinell belüfteten Raum der CO2-Gehalt von 400 ppm (entspricht sauberer Außenluft) auf maximal 950 ppm. Bei der Fensterlüftung erreichte der CO2-Gehalt im gleichen Zeitraum bis zu 1.300 ppm.
Als CO2-Grenzwert gilt die so genannte Pettenkofer-Zahl von 1.000 ppm. Ab 2.000 ppm beginnt laut UBA der hygienisch inakzeptable Bereich. Zur Senkung der Virenbelastung in der Raumluft kann die maschinelle Lüftung nach jeder 45-min-Schulstunde durch Fensterlüftung unterstützt werden. Aus Sicht vieler Wissenschaftler und Pädagogen schützen maschinelle Lüftungsanlagen mit großer Wahrscheinlichkeit vor Corona-bedingten Schulschließungen, können einen störungsfreien Lernbetrieb gewährleisten und den Krankenstand senken.
Raumluftreiniger als Sofortmaßnahme
Stationäre oder mobile Luftreiniger reduzieren die Partikelkonzentration im Umluftverfahren. Diese Hocheffizienzfiltergeräte ersetzen die Frischluftzufuhr nicht, sind jedoch als flankierende Maßnahme vor allem in der kälteren Jahreszeit sinnvoll. Ein ausreichend dimensionierter Luftreiniger mit HEPA-H14-Filter kann die Aerosolkonzentration effektiv senken. Dies wurde in einer weiteren Studie nachgewiesen. Bildungseinrichtungen in Bayern können sich seit Ende 2020 mobile Luftreinigungsgeräte mit Filterfunktion für alle Klassen- und Fachräume fördern lassen.
Umluftfunktion von RLT-Anlagen abschalten
Konventionelle raumlufttechnische Anlagen können die Ansteckungsgefahr reduzieren, wenn die Umluftfunktion abgeschaltet und die Luftwechselrate erhöht wird. Dem Umweltbundesamt zufolge verringert ein einfacher Luftwechsel pro Stunde die im Innenraum freigesetzte Stoffmenge in 60 Minuten um 60 %, höhere Luftwechselraten sind entsprechend wirksamer. Zu berücksichtigen seien jedoch auch die Art der Luftführung und mögliche Turbulenzen. Fast alle HLK/RLT-Verbände haben inzwischen Leitfäden zum Betrieb von RLT-Anlagen in Zeiten von Corona herausgegeben, die es sich lohnt, zu Rate zu ziehen. Den wissenschaftlich fundiertesten Leitfaden erarbeitete der Dachverband der europäischen Verbände für Heizung, Lüftung und Klima (REHVA). REHVA empfiehlt als wichtigste Maßnahmen:
- RLT- und Lüftungsanlagen nachts und am Wochenende nicht abschalten, sondern mit geringer Leistung weiter betreiben
- Lüftungsgeräte auf 100 % Außenluft stellen
- Wärmerückgewinnungsanlagen auf Leckagen prüfen, insbesondere die Rotationswärmeübertrager
- keine Luftkanalreinigung in Zeiten von Corona durchführen
- Filterwechsel und Wartungsarbeiten weiter mit den üblichen Schutzmaßnahmen durchführen.
Bundesförderung greift zu kurz
Die Bundesförderung „Corona-gerechte Um- und Aufrüstung von raumlufttechnischen Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten“ fördert keine Neuanschaffung einer RLT-Anlage. Die wenigsten deutschen Bildungsstätten haben jedoch eine, obwohl sie sie dringend brauchen. Mobile Luftreiniger sind Ländersache und werden nicht einheitlich gefördert.
Deshalb müsste auch die Erstinstallation einer
Fazit
Die maschinelle Lüftung von Schulräumen trägt wesentlich dazu bei, das Infektionsrisiko für Schüler und Lehrer zu vermindern. Dezentrale Lösungen lassen sich relativ kurzfristig mit geringem baulichen Aufwand realisieren. Mobile Luftreiniger sollten in allen Bereichen, in denen kein kontinuierliches Lüften sichergestellt werden kann, als flankierende und effiziente Maßnahme in Betracht gezogen werden. Bei bestehenden RLT-Anlagen empfiehlt es sich, sie nach der Maßgabe der Verbände auf einen Covid-19-gerechten Betrieb zu überprüfen. Neue RLT-Anlagen sollten dringend in Bundesförderprogramme für Bildungseinrichtungen mit aufgenommen und entsprechend bezuschusst werden. Die aktuelle Fördersituation in Deutschland wird fortlaufend angepasst.

Das Umluftfiltergerät „AirPurifier“ wurde speziell für Klassenräume mit Raumgrößen von bis zu 60 m2 entwickelt. Durch den über EC-Ventilatortechnik geregelten, sechsfachen Luftwechsel und eine doppelte Filterstufe mit HEPA-Schwebstofffilter wird das Ansteckungsrisiko minimiert. Allerdings kann auch bei Verwendung dieses Gerätes auf eine Fensterlüftung nicht verzichtet werden. Bild: Wolf GmbH

Das Comfort Großraum-Lüftungsgerät (CGL) hier mit Luftverteilung über textile Schläuche. Der Lufteintrag in den Raum erfolgt turbulenzarm nach dem Prinzip der Quelllüftung. Bild: Wolf GmbH
Planung von Schullüftungen
Neben zahlreichen DIN EN-Normen und einem UBA-Leitfaden für die Innenraumhygiene in Schulgebäuden setzen vor allem die Richtlinien VDI 6040, Blatt 1 und 2 den Maßstab. Der UBA-Leitfaden „Besser lernen in guter Luft, Anforderungen an Lüftungskonzeptionen in Bildungseinrichtungen“ enthält auch Hinweise zur Arbeitsstättenrichtlinie ASR A 3.6. Diese wurde inzwischen um die neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel erweitert. Sie verpflichtet dem Grund nach zum Einbau von maschinellen Lüftungen in Schulräumen. Für Schulen als öffentliche Gebäude greift auch die AMEV-Richtlinie „RLT-Anlagenbau 2018“.
Maximilian Schmidt


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