Mehr Stabilität und Verlässlichkeit in Bauprojekten mit digitalen Technologien und Prozessen
Die Baubranche hat Nachholbedarf bezüglich der Digitalisierung operativer Prozesse und der Anwendung digitaler Lösungen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PwC) /1/. Die Hälfte der Befragten befindet zwar subjektiv, dass der Digitalisierungsgrad in der deutschen Bauwirtschaft hoch ist. Im Vergleich zu 2022 hat sich jedoch die Diskrepanz zwischen den eigenen Fähigkeiten und den Möglichkeiten die digitale Lösungen eröffnen, stetig vergrößert. Neun von zehn Unternehmen sehen die Ursachen im fehlenden Fachwissen über die Nutzung digitaler Lösungen sowie im Fachkräftemangel.
Immer mehr geplante oder bereits im Bau befindliche Projekte sind nicht mehr kostendeckend und werden abgesagt. Insolvenzen in der Branche nehmen zu. Als Hauptgründe werden Rekordinflation, der anhaltende Ukraine-Krieg und auch der Klimawandel genannt. Der PwC-Studie zufolge befassen sich mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen mit Nachhaltigkeitsstrategien. Dennoch besteht auch im Nachhaltigkeitssektor größerer Handlungsbedarf bezüglich der Etablierung geeigneter Strategien.
Wandel in der Baubranche vorantreiben
Geopolitische Entwicklungen, die Volatilität von Preisen sowie zunehmender Kostendruck und anhaltender Fachkräftemangel machen die Nutzung agiler Methoden, die besser an die komplexen Arbeits- und Lieferprozesse angepasst sind, wichtiger denn je. Dennoch geht die Digitalisierung der Baubranche nur schleppend voran. Eine diesbezügliche Studie, die im Rahmen des vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geförderten Projekts Digital Construction Management durchgeführt wurde, benennt einige wesentliche Herausforderungen /2/. Neben technischen, finanziellen und strukturellen Schwierigkeiten werden im Bereich Personal der Personalmangel, unzureichendes Wissen der Mitarbeitenden sowie fehlende Akzeptanz und Motivation hervorgehoben. In der Praxis kämpft man nach wie vor gegen die Abwanderung von Fachkräften und eine unzureichende Nachwuchssicherung.
Die Einführung agiler Methoden kann bei der Effizienz und den Kosten von Bauprojekten positive Effekte erzielen. Um sie erfolgreich in den Arbeitsalltag zu integrieren, müssen aber die Mitarbeitenden eines Unternehmens in die Abläufe integriert werden. Es nützt wenig, digitale Tools bereitzustellen, wenn die Motivation der Beteiligten fehlt, diese auch in der Praxis anzuwenden. Deren Bereitschaft, kollaborativ und ergebnisorientiert mitzuwirken, erhöht sich signifikant, wenn ein regelmäßiger Austausch stattfindet und sich Anwendungen zudem leicht und auch auf der Baustelle bedienen lassen. Transparenz und ein unkomplizierter Datenfluss sind hier Schlüsselfaktoren.
Digitale Projektabwicklung und Lean Management
Mit dem Lean Management Prinzip wird das zentrale Ziel verfolgt, Verschwendung zu eliminieren und Arbeitsprozesse effektiv und effizient zu gestalten. Es hat sich in den letzten Jahrzehnten in vielen Branchen durchgesetzt.
Glenn Ballard, Professor an der University of California und Mitgründer der International Group for Lean Construction, entwickelte mit dem Last Planner®-System bereits in den 1980er-Jahren die Basis für ein Lean Management im Architektur-, Ingenieur- und Bauwesen (AEC). Das kollaborative Produktionsmanagementsystem verbessert Zuverlässigkeit und Vorhersagbarkeit der Bauprozesse.
Digitale Lösungen, die auf dem Last Planner-Prinzip basieren, bilden alle Prozesse wie Lieferungen und Baufortschritte transparent und in Echtzeit digital ab. Vor Ort auf der Baustelle und von jedem anderen Ort aus. So werden die Arbeitsprozesse optimal koordiniert und lassen sich kurzfristig anpassen.
Das Ergebnis: Die Kommunikation und Kooperation aller Baubeteiligten wird gefördert, Arbeitspakete werden kontinuierlich abgearbeitet und stauen sich nicht zum Projektende hin auf. Die Produktivität steigt signifikant.
Agiles Projektmanagement as a Service
Der Nutzen bei der Anwendung digitaler Projektsteuerung mit integrierten Lean-Methoden liegt in der Vereinfachung der kontinuierlichen Prozessbestätigung und dem Fortschreiben des Terminplans. Aufgaben und Arbeitsfortschritte werden von überall aus im Blick behalten. Abweichungen sowie Verzögerungen sind unmittelbar sichtbar und werden dank kurzzyklischem Abweichungsmanagement einfach dokumentiert sowie mit entsprechenden Maßnahmen entgegengesteuert. Bauleiter:innen werden so auch in Großprojekten effizient unterstützt. Zudem ist es für Unternehmen wichtig, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, der Fachkräfte anziehen und halten kann. Dazu gehört nicht nur ein modernes Arbeitsumfeld und fortschrittliche Arbeitsmethoden, sondern auch eine Unternehmenskultur, die Veränderungen begrüßt und Innovation fördert.
Quellen
/1/ Die Bauindustrie in anspruchsvollen Zeiten: Geopolitik, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Eine PwC-Studie zum Umgang der Baubranche mit den aktuellen Herausforderungen, Februar 2023, kurzelinks.de/hx9v
/2/ Digitalisierung der Baubranche, Studie 2023 von Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE, Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM, Science and Innovation Alliance Kaiserslautern e.V., buildingSMART Deutschland e.V., https://kurzelinks.de/u61a
Jeanine Lefering
Anhang | Größe |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 207.84 KB |
· Artikel im Heft ·