Kohlendioxid gilt neben Methan als das klimarelevante Gas schlechthin. Kaum jemand streitet noch über dessen Wirkung als Treibhausgas. Es ist längst als hauptverantwortlich für den menschgemachten Klimawandel und für den atmosphärischen Temperaturanstieg ausgemacht. An dieser Stelle endet der Konsens jedoch, zumindest in der Politik. Hitzige Debatten um das Gebäudeenergiegesetz und das Gesetz über die Kommunale Wärmeplanung, aber auch den Ausstieg aus der Kernenergie und die richtige Verkehrspolitik sind nur einige Aspekte, bei denen es im Grunde um die Verringerung der Emissionen geht.
Die Frage, ob und wie man das Klimagas aus der Atmosphäre zurückholt, wurde bislang – wenn überhaupt – in Deutschland nur mit sehr spitzen Fingern angefasst. Anderswo auf der Welt hingegen forschen Industrie und Universitäten schon lange daran, CO2 entweder der Atmosphäre zu entziehen oder gleich am Ort der Entstehung einzufangen: im Abgasstrom von Kohle-, Öl- oder Müllverbrennung.
Bis spätestens 2050 möchte die EU klimaneutral werden. Schon bis 2030 will die EU-Kommission ein industrielles Kohlenstoffmanagement durch den Transport, die Nutzung und die Speicherung von CO2 aufbauen. „Viele Betriebe haben nicht die Möglichkeit, durch Energieeffizienzsteigerungen und Elektrifizierung vollständig klimaneutral zu werden. Für diese Unternehmen ist der physische Zugang zu CO2-armem Wasserstoff oder zu Technologien zur CO2-Abscheidung und Speicherung sowie CO2-Infrastrukturen zwingend notwendig“, formulierte es letztes Jahr die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) in einer Stellungnahme zur „Öffentlichen Konsultation zur EU-Strategie für das CO2-Management in der Industrie“.
Übergang zur grünen Wirtschaft
Die im Februar veröffentlichte ‚ EU-Strategie für das industrielle CO2-Management‘ der Europäischen Kommission umfasst „die Nutzung einer Reihe von Technologien zur Abscheidung, Speicherung, Beförderung und Nutzung von CO2-Emissionen aus Industrieanlagen sowie zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre. Die EU-Strategie für das industrielle CO2-Management zielt darauf ab, diese Technologien und den Regulierungs- und Investitionsrahmen zu ihrer Unterstützung zu entwickeln.“
Die EU-Strategie beruht auf drei Technologiepfaden:
- Abscheidung und Speicherung (CCS): CO2-Emissionen fossilen, biogenen oder atmosphärischen Ursprungs werden zur dauerhaften und sicheren geologischen Speicherung abgeschieden.
- Abscheidung und Nutzung (CCU): Abgeschiedenes CO2 wird genutzt, um in synthetischen Produkten, Chemikalien oder Kraftstoffen fossilen Kohlenstoff zu ersetzen.
- Entnahme aus der Atmosphäre (CDR): Biogenes oder atmosphärisches CO2 wird mit technischen Mitteln abgeschieden und dauerhaft gespeichert.
„Eine CO2-Transportinfrastruktur ist für diese drei Technologien von entscheidender Bedeutung“, so die EU-Kommission in ihrem Papier, und werde zur Errichtung eines vollwertigen CO2-Marktes in Europa benötigt. „Wird abgeschiedenes CO2 nicht direkt am Ort der Abscheidung genutzt, muss es zur Verwendung in industriellen Prozessen (z. B. für Bauprodukte, synthetische Kraftstoffe, Kunststoffe oder andere Chemikalien) oder zur dauerhaften Speicherung transportiert werden. CO2 kann über Rohrleitungen, mit Schiffen oder im Straßen- oder Schienenverkehr transportiert werden.“
In der deutschen Industrie sieht man die EU-Strategie durchweg positiv.
„Die Defossilisierung der Industrie ist ein wesentlicher Teil des Übergangs zu einer grünen Wirtschaft und zur Erreichung der Klimaziele“, heißt es beim Verband VDMA e. V. Carbon Management – bestehend aus den drei oben genannten Wegen CCS, CCU, CDR – sei entscheidend, um klimaschädliche CO2-Emissionen effektiv zu reduzieren und zu managen. Aus Sicht des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU) sind CCS und CCU wichtige Bausteine, um das globale Klima zu stabilisieren. „Während CCS und CCU bei Gaskraftwerken wirtschaftlich äußerst fraglich sind, werden diese Klimaschutztechnologien insbesondere für die hiesige kommunale Abfallwirtschaft, aber auch bei der Verbrennung von Klärschlamm oder Biomasse sowie Biogas zukünftig eine Rolle spielen müssen.“
Trendwende in der Politik
Kurz nach Veröffentlichung der CO2-Strategie der Europäischen Kommission zog das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nach und legte am 26. 02. 24 Eckpunkte einer Carbon Management Strategie und den Entwurf zur Änderung des Kohlendioxidspeicherungsgesetzes vor. Demnach sollen die Anwendung von CCS/CCU, der Transport und die Offshore-Speicherung in Deutschland ermöglicht werden. Meeresschutzgebiete werden ausgeschlossen, und der strategische Fokus für den Einsatz von CCS soll auf schwer oder nicht vermeidbaren Emissionen liegen.
Die laut Bundesklima- und -wirtschaftsminister Robert Habeck „pragmatische und verantwortungsvolle Richtungsentscheidung“ bedeutet eine 180-Grad-Wende, wohl der Not gehorchend. Mit Blick auf die jüngsten Veröffentlichungen des Weltklimarates IPCC ist auch in Kreisen, die CCS und CCU ablehnten, die Erkenntnis gereift, dass es nicht mehr ohne geht. An den grundsätzlichen Bedenken ändert dies zunächst wenig: Mögliche CO2-Lagerstätten sind angesichts der notwendigen Mengen, die aus der Atmosphäre gefiltert werden müssten, schlicht zu klein, von den Kosten ganz abgesehen. Zwischen den jährlich emittierten Mengen und der Offshore-Kapaziät zur Einlagerung liegen Dimensionen, wie Berechnungen aus Dänemark, Norwegen, Frankreich und Deutschland belegen. So planen Norwegen und Dänemark jeweils die Einlagerung von jährlich 1,5 t pro Jahr. Allein Deutschland emittierte 2022 rund 750 Mio. t CO2-Äquivalente.
Befürchtungen gibt es auch wegen möglicher Lecks in unterirdischen Speicherstätten, die zur Kontamination des Grundwassers durch CO2 führen könnten.
Hauptkritikpunkt der CCS-Gegner bislang war und ist, dass mit dem verstärkten Abspalten und Einlagern von CO2 umweltpolitische Anstrengungen der Energiewende konterkariert werden könnten und der Druck für eine Transformation in Industrie, Verkehrs- und Bauwirtschaft gemindert würde.
Biogas mit physikalischer Wäsche
Diesen Ansatz griff etwa das Mannheimer Energie- und Entsorgungsunternehmen MVV Energie AG auf und erklärte letztes Jahr die Absicht zur Transformation zu einem kohlendioxidbefreiten Unternehmen. Zum so genannten Mannheimer Modell gehören viele Mosaiksteine, um vor allem der Fernwärmebereitstellung und Stromerzeugung einen grünen Charakter zu verleihen. Ein wichtiger Bestandteil der Strategie hin zum „klimapositiven“ Unternehmen, das unterm Strich dem CO2-Kreislauf mehr CO2 entzieht als darin einbringt, ist das „BECCUS“-Prinzip. BECCUS steht für „Bioenergy Carbon Capture Usage and Storage“, zu Deutsch: „Abscheidung, Verwertung und Speicherung von CO2 biogenen Ursprungs.“ Seit Ende 2023 spaltet die MVV Energie das Treibhausgas aus dem Abgasstrom ihrer Thermischen Abfallbehandlungsanlage in Mannheim ab. „Wir wollen in zwei etwa halbjährigen Testphasen im kleinen Maßstab Betriebserfahrungen sammeln, die wir dann im großen Maßstab anwenden können.
Alles dreht sich um Kohlenstoff
CDR (Carbon Dioxide Removal): In der Wissenschaft gilt es als Konsens, dass ohne CO2-Entnahme aus der Atmosphäre keine Klimaneutralität zu erreichen ist, da es immer Emissionen geben wird. Carbon Dioxide Removal (CDR) umfasst Ansätze und Methoden zur Entnahme vonCO2 aus der Atmosphäre und die anschließende dauerhafte Speicherung in unterirdischen geologischen Formationen, in Biomasse, ozeanischen Speichern oder langlebigen Produkten, um negative Emissionen zu erzielen.
CCS (Carbon Capture and Storage) ist die Abscheidung von CO2 aus industriellen, punktförmigen Quellen und dessen dauerhafte Einlagerung in geologischen Lagerstätten. Anwendungsmöglichkeiten sind Zementwerke, Thermische Abfallbehandlungsanlagen oder chemische Prozesse.
CCU (Carbon Capture and Usage) unterscheidet sich von CCS dadurch, dass CO2 nicht geologisch eingelagert, sondern z. B. als Rohstoff für die Chemische Industrie weiter genutzt wird.
CCUS wird in Kombination verwendet, wenn sowohl die Einlagerungals auch die Nutzung als Rohstoff geplant ist.
BECCS/BECCUS (Bioenergy with CCS/CCUS) zielt darauf ab,biogenes CO2 abzuscheiden und einzulagern oder auch zu nutzen,um so der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen und so genannte negative Emissionen zu erreichen. Relevant ist das Verfahren besonders bei der Thermischen Abfallbehandlung, bei der man von einem hälftigen Anteil an biogenen Abfällen ausgeht oder auch bei der Biomüll-Verwertung in einer Vergärungsanlage.
Das läuft seit Ende 2023 und wird bis in die 2. Hälfte 2024 gehen“, so der MVV-Vorstandsvorsitzende Dr. Georg Müller. Während man über das Abscheideprinzip und den Anlagenbauer noch ungern sprechen möchte, ist das Unternehmen beim zweiten großen Projekt, der Abtrennung und nachhaltigen Nutzung von CO2 aus dem Prozess der Biogasaufbereitung, offener.
Die MVV suchte sich aus ihrem Portfolio an Biogasanlagen diejenige heraus, die technisch die besten Voraussetzungen bietet: Die Bioabfall-Vergärungsanlage Dresden-Klotzsche (BAV Dresden).
Die BAV Dresden hat eine Jahreskapazität von rund 46.500 t Biomüll, der aus der sächsischen Landeshauptstadt sowie dem benachbarten Zweckverband Abfallwirtschaft Oberes Elbtal stammt. Die BAV-Anlage wurde 2017 von der Eggersmann-Gruppe gebaut und ging ein Jahr später in die MVV Unternehmensgruppe über. Die Biogasaufbereitung stammt von der Schwelm Anlagentechnik GmbH.
Das gewonnene Biogas wurde zunächst nur in zwei Blockheizkraftwerken genutzt, um die Wärme für den Vergärungsprozess zu liefern. Strom, der nicht auf der Anlage benötigt wurde, ging ins öffentliche Netz.
Bauschutt speichert CO2
„Da bei jeder Biogasaufbereitung auch CO2 anfällt, bietet es sich an, dieses weiter zu verwenden“, ergänzt Koray Karaadak, Kaufmännischer Leiter der Business Unit Biogas bei der MVV Umwelt GmbH. Eine solche Nutzung erfährt das Gas bisher beim Spülvorgang der Fermentationsboxen für den Bioabfall. Da die Vergärung der Bioabfälle im Batch-Betrieb erfolgt, müssen die Boxen beim An- und Abfahren gespült werden. „Um den Eintrag von Stickstoff aus der Umgebungsluft so gering wie möglich zu halten, nutzen wir das verflüssigte Kohlendioxid aus der Biogas-Aufbereitung“, erklärt Karaadak. Das käme der Qualität des Bioerdgases zugute.
Da bei der Biomethanveredelung aber mehr CO2 anfällt, als für die Fermenterspülung benötigt wird, bot es sich an, zusätzliche Verwertungswege zu suchen. Da es sich bei dem anfallenden CO2 bereits um ein biogenes Gas handelt, schlägt jede weitere Nutzung, zumal wenn sie das CO2 durch chemische Bindung oder dauerhafte Einlagerung dem Kreislauf entzieht, positiv in der Treibhausgas-Bilanz zu Buche. „Und genau das machen wir mit unseren beiden Kooperationspartnern Landwärme GmbH und Neustark AG“, so der Biogas-Chef bei der MVV. Landwärme ist für den Handel und den Transport zuständig, die Neustark AG für die nachhaltige Entsorgung.
Der größte Abfallstrom der Welt
Mit einer geschätzten Masse von 1 Mrd. t pro Jahr ist Abbruchbeton der größte Abfallstrom der Welt. Wenn man davon ausgeht, dass in einer Tonne Abbruchbeton etwa 10 kg Kohlendioxid gespeichert werden können, wären das global eine Kapazität von 10 Mio. t CO2.
Zum Vergleich: Insgesamt wurden 2023 nach Zahlen des Umweltbundesamtes in Deutschland rund 674 Mio. t Treibhausgase (THG) freigesetzt, das sind 76 Mio. t oder 10,1 % weniger als 2022.
Das schweizerische Unternehmen mit Sitz in Bern nahm am Standort Biberist bei Solothurn, nördlich von Bern, als weltweit erstes Unternehmen vor einigen Monaten eine Anlage in Betrieb, in der nach einem patentierten Verfahren Kohlendioxid dauerhaft in Abbruchbeton gespeichert wird. Damit unterhält die Neustark, ein Spin-Off der ETH Zürich, nun ein ganzes Netzwerk von elf Abscheide- und Speicheranlagen für CO2 in der Schweiz, Österreich und bald auch in Deutschland. „Weitere 13 Abscheidungs- und Speicheranlagen befinden sich in diesen Ländern zurzeit in Bau“, erklärt Unternehmenssprecherin Sophie Dres. Die Anlage in Biberist hat eine Kapazität von 1.000 t CO2 pro Jahr.
Baustoffalternative R-Beton
Das ifeu-Institut Heidelberg führte ein Forschungsprojekt durch, mit dem Ansätze zur Optimierung des Baustoffs Transportbeton entwickelt und erprobt wurden. Das im Auftrag des Umweltministeriums Baden-Württemberg (UM Ba-Wü) durchgeführte Projekt zeigte, dass sich klimafreundlicher und ressourcenschonender Beton (R-Beton) durch Rückführung von aufbereitetem Bauschutt herstellen lässt: Möglich wird dies durch Rückgriff auf Rohstoffe aus dem Materialkreislauf (R-Gesteinskörnung), durch Kiese und Sande aus der Nassklassierung von Bodenaushubmassen sowie einer Karbonatisierung der Altbetone, die als Zuschlag eingesetzt werden. Aus den Erkenntnissen des Forschungsprojektes setzte das UM Ba-Wü ein Förderprogramm auf, um diese Baustoffalternative landesweit voran zu bringen.
Damit das verflüssigte CO2 aus Dresden nicht in die Schweiz muss, was auch der Ökobilanz abträglich wäre, wird es in der Nähe von Berlin in Abbruchbeton eingebunden. Auch hier entsteht derzeit eine Jahreskapazität von rund 1.000 t CO2.
„Staubsauger“ reinigt die Umgebungsluft
Wissenschaftler am „Competence Center für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz (CC4E)“ an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg HAW befassen sich ebenfalls mit dem Thema CO2-Abscheidung. Im hier angesiedeltenX-Energy-Projekt „ClosedCarbonLoop (CCL)“ steht die Nutzung von abgeschiedenem CO2 für Power-to-Gas (PtG)-Technologien im Vordergrund. Ein bestehender Anlagenverbund aus Photovoltaikanlage, Elektrolyseur, biologischer Methanisierung und Rückverstromung mittels Kraft-Wärme-Kopplung im Heizkraftwerk wurde dafür um eine CO2-Adsorptionsanlage, eine so genannte Direct Air Capture (DAC) des Projektpartners Climeworks ergänzt.
Die Anlage nutzt ein Verfahren zur Abtrennung von CO2 aus der Umgebungsluft, das im Anschluss in einer nachgeschalteten Methanisierung für die Herstellung von Methan (CH4) genutzt wird. Die CO2-Gewinnung unterteilt sich in zwei Prozesse:
Zunächst wird während der Adsorptionsphase mittels eines Ventilators die Umgebungsluft durch den Reaktor geführt; dabei wird ein Teil des enthaltenen CO2 an adsorbierende Substanzen (so genannte Sorbents) gebunden.
In der zweiten Phase, der so genannten Desorption, wird das CO2 vom Sorbent bei Unterdruck und durch die Zufuhr thermischer Energie abgetrennt. Nach Beendigung der Desorptionsphase kann der Zyklus von vornbeginnen. Dieses Verfahren wird Temperatur-Vakuum-Swing-Verfahren (TVS) genannt.
Das auf diese Weise gewonnene CO2 zeichnet sich durch hohe Reinheit aus und ist gegenwärtig in verschiedenen Bereichen als Rohstoff begehrt: zum Beispiel als Dünger in Gewächshäusern oder in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, etwa um Kohlensäure für Limonaden herzustellen. Das aus der Luft abgeschiedene Gas kann allerdings auch energetisch genutzt werden – und genau das machen die Wissenschaftler am CC4E-Institut im „Direct Air Capture“-Projekt.
PtG- und Power-to-Liquid (PtL)-Konzepte werden künftig nötig sein, um große Überschüsse aus erneuerbaren Energien über eine längere Phase zwischenzuspeichern. Es werden dafür meist Kohlenstoffquellen benötigt, um Kohlenwasserstoffe wie Methan zu synthetisieren. PtG- und Power-to-Liquid (PtL)-Konzepte werden künftig nötig sein, um den riesigen Bedarf an klimaneutralen Grundstoffchemikalien und Kraftstoffen zu decken. Dazu zählen beispielsweise Sustainable Aviation Fuel (SAF) für den Flugverkehr und Methanol (CH3OH) für die Schifffahrt. Für den Standort Deutschland ist der Aufbau einer möglichst flexiblen Produktion vorteilhaft, um die fluktuierende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien mathematisch optimiert auszunutzen. „Außerdem sind nicht alle CO2-Emissionen vermeidbar; es wird auch weiterhin eine kleine Menge entstehen, wie das beispielsweise in der Landwirtschaft der Fall ist“, erklärt Hendrik Zachariassen, M.Sc. und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am CC4E-Institut. Daher sei es wichtig, negative CO2-Emissionen zu erreichen, um die gesetzten Klimaziele nicht zu verfehlen.
Gegenüber dem Ansatz, CO2 aus Kraftwerken oder Müllverbrennungsanlagen zu nutzen, hat das Closed-Carbon-Loop-Prinzip deutliche Vorteile: Die Gewinnung aus der Luft ist standortunabhängig und nicht mengenlimitiert. Die DAC-Technologie sei im Betrieb außerdem zeitlich flexibel, was eine Grundlagefür die Stabilisierung des Stromnetzes ist.
Die Anlage auf dem Dach des Technologiezentrums des Energie-Campus in Hamburg-Bergedorf ging im März 2021 in Betrieb und läuft seither störungsfrei – auch wenn das Projekt schon im Sommer 2023 auslief. „Die Anlage bleibt vorerst aber Bestandteil in unserem PtG-Prozess“, versichert Hendrik Zachariassen. „Es gibt allerdings diverse Forschungsansätze für alternative Verwendungen des CO2 oder des CH4 aus dem PtG-Prozess.“
Solche „CO2-Staubsauger“ sind also Realität. Aber würden sie – weltweit eingesetzt – in Zukunft alle Anstrengungen zum Klimaschutz überflüssig machen? Oder als Vorwand dienen, gar nicht aus den fossilen Energien aussteigen zu müssen?
„Die Technik allein ist keine Lösung, um den steigenden Emissionen von Treibhausgasen entgegenzuwirken“, erklärt Professor Dr.-Ing. Hans Schäfers, der das Projekt leitet und stellvertretender Leiter des CC4E ist. „Wir können nicht einfach so weitermachen wie bisher.
Damit Deutschland bis 2045 klimaneutral wird, brauchen wir dringend eine vollständige Energiewende. Mit unserem Projekt schließen wir den Kohlenstoffkreislauf bei der Methannutzung. Das ist schon mal ein erster wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralität.“
Literaturhinweise
„Analysing direct air capture for enabling negative emissions in Germany: an assessment of the resource requirements and costs of a potential rollout in 2045” (2024) –Simon Block, Peter Viebahn, Christian Jungbluth – Wuppertal Institut (https://epub.wupperinst.org/)
„Bundesminister Habeck will den Einsatz von CCS ermöglichen: ‚Ohne CCS können wir unmöglich die Klimaziele erreichen.‘“ Pressemeldung der BMWKv. 26. 02. 2024 (www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2024/02/20240226-habeck-will-den-einsatz-von-ccs-ermoeglichen.html)
„Carbon Capture and Storage“ – 28. 02. 2024(www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/gewaesser/grundwasser/nutzung-belastungen/carbon-capture-storage)
„Carbon Management: Wegbereiter für eine klimaneutraleZukunft“ – Pressemeldung des VDMA e.V. v. 11. 04. 2024 (www.vdma.org)
“Reaching net-zero in the chemical industry—A study of roadmaps for industrial decarbonisation“ –Ylva Kloo,Lars J. Nilsson, Ellen Palm – Wuppertal Institut(https://epub.wupperinst.org/)
EnergieCampus an der HAW Hamburg und das ClosedCarbonLoop-Projekt (www.haw-hamburg.de)
„Fragen und Antworten zur EU-Strategie für das industrielle CO2-Management“ – Europäische Kommission(https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_24_586)
„Stellungnahme zum Referentenentwurf der Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpG) sowie zu den Eckpunkten der Carbon Management-Strategie“ VKU, 21. 03. 2024 (www.vku.de/vku-positionen/)
Martin Boeckh
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