Erkrankungsrisiken aufdecken

Legionellen auch in nicht untersuchungspflichtigen Trinkwasserinstallationen

Seit rund 10 Jahren finden sich verstärkt Probleme mit Legionellen im Kaltwasser – auch in nicht so heißen Sommern. Ursächlich dafür sind immer dichtere Gebäudehüllen und hochkomplexe Installationen. Gefunden werden sie auch in Installationen, die von der Pflicht regelmäßiger Untersuchungen ausgeschlossen sind: dezentralen Durchflusserwärmern und Kleinspeichern.

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In den letzten 10 Jahren hat es immer häufiger Probleme mit Legionellen im Kaltwasser gegeben. Im Rahmen der LeTriWa-Studie trugen Legionellen auch in nicht überwachungspflichtigen Installationen wie Kleinanlagen und dezentralen Durchflusserwärmern mit immerhin 43 % der Fälle zu realen Erkrankungen und Todesfällen bei. Bild: Schell / i-stock
In den letzten 10 Jahren hat es immer häufiger Probleme mit Legionellen im Kaltwasser gegeben. Im Rahmen der LeTriWa-Studie trugen Legionellen auch in nicht überwachungspflichtigen Installationen wie Kleinanlagen und dezentralen Durchflusserwärmern mit immerhin 43 % der Fälle zu realen Erkrankungen und Todesfällen bei. Bild: Schell / i-stock

Das Umweltbundesamt (UBA), das Robert Koch-Institut (RKI) und das Konsiliarlabor für Legionellen (KL) stellten in ihrer so genannten LeTriWa-Studie „Legionellen in der Trinkwasserinstallation“ fest, dass Legionellen auch in nicht überwachungspflichtigen Installationen wie Kleinanlagen und dezentralen Durchflusserwärmern mit immerhin 43 % der Fälle zu realen Erkrankungen und Todesfällen durch Legionellen beitrugen.

Allen Fachleuten ist klar, dass die reale Legionellenwelt sich nicht so darstellt wie im Regelwerk mit seinen klaren Grenzen festgelegt. Dies trifft etwa zu bei der Definition von Großanlagen der Trinkwassererwärmung mit einem Speichervolumen von 400l und/oder 3l für Einzelzuleitungen oder mit Temperaturgrenzen von 25 °C im Trinkwasser kalt (PWC) und von 60 °C/55 °C für zirkulierendes Trinkwasser warm (PWH). Anders gesagt: Keine Legionelle wird sich unter günstigen Bedingungen erst bei 401 l vermehren, nur weil es so im Regelwerk steht. Gleiches gilt für den bestimmungsgemäßen Betrieb mit einer Nutzung jeder Entnahmestelle nach spätestens 72 Stunden. Immerhin gibt es hierfür den Hinweis in der VDI 6023 Blatt 1, dass der Wasserwechsel in Gesundheitseinrichtungen auch häufiger notwendig sein kann.

Dass es diese Erfahrungswerte dennoch bis ins Regelwerk geschafft haben, hat einen einfachen Grund. Ohne diese klaren Grenzen wären Fachplanende, Fachhandwerk und Betreiber nicht handlungsfähig. Ihre Einhaltung wird daher mit dem § 13 (1) TrinkwV als „mindestens allgemein anerkannte Regeln der Technik“ (a.a.R.d. T.) für jede Trinkwasserinstallation eingefordert.

Armaturen dürfen nicht zu Totleitungen werden

Die TrinkwV geht also davon aus, dass bei Einhaltung der a. a. R. d. T.auch das Trinkwasser in Gebäuden seine hohe Qualität bis an jede Entnahmestelle beibehält. Dies ist der Ort, an dem die Qualität gemäß § 10 TrinkwV relevant ist. Aus dieser Anforderung folgt, dass ein Wasserwechsel über jede Entnahmestelle (VDI 6023 Blatt 1) durch keine Art der Rohrleitungsführung zu ersetzen ist. Denn ohne eine Nutzung entstünde von der Durchgangswandscheibe bis zum Auslass aus der Entnahmestelle eine Totleitung. Totleitungen sind bekanntermaßen unzulässig, da sie aus mikrobiologischer Sicht ganz und gar nicht tot sind: Sie sind im Gegenteil voller (mikrobiellem) Leben.

Probennahmen überprüfen auch die Einhaltung der a. a. R. d. T.

Die normalen Untersuchungen der Trinkwassergüte erfolgen also über die Entnahmestellen oder Probennahmeventile (Bild 3 und 4).

3 - Probennahmeventil Probfix mit Anschluss für Armaturenschläuche zum Nachrüsten zwischen Eckventil und Armatur. Zum Einbau ist lediglich das vorhandene Eckventil abzusperren und die Schlauch- oder Kupferrohrverbindung zu lösen. Bild: Schell GmbH & Co. KG
4 - Probennahme-Eckventil mit vandalengeschützter Betätigung. Zusätzlich kann das Rohr zur Probennahme entfernt und dessen Abgang verschlossen werden. Bild: Schell GmbH & Co. KG

Nur bei Legionellen und Großanlagen zur Trinkwassererwärmung muss an zwei weiteren Entnahmestellen beprobt werden: am Ausgang des Trinkwassererwärmers und im Rücklauf der Zirkulation (Bild 2), denn Legionella soll gemäß TrinkwV „systemisch“ überwacht werden. Hinzu kommen Temperaturkontrollen, die somit indirekt auch die Einhaltung der a. a. R. d. T.beispielsweise bei Dämmung, hydraulischem Abgleich und dem bestimmungsgemäßen Betrieb abdecken.

2 - Mindestumfang an Probennahmestellen für die Untersuchung einer Trinkwasserinstallation auf Legionellen gemäß DVGW (A) W 551. Bei Hinweisen auf Temperaturen im Trinkwasser kalt von mehr als 25 °C ist auch dieses zu beproben. Bild: Schell GmbH & Co. KG

Trinkwasserinstallationen und systemische Untersuchungen

Systemische Untersuchungen dienen dazu, eine Kontamination des „Systems“, also zentraler Bereiche einer Trinkwasserinstallation, zu erkennen. Denn Legionellen im System (warm und kalt!) würden bei jedem Wasserwechsel zu jeder Entnahmestelle eines Gebäudes transportiert, wodurch das wesentliche Schutzkonzept „Wasser muss fließen“ nicht mehr funktionieren würde.

Im Gegensatz zu einer systemischen Kontamination gefährdet eine mit Legionella kontaminierte Entnahmestelle zwar die jeweiligen Nutzer, sowie im Gesundheitsbereich auch die Pflege- und Reinigungskräfte, hat aber kaum eine Auswirkung auf andere Bereiche der Installation.

Wir sind auf einem Auge blind

Aktuell werden gemäß TrinkwV lediglich Großanlagen der Trinkwassererwärmung jährlich oder in einem dreijährigen Rhythmus untersucht. Damit wird ein großer Teil bestehender Trinkwasserinstallationen als „Kleinanlage“ oder mit dezentralen Trinkwassererwärmern lediglich im Verdachtsfall auf Legionella untersucht – mit erheblichen Konsequenzen, wie die LeTriWa-Studie zeigte. Demnach haben sich 43 % der Erkrankten bzw. Verstorbenen zu Hause in nicht überwachungspflichtigen Anlagen mit Legionella infiziert. Daher fordern die Autoren, die Ursachen einer Legionellose auch in diesen Anlagen zu suchen.

Legionellen lesen nicht das Regelwerk

Legionellen verhalten sich nicht den klaren Grenzen des Regelwerks entsprechend, sondern vermehren sich immer dann, wenn sie geeignete Lebensbedingungen vorfinden.

Die TrinkwV deckt jedoch indirekt auch diese Fälle ab, indem sie im § 48 Absatz 2 folgendes fordert: „Werden dem Betreiber […]einer Gebäudewasserversorgungsanlage […] Tatsachen bekannt, die darauf hinweisen, dass die Beschaffenheit des Trinkwassers durch die Trinkwasserinstallation in einer Weise verändert wird, dass sie den Anforderungen nach Abschnitt 2 nicht entspricht, so hat der Betreiber unverzüglich

  1. Untersuchungen zur Klärung der Ursache der Veränderung durchzuführen
  2. Maßnahmen zur Abhilfe durchzuführen, […]“.

Wenn also bekannt ist, dass beispielsweise das Trinkwasser kalt (PWC) auch nach 3l Ablauf noch eine Temperatur von mehr als 25 °C aufweist, müssen gemäß DVGW W 551 auch Legionellenuntersuchungen im Kaltwasser erfolgen.

Dieser Frage kommt gerade auch bei dezentralen Trinkwassererwärmern eine oft unterschätzte Bedeutung zu. Denn die Kontaktzeit des Trinkwassers kalt im Wärmetauscher reicht bei keiner der üblichen Temperaturen aus, um Legionellen abzutöten. Selbst bei 70 °C werden dazu drei Minuten benötigt. Viele Betreiber fühlen sich also, nur weil ihre Anlage nicht untersuchungspflichtig ist, fälschlicherweise sicher. Dies betrifft neben Durchfluss-Trinkwassererwärmern gerade auch Kleinspeicher, die in Kindergärten oftmals aus Gründen des Verbrühungsschutzes auf 38 °C eingestellt sind – mit manchmal fatalen Folgen, wenn der vollständige Wasserwechsel ausbleibt.

Fazit

Aus guten Gründen fordern die Autoren der LeTriWa-Studie, die Ursache einer Legionellenerkrankung an allen Orten zu suchen, wo sich der Erkrankte vorher aufgehalten hat – unabhängig davon, ob es sich um eine untersuchungs- oder nicht untersuchungspflichtige Trinkwasserinstallation handelt. Denn auch Kleinanlagen oder dezentrale Trinkwassererwärmer können ursächlich für eine Erkrankung sein.

Gerade bei dezentralen Trinkwassererwärmern kommt es vor allem auf drei Faktoren an, um eine übermäßige Vermehrung von Legionellen zu verhindern:

  • Im gesamten Fließweg des Trinkwassers kalt bis zu den Trinkwassererwärmern darf die Temperatur 25 °C nicht überschreiten.
  • Das Trinkwasser sollte möglichst keine Legionellen in 100 ml aufweisen. Mit der neuen TrinkwV 2023 wurde der Maßnahmenwert für Legionella spec. verschärft: Werden 100 KBE/100 ml erreicht und im Labor mindestens drei Kolonien von Legionella spec. nachgewiesen, muss eine Risikoabschätzung durchgeführt werden.
  • Der Wasserwechsel in dezentralen Wärmetauschern muss über alle Entnahmestellen sichergestellt sein – auch in Urlauben.

Dr. Peter Arens

Dr. Peter Arens
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· Artikel im Heft ·

Legionellen auch in nicht untersuchungspflichtigen Trinkwasserinstallationen
Seite 25 bis 27
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