Die familiengeführte schwäbische Unternehmensgruppe Dünkel verwandelt als Motorworld Group alte Industriegelände und -gebäude in Veranstaltungs- und Begegnungsstätten für Automobil- und Motorradfans. Das geschichtsträchtige Gelände in Berlin-Spandau in direkter Nachbarschaft zur Zitadelle passt in dieses Portfolio, da es zum einen Industriecharme mit Stahl und Beton versprüht und zum anderen große Lager- und Fertigungshallen bietet, die vor rund 100 Jahren eine Fahrzeugfabrikation beheimatete. Ob ausgestellt, zum Verkauf angeboten oder lediglich im Trockenen untergebracht: Die meisten Autos sind für das Publikum frei zugänglich. Einige luxuriöse Automarken sind bereits eingezogen, darunter McLaren, Lamborghini, Aston Martin und Bentley.
Denkmalschutz, der viele andere Investoren zurückschrecken lässt, ist für die Unternehmensgruppe Dünkel kein Hindernis, sondern Ansporn. Dazu passt die Pelletheizung: Mit Pellets aus nachhaltiger Holzwirtschaft können Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gut eingehalten werden und die Mindestanforderung an die Dämmung ist niedriger als etwa beim Einsatz fossiler Brennstoffe.
Herzstück der Motorworld noch im Bau
Der erste Bauabschnitt auf dem „Festland“, dem Geländeteil südlich eines Kanals namens Abzugsgraben, ist bereits fertiggestellt und umfasst die klassische Ausstellung der Motorsportfahrzeuge in der Drivers Hall. Weitere Bestandsgebäude wurden ebenfalls umfassend saniert. Dabei wurde Wert daraufgelegt, möglichst viel historisches Flair und die teilweise 150 Jahre alte Bausubstanz innen und außen zu erhalten. Eine halbe Halle ist ausschließlich für die Wärmeerzeuger reserviert. Zurzeit ist die Pelletfeuerung hier allein in Betrieb. Sie soll nach Erweiterung der Bauten um einen Gaskessel und ein Gas-BHKW ergänzt werden. Die „Insel“, ein von Havel und Abzugsgraben flankiertes Landstück, wird im zweiten Bauabschnitt komplett neugestaltet. Bisher entstanden bereits vier neue Bauten, die an Unternehmen aus dem Bereich Motorsport vermietet wurden, fünf weitere folgen. Das Gesamtareal von über 40.000 m2 soll im Sommer 2024 fertiggestellt sein und wird über einen Rundweg mit der besucherstarken Zitadelle Spandau verbunden.
Das Gelände lässt keine Wünsche der Motosportfans offen: Ein Hotel aus Seecontainern mit 117 Zimmern und eine außergewöhnliche Eventhalle für 1.800 Besucherinnen und Besucher runden das Gesamterlebnis ab. Die Container sollen auf den Dächern der Gebäude mit Wasserlage platziert werden und so den Industriecharme der Neubauten erhöhen.
Steckbrief Anlagentechnik
Im Bestand vorhanden: Gasheizwerk mit Nahwärmenetz auf dem Nachbargelände
Bereits in Betrieb: 499-kW-Pelletkessel mit Partikelabscheider der Fa. ETA Heiztechnik GmbH, zwei geschichtete Pufferspeicher mit jeweils 15.000 l
In Planung: 500-kW-Gaskessel, 500-kW-Gas-BHKW
Wärmeversorgung mit Holzenergie
Bei Neubauten muss gemäß GEG ein gewisser Anteil erneuerbarer Energien eingesetzt werden, bei Holzfeuerungen 50 % des Gesamtwärmebedarfs. Das firmeneigene Wärmecontracting-Unternehmen unter Leitung von Roger Kanzenbach schlug daher vor, diesen Anteil mit Holzwärme zu erbringen. Auch den Planer des Wärmekonzepts Goran Babok (Kraftland GmbH) reizte die Idee, erneuerbare Energien im urbanen Gebiet einzusetzen. Bei der Umsetzung ergab sich für ihn unter den Gegebenheiten vor Ort und mit dem geforderten Leistungsbereich eine Pelletfeuerung als beste Lösung für die Motorworld.
Das Konzept der Wärmeversorgung
Im ersten Bauabschnitt wird die Wärme durch den Pelletkessel und ein vorhandenes Gasheizwerk bereitgestellt, das vom angrenzenden Gewerbepark betrieben wird. Im zweiten Bauabschnitt ersetzen ein eigener Gaskessel und ein Gas-BHKW die Energie vom Nachbargrundstück und versorgen die neu errichteten Gebäude der „Insel“. Das System aus drei Heizanlagen soll die Betriebssicherheit steigern. Die Pufferspeicher können einen Zeitraum von mehr als einer Stunde Volllastbetrieb des Pelletkessels abfedern. Für die Verteilung wird ein vorhandenes Nahwärmenetz genutzt.
Der Pelletkessel soll dann den Grundbedarf an Wärme decken und möglichst lange Laufzeiten für einen besonders effizienten Betrieb der Gesamtanlage fahren. Mit der vorhandenen Lagerkapazität kann der Pelletkessel jetzt knapp drei Wochen unter Volllast betrieben werden.
Um das BHKW möglichst effizient zu nutzen, muss es wärmegeführt betrieben werden. Wenn lediglich die Stromanforderung vorliegt, wird das BHKW nicht genutzt, sondern Netzstrom bezogen. Das heißt, die Mittellast wird – wenn möglich – die Gas-BHKW-Anlage übernehmen. Wenn das BHKW in Betrieb ist und somit neben Wärme auch Strom erzeugt wird, soll dieser auch vollständig auf dem Gelände verbraucht werden.
Der flexible Gaskessel kommt zum Einsatz, wenn die Temperaturen sehr niedrig sind oder die Auslastung der Gebäude bei Events sehr hoch ist und die Wärmeanforderung über dem Durchschnitt liegt – oder auch, wenn der Bedarf in Stoßzeiten rasant ansteigt.
Ein Teil der energetisch sehr gut konzipierten neuen Gebäude kann sich offenbar auch selbst versorgen, z. B. über interne Wärmegewinne und ggf. Klimageräte, die im Wärmepumpenmodus laufen.
Kevin Spieker
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