Einordung: Was heißt barrierefrei?
Barrierefreies Bauen gemäß DIN 18040 – das klingt einfach, hat aber durchaus seine Tücken. So ist z. B. zu beachten, dass Begriffe wie „seniorengerecht“ oder „behindertengerecht“ keine definierte Ausgestaltung bedeuten. Sie werden zwar häufig als Synonym genutzt, führen aber durch das Fehlen von verbindlichen Kriterien in die Irre. Für eine Planung nach festgelegtem Standard ist der erste Schritt, sich über diese Grundaussagen im Klaren zu sein. Planer haben dabei zum Teil die Aufgabe, die Unterschiede und Konsequenzen gegenüber Nicht-Fachleuten darzustellen: Öffentliche Gebäude müssen für Menschen mit Behinderungen ebenso frei zugänglich sein wie für Menschen ohne Behinderung. (Siehe Infokasten 1 Siehe Infokasten rechts)
Zum Zweiten sollte die Unterscheidung zwischen Gruppen aufgegeben werden – mit und ohne Behinderung. Der Ansatz, man baue für „bestimmte“ Gruppen etwas „Spezielles“, verkennt, dass Barrierefreiheit sich generell positiv auswirkt und mehr Komfort für alle Nutzer mit sich bringt. Das merkt jede und jeder am eigenen Leib, wenn etwa aufgrund eines Unfalls zeitweise Gehhilfen benötigt werden. Barrierefreiheit geht allerdings viel weiter: Zum Personenkreis zählen nicht nur die mobilitätseingeschränkten Menschen, sondern auch Sehbehinderte und Blinde oder klein- und großwüchsige Menschen. Daher wird inzwischen auch der Begriff „Universal Design“ genutzt, um dem umfassenden Gedanken Rechnung zu tragen (siehe Infokasten 2 auf S. 11).
Bei öffentlichen Neubauten zählt der Aspekt Barrierefreiheit sofort und ohne Einschränkungen zum Planungshorizont dazu. Bei Bestandsgebäuden soll die DIN 18040 sinngemäß angewendet werden. In der Regel ist im Einzelfall zu prüfen, mit welchen Mitteln möglichst viel an „Freiheit“ umgesetzt werden kann und wie weit ein baulicher Eingriff erfolgen muss. Dazu sind auch die länderspezifischen Vorgaben der Technischen Baubestimmungen und die Landesbauordnungen heranzuziehen. Sie regeln, wie barrierefreies Bauen umzusetzen ist, basierend auf § 50 der Musterbauordnung.
Vorgaben für Sanitärräume
Bei der barrierefreien Planung nehmen Sanitärräume einen wichtigen Platz ein. Ob Verwaltungsgebäude, Sporthalle oder Kultureinrichtung, für Benutzer und Besucher sind entsprechende Räumlichkeiten vorzusehen. Die Vorgaben dazu finden sich in der DIN 18040-1 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude unter Punkt 5.3, von A wie Armaturen bis zu Z wie Zubehör zum Waschtisch. Außerdem ist die VDI 6008-2 Barrierefreie Lebensräume, Möglichkeiten der Sanitärtechnik zu beachten. Punkt 6 beschreibt die Anforderungen an öffentliche Sanitärräume. Dabei werden zum Beispiel die empfohlenen Montagehöhen in Abhängigkeit zur Körpergröße gesetzt (siehe Tabelle). Besonders deutlich wird die Relevanz bei der Installation eines WCs oder eines Waschbeckens. Die Krux für den Planer besteht u. a. darin, dass die Bedürfnisse potenzieller Nutzer nicht bekannt sind. Daher sollen gemäß der VDI 6008-2 möglichst viele der zu erwartenden Anforderungen erfüllt werden. Das setzt intensiven Kontakt zu den Entscheidern des Bauvorhabens voraus. Wird ein Personenkreis explizit angesprochen? Welche sanitären Anlagen sind erforderlich? Was wird darüber hinaus als sinnvoll erachtet? Diese Aspekte wirken sich auf den Mindestraumbedarf der Sanitärräume aus. Dieser wird sich in der Regel an den Erfordernissen von Rollstuhlfahrern orientieren, weil sie den größten Platzbedarf haben.
Für den Wohnungsbau zeigte eine Studie (Barrierefreies Bauen im Kostenvergleich), dass die Mehrkosten anhand eines Musterneubauprojekts nur gut 1 % der Gesamtbaukosten betragen. Dies gelang vor allem mit einer intelligenten Planung. Ein ähnlicher Ansatz könnte auch für öffentliche Gebäude gewählt werden. Es ist davon auszugehen, dass ein frühzeitiges Umsetzen des barrierefreien Bauens zu einer besseren Wirtschaftlichkeit des Bauprozesses führt. Kostenintensive Nachbesserungen und Umbauten lassen sich so vermeiden.
Die Größe
Die Gesamtgröße eines Sanitärraums ergibt sich aus den Bewegungsflächen und den Abständen der Sanitärobjekte. In der Regel handelt es sich um eine Toilette inklusive klappbarer Stützgriffe (von beiden Seiten anfahrbar, 90 cm Wandabstand) und ein Waschbecken, je nach Bedarf zusätzlich um eine Dusche. Grundsätzlich muss die Tür mit einer Breite von 90 cm nach außen zu öffnen sein, um ein Blockieren zu verhindern und in Notfällen Zugang zu gewährleisten. Daher ist die Entriegelung von außen vorzusehen. Alternativ kann eine Schiebetür gewählt werden. Wenn die Nutzung durch Rollstuhlfahrer vorgesehen ist – die Gruppe mit den weitestreichenden Bedürfnissen –, ergeben sich Bewegungsflächen von 150 × 150 cm vor den Sanitärobjekten und im Duschbereich. Diese Flächen dürfen sich überlagern. Daraus resultiert eine Raumgröße von mindestens 220 × 230 cm.
Gestaltung der Dusche
Der stufenlose Zugang zur Dusche, der auch in Wohnungen immer häufiger gewählt wird, ist eine Grundvoraussetzung für die Barrierefreiheit. Bei der Größe von 150 × 150 cm für den Duschbereich wird der Boden gefliest. Vorgefertigte Elemente mit diesen Maßen gibt es nicht. Der Bodenbelag soll rutschhemmend sein, ein größerer Rinnen- oder Punktablauf ist vorzusehen. Bei einer Duschabtrennung aus Glas kommen verschiedene Varianten in Frage, z. B. Walk-in-Modelle, die an einer Wand und mit einem Stabilisator befestigt werden. Mit ihnen lässt sich ein großzügiger Duschbereich zu einer Seite abgrenzen. Das Einscheibensicherheitsglas steht in 6 und 8 mm zur Verfügung, die Breite reicht bis zu 1.600 mm. Auch eine alleinstehende Drehfalttür (bis 1.450 mm breit) oder eine Schiebetür (bis 1.600 mm breit) eignen sich, um einen geschützten Duschplatz zu bekommen. Die letztgenannte Variante hat die Laufrollen oben, am Boden befinden sich keine Befestigungen. Unabhängig vom gewählten Modell hat eine Duschabtrennung den Vorteil, dass etwa eine Ablagefläche für Kleidung oder Badutensilien trocken bleibt. Ist der gesamte Duschbereich offen, wird der ganze Raum nass, vor allem bei den heute üblichen Regenduschen.
Eine weitere Ausführung ist ebenfalls erwähnenswert, die Pflegedusche. Hier sind die Türen auf halber Höhe geteilt. So kann eine Pflegekraft der Person in der Dusche behilflich sein, ohne selbst nass zu werden. Dabei bieten sich der Eckeinstieg/Drehtür mit Festteil (bis 1.500 mm pro Seite) oder die Pendeltür für eine Nische (max. 1.600 mm) an.In jedem Fall ist für Klarglas eine kontrastierende Sicherheitsmarkierung vorzusehen, damit der Nutzer die Glasfläche wahrnehmen kann. Dies gelingt z. B. durch eine teilweise Dekorbeschichtung. Auch gut wahrnehmbare Profile und Griffe erleichtern den Umgang, etwa in Schwarz matt, was sich gut zu anderen Farben absetzt. Um die Reinigung zu vereinfachen, bietet sich eine entsprechende Glasbehandlung an, wie beispielsweise DualPlus des Herstellers Duschwelten. Diese Art der zweifachen Versiegelung verleiht dem Glas eine äußerst glatte, widerstandsfähige Oberfläche. So bleiben Schmutzpartikel, Kalk oder Seifenreste kaum haften.
Zu ergänzen sind darüber hinaus Haltegriffe und eine Einhebelarmatur, wobei die Montagehöhe und Erreichbarkeit zu beachten sind. Ein Duschsitz mit klappbaren Lehnen wird an einer Wand montiert. Alternativ lässt sich ein Duschstuhl verwenden.
Weitere Elemente im Sanitärraum
Ist der Raum groß genug, kann eine Liege ergänzt werden. Als Maße werden genannt: 180 cm × 90 cm groß und 46 bis 48 cm hoch, bei entsprechender Stabilität auch als klappbare Ausführung. Eine Pflegeliege ist der Wunsch vieler Betroffener, da sie diese zum Wechseln der Inkontinenzvorlagen benötigen.
Eine Notrufanlage muss vom WC-Becken aus sitzend und vom Boden aus liegend auszulösen sein. Ein höhenverstellbares WC und Waschbecken erleichtern unterschiedlich großen Menschen die Nutzung. Bei der Orientierung im Raum hilft eine kontrastreiche Gestaltung, etwa durch farbliche Abgrenzung von Boden- und Wandflächen. Der Zugang wird deutlich vereinfacht, wenn sich Türen unverkennbar von der Wand abheben. Mithilfe von Checklisten lassen sich solche Details erfassen und auf ihre Berücksichtigung prüfen.
Mögliche Fehler und Haftungsrisiken
Wie vorab beschrieben, spielen die Bewegungsflächen bei der Barrierefreiheit eine Kernrolle. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sie durch hineinragende Bauteile oder Ausstattungsgegenstände nicht eingeschränkt werden dürfen. Ein Beispiel: Der unterfahrbare Waschtisch darf von seiner Fläche nicht angerechnet werden. Außerdem ist auch dreidimensional zu denken, das heißt, die wirksame Höhe von mindestens 2,20 m (bei Türen 2,05 m) ist zu beachten. Dieser Bewegungsraum muss bei der Konzeption im Blick bleiben. Der Planer denkt sozusagen von zwei Seiten, einerseits von den Rohbaumaßen, andererseits von der fertigen Ausführung her. Ist die Bewegungsfläche nach Abschluss der Baumaßnahme kleiner als in der DIN 18040 vorgegeben, liegt ein Mangel vor. Um solchen Haftungsrisiken vorzubeugen, empfiehlt es sich, definierte Bautoleranzen einzuplanen und die Rohbaumaße entsprechend größer zu wählen.
Service inklusive
Bei der Umsetzung von Projekten, insbesondere bei Duschen, bieten renommierte Hersteller wie Duschwelten vielfältige Unterstützung an. Dies betrifft zum Beispiel folgende Aspekte:
- Gestaltung und Planung von Duschkonzepten
- Individuelle Beratung und Erarbeitung von Lösungsvorschlägen
- Aufmaß-Service für Duschabtrennungen
- Verfassen von Ausschreibungstexten
- Prüfung und Bewertung von technischen Anforderungen
- Bereitstellung von Mustern
- Montageservice durch den Hersteller
- Direktanlieferung zum Bauobjekt
- Eigener Kundendienst des Herstellers
- Auftragskoordination, -abwicklung und Endabnahme sowie Nachbetreuung
Europäische Norm in Arbeit
Die DIN EN 17210 „Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umgebung – Funktionale Anforderungen“ wird die Thematik, einschließlich Sanitäreinrichtungen auf europäischer Ebene darstellen. Der Norm-Entwurf enthält Ziele, Mindestanforderungen und Empfehlungen, aber keine Angaben, wie diese zu erfüllen sind. Diese sollen in einem Technischen Bericht erarbeitet werden, der dann Leistungsdaten und Details festlegt. Da für europäische Normen eine Übernahmeverpflichtung besteht, müsste die Normenreihe DIN 18040 nach Erscheinen der europäischen Norm zwangsläufig zurückgezogen werden. Möglicherweise könnten Teilinhalte der DIN 18040 weiter Gültigkeit besitzen. Der deutsche Ausschuss hat den Entwurf abgelehnt und eine grundlegende Überarbeitung gefordert.

Ein Haltegriff macht noch keinen barrierefreien Sanitärraum. Bild: Last PR

Ein barrierefreier Sanitärraum in einem Schwimmbad inklusive Dusche. Bild: Last PR

Walk-in-Modelle lassen sich nutzen, um einen geschützten Duschbereich zu erhalten. Durch das Dekor lässt sich das Glas besser wahrnehmen. Bild: Duschwelten, Neuwied

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Was zählt zu „öffentlichen Gebäuden“?
Die DIN 18040-1 beschränkt sich auf öffentlich zugängliche Gebäude, speziell auf die Teile des Gebäudes und der zugehörigen Außenanlagen, die für die Nutzung durch die Öffentlichkeit vorgesehen sind. Zu den öffentlich zugänglichen Gebäuden gehören in Anlehnung an die Musterbauordnung (§ 50 Abs. 2 MBO):
Behindertengleichstellungsgesetz – BGG § 4 Barrierefreiheit
Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.
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Marion Paul-Färber


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