Statistiken zeichnen eingetrübtes Bild
Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) hat Ende Juli seine Absatzstatistik für das komplette 1. Halbjahr 2024 vorgelegt. Zentrales Ergebnis: Die Hersteller setzten 43 % weniger Wärmeerzeuger ab als im gleichen Zeitraum des Rekordjahres 2023.
Noch im Mai 2024 lag der Gesamtabsatz der Wärmeerzeuger im deutschen Markt bei einem Minus von 35 %. Die jetzt vom BDH vorgelegten Zahlen machen deutlich, dass sich die negative Entwicklung zur Jahreshälfte noch einmal verschärft hat. Damit bewegt sich der Markt nach vier Jahren des Wachstums und insbesondere nach dem von Sondereffekten geprägten Rekordjahr 2023 wieder auf einem langjährigen Absatzniveau aus den Zeiten vor 2020.
In diesem Zusammenhang verwundern die Zahlen der aktuellen Erhebung des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks Zentral-Innungsverband ZIV e. V. aus dem Jahr 2023 nicht. Über 81 % der wiederkehrend messpflichtigen Ölfeuerungsanlagen (etwa 3,2 Mio.) und etwa 65 % der Gasfeuerungsanlagen (ca. 3,7 Mio.) sind älter als 20 Jahre. 1,67 Mio. Ölkessel und 1,64 Mio. Gasgeräte sind sogar 30 Jahre alt und älter. Nicht mitgerechnet werden kleinere Einzelraumheizgeräte, Kleinwasserheizer und dergleichen, die nicht messpflichtig sind und somit nicht flächendeckend statistisch erfasst werden. Es gibt also eine Dunkelziffer, die Schlimmeres erahnen lässt.
Etwas hoffnungsvoller sieht es beim diesjährigen Eingang der Anträge zur Heizungsförderung bei der KfW aus, die am 27.02.2024 startete. Per 31.07.2024 gab es von der Kreditanstalt für Wiederaufbau Zusagen für rund 77.600 Zuschussanträge mit einem Volumen von rund 1,1 Mrd. Euro.
Die Nachfrage entwickelte sich im zweiten Quartal mit rund 5.000 Zusagen pro Woche recht positiv. Bis Ende Mai hatte die Kreditanstalt rund 34.000 Zuschussanträge zum Umstieg auf klimafreundliche Heizungssysteme nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zugesagt.
Häusliche Energiewende kommt nur bei PV in Fahrt
Als weiterer Lichtblick kann die Entwicklung bei der Installation von Photovoltaikanlagen bezeichnet werden. Im April 2024 waren in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) vom 29.07.2024 gut 3,4 Mio. Photovoltaikanlagen auf Dächern und Grundstücken installiert. Das entspricht einer Steigerung um 29,8 % im Vergleich zum April des Vorjahres. Damals gab es laut Destatis knapp 2,7 Mio. Anlagen in Deutschland. Das Statistische Bundesamt mit Sitz in Wiesbaden erfasst allerdings nur Anlagen, die in die Netze der öffentlichen Versorgung einspeisen und über einen Stromzähler verfügen, der die eingehenden Strommengen misst. Kleinere Anlagen, etwa die sogenannten Balkonkraftwerke, erfasst das Bundesamt nicht.
Laut Umfrage des Bundesverband Solarwirtschaft e. V. (BSW) ist ein Ende des Booms nicht abzusehen. Demnach ist die Investitionsbereitschaft bei Unternehmen, die ihre Firmendächer mithilfe der Solarenergie elektrifizieren wollen, und auch bei Privathaushalten grundsätzlich weiter hoch. Von den Immobilieneigentümern, die über geeignete Dächer, aber noch keine Solaranlage verfügen, ist der Umfrage zufolge mehr als jeder zweite private Immobilienbesitzer und mehr als jedes zweite Unternehmen an einer Solarstromanlage interessiert.
Leider kann die thermische Solartechnologie von diesem Trend nicht profitieren. Im Jahr 2023 installierte die Solarthermie-Branche in Deutschland nur rund 51.000 neue Anlagen mit einer Kollektorleistung von insgesamt gut 263 MW. Im Jahr 2022 waren es noch etwa 91.000 Einheiten mit einer Gesamtleistung von knapp 500 MW. Dies haben die Branchenverbände BDH und BSW mitgeteilt. Sie führten den Marktrückgang seinerzeit auf die Verunsicherung rund um das Gebäudeenergiegesetz zurück und sahen für das Jahr 2024 eine Erholung der Absatzzahlen voraus. Aus der aktuellen BDH-Absatzstatistik für das 1. Halbjahr 2024 ergibt sich allerdings ein erneuter Absatzrückgang um 50 % auf etwa 120.500 m² Kollektorfläche.
Verunsicherung der Konsumenten und andere Prioritäten
In einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen aus dem Mai 2023 beurteilten noch 56 % der Bundesbürger die Auflagen der Bundesregierung zum Einbau neuer Heizungen zur Erreichung der Klimaziele als positiv /1/. Seitdem ist leider viel Unsicherheit gestreut worden, die die Investitionsfreudigkeit in Sachen Heizungstechnik nicht gerade beflügelt. Trotzdem wird klar, dass die Deutschen zwar gern die mangelhafte Infrastruktur ihres Staates beklagen, Immobilienbesitzer aber relativ ungern in ihre eigene Wärmeversorgung investieren. Es gibt viel Unwissenheit und Vorbehalte zur aktuellen Fördersituation sowie echte Horrorstories zur Preisfindung im SHK-Handwerk. (Dem Autor dieser Zeilen liegt beispielsweise eine Offerte vor, die 5.500 Euro für ein Fundament ausweist, das für die Außeneinheit einer häuslichen Wärmepumpe vorgesehen ist). Darüber hinaus wird auch gern eine Ausrede genutzt, die der zuständige Schornsteinfegermeister mit seiner Immissionsschutzmessung häufig frei Haus mitliefert: „Die Abgaswerte ihrer Heizung sind ja noch top – warten Sie doch erst einmal ab“. Ob die „Schwarze Zunft“ ihrer Beratungspflicht in diesem Zusammenhang immer vollumfänglich nachkommt, darf in vielen Fällen bezweifelt werden.
Die Heizungsbetreiber nehmen es scheinbar gelassen und ihre Investitionsfreude – um wirklich etwas für den Umweltschutz zu tun – hält sich aufgrund dieser Szenarien sehr in Grenzen.

Ausgaben für Reisen und Freizeit steigen
Weder die Energiepreise noch die Klimakrise oder die Inflationsangst können hingegen die Reiselust der Bundesbürger trüben – im Gegenteil. Im vergangenen Jahr gaben die Deutschen fast 87 Mrd. Euro für Urlaub aus– mehr als je zuvor /2/. Das sind im Schnitt rund 7 % des Haushaltsnettoeinkommens, besagt ein Ergebnis der Reiseanalyse 2024, bei der Marktforscher seit mehr als einem halben Jahrhundert das Urlaubsreiseverhalten hierzulande analysieren. Diese Tendenz setzt sich auch im laufenden Jahr ungebremst fort. Allein im 2. Geschäftsquartal 2024 verreisten 2,8 Mio. Gäste mit Reisekonzern TUI; das sind 14 % mehr als im Vorjahr. Im Ranking der umsatzstärksten Märkte für Kreuzfahrten /3/ belegt Deutschland weltweit den zweiten Platz. Nur in den USA generiert die Branche höhere Umsatzerlöse pro Jahr. Rund 3,7 Mio. Personen aus Deutschland unternahmen im Jahr 2023 eine Kreuzfahrt.
Fazit
Es scheint eine typisch deutsche Mentalität zu sein, die Schuld bei Behörden, Politik oder Staat zu suchen, wenn Defizite in der (Um)Welt erkennbar werden; sich selbst aber als völlig losgelöst von dieser Situation zu betrachten. Die amtierende Bundesregierung hat mit dem GEG und den folgenden Diskussionen zur Fördersituation im BEG sicherlich Fehler gemacht, aber jetzt ist es an uns aus der Fachbranche, dieses Szenario ins Positive zu drehen. Grundsätzlich sind die Bundesbürger für die Wärmewende zu gewinnen, aber es braucht noch eine wesentlich bessere Motivation zum Austausch der Oldtimer in deutschen Heizungsräumen. Geld allein spielt dabei scheinbar nicht die alles entscheidende Rolle – das zeigt uns das Freizeit- und Konsumverhalten allzu deutlich. Die etablierten Branchenverbände (BDH, BWP, BSW, ZVSHK und ZIV) sollten sich umgehend auf eine breit angelegte Informationskampagne verständigen, um den Sanierungsstau in der Wärmeversorgung endlich aufzulösen. Auf das Bundeswirtschaftsministerium sollten sich die Verantwortlichen dabei besser nicht verlassen.
Literaturhinweise
/1/ Politbarometer II Mai 2023: kurzlinks.de/vnnw
/2/ Reiseanalyse 2024: kurzlinks.de/9hqz
/3/ statista.de: kurzlinks.de/5ynb
Dieter Last

Anhang | Größe |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 240.8 KB |
· Artikel im Heft ·