Insbesondere im Privatbad wird es immer wichtiger, generationenübergreifend und umfeldorientiert zu planen, damit Barrierefreiheit flexibel handhabbar, bedarfsgerecht und wandelbar für individuelle Bedürfnisse entsteht. Gleiches gilt für Hotel- oder Objektbäder. Auch sie sind dem demografischen Wandel unterzogen. Sie sollten selbst auf kleinstem Raum für „Alle“ zugänglich sein und kosteneffizient realisiert werden.
Der Ausschluss von Zielgruppen kostet jedes Unternehmen bares Geld, zum Beispiel durch Leerstand. Deshalb ist es nicht nur nachhaltig, sondern auch ökonomisch, Zugänglichkeit für einen möglichst großen Nutzerkreis herzustellen.
Es gilt, Unterkonstruktionen in Wänden und Vorwänden mit Weitblick, Stabilität und für Wandelbarkeit vorzubereiten. Barrierefreiheit kann bei solch einer Vorgehensweise, einerseits nach geltender Norm, andererseits bedarfsgerecht und nach Kundenwunsch, auch noch nach Jahren realisiert werden. Dabei spielt das Objekt keine Rolle. Solch ein Vorgang ist ökonomisch, egal, ob im Hotel-, Objekt- oder Privatbad.
Die Bemühungen zur Barrierefreiheit haben sich in den letzten Jahrzehnten, wie auch in vielen Branchen und gesellschaftlichen Bereichen, deutlich verstärkt und weiterentwickelt. Erste Initiativen gab es schon Anfang der 1970er in den USA. Diese waren stark durch eine Lobby zahlreicher kriegsverletzter Vietnam-Veteranen getrieben. Es war der Beginn einer Generation, die Zugänglichkeit als Rechtsanspruch einforderte.
Vor diesem Hintergrund verfügen die USA heute über eine der strengsten Regelungen zur Barrierefreiheit weltweit.
Vorgaben zu Teilhabe und Inklusion harmonisieren global
Viele Bauordnungen der deutschen Bundesländer wie auch international enthalten konkrete Anforderungen an die Barrierefreiheit für bestimmte Bauten und Nutzergruppen. Die Gesetze harmonisieren sich mittlerweile global – nicht zuletzt durch den demografischen Wandel. Diese Veränderung wird zunehmend durch europäische Gesetzgebungen vorangetrieben. Und auch national wird Barrierefreiheit in Deutschland ein immer wichtigeres Thema. Gerade im öffentlichen Bereich, wo Steuergelder verwendet werden, ist Barrierefreiheit ein hierzulande verpflichtender Aspekt. Demnach werden beispielsweise öffentliche Gebäude wie auch der öffentliche Wohnungsbau auch nur dann bezuschusst, wenn normgerechte Barrierefreiheit geplant und ausgeführt wird.
Tipp
Wenn für den Umbau eines privaten Badezimmers ein Fachbetrieb beauftragt wird, ist bei der Auftragsvergabe unbedingt darauf zu achten, dass die DIN 18040 im Angebot und der Auftragsbestätigung schriftlich fixiert wird und auch Anwendung findet, da die Norm bei vielen Zuschussgebenden relevant ist.
Schutzziele der DIN 18040
Nach der „alten“ DIN-Norm, der 18024 und 18025, bezogen sich die Anforderungen des barrierefreien Bauens weitestgehend nur auf die Bedürfnisse von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Die Macher der „neuen“ DIN (seit 2010), also der 18040 Bl. 1 sowie der DIN 18040 Bl. 2 (Barrierefreiheit in Wohngebäuden und in öffentlichen Gebäuden), verfolgten ab den Nuller Jahren jedoch ein anderes Prinzip. Die aktuell geltende Norm ist vergleichbar mit einer Öffnungsklausel, bei der ein Schutzziel und dessen Erreichbarkeit im Vordergrund stehen. Konkret heißt das, dass neue Bauvorhaben inklusiv geplant und gleichzeitig die Spielräume für innovative, moderne Bauten genutzt werden sollten. Wie oder auf welchem Wege dieses Schutzziel erreicht wird, spielt dabei prinzipiell keine bzw. eine untergeordnete Rolle.
Barrieren sind vielfältig, wie auch die Zielgruppen und die Bedürfnisse jeder einzelnen Person oder deren Umfeld. Deshalb werden in der aktuellen Normung unterschiedliche Anspruchsgruppen berücksichtigt, und es wird nach Barrieren unterschieden. Wichtig dabei ist, Bedarf und Bedürfnisse zu verstehen und richtig zu interpretieren. Nicht alle Normen und VDI-Richtlinien sind als solche zunächst unbedingt rechtlich bindend. Im Sinne einer inklusiven Gesellschaft mit demografischer Entwicklung sollte trotzdem von etablierten Normen und Regeln ausgegangen werden, weil sie den Stand der Technik in den betreffenden Bereichen wiedergeben.
Unterwegs für Barrierefreiheit
Seit vielen Jahren bin ich für Hersteller, Handel und Handwerk mit pragmatischen Seminaren und Workshops zum Themenfeld Barrierefreiheit in der Sanitärbranche unterwegs. Mein persönlicher Vorteil auf diesem Gebiet ist eine grundlegend fundierte Ausbildung als Installateur. Ebenso kenne ich aber auch die Bedürfnisse der Zielgruppen und kann die Rechtslage interpretieren. Alles zusammen ergibt eine Mischung für kreative Produktentwicklung und Kombination, die ich in meinen Seminaren versuche, den Teilnehmenden zu vermitteln.
Mit meiner Philosophie, Herstellerfirmen wie Duravit für ästhetische und komfortunterstützende Produkte zu sensibilisieren und durch Funktion, Design und Produktkombination marktfähige Produktlinien auf dem Weltmarkt als Standards zu etablieren, treffe ich heute bei vielen Firmen den Zeitgeist und stets auf ein offenes Ohr.

Es gilt nicht, „barrierefreie“ Produkte oder Produktfamilien für einen Nischenbereich zu produzieren, sondern ästhetisch und funktionale Mainstream-Erzeugnisse für den Weltmarkt zu kreieren, die für jeden Bedarf und individuelle Bedürfnisse durch Kombination, sowie durch geltende Normen und Anforderungen untereinander kompatibel sind.
Die bodengleiche Dusche als Synonym für Barrierefreiheit im Bad
Begonnen hat der Siegeszug im Badbereich Anfang der 1990er Jahre, als bodengleiche Duschen Einzug hielten und die bis dato marktüblichen Duschwannen mehr und mehr verdrängten. Bodenebene Duschen waren nicht nur schön anzusehen, sondern auch hip und modern. So wurden sie zunehmend die Lösung für Barrierefrei-Standards im Bäderbau. Die anfängliche Skepsis bei Handwerk und Ingenieuren vor Wasserschäden durch Dichtheitsmängel war rückblickend unbegründet und Innovationen konnten sich am Markt behaupten. Herstellende Unternehmen wie etwa Duravit erkannten diesen Trend sehr schnell und so wurde die Produktvielfalt schnell größer. Unterschiedliche Materialien und Produktlinien haben sich bis heute weiterentwickelt und stetig verbessert. Individualität, Design und Sicherheit gehören heute zu den maßgeblichen Merkmalen für ein zeitgemäßes Duschvergnügen.

Kombination zwischen Funktion und Ästhetik sind wichtiger denn je
Die bodengleiche Dusche, das Symbol für Barrierefreiheit im Bad, ist jedoch nur als ein Bauteil des Ganzen zu betrachten. Um ein Bad barrierefrei zu planen, müssen die unterschiedlichen Bedürfnisse von Nutzenden zunächst erkannt werden. Anschließend sollte mit dem Auftraggebenden besprochen werden, wohin die Reise gehen soll. Dazu sind bei den ausführenden Betrieben Sensibilität und fundiertes Fachwissen entscheidend.
Wie ist Barrierefreiheit nach Norm richtig zu interpretieren? Es kursieren inzwischen unzählige Begrifflichkeiten. Dazu gehören barrierearm, altersgerecht, behindertenfreundlich, um nur einige zu nennen. Diese Begriffe werden im allgemeinen Sprachgebrauch oft fälschlicherweise als Synonyme für Barrierefreiheit gebraucht. Das ist so allerdings weder richtig noch machen derartige Umschreibungen Sinn, denn grundsätzlich haben all diese Wortvarianten keine rechtliche Bindung. Es gilt, zwischen „barrierefrei“ und „barrierefrei R“ (R = rollstuhlgerecht) zu unterscheiden. An dieser Stelle kommt die eingangs erwähnte DIN 18040 wieder ins Spiel. Die Norm legt detailliert fest, welche Kriterien wo, wann und für wen erfüllt sein müssen, damit bspw. ein Badezimmer als barrierefrei oder eben als rollstuhlgerecht bezeichnet werden kann.

Durch funktionales Design neue Märkte erschließen
In den letzten Jahren wurden zunehmend öffentliche wie auch privatwirtschaftliche Projekte nach demografischen Aspekten realisiert. Die Erfahrung aus diesen Projekten zeigt, dass eine Vielzahl an Personen und Investoren vermehrt die neu geschaffenen Möglichkeiten und Produktlinien nutzen und sich die Gesellschaft über diese neuen Bequemlichkeiten und Mainstream erfreut. Design undKomfort „für Alle“ zu verbinden ist daher ein angenehmer wie auch nützlicher Nebeneffekt, denn nur eine designorientierte Barrierefreiheit sind ein gesamtgesellschaftlicher Gewinn.Je mehr dieses im Thema im Bewusstsein bei Bürgerinnen und Bürgern wie auch Planenden und Investoren Einzug hält, desto umfassender und selbstverständlicher wird auch künftig in „universelles Kombidesign“ von Herstellerseite investiert werden.
Hans-Peter Matt

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