Sanfte Trinkwasserdesinfektion ohne Gefahrstoffe
Auch in der Chemie gelangt man auf höchst unterschiedlichen Pfaden zum Ziel. Man kann Trinkwasser herkömmlich mit Chlordioxid desinfizieren. Oder man bereitet es auf die sanfte Tour durch Elektrolyse auf – gefahrlos, mit Salz statt Salzsäure und einem um das Zehnfache höheren Wirkungsgrad.
Das Wasserwerk Aistaig, 80 km südlich von Stuttgart, arbeitet seit über zwei Jahren nach diesem Verfahren. Der Wirkstoff Innowatech Anolyte schafft, was Chlordioxid nicht schaffte: Noch ganz am Ende der etwa 30 km langen Transportleitungen zieht das Anolyte Mikroorganismen aus dem Verkehr.
Unter Wassermeistern war bislang die Chlordioxidmethode gesetzt: Das Verfahren ist bekannt. Wenn im Wasserwerk ein gelbes Warnschild mit Totenkopfemblem hängt, heißt das: Hier wird Trinkwasser mit einem Mix aus hochprozentiger Salzsäure und Natriumchlorit entkeimt. So war das früher auch in Aistaig. Das Werk wird vom Zweckverband Kleiner Heuberg betrieben, einem Verbund von neun Kommunen. In dem ländlich geprägten Landstrich bereitet das Werk in Aistaig Trinkwasser für rund 35.000 Menschen auf.
Salztabletten und eine kühlschrankgroße Elektrolyseanlage
Wassermeister Oliver Arnold und Innowatech-Geschäftsführer Volker Fischer empfangen uns. Die neue Anlage steht mitten im Werk, im Untergeschoss unscheinbar zwischen Wassertanks. Understatement ist hier Programm, Innowatech braucht nicht viel, um den Markt zu revolutionieren: eine Palette mit Salztabletten, Wasser und einen Schaltschrank von der Größe eines Kühlschranks. Zweimal drei Elektrolysezellen fertigen aus einer geringkonzentrierten Salzlösung (< 0,7 % Salzanteil) das Anolyte – vollautomatisch, just-in-time und zum sofortigen Einsatz.
160 m³ Wasser werden pro Stunde über das Transportleitungssystem und 23 Hochbehälter zu den Verbrauchern gepumpt. Die Elektrolyseanlage namens Aquadron produziert die Anolytelösung, die gemäß den Vorgaben der aktuellen Trinkwasserverordnung zur Desinfektion von Trinkwasser zugelassen ist, und dosiert diese kontinuierlich in sehr geringer Konzentration ins System.
Es war Wassermeister Oliver Arnold, der das neue Verfahren haben wollte. „Innowatech hat uns die Anlage zum Probebetrieb überlassen. Das war fair.“ Die Innowatech GmbH mit Sitz im benachbarten Kreis Freudenstadt bereitet seit 20 Jahren für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, für Kliniken, Seniorenheime, größere Wohngebäude und Schwimmbäder Wasser auf. Dennoch schaute das Gesundheitsamt genau hin – obschon das Unternehmen Referenzen von Betrieben und Einrichtungen auch in der Region vorweisen konnte und obwohl der Verein des Gas- und Wasserfachs (DVGW) das Verfahren seit 2008 mit dem Arbeitsblatt W229 als Technische Regel bestätigt hatte.
Arnold: „Wir sind das erste Wasserwerk, das mit Innowatech Anolyte arbeitet. Bei uns hat es sich bewährt, jetzt ziehen andere nach.“ Wassermeister aus der Region waren schon da und haben sich die Anlage angeschaut; die ersten haben bereits auf die Innowatech Anlagentechnik umgestellt.
Das Planungsbüro Dreher + Stetter aus Empfingen hatte das Wasserwerk 2009 umgebaut und sich nun beim Verbandsvorsitzenden für das sanftere Verfahren eingesetzt. Dabei überzeugte es auch den Kämmerer: In der Anschaffung ist die Elektrolyseanlage zwar etwas teurer als das herkömmliche, mit Chlordioxid arbeitende System. Im Unterhalt aber schlägt das Verfahren die Konkurrenz. Die Elektrolysezellen sind langlebig und haben keine Verschleißteile. Um die Anlage zu betreiben, braucht es lediglich Salz (im Wasserwerk Aistaig übers Jahr etwa 5 t). Man ist unabhängig von Chemieanbietern. Man spart sich teure Instandhaltungskosten, weil eine kochsalzverarbeitende Aquadronanlage im Gegensatz zu einem salzsäureverarbeitenden Generator nicht rostet. Nach vier, fünf Jahren, sagt Eckart Stetter, habe sich die Anlage amortisiert. Die prognostizierte Lebensdauer beträgt 20 bis 25 Jahre.
Keine Gefahrstoffe, höhere Arbeitssicherheit
Größter Pluspunkt der Elektrolyse aber ist die hohe Verträglichkeit von Innowatech Anolyte. Es ist kein Gefahrstoff und auch nicht als wassergefährdend eingestuft. Wenn doch mal etwas davon auf die Kleidung gelangen sollte, verursacht die Lösung nicht einmal Verfärbungen. Und zukünftig, nach Abschluss der derzeit laufenden europaweiten Zulassung, kann das Produkt auch direkt auf der Haut für die Händedesinfektion verwendet werden. Salzsäure und Chlordioxid hingegen, wer wüsste es nicht, ätzen schon mal Löcher in die Hosen.
Wassermeister Arnold sperrt eine Stahltür auf. Sie führt ins frühere Salzsäuredepot und zur abgeschalteten Chlordioxidanlage. Salzsäure, vermischt mit Natriumchlorit, ergibt Chlordioxid. Der Raum war früher alarmgesichert. Das gelbe Totenkopfsymbol warnt vor hochgiftigem Chlorgas. Aber die Gefahr ist lange vorbei. Die Anlage hat Rost angesetzt. Schuld daran sind die ehemals verwendeten hoch konzentrierten Chemikalien und das damit hergestellte Chlordioxid.
Chlordioxid war über Jahre hinweg in Aistaig im Einsatz. Weil das Personal sorgfältig arbeitete, ist nie etwas passiert. Aistaig hätte auch mit einer neuen Chlordioxidanlage weitermachen können. Aber Wassermeister Arnold wollte das nicht. Seit 2017 gelten strengere Grenzwerte für Chlorat. Mit Natriumchlorit betriebene Anlangen produzieren Chlorat. Selbst wenn die nachweisbaren Chlorat-Werte gering sein sollten: Das Bessere ist der Feind des Guten. Oder wie Arnold sagt: „Stillstand ist Rückschritt. Auch in der Wasserversorgung muss man schauen, dass man laufend optimiert.“
Höhere Sicherheit gegen Keimvermehrung
Den sechsmonatigen Testlauf von April bis September 2021 hat die Innowatech-Anlage bestanden. Wassermeister Arnold ist zufrieden. „Der Wirkstoff ist sehr stabil. Wir kommen damit bis ans Ende unseres Transportleitungssystems. Das Anolyte lässt sich nicht nur über längere Strecken hinweg nachweisen, sondern auch an den jeweiligen Enden.“
Das war früher nicht der Fall. Chlordioxyd hat sich verflüchtigt, etwa immer dann, wenn das Wasser aus der Rohrleitung im freien Fall in einen Hochbehälter plätscherte. Die Anolyte-Lösung hingegen übersteht den kilometerlangen Transport und desinfiziert das komplette System. Oliver Arnold nötigt das Respekt ab. „Das funktioniert einwandfrei. Und das Wichtigste: Es funktioniert, ohne, dass wir im Wasserwerk Gefahrstoffe lagern müssen.“
Wie Wassermeister Arnold ist auch Innowatech ständig dabei, die eigene Anlage zu optimieren und zusätzliche Effekte zu erkennen. Am Vorratsbehälter der Anolyte-Lösung ist ein Entnahmeschlauch angebracht: Das Mittel kann in Kanister verfüllt und etwa zum Desinfizieren der Hochbehälter und Armaturen genutzt werden. Zusätzliches Desinfektionsmittel muss das Wasserwerk deshalb nicht mehr beschaffen.
Für die Mitarbeiter des Wasserwerks Aistaig ist auch das Reinigen der vielen Hochbehälter einfacher geworden: Durch die dauerhafte Behandlung des Wassers mit Anolyte lagert sich so gut wie kein Biofilm mehr an den Hochbehälterwänden ab. Für Firmengründer Volker Fischer ein schöner Erfolg: „Solche Informationen vom Kunden bestätigen unsere Erfahrungen aus anderen Anwendungsbereichen. Und diese positiven Ergebnisse erhalten wir regelmäßig durch unsere kontinuierliche und enge vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kunden.“
Die Wirksamkeit von Anolyte zeigt sich für die Mitarbeiter vom Wasserwerk Aistaig auch im Umkehrschluss: Sobald zugekauftes Fremdwasser ins Leitungssystem eingespeist wird, bildet sich doch wieder Biofilm in geringen Mengen. Das eingekaufte Wasser ist nicht mit Anolyte behandelt und verwässert das behandelte Wasser buchstäblich. In der Konsequenz entsteht doch wieder mehr Reinigungsaufwand.
Energie gespart – den Wassermeister freut‘s
Durch die enge Zusammenarbeit mit den Kunden konnten bei der Herstellung von Innowatech Anolyte einige Verfahrensschritte optimiert werden, zum Beispiel ein verbesserter Ionenfluss innerhalb der Elektrolysezellen. Das Ergebnis: Der Stromverbrauch der Aquadron-Anlagen wurde um zirka 40 % gesenkt! Wassermeister Oliver Arnold freut das. Energiesparen ist nicht nur im Schwäbischen ein großes Thema.
Weiteres Beispiel: Die selbstentwickelte Messtechnik im Innowatech Multi-Mess-Center (MMC) steuert und dokumentiert die Anolyte-Dosierung. Beides minimiert für den Betreiber den Betreuungsaufwand.
Fazit
Der Einsatz der Innowatech-Technologie bei der Transportchlorung ist für Wasserversorger eine Alternative, über die nachgedacht werden sollte. Auch wenn aktuell noch viele Wasserwerke Chlordioxid, Chlorgas oder Chlorbleichlauge verwenden, wird zukünftig das Anolyte-Verfahren an Bedeutung gewinnen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Neben der wesentlich besseren Stabilität und Wirkung gegen Keime, ersetzt Innowatech Anolyte alle Gefahrstoffe, die bei der Desinfektion von Trinkwasser bisher zum Einsatz kommen. Zudem reduzieren sich die Betriebskosten in den meisten Fällen erheblich.
Selbst für Wasserwerke, die ihre Desinfektionsanlagen nur für Notfälle vorhalten, ist der Wechsel zum Innowatech Verfahren eine Überlegung wert. Salztabletten können ohne Probleme über viele Jahre gelagert werden und müssen niemals teuer als Sondermüll entsorgt werden. Die Herstellung von Innowatech Anolyte für die Behälterdesinfektion kann bedarfsgerecht gesteuert werden und dauert nur wenige Minuten. Im Notfall kann sehr schnell direkt vor Ort das Anolyte hergestellt, und, falls erforderlich, mit Kanistern oder per IBC-Container zum Einsatzort gefahren werden – ohne Gefahrstoffkennzeichnung und aufwändige Schutzausrüstung für die Mitarbeiter.
Eine Information der Innowatech GmbH, Empfingen
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