#connectingheat 2022

Lösungsstrategien für Klimaschutz und Versorgungssicherheit

Die Deutsche Wärmekonferenz am 23. März im Berliner Futurium hatte sich ursprünglich um Lösungsstrategien für den Klimaschutz drehen sollen, stand jedoch nun auch unter dem Eindruck der russischen Invasion der Ukraine.

Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) sowie der Deutsche Großhandelsverband Haustechnik (DG Haustechnik) diskutierten im Dialog mit der Bundespolitik Strategien und Lösungsansätze, die die Erreichung der ambitionierten Klimaziele im Wärmesektor ermöglichen. Foto: Huss Medien
Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) sowie der Deutsche Großhandelsverband Haustechnik (DG Haustechnik) diskutierten im Dialog mit der Bundespolitik Strategien und Lösungsansätze, die die Erreichung der ambitionierten Klimaziele im Wärmesektor ermöglichen. Foto: Huss Medien

An der Deutschen Wärmekonferenz nahmen rund 200 Vertreter aus Politik, Verbänden, Medien und Industrie teil. Die Konferenz im Berliner Futurium hatte sich ursprünglich um Strategien drehen sollen, mit den die kürzlich verschärften Klimaziele in der nun kürzeren Zeit erreicht werden können. Sie stand jedoch nun auch unter dem Eindruck der russischen Invasion der Ukraine. Nach Ansicht aller Teilnehmenden stellt der 24. Februar 2022 eine Zeiten­wen­de dar.

Mitten hinein in die Podiumsdiskussionen platzte zudem die Nachricht, dass der russische Präsident für Energielieferungen demnächst nur noch Rubel als Zahlungsmittel akzeptiert. Das könne u.a. heißen, dass die Nachfrage gesenkt und auch Wohlstandsverluste hingenommen werden müssten, sagte Dieter Janitschek, Mitglied der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Die Heizungsbranche hat eine zentrale Funktion bei der Umsetzung der Klimaziele im Gebäudesektor - insbesondere bei der Sanierung und Umgestaltung der Anlagen im Gebäudebestand. Im Neubau, dem kleinsten Teil des Gebäudesektors, sind erneuerbare Energien heute bereits Standard.

Zu den Herausforderungen für die Branche, die die ambitionierten Ziele Europas und der Bundesregierung gefährden können, zählen der Fachkräftemangel und die Auswirkungen der Corona-Pandemie wie Lieferengpässe und Energiepreissteigerungen, die durch den Ukrainekrieg und den berechtigten Willen Europas, sich aus der Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu befreien, eine steile Kurve nach oben genommen haben.

Kernforderung Technologieoffenheit

Der BDH legte sein Strategiepapier „Zielbild Wärmemarkt 2045“ vor, das die Beschleunigung der Heizungsmodernisierung, der Ausbau und die Einbindung erneuerbarer Energien, die Dekarbonisierung der Energieträger im Wärmemarkt und die Steigerung der energetischen Sanierungsrate adressiert. „Angesichts der aktuellen Entwicklungen muss der Ausbau der erneuerbaren Energien inklusive Biomethan und Holzenergie sowie der Markthochlauf von Wasserstoff noch schneller organisiert werden als bisher geplant“, forderte BDH-Präsident Uwe Glock. Dabei müssten alle technologischen Lösungen einbezogen werden, die einen Beitrag zur Erreichung der klimapolitischen Ziele im Wärme- und Gebäudesektor ermöglichen. Nur so wird die Wärmewende unter Berücksichtigung der Heterogenität der Gebäude und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einem Realitätscheck standhalten. Eine Verengung auf nur wenige Technologien könnte den gerade realisierten Marktaufschwung bei den Wärmeerzeugern ausbremsen.

Dass Technologieoffenheit ein Kernelement der Wärmewende sein muss, darüber waren sich Verbände und Politik einig. Sowohl die Vertreter der Ampelkoalition aus Grünen, SPD und FDP oder der Oppostition als auch Teilnehmende aus der Industrie wie von Viessmann oder Bosch Thermotechnik betonten, dass es keine One-fits-all-Lösung gibt. Technologien müssen je nach Standort und Randbedingungen variabel zur Verfügung stehen und dabei spielen Wärmepumpen, PV und Solarthermie ebenso eine Rolle wie feste und flüssige Biokraftstoffe, Biogas, synthetische Gase und Wasserstoff.

Wir haben eine völlig neue Situation", sagte Dr. Kirsten Westphal, Executive Director Analysis & Research, H2 Global Stiftung. Parteipolitik ist hier nicht mehr möglich. Beim Ausbau der Erneuerbaren werden wir alle Bremsen einkassieren müssen und das ist nicht nur Sache der Ampelkoalition, sondern aller Parteien."

Nicht ganz einig war man sich über den Pfad und die Rolle, die Wasserstoff für die Gebäudewärme spielen sollte. Während die Gaswirtschaft ihm eher positiv gegenüber steht, präferieren andere im Gebäudesektor die direkte Nutzung von Strom aus Erneuerbaren. Weitgehender Konsens zeigte sich jedoch darüber, dass Wasserstoff in keinem Fall in auch nur annähernd ausreichenden Mengen in Deutschland selbst produziert werden kann. Importe aus sonnenreichen Regionen wie etwa dem Mittleren Osten oder Nordafrika würden den Hauptteil einer deutschen Wasserstoffwirtschaft ausmachen.

„Die innovationsgetriebene Heizungsindustrie bietet bereits heute alle technologischen Lösungen, um die Klimaziele im Wärmesektor umzusetzen. Dazu gehören unter anderem Wärmepumpen, Brennstoffzellen, Brennwerttechnik für den Betrieb mit grünen Gasen und E-Fuels in Verbindung mit Solarthermie, hybride Systeme, Holzzentralheizungen und Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung. Gemeinsam mit unseren Marktpartnern aus Fachhandwerk und Großhandel müssen diese Systeme nun beschleunigt und unter verstärkter Nutzung CO2-reduzierter und erneuerbarer Energien in den Markt gebracht werden“, fasste BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt zusammen.

Modernisierungsschub durch BEG-Förderung

Die Förderkulisse führte zu einer dynamischen Marktentwicklung bei der Heizungsmodernisierung in den vergangenen zwei Jahren. Nach über zwei Dekaden ohne signifikantes Wachstum wurden im Jahr 2021 knapp 930.000 neue Anlagen installiert. Damit kommt man erstmalig in den Bereich von 1 Mio. Anlagen, die man zur Erreichung der Klimaziele im Gebäude benötigt.

Verbände und insbesondere auch Industrievertreter forderten, dass die Politik so schnell wie möglich verlässliche Förderbedingungen mit einer Geltungsdauer formuliert, die sowohl der Branche als auch der Wohnungswirtschaft und dem Gebäudesektor als Ganzem Planungs- und Investitionssicherheit ermöglichen.

Fachhandwerk

In den nächsten zehn Jahren scheiden rund 30 % der im Fachhandwerk Beschäftigten ruhestandsbedingt aus dem Erwerbsleben aus. Davon werden die rund 49.000 SHK-Betriebe aufgrund der demografischen Entwicklung nur etwa die Hälfte durch Neueinstellungen ersetzen können. Der ZVSHK rechnet mit rund 60.000 zusätzlich benötigten Monteuren, um - wie von der Politik gefordert - bis 2030 sechs Millionen Wärmepumpen in Deutschland zu installieren.

„Das Heizungsbauerhandwerk ist hochqualifiziert und in der Lage, die zunehmend komplexer werdenden heiztechnischen Systeme kompetent einzubauen und zu warten“, betonte ZVSHK-Präsident Michael Hilpert. „Aber bei den gesteigerten Anforderungen seitens der Politik brauchen wir als Klimahandwerk auch konkrete Hilfe der Politik, den gesteigerten Fachkräftebedarf zu decken.“  Der ZVSHK erwartet hierzu analog zu der seit Jahren stattfindenden Hochschulförderung Unterstützung der Politik bei der Ausbildungsförderung und Weiterqualifizierung von Fachkräften – etwa durch ein neu zu schaffendes Kompetenzzentrum für Klimahandwerke.

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