Heizung und Warmwasser schließen sich zusammen
Mit mehr als 7.500 Wohnungen gehört die Bauverein Halle & Leuna eG zu den größten Vermietern in Sachsen-Anhalt und bietet Wohnraum für die unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen. Das Unternehmen ist sich seiner Verantwortung bewusst und erneuert seine Immobilien laufend energetisch.
Eines der Vorzeigeobjekte ist ein sechsstöckiges Mehrfamilienhaus mit 109 Wohnungen in der Mark-Twain-Straße in Halle (Saale). Zur runderneuerten Haustechnik im Bereich die Trinkwasserinstallation gehört ein intelligentes Zirkulationsregelsystem samt smarter Überwachung von GF Piping Systems.
Zur weiteren Optimierung der Gebäudetechnik wurde zudem von der Berliner Firma Perto eine digitale Lösung in Form einer IoT-Plattform eingebracht, das auch die Heizungsanlage effizient steuern kann und für die Überwachung, vorausschauende Wartung, Steuerung und Optimierung des Energieverbrauchs zuständig ist.
Eigentlich ist das 1976 fertiggestellte Haus im Westen von Halle in einem sehr guten Zustand – die Warmwasserversorgung erfolgt zentral über zwei parallele Warmwasserspeicher. Im Zuge einer Strangsanierung wurden im Jahr 1996 außerdem Abgleichventile verbaut, um die Zirkulationsstränge zu regulieren. Mit Blick auf die Zukunft und im Sinne eines energieeffizienten und modernen Wohngebäudebetriebs bestand für den Bauverein jetzt doch Handlungsbedarf: Der hydraulische Abgleich der Wasserversorgung über die sechs Stockwerke stellte eine große Herausforderung dar. Es kam regelmäßig zu einer Über- oder Unterversorgung der Zirkulationsstränge. Und bisher hatte jede der 109 Wohneinheiten einen eigenen Wärmezähler. Die Einregulierung und Dokumentation war damit sowohl zeit- als kostenaufwändig. Die Sanierung sollte daher für eine sichere Verteilung und transparente Überwachung von Kalt- und Warmwasser sorgen.
Die Lösung fand der Bauverein in einem auch nachträglich einfach in die Bestandsanlage integrierbaren Zirkulationsregelsystem. Dieses besteht dabei aus einer zentralen Steuereinheit (Master) und bis zu 50 elektrischen, vernetzten Ventilen inklusive Temperatursensoren. Damit lässt sich der Betrieb der Trinkwasseranlage automatisch anhand von Daten steuern, protokollieren, auswerten und optimieren. Mit seinem automatischen hydraulischen Abgleich bietet es zudem das Potenzial zur deutlichen Aufwandsminimierung bei der Einhaltung der gesetzlichen Betreiberpflichten.

Für den Bauverein Halle & Leuna eG resultiert die Sanierung in einem niedrigeren Wartungsaufwand. Mit einer cloudbasierten Fernzugriffslösung können mehrere Liegenschaften aus einer Zentrale heraus überwacht. visualisiert und optimiert werden. Die digitale Unterstützung alarmiert bei Abweichungen per E-Mail und SMS, so dass sich Probleme schnell und effizient lösen lassen.

Zwei Systeme auf einer gemeinsamen Plattform
„Nach der Auswertung der Daten, die vom intelligenten Zirkulationsregelsystem gewonnen werden, sank der Energieverbrauch an verschiedenen Bereichen erfolgreich. So konnte aufgrund der fundierten Datengrundlage die Temperatur des Warmwasserspeichers von 62 auf 60°C reduziert werden, bei gleichbleibend hohen Hygienestandards. Das Hycleen Automation System und pertoIOTA überwachen zusammen alles rund um die Uhr und reduzieren die Wartungskosten sowie den Energieverbrauch erheblich“, erklärt Sebastian Westphal, Projektleiter Gebäudetechnik bei Bauverein Halle & Leuna EG. In Zusammenarbeit mit dem Partner perto gelang es, jetzt noch einen Schritt weiter zu gehen.
Das Warmwasser und die Heizung werden durch den Anschluss an das Fernwärmenetz sichergestellt. Die Regelung steuert die Vorlauftemperatur für das Frischwasser und die Heizung. Es sind vier Pumpen verbaut – zwei für die Heizung und zwei für das Trinkwasser. Die modernen Hocheffizienzpumpen wurden auf die Gebäudeleittechnik aufgeschaltet und können so vom perto IOT-System automatisiert gesteuert werden. Das ermöglicht eine bedarfsgerechte Optimierung. Da mit den Pumpen und weiteren Sensoren für Vor- und Rücklauftemperaturen auch das Trinkwassersystem überwacht wird, konnte so auf zwei Wegen energetisch optimiert werden. Alle Daten werden auf einer Plattform zentral zusammengefasst und können so ideal analysiert und genutzt werden.
Zur Gebäudetechnik der Zukunft gehört die intelligente Heizung
pertoIOTA überwacht und erkennt Fehler im System als Teil der vorausschauenden Wartung. Dies führt zu erheblichen Einsparungen bei den Wartungskosten und vermeidet den Ausfall der Heizungsanlage. Neben der Überwachung bietet das System Lösungen zur Energieeinsparung, die mittels Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) die Betriebsparameter der Pumpe bewerten und den Energieverbrauch optimieren.
Als Referenzpunkt wurde die am weitesten von der Fernwärmeanschlussstation entfernt befindliche Wohnung des Gebäudes ausgewählt. Abhängig von der Außentemperatur und des Referenzpunktes im Gebäude prognostiziert pertoIOTA die Pumpenparameter mithilfe von Deep Learning und passt die Versorgung entsprechend an. Auf diese Weise sorgt das System für eine effiziente Wärmeversorgung und verhindert gleichzeitig eine Unterversorgung der Wohnungen.
Einsparpotenziale eindrucksvoll aufgezeigt
Mit Beginn der Heizsaison am 1. Oktober 2022 begann die Analyse der Nutzungsmuster. Dabei wurde u.a. festgestellt, dass die Heizungsanlage mit einer Vorlauftemperatur von 35 °C läuft, auch wenn keine Heizung erforderlich ist. Die Daten im außergewöhnlich warmen Oktober 2022 zeigen, dass die Vorlauftemperatur konstant bei 35 °C blieb, während die Außentemperatur etwa 18 °C betrug. Gleichzeitig lag die Differenz von Vor- und Rücklauftemperatur bei nahezu 0 K. Dies zeigt, dass die Wärme überhaupt nicht verbraucht wird und daher keine Heizung erforderlich ist, so dass die Pumpe ausgeschaltet oder der Durchfluss reduziert werden könnte. Diese Optimierung kann zu Einsparungen von etwa 18–22 % führen.

Auch bei deutlich kälterem Wetter ergeben sich Einsparpotenziale. Bei der Analyse der Daten vom November wurde festgestellt, dass die Temperaturdifferenz auch an sehr kalten Tagen bei etwa 4–6 K bleibt, was auf eine ineffiziente Wärmeversorgung hinweist. Eine solch geringe Differenztemperaturspanne bedeutet, dass die Wärme nicht effizient genutzt wird: Es wird mehr Wärme in das Gebäude gepumpt als notwendig.
Durch die Optimierung der Differenztemperatur ist das Gebäude in der Lage, den größten Teil der zugeführten Energie zu nutzen und somit den Bedarf an mehr und längerer Energiezufuhr zu reduzieren. Diese Maßnahme kann bis zu 30 % des Energieverbrauchs einsparen.
Nach Auswertung der aktuellsten Messergebnisse vom 02.01.2023 bis zum 12.02.2023 konnte folgendes festgestellt werden: Der Energieverbrauch betrug 79.131,58 kWh bei einem prognostizierten Verbrauch von 91.515,37 kWh. Die Energieeinsparung beläuft sich somit auf 12.383,79 kWh bzw. 13,53 %.

Die Macht der Daten und Digitalisierung für eine klimafreundlichere Zukunft nutzen
Insbesondere bei älteren und mittelgroßen Gebäuden kann eine moderne Gebäudeleittechnik eine große Rolle beim Betrieb der Energiesysteme einnehmen, da diese einfach, schnell und kostengünstig installiert und betrieben werden kann. Durch die kontinuierliche Überwachung und den regelmäßigen Fluss der benötigten Energie erweist sich die Gebäudeleittechnik als wichtiger Ansatzpunkt, um eine ausreichende Energieversorgung der Mieter zu gewährleisten und Beschwerden zu vermeiden. Das ist ein Schlüssel für die Reduzierung von CO2-Emissionen im Gebäudesektor und einen nachhaltigeren sowie kosteneffizienteren Wohnbetrieb der Zukunft.
Lars Litzinger

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