Wassersensible Stadtgestaltung

Innovative Klimawandelanpassung mit Regen- und Grauwassermanagement

Der Klimawandel und damit einhergehende Wetterextreme wie Starkregen und anhaltende Trockenheit stellen urbane Räume, Gebäude und Infrastrukturen zunehmend vor Herausforderungen. Eine Wassersensible Stadtentwicklung kann – wie das Projekt Resource:Mannheim zeigt – nicht nur einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit extremeren klimatischen Verhältnissen und der Entlastung der Infrastruktur leisten, sondern auch zu einer höheren Lebens- und Aufenthaltsqualität führen.

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1 - Integrale Planung eines nachhaltigen Regen- und Grauwassermanagements im neuen Stadtquartier „Aubuckel“ in Mannheim Bild: Pixellab GmbH, Kaiserlautern
1 - Integrale Planung eines nachhaltigen Regen- und Grauwassermanagements im neuen Stadtquartier „Aubuckel“ in Mannheim Bild: Pixellab GmbH, Kaiserlautern

Mit den steigenden Temperaturen hat sich auch der hydrologische Kreislauf in unseren Städten intensiviert. Die in der Stadt liegende Wasserver- und entsorgungsinfrastruktur stammt jedoch häufig aus der Mitte des letzten Jahrhunderts und ist nicht auf die durch den Klimawandel bedingte Veränderung auf voraussichtlich weniger und dafür intensivere Regenereignisse und längere Dürreperioden ausgelegt. Auf der einen Seite können Entwässerungssysteme Abflüsse aus starken Regenereignissen häufig nicht vollständig aufnehmen, was in der Folge zu Überflutungen führen kann. Auf der anderen Seite führen fallende Grundwasserspiegel während langanhaltender Trockenperioden zu Engpässen in der Trinkwasserversorgung.

Das heißt, dass die Ver- und Entsorgungsnetze ihre eigentlichen Aufgaben, nämlich urbanen Überflutungsschutz bzw. den Schutz des Wasserhaushaltes und eine nachhaltige Wasserversorgung, nicht mehr erfüllen. Während starker Regenereignisse passiert es immer häufiger, dass Kanäle überlaufen, was vor allem auch im Kontext daran anschließender Entlastungsereignisse bei Mischwassersystemen großen Druck auf Natur und Umwelt bedeutet. Gleichzeitig sorgen sie aber auch dafür, dass zu viel Niederschlag in die Vorflut gelangt, und dem lokalen Wasserhaushalt entzogen wird, was allgemein als Urban Stream Syndrome beschrieben wird und Hitzeinseln verursacht bzw. durch einen gestörten Wasserhaushalt verstärkt – die Städte trocknen aus (Bild 2).

2 - Schematische Darstellung der klassischen wasserbezogenen, technischen Infrastruktur von Städten bei Niederschlag (oben) und Trockenheit (unten). Sie entzieht den Städten das Wasser und führt so zu Überhitzung und das sog. Urban Stream Syndrome - Bild: FG est/Gehrmann

Dass diese Verschiebung innerhalb des natürlichen Wasserkreislaufs unsere Städte vor große Herausforderungen stellt, ist seit den letzten Sommerperioden überall sichtbar: Der Rhein hat die niedrigsten Wasserstände seit seiner Begradigung, viele innerstädtische Grünflächen sind bereits in den frühen Sommermonaten ausgetrocknet und Stadtbäume müssen zunehmend bewässert werden, einige Gemeinden in Deutschland hatten Einschränkungen in der Trinkwasserversorgung und die mitteleuropäischen Waldbestände können sich aufgrund Wassermangels nicht mehr ausreichend vor natürlichen Gefahren schützen.

Es ist also umso wichtiger, den natürlichen Wasserhaushalt zu schützen und dabei geht es vor allem um zwei Ziele:

  1. Den Niederschlag möglichst lokal zu versickern, ohne dass dieser in die Kanäle, resp. Vorflut gelangt.
  2. Alternative Wasserquellen zu erschließen, z. B. Regenwassernutzung, Grauwasserrecycling, usw.

Eine Maximierung der Regenrückhaltung mit lokaler Versickerung und Verdunstung kommt dem natürlichen hydrologischen Kreislauf zugute. Weiterhin reduziert die Erschließung bzw. Nutzung von alternativen Wasserquellen den Druck auf die Trinkwasserversorgung und die Verdunstung trägt zur Mikroklimaregulierung der Städte bei.

Wassersensible Stadtgestaltung

Das Verhältnis von Wasser und Stadt ist in fast allen Ländern des globalen Nordens seit Jahrzehnten sehr stark von technischer Infrastruktur geprägt, deren Hauptziel der Überflutungsschutz bzw. die sichere Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ist. Dass diese Infrastruktur im Kontext des Klimawandels diese Aufgaben jedoch nicht ausreichend erfüllen kann bzw. die Herausforderungen verschärft, ist eine Erfahrung die vor allem in Deutschland relativ neu ist und sich erst seit ca. zehn Jahren drastisch bemerkbar macht.

Länder wie Australien haben eine ähnliche Situation bereits vor mehr als 30 Jahren erlebt, als das Land durch die so genannten Millennium Droughts vor sehr große Herausforderungen gestellt wurde. Da in der damaligen Zeit in Australien zwangsläufig jeder Tropfen Wasser – zunächst unabhängig von Herkunft oder Qualität – einen enormen Wert für die Sicherung des Wohlstandes des Landes hatte, wurden neue Systeme implementiert, die zunächst nicht mehr nur auf Überflutungsschutz, Ver- und Entsorgung ausgelegt wurden, sondern zusätzlich auf Rückhaltung und Kreislaufführung von Wasser mit dem Ziel den lokalen Wasserhaushalt zu schonen und zu schützen. Aus diesem Notstand heraus wurde der raumplanerische Ansatz der technischen Infrastruktur zunehmend in Frage gestellt, da die hier geschaffenen Systeme häufig in einem Maßstab vorliegen, in dem die Stadttechnik als solche, oder dezentrale Ansätze nur eine untergeordnete Rolle spielen können. Aus diesem Notstand heraus entstand die planerische Disziplin der Wassersensiblen Stadtentwicklung (aus dem Englischen: Water Sensitive Urban Design), in deren Mittelpunkt die enge Vernetzung von gebauter Umwelt, also der Stadt mit dem Wasserhaushalt, also der Natur steht.

Wassersensible Stadtgestaltung ist eine Planungsdisziplin, die in Europa noch relativ neu ist. Im Gegensatz zu der bereits erwähnten technischen Infrastruktur basieren Projekte der Wassersensiblen Stadtgestaltung in der Regel auf dezentralen Ansätzen, in deren Mittelpunkt innovative Wasserkreisläufe stehen. Ziel ist eine maximale Wasserrückhaltung bzw. -wiederverwendung verschiedener Quellen, häufig gar auf Quartiers- oder Stadtteilebene. Im Gegensatz zum konventionellen Ansatz arbeitet die Wassersensible Stadtgestaltung mit Elementen der Grünen und Blauen Infrastruktur. So sollen Ökosysteme geschaffen, integriert und geschützt werden. Dadurch lässt sich von (weiteren) Ökosystemleistungen profitieren – wie z. B. der Klimaregulation. Dies bietet gerade im Kontext der gebauten Umwelt, also der Städte, neue Möglichkeiten und resiliente Synergien, z. B. der Vernetzung zu Parkanlagen, Gründächern oder sonstigen Naturräumen zum Schutz der Biodiversität. Durch die enge konzeptionelle Vernetzung von Wasserhaushalt und gebauter Umwelt und durch das Einbinden lokaler Wasserkreisläufe in die Stadttechnik vereint die Wassersensible Stadtgestaltung zwangsläufig immer soziale, kulturelle und ökologische Perspektiven. Die Aufenthalts- und Lebensqualität in unseren Städten durch ihren Einsatz signifikant zu verbessern ist neben dem Schutz gegen Hochwasser auch essenzielle Grundlage für eine klimaresiliente Stadt (Bild 3).

3 - Wassersensible Stadtgestaltung kann durch die enge Vernetzung der Stadt mit dem Wasserhaushalt dazu beitragen, dass dieser geschont wird. Bild: FG est/Gehrmann

Die Erfahrungen mit extremen Wetterereignissen in den letzten Jahren haben auch in der deutschen Bevölkerung und in der Politik das Bewusstsein für eine Wassersensible Stadtgestaltung erhöht. Auf Bundesebene wurde Anfang 2023 die Nationale Wasserstrategie verabschiedet. Das Konzeptpapier soll den künftigen Umgang mit der Ressource mit einem eigens entwickelten Aktionsplan über viele Sektoren nachhaltig regeln. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) als wichtiger Akteur im Kontext der Wasserver-, bzw. Abwasserentsorgung überarbeitet ihre Regelwerke unter Berücksichtigung einer Kreislaufführung bzw. der Erschließung alternativer Wasserquellen und wasserbewusster Stadtentwicklung.

Im Vorfeld dieser wichtigen Änderungen hatte sich vor allem der Begriff der so genannten Schwammstadt etabliert. Er ist geeignet, die Nachteile der technischen Entwässerungsinfrastruktur zu beschreiben, allerdings schränkt er den Diskurs auch stark ein, da er sich vordergründig mit der Wasserrückhaltung im Kontext von Hochwasserschutz beschäftigt und damit auf einer technischen Ebene verbleibt. Mit Blick auf die kommenden Herausforderungen des Klimawandels und die planerischen Herausforderungen lebenswerter Städte bedarf das damit beschriebene Konzept sicherlich einer Weiterweiterentwicklung, auch wenn die bisherigen Ergebnisse vielversprechend sind.

Forschungsprojekt Resource:Mannheim

In Mannheim entsteht derzeit im Auftrag der GBG Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft eine Wohnsiedlung, die von einem Team aus Architekten, Landschaftsarchitekten und Ingenieuren unter Aspekten der Wassersensiblen Stadtgestaltung geplant wurde. Das Projekt geht einen ersten Schritt in Richtung einer wasserautarken Siedlung. Unter Leitung des Fachgebiets Entwerfen und Stadtentwicklung an der Technischen Universität Darmstadt, die es von Anfang an begleitet hat, findet derzeit mit Mitteln der Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU, AZ: 37431) eine umfangreiche Begleitforschung mit anschließendem Monitoring statt. Daran ist neben Partnern aus Industrie und Wirtschaft auch das Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover maßgeblich beteiligt. Das Forschungsprojekt Resource:Mannheim basiert auf innovativen Wasserkreisläufen, die sowohl ein technisches Grauwasserrecycling abbilden, als auch ein innovatives, gestalterisch integriertes Regenwassermanagement. Dieses ist auf Maximierung der Wasserwiederverwendung ausgelegt sowie auf einen adaptiven Hochwasserschutz. Durch die gestalterische Integration nachhaltiger Wasserkreisläufe und ihre Nutzung zur Landschaftsgestaltung bzw. –pflege spielen vor allem auch die Auswirkungen auf das lokale Mikroklima eine große Rolle bei der Schaffung einer möglichst klimaresilienten Siedlung. Das Wohnungsbauprojekt besteht im Wesentlichen aus zwei Zeilenbauten mit insgesamt 117 Wohneinheiten, die so positioniert sind, dass sie einen nach Süden öffnenden Hof ausbilden. Das Grauwasser aus Duschen, Handwaschbecken und Waschmaschinen der gesamten Wohnanlage wird zentral gesammelt und zunächst im Rahmen einer dezentralen biologischen Abwasserreinigung aufbereitet. Um eine einwandfreie Wasserqualität für die Verwendung als Servicewasser (Betriebswasser) zu erreichen, durchläuft das aufbereitete Wasser im Anschluss eine Ultrafiltrationsmembran mit anschließender UV Desinfektion. Das so aufbereitete Servicewasser wird in einem separaten Kreislauf zurück in die Wohnungen geleitet, wo es zur WC-Spülung und auf freiwilliger Basis auch in der Waschmaschine eingesetzt wird.

Weitere Projektpartner

• GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH, Mannheim

• Gräf Architekten, Kaiserslautern

• K1 Landschaftsarchitekten Kuhn Klapka GmbH, Berlin

• Kocks Consult GmbH, Koblenz

• Tectareal Solutions Rhein Neckar GmbH, Mannheim

Nutzungsbedingt sammelt die Anlage jedoch mehr Grauwasser, als Servicewasser benötigt wird, sodass ein Überschuss generiert wird. Dieser wird zusammen mit anfallendem Niederschlag von den Dachflächen in einem gesonderten Kreislauf einer dreistufigen Teichanlage zugeführt, die das landschaftsarchitektonische Herzstück der Wohnanlage ist (Bild 4).

4 - Lageplan der Anlage ohne Maßstab: Links das Teichsystem bei Trockenheit im Regelbetrieb, rechts mit maximalem Wasserstand während eines Starkregens. Bild: FG est/Gehrmann

Gestalterisch nahtlos in die Freiraumplanung integriert, handelt es sich technisch betrachtet um drei verbundene Wasserbecken, die eine gleichmäßige Durchströmung der Gesamtanlage ermöglichen. Die Rand- und Uferbereiche der Teichanlage sind dabei so gestaltet, dass die eingesetzte Bepflanzung im Regelbetrieb mit, je nach Wetterlage bzw. eingeleitetem Niederschlag, bis um 10 cm schwankenden Wasserständen zurechtkommt (Bild 5).

5 - Theoretische Wasserbilanz im Teichsystem basierend auf meteorologischen Daten für das Jahr 2021. Im Juni, Juli und August sinkt das Wasservolumen bedingt durch die Wasserentnahme zur Bewässerung und füllt sich über den Niederschlagszufluss wieder. Bild: IUP/Wesemann

Im Regelbetrieb hat die Teichanlage eine Speicherkapazität von 138,5 m³. Davon dienen 88,5 m³ als gestalterisch integrierter Pufferspeicher für Niederschlagswasser, das während Trockenphasen zur intelligenten Bewässerung der Vegetation des gesamten Freiraums inklusive eines sehr alten Baumbestandes eingesetzt wird. Die restlichen ca. 50 m³ dienen dem Teichsystem zur Einhaltung einer Mindestwasserführung, die zum Schutz des Teichökosystems nicht unterschritten werden soll. Rein rechnerisch kann bei Vollfüllung der Teichanlage die Vegetation des Freiraums über 42 Tage durchgehend bewässert werden.

Zusätzlich zu den 138,5 m³ Regelvolumen ist die Teichanlage so geplant, dass kurzzeitig weitere 50 m³ aufgenommen werden können. Die entspricht dem Abflussvolumen eines hundertjährlichen Regenereignisses von den angeschlossenen Dachflächen (R100,5). Dieses zusätzliche Teichvolumen ist jedoch in der Bemessung des Bewässerungssystems nicht berücksichtigt, da die Wassermenge aus Sicherheitsgründen verzögert direkt in Rigolen abgeleitet wird (Bild 6).

6 - Schematische Darstellung des den Freiraum gliedernden Wasserkreislaufes Bild: FG est & K1 Landschaftsarchitekten

Neben den technischen Aspekten dieser Anlage im Sinne einer nachhaltigen Wasserkreislaufführung und des Hochwasserschutzes spielen vor allem die sozialen, kulturellen und ökologischen Aspekte eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung. Die gesamte Anlage ist darauf ausgelegt, eine möglichst hohe Aufenthaltsqualität zu sichern, die die Bewohner ans Wasser bringt und das Wasser zu den Bewohnern. Dadurch, dass das Wasser hier ein integriertes, aber zugleich auch integrierendes Gestaltungselement ist, und die Menschen in engen Kontakt mit Wasser und dem Teichökosystem zu verschiedenen Wetterlagen und Jahreszeiten kommen, können mögliche Hemmnisse im Kontext der technischen Wiederverwendung abgebaut werden. Dadurch, dass das Teichsystem ein eigenes Ökosystem ausbildet und ein Großteil des Wassers für Bewässerungszwecke eingesetzt wird, hat das Gesamtkonzept einen begünstigenden Einfluss auf die Biodiversität im Quartier. Durch Verdunstungseffekte wird zudem das Mikroklima positiv beeinflusst.

Auswirkungen der wassersensiblen Freiraumgestaltung auf das Mikroklima

Im Rahmen der Begleitforschung des DBU-Projekts wurde durch das Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover eine Mikroklimamodellierung mit der hochauflösenden 3D-Modellierungssoftware ENVI-met (Version 5.1 und 5.5) durchgeführt. Die Software ist in der Lage, komplexe mikroklimatische Prozesse präzise zu simulieren und ermöglicht dadurch detaillierte Einblicke in den Einfluss von städtebaulichem Design auf die lokale Hitzeentwicklung.

Das Ziel der Modellierung bestand darin, die Auswirkungen der Wassersensiblen Stadtgestaltung auf das Mikroklima anhand des Wohnbauprojektes zu analysieren. Dazu wurde das vollständig mit Wasser gefüllte Teichsystem mit der geplanten Bepflanzung sowie dem aktuellen Baumbestand (Planungszustand) simuliert und mit dem Simulationsergebnis einer Nullvariante mit einem versiegelten Innenhof ohne Bäume und Wasserflächen (Tabelle 1 für die Modellparameterisierung beider Zustände) für einen heißen, wolkenlosen Tag verglichen (Tabelle 2).

Bild: HUSS-MEDIEN GmbH

Modelliert wurde für beide Zustände die Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET), die der Bewertung der thermischen Behaglichkeit dient (für einen ruhig sitzenden Menschen mit üblicher Innenraumbekleidung stellt sich bei einer PET von etwa 20 °C eine optimale Behaglichkeit ein).

Bild: HUSS-MEDIEN GmbH

Im Vergleich mit dem Planungszustand war die modellierte gefühlte Temperatur (PET) zum ausgewerteten Zeitpunkt um 13 Uhr insbesondere im Schatten der Bäume deutlich geringer, wie in Bild 7 zu sehen ist. Im Bereich der Wasserbecken insbesondere im Norden, wo noch mehr Bäume stehen, sinkt die gefühlte Temperatur laut der Modellrechnungen in diesem Vergleich um bis zu 25 K.

7 - Modellierte Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET) im Planungszustand (links) im Vergleich zur PET-Differenz zwischen Nullvariante und Planungszustand (rechts) Bild: IUP/Wesemann

Die Sand-, Rasen- und Holzflächen im Westen verringern die PET im Vergleich zum asphaltierten Zustand der Nullvariante um bis zu 5 K. Aufgrund des Sonnenstands im Südwesten und dem daraus resultierenden Schattenwurf der Gebäude und Bäume variiert das Ergebnis. Mit der geplanten bedarfsgerechten Bewässerung durch aufbereitetes Servicewasser und Regenwasser wird der Erhalt und ein dichtes Pflanzenwachstum im Freiraum sichergestellt. Dies führt zur gewünschten Kühlwirkung durch die Vegetation und wird diese im Laufe der Zeit noch verstärken. Die hier präsentierten Modellierungsergebnisse sind vorläufig.

Entlastung des Kanalsystems

Zur Analyse der Regenwasserrückhaltung wurden weitere Simulationen mit der hydrodynamischen Modellierungssoftware Storm Water Management Model (SWMM, Version 5.2) durchgeführt. Das Ziel bestand darin, die durch das Teichsystem ermöglichte Entlastung des Kanalsystems im Quartier bei Starkregen zu bewerten. Dazu wurde der Zustand vor dem Bau des Projekts, bei dem das Regenwasser der versiegelten Bestandsflächen vollständig in das Kanalsystem eingeleitet wird, mit dem Planungszustand mit vollständiger Rückhaltung vor Ort verglichen. Es wurde ein hundertjähriges Regenereignis mit einer Dauer von 10 min simuliert.

8 - Modellabbildung des Entwässerungsmodells mit Berücksichtigung des Teichsystems (Waterbasin) und Darstellung der Kanalfüllgrade für den simulierten Planungszustand. Rechts: Modellierte Durchfluss- und Abflussvolumenreduktion im Abwasserkanalsystem

Die Einzugsgebietsfläche des Projektgebietes beträgt 0,62 ha, im Vergleich zur Gesamtfläche aller Einzugsgebiete des Straßenzuges von 1,88 ha. Dabei ergab sich eine Abflussvolumenreduktion von >36 % (Bild 8) und somit eine signifikante Entlastung des Kanals für den modellierten Kanalabschnitt.

Das Konzept verdeutlicht die Vorteile der Retention vor Ort und ist auf andere Orte übertragbar. Es zeigt, wie städtischen Herausforderungen wie dem Hitzeinseleffekt und Starkregen entgegengewirkt werden kann.

Weitere Informationen/Links

• DBU Website: www.dbu.de/ projektbeispiele/resource-mannheim-regen- und-grauwassermanagement/

• Technische Universität Darmstadt, Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung (PL)

• Prof. Dr. Annette Rudolph-Cleff www.stadt.architektur.tu-darmstadt.de

• Leibniz Universität Hannover, Institut für Umweltplanung

• Prof. Dr.-Ing. Jochen Hack www.umwelt.uni-hannover.de

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Ausgabe 2/24 des fbr – wasserspiegel (Zeitschrift des Bundesverbandes für Betriebs- und Regenwasser e. V.)

Prof. Dr. Jochen Hack

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Manuel Wesemann

Manuel Wesemann

Dr.-Ing. Architekt Simon Gehrmann

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Innovative Klimawandelanpassung mit Regen- und Grauwassermanagement
Seite 33 bis 39
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