Gebäudeintegrierte Photovoltaik- und photovoltaisch-thermische Anlagen
Gebäudeintegrierte Photovoltaikanlagen (BIPV) verbinden ästhetische Ansprüche mit technischer Effizienz und ökologischen Vorteilen. Im Gegensatz zu aufgeständerten Systemen ersetzen sie Bauelemente wie Dachziegel oder Fassadenmaterialien und integrieren sich nahtlos in die Gebäudehülle. Die zentralen Vorteile:
Ästhetische Integration: Durch den Einsatz rahmenloser Module und Blindplatten an Dachrandbereichen und -einbauten entsteht ein einheitliches Erscheinungsbild – ideal für anspruchsvolle architektonische Konzepte.
Kosteneffizienz: Die Einsparung von Baustoffen wie Dachziegeln reduziert die Gesamtkosten. Bei Indach-Systemen können bei Neubau und Sanierung die üblichen Dacheindeckungskosten gegengerechnet werden. Somit können Indach-Anlagen wirtschaftlicher sein als Aufdach-Anlagen. Mit rund 18 kg/m2 (PV) bzw. 25 kg/m2 (PVT) ist das System darüber hinaus nicht mal halb so schwer wie ein Ziegeldach (rund 45 kg/m2) und findet damit auch auf Dächern Verwendung, auf welchen bisher aus statischer Sicht eine zusätzliche PV-Anlage nicht möglich war.
Technische Robustheit: Hinterlüftete Module vermeiden Überhitzung und sind dadurch leistungsstärker. Der Verzicht auf Verklebungen und der Einsatz von beständigen Materialien sorgen für eine lange Lebensdauer. Eine Umsetzung als harte Bedachung ist möglich. Die Verlegung nach dem Überschuppungsprinzip sorgt für die Regendichtheit des Indach-Systems.
Nachhaltigkeit: Der Verzicht auf energieintensive Baustoffe wie Dachziegel verbessert die CO2-Bilanz des Gebäudes.
Einfache Wartung: Einzelne Module lassen sich problemlos entnehmen und ersetzen, ohne die Dachstruktur zu beeinträchtigen.
Energetische Flächeneffizienz
Die gebäudeintegrierten Montagesysteme werden stetig weiterentwickelt, auch im Hinblick auf die Kombination mit Solarthermie, wie z. B. das Indach-PVT-System der nD-System GmbH. Wird eine Photovoltaikanlage mit darunterliegender Solarthermie gekoppelt, spricht man von einer photovoltaisch-thermischen (PVT-)Anlage. Dabei handelt es sich um einen ungedämmten (unabgedeckten) PVT-Kollektor, bei dem der Wärmeübertrager unter dem PV-Modul angeordnet ist.
PVT-Systeme erweitern den Ansatz der PV-Module, indem sie sowohl die Modulabwärme als auch Umgebungswärme in nutzbare Wärme umwandeln. Damit erzeugen sie Strom und Wärme auf derselben Fläche und erreichen einen mehr als dreifachen Gesamtwirkungsgrad. Richtig eingebunden können sie zusätzlich die PV-Module bei hohen Temperaturen kühlen, somit den Ertrag steigern und die Lebensdauer der Module erhöhen.

Klassische Solarthermieanlagen, die ausschließlich Wärme erzeugen, nutzen zwar die verfügbare Fläche effizient, benötigen jedoch zusätzliche Bereiche, die nicht für die Stromerzeugung einsetzbar sind. PVT-Systeme lösen dieses Problem und bieten eine maximale Energieausbeute pro Fläche.
Neben den bereits genannten Vorteilen, die die Gebäudeintegration mit sich bringen, bietet eine PVT-Anlage weitere Pluspunkte:
Mehrdimensionale Energienutzung: PVT-Anlagen erzeugen Strom und Wärme auf derselben Fläche – ideal für Gebäude mit begrenzter Dachfläche oder einem hohen kombinierten Energiebedarf.
Effizienzsteigerung: Durch die Abführung der Abwärme bleiben die PV-Module kühler, was ihre elektrische Effizienz erhöht. Gleichzeitig wird die Wärme beispielsweise für Warmwasserbereitung, Heizsysteme oder die Regeneration von Erdwärmesonden genutzt.
Ganzjährige Funktion: Unabgedeckte PVT-Anlagen nutzen geräuschlos nicht nur Sonnenenergie, sondern auch Umgebungswärme – sogar nachts oder im Winter.
Flexibilität: Neben der Wärmeversorgung können PV(T)-Anlagen auch als Wärmesenke genutzt werden, um Gebäude und komplexere Energiesysteme zu kühlen oder überschüssige Wärme abzuführen.
Durch ihre Vielseitigkeit und hohe Effizienz tragen PVT-Anlagen wesentlich zur Dekarbonisierung und Optimierung von Energiekonzepten bei und eignen sich besonders für nachhaltige Neubauten sowie energetische Sanierungen.
PVT-Kollektoren – Effizienz und Flexibilität im modernen Energiekonzept
PVT-Kollektoren entfalten ihr volles Potenzial in Kombination mit einer Sole/Wasser-Wärmepumpe. Diese Integration ermöglicht es, die PVT-Kollektoren auf dem Dach so zu nutzen, dass sie mittelbar Wärme auf hoher, nutzbarer Temperatur bereitstellen. Dadurch können herkömmliche Wärmequellen wie Erdsonden, Erdkollektoren oder Grundwasserbrunnen teilweise oder vollständig ersetzt werden. Diese Technik ist besonders attraktiv für Gebäudetypen mit hohem Bedarf an Trinkwarmwasser und Heizwärme, insbesondere im Sommer – etwa Wohngebäude, Schwimmbäder oder Hotels. Auch in städtischen Gebieten, in denen kaum, bzw. keine Erdsonden oder Flächenkollektoren realisierbar sind, bietet das System eine vielversprechende Lösung. Zudem stellt es eine geräuschlose Alternative zur Luft/Wasser-Wärmepumpe dar.
Im Kühlbetrieb zeigt das System weitere Vorteile: Nun fungieren die PVT-Module nicht mehr als Wärmequelle, sondern als Wärmesenke, das heißt Wärmeenergie aus dem System wird an die Außenluft abgegeben. So kann die flexible Technologie zur Kühlung hochgedämmter Gebäude im Sommer beitragen oder auch Prozessabwärme abführen.
Wird das System in eine Wärmepumpenanlage mit Erdsonden integriert, kann die überschüssige Wärme effizient zur thermischen Regeneration des Erdreiches genutzt werden. Dies ist besonders in größeren geothermischen Anlagen mit einem mehrreihigen Sondenfeld relevant. Dort können sich die Erdwärmesonden gegenseitig beeinflussen, was zu einem Absinken der mittleren Erdreichtemperatur führen kann, wenn dem Erdreich kontinuierlich Wärme entzogen wird. Der natürliche Wärmetransport reicht in solchen Fällen oft nicht aus, um das Temperaturniveau stabil zu halten. Die Folge: Die Effizienz der Wärmepumpe verschlechtert sich, und es drohen Schäden durch Frost-Tau-Wechsel.
PVT-Kollektoren bieten hier eine Lösung, indem sie die Geothermie durch die Absorptionswärme der PV-Module regenerieren. So lässt sich das langfristige Absinken der mittleren Erdreichstemperatur verhindern und ein dauerhaft effizienter Betrieb gewährleisten. Die Regeneration ermöglicht es zudem, das Sondenfeld kleiner zu dimensionieren. Bei größeren Sondenfeldern können so bis zu 20 % der Wärmequellenkosten eingespart werden.
Für Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit ist die Systemeinbindung der PVT-Kollektoren, der Wärmepumpe, des Heizwasserspeichers, des Heizverteilsystems und der Energieverbraucher bzw. Wärmeverbraucher des Gebäudes entscheidend. Wie bei vielen regenerativen Systemen ist für hohen Ertrag bzw. hohe Effizienz neben der Abstimmung von Hydraulik und Temperaturniveaus eine intelligente Regelung nötig.
Dänischer EXPO-Pavillon, Hannover
Im ehemaligen Dänischen Expo-Pavillon in Hannover wurde ein innovatives Gebäudegesamtkonzept realisiert, das die PVT-Technologie mit einer Sole/Wasser-Wärmepumpe und verschiedenen Erdreichwärmequellen kombiniert. Ziel der Sanierung durch das Architektur- und TGA-Planungsbüro Carsten Grobe Passivhaus war die Schaffung eines energieeffizienten Büro- und Veranstaltungsgebäudes, das eine positive Energiebilanz aufweist und den Passivhausstandard im Bestand (EnerPHit) erreicht.

Das Herzstück der Gebäudetechnik bildet eine gebäudeintegrierte, regendichte PVT-Anlage, die mit einer Sole/Wasser-Wärmepumpe und zwei verschiedenen geothermischen Wärmequellen verbunden ist. Diese Anlage ersetzt den bisherigen Gaskessel (250 kW) und deckt, zusammen mit einer Luft/Luft-Wärmepumpe als sekundäre Wärme-/Kälteanlage in einem der drei Nebengebäude, vollständig den Heiz- und Kühlbedarf des ca. 1.600 m2 großen Gebäudekomplexes. Neben der Wärme- und Kälteerzeugung übernehmen die PVT-Kollektoren auch die Stromproduktion und fungieren als regendichte Dacheindeckung.

Die Kombination aus PVT-Kollektoren, Erdsonden und Erdkollektoren wird durch eine intelligente Anlagenregelung gesteuert, die abhängig von den Temperaturen der Wärmequellen die einzelnen Komponenten optimiert einsetzt. In der Kühlperiode wird überschüssige Wärme aus dem Gebäude sowie aus der Anlagentechnik zur thermischen Regeneration des Erdsondenfeldes genutzt.
Wesentliche Elemente des Anlagenkonzepts sind:
- Eine Sole/Wasser-Wärmepumpe (60 kW) in Kombination mit 6 Erdsonden (je 100 m tief) und 360 m2 Erdkollektoren.
- Indach-PVT-Kollektoren auf dem Hauptdach als zusätzliche Wärmequelle und zur Regeneration des Erdreichs (325 m2 PV-Fläche, davon 230 m2 thermisch hinterlegt).
- Niedertemperatursysteme für Heizung und Kühlung mit optimierten Systemtemperaturen (max. 45 °C Vorlauf/38 °C Rücklauf) für eine hohe Effizienz der Wärmepumpe.
- Ein Batteriespeicher (54 kWh) und ein Ladepunktsystem mit Lastmanagement zur Maximierung des Eigenstromverbrauchs und Entlastung des Stromnetzes.
Wie das Monitoring zeigt, wird durch diese Maßnahmen der gesamte Energiebedarf des Gebäudes vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt.
Dipl.-Ing. Carsten Grobe

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