ETS-2

Immobilien-Analyse zeigt Risiko massiver Kostensteigerungen für Gebäudeeigentümer

Ab 2027 tritt das neue Emissionshandelssystem (ETS-2) in Kraft. Eine neue Studie analysiert Kostenszenarien, die mit der neuen CO₂-Bepreisung auf Immobilieneigentümer zukommen können.

Ein Berliner Climate-Tech-Unternehmen hat für über 4.000 Immobilien in den 30 größten Städten Deutschlands potenzielle Kostensteigerungen errechnet, die aufgrund der neuen CO₂-Bepreisung entstehen. Je schlechter die Gebäudeeffizienz, desto höher fallen sie aus. Bild: stock.adbobe.com/Ingo Bartussek
Ein Berliner Climate-Tech-Unternehmen hat für über 4.000 Immobilien in den 30 größten Städten Deutschlands potenzielle Kostensteigerungen errechnet, die aufgrund der neuen CO₂-Bepreisung entstehen. Je schlechter die Gebäudeeffizienz, desto höher fallen sie aus. Bild: stock.adbobe.com/Ingo Bartussek

Ab 2027 ersetzt das neue Europäische Emissionshandelssystem (ETS-2) schrittweise den nationalen Emissionshandel (nEHS), sodass die CO₂-Bepreisung in diesen Bereichen künftig einheitlich auf EU-Ebene geregelt wird. Im Gebäudesektor kann dies für Immobilienbesitzer wie auch Mieter erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Wie hoch die zusätzlichen Kosten sein können, hat sich das Climate-Tech-Unternehmen Purpose Green einmal angesehen.

ETS-2: Ab 2027 steigende CO-Kosten für Vermieter

Entsprechend der bundesdeutschen Verordnung liegt der CO₂-Preis in diesem Jahr noch bei 55 €/t, 2026 wird er zwischen 55 und 65 €/t liegen. Ab 2027 bestimmen Angebot und Nachfrage der Emissionszertifikate den Preis. Experten erwarten einen Preis zwischen 100 und 250 €/t CO₂ bis 2030, ab 2040 könnte der Preis Ermittlungen des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung zufolge sogar auf bis zu 400 Euro steigen.

Für die Berechnung der finanziellen Auswirkungen der steigenden CO-Preise erstellte Purpose Green vier Szenarien:

  • Szenario I (2025): 55 €/t CO₂
  • Szenario II: 100 €/t CO₂
  • Szenario III: 250 €/t CO₂
  • Szenario IV: 400 €/t CO₂

In diesen Szenarien würde der CO-Preis wie folgt ansteigen:

  • ca. 82% (Szenario II),
  • ca. 355% (Szenario III) oder
  • ca. 627% (Szenario IV).

Um die durchschnittlichen jährlichen CO₂-Kosten für Hauseigentümer zu berechnen, analysierte Purpose Green Wohnfläche, Energieträger und den Energiebedarf von über 4.000 Immobilien (Eigenheime und Wohnungen) in den 30 größten Städten. Demanch könnten die Kosten für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern und großen Immobilien mit schlechtem energetischen Zustand – im Vergleich zu kleinen Eigenheimen und Wohnungen – um ein Vielfaches höher ausfallen.

Beispiel Hamburg: Mehrkosten von durchschnittlich bis zu 2.704 Euro pro Jahr denkbar

In Hamburg wurden 650 zum Verkauf stehende Immobilien untersucht, die durchschnittlich 165 m² groß sind. Basierend auf den unterschiedlichen wesentlichen Energieträgern beläuft sich der jährliche Ausstoß im Durchschnitt auf 7,84 t CO pro Immobilie. Im aktuellen nationalen Emissionshandelssystem kommen 2026 so durchschnittlich 431 Euro an CO-Kosten auf Eigentümer zu. Bei Eintritt des Szenarios II würden die Kosten auf 784 Euro steigen. Im dritten Szenario lägen die Kosten bei über 1.960 Euro pro Jahr und im vierten Szenario würden die jährlichen CO-Kosten bereits 3.135 Euro übersteigen.

Der energetische Zustand entscheidet über die Mietnebenkosten

Die Aufteilung der CO-Kosten zwischen Mieter und Vermieter hängt von dem energetischen Zustand einer Immobilie ab: Bei sehr schlechter Energiebilanz (CO-Ausstoß über 52 kg/m²) müssen Vermieter 95% der CO-Kosten übernehmen. Ist ein Haus bereits energetisch saniert und der Ausstoß beträgt nur bis zu 12 kg/m², verbleiben die (geringen) Kosten vollständig bei den Mietern. Bei einem CO-Ausstoß zwischen 32 und 37 kg/m² teilen sich Mieter und Vermieter die Kosten gleichmäßig.

Beispielsweise wird in Augsburg ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen und einer Gesamtfläche von 386 m² angeboten. Das Gebäude hat einen schlechten Energiebedarf von 1.306,2 kWh/(m²·a) und wird mit Gas beheizt, wodurch 121 t CO-Emissionen pro Jahr verursacht werden. Während 2026 ca. 6.655 Euro auf den Eigentümer zukommen, wären es im zweiten Szenario ca. 12.101 Euro, im dritten ca. 30.252 Euro und im vierten Szenario sogar fast 48.403 Euro jährlich. Aufgrund der schlechten Energiebilanz des Hauses muss der Eigentümer im Fall einer Vermietung nach dem gültigen 10-Stufenmodell 95% dieser Kosten selbst tragen – also je nach Szenario zwischen 6.322 Euro und 45.983 Euro pro Jahr.

CO-Kosten durch energetische Sanierungen senken

Die Einführung des ETS-2 und die damit verbundenen steigenden CO₂-Kosten machen energetische Sanierungen für Eigentümer unvermeidlich“, sagt ESG-Experte Daniel Schreiner von Purpose Green. "Es gibt eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten, die bei der Umsetzung von klimafreundlichen Heizsystemen und Sanierungsmaßnahmen unterstützen. Der EU-Klima-Sozialfonds sowie nationale Förderprogramme wie die BEG-Förderung und KfW-Zuschüsse bieten finanzielle Hilfen, um den Umstieg auf effizientere Heiztechnologien und den Ausbau von Wärmedämmung und Photovoltaikanlagen zu erleichtern."

Das europäische Emissionshandelssystem ETS-2 werde die Betriebskosten unsanierter Gebäude spürbar erhöhen – und das bereits zeitnah, meint Schreiner. "Vermieter, die nicht rechtzeitig in energetische Sanierungen investieren, laufen Gefahr, in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten. Eine verbesserte Wärmedämmung, der Umstieg auf Wärmepumpen oder der Einsatz von Photovoltaik senken nicht nur den CO₂-Ausstoß und damit die Kosten, sondern steigern auch die Attraktivität und den Wert der Immobilie. Wer jetzt handelt, profitiert doppelt – durch langfristige Planungssicherheit und durch eine zukunftsfähige Immobilienstrategie."

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