Datenmodellierung unterstützt komplexe Gebäudetechnikplanung
Architektur als Herausforderung für Gebäudetechnik-Planer
Die einzigartige Architektur der Zentralbibliothek Oodi forderte den Planern der verschiedenen Fachgebiete einiges ab. Bereits die Lage des Gebäudes im Stadtkern Helsinkis und der entsprechende Stadtplan stellten eine gewisse Schwierigkeit dar. Die gebäudetechnischen Anlagen mussten in Räumen untergebracht werden, die von üblichen und gewohnten Formen deutlich abwichen.
Für die Bauplanung, das Projektmanagement, die gebäudetechnische Planung und die Koordinierung der Baunutzungsdokumentation war das dänische Ingenieur- und Managementberatungsunternehmen Ramboll zuständig. Projektleiter für die gebäudetechnische Planung des Projekts Oodi war Hannu Martikainen, bei Ramboll führender Experte in der Versorgungstechnik.
„Das Dach der Bibliothek war als Teil der Fassade gedacht und die Versorgungstechnik sollte darauf nicht sichtbar sein. Daher mussten wir die technischen Räume und die Gebäudetechnik im Keller und in Hohlräumen verstecken, die durch die Architektur innerhalb des Gebäudes geschaffen wurden“, berichtet er. Das Tragwerk des Gebäudes besteht aus zwei über 100 m langen Stahlbögen.
Diese Stahlbrückenkonstruktion führt zu einer außergewöhnlich großen Bewegung, im Extremfall um ganze 140 mm. Dies musste bei der Planung der Versorgungstechnik berücksichtigt werden. „Je nach Jahreszeit, Temperatur und Belastung des Gebäudes ist die Stahlbrückenkonstruktion starken Bewegungen ausgesetzt. Dies wirkte sich auch auf die Planung der Gebäudetechnik aus, die in ungewohnten Bahnen umgesetzt werden musste“, so Hannu Martikainen. „Wir verwendeten in allen Kanälen und Leitungen flexible Verbindungsstücke und mussten auch die Abflüsse mit doppeltem Gefälle planen. So konnten wir sichern, dass das Mindestgefälle im Falle von Gebäudebewegungen in allen Lagen und Fällen erhalten blieb.“
Das dritte Geschoss sollte frei von sichtbarer Versorgungstechnik bleiben, damit das offene Raumkonzept und das wellenförmige Dach voll zur Geltung kommen.
„Die Raumhöhe des zweiten Geschosses wurde erhöht, damit die Lüftungs- und Klimaanlage samt Leitungen im Hohlraum zwischen den Stockwerken, im Boden des dritten Stockwerkes und in der Decke des zweiten Stockwerks untergebracht werden konnte“, berichtet Martikainen.
Das dritte Stockwerk des Gebäudes ist auf allen Seiten von großen Fensterflächen umgeben. Zur Verringerung der sonnenbedingten Wärmelast entwickelten die Planer und Architekten gemeinsam ausgeklügelte Lösungen.
„Bei der Planung der Fassade arbeiteten wir eng mit dem Architekten zusammen. Die Anzahl und Positionierung der in den Fenstern sichtbaren attraktiven weißen Punkte wurden mit Energiesimulatoren und den Architekten so ausgelegt, dass die Fassadenlösung auch als Sonnenschutz fungiert“, so der Projektleiter.
Teamwork mit Datenmodellierung
Der Einsatz von Datenmodellierung ermöglichte eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachplanern.
„Bei der architektonischen, bautechnischen, versorgungstechnischen und elektrischen Planung wurde auf Datenmodellierung zurückgegriffen. Wir verwendeten von Anfang an ein Kombinationsmodell, das wir während der gesamten Projektdauer pflegten. In der Praxis schickte jeder Planer einmal pro Woche sein Datenmodell an die Projektbank, von der aus der Datenmodellkoordinator ein gemeinsames IFC-Datenmodell zur Überprüfung erstellte. Dies war die einzige Möglichkeit zur Prüfung und Koordinierung der anspruchsvollen und komplexen Sachverhalte“, erläutert Martikainen.
Aufgrund der Architektur der Oodi-Bibliothek sind die für die versorgungstechnischen Anlagen verfügbaren Hohlräume außergewöhnlich geformt. Dank Modellierung gelang es jedoch, sie unterzubringen.
„Beim Projekt Oodi waren alle Räume und Flächen gekrümmt und unregelmäßig. Die Wand der Hauptfassade des Gebäudes steht beispielsweise in einem nahezu 45-Grad-Winkel und alle Kanäle verlaufen dahinter innerhalb der Wandkonstruktion im selben Winkel. Ohne die Modellierung hätten wir hunderte von Querschnitten zeichnen müssen, um das System auch nur ansatzweise zu verstehen“, erklärt der Projektleiter.
Ramboll setzte bei der HLK-Planung des Projekts Oodi auf die Software MagiCAD. Insbesondere die Berechnungsfunktionen erwiesen sich als vorteilhaft und halfen bei der Umsetzung der Funktionsfähigkeit der geplanten Anlagen. „Wir nutzten die Durchflussmesstechnik, die Druckverlustberechnung für Rohrleitungen, die Durchflussmesstechnik für Lüftungsschächte und die Eigenschaften im Bereich Lärmschutz von MagiCAD. Natürlich verwendeten wir auch die Basiseigenschaften von MagiCAD, mit denen die Verbindungen geprüft und ausgeglichen werden können. Die Funktionen der eingesetzten Software gaben den Planern das beruhigende Gefühl, dass das System richtig funktioniert“, bestätigt Hannu Martikainen.
Das Erfolgsrezept des Projekts
Anspruchsvolle Bauprojekte stecken voller Überraschungen. Sie bieten aber auch die Möglichkeit, das eigene Können weiterzuentwickeln. Der wichtigste Lernpunkt für Hannu Martikainen: „Bei einem solch komplexen und anspruchsvollen Projekt ist es immens wichtig, dass ein guter Teamgeist herrscht und dass das Planungsteam Dinge offen besprechen und Ideen freien Lauf lassen kann.“
Ein zweiter zentraler Erfolgsfaktor war der weite Zeitrahmen für die Planungsarbeit. Daran wird oft gespart, um so angeblich die Projektkosten gering zu halten. In Eile entworfene Projekte können jedoch Probleme beinhalten. „Die für die Planung benötigte Zeit wird nicht immer wertgeschätzt. Wenn in den Planungsprozess investiert und die entsprechend benötigte Zeit gewährt wird, wie das beim Projekt Oodi der Fall war, dann können auch relativ anspruchsvolle Lösungen und Gebäude verwirklicht werden,“ so Martikainen.
Aufgrund der komplexen und außergewöhnlichen Planungslösungen der Architektur von Oodi und seines bedeutenden Charakters als Helsinkis neues Wahrzeichen war das Projekt gleichwohl anspruchsvoll und bereichernd.
Bautafel
Petri Luomala
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