Wirtschaft

Weniger Weiterbildung trotz höheren Bedarfs

Während der Corona-Krise brach die betriebliche Weiterbildung trotz steigenden Bedarfs an digitaler Kompetenz in vielen mittelständischen Unternehmen drastisch ein.

20 % der deutschen KMU reduzierten die Weiterbildung im Unternehmen krisenbedingt auf Null. Foto: stock.adobe.com/ijeab
20 % der deutschen KMU reduzierten die Weiterbildung im Unternehmen krisenbedingt auf Null. Foto: stock.adobe.com/ijeab

38 % der kleinen und mittleren Unternehmen haben die Weiterbildungsaktivitäten für ihre Belegschaft reduziert, gut jedes zweite davon (20 %) auf null. Das zeigt eine neue Analyse von KfW Research auf Basis des repräsentativen KfW-Mittelstandspanels. Da bei weiteren 29 % der Mittelständler im Jahr 2020 unverändert keine Fortbildung durchgeführt wurde, lag die Weiterqualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im vergangenen Jahr bei der Hälfte aller mittelständischen Firmen auf Eis – das sind rund 1,89 Mio. Unternehmen.
 
Der wesentliche Grund liegt auf der Hand: In der Krise geht es für viele Unternehmen um akute Existenzsicherung. Daher haben kurzfristige Stabilisierungsmaßnahmen Vorrang. Zudem fehlt es durch Umsatzrückgänge oftmals an den notwendigen Finanzmitteln für Weiterbildungsausgaben. Hinzu kommen fehlende Planungskapazitäten und unsichere Zukunftsaussichten – auch hinsichtlich des Personals. Dementsprechend ist der Rückzug aus der Weiterbildung bei Unternehmen umso ausgeprägter, je stärker die Betroffenheit durch die Corona-Krise ist. Von den mittelständischen Firmen, die sich in ihrer Existenz bedroht sehen (25 %), stellte jedes zweite die Weiterbildung im vergangenen Jahr ein.
 
Zusätzlich zu diesem Nachfrageschock verursacht die Corona-Pandemie auch einen Angebotsschock: Fortbildungen finden normalerweise weit überwiegend als Präsenzveranstaltung statt – was nur schwer mit dem Infektionsschutz vereinbar ist. Digitale Weiterbildungsangebote lassen sich nicht ohne Weiteres beliebig ausweiten. Zudem haben sie neben dem großen Vorteil räumlicher und zeitlicher Flexibilität auch Nachteile, die sich als Teilnahmehürde erweisen können: Digitale Formate setzen ein gewisses Maß an technischer Ausstattung, Medienkompetenz und Eigenmotivation voraus.

Hoher Bedarf an Digitalkompetenzen durch Krise

Der Bedarf an Weiterbildung besteht aus Sicht der Unternehmen in der Krise allerdings nahezu unverändert fort. Auf einem Gebiet ist der Weiterbildungsbedarf im Jahr 2020 sogar kräftig gestiegen, wie die KfW-Befragung belegt: bei den Digitalkompetenzen. Knapp die Hälfte der mittelständischen Unternehmen (46 %) hat hier zu Beginn des Jahres 2021 mittleren oder großen Bedarf – und damit mittlerweile mehr als bei den berufsfachlichen Kernkompetenzen (44 %) oder jedem anderen Thema.

Die Fähigkeiten, die sich hinter dem Begriff „Digitalkompetenzen“ verbergen, erstrecken sich von der Bedienung von Computern/Tablets und Standardsoftware, dem Umgang mit sozialen Medien über Spezialsoftware und digitale Produktionsmaschinen bis hin zu Programmierkenntnissen und ‚Data Science‘. In der Krise rücken vor allem die grundlegenden, relativ kurzfristig zu erlernenden Digitalkompetenzen in den Vordergrund.
 
„Die betriebliche Weiterbildung wurde im Jahr 2020 durch die Corona-Krise hart ausgebremst, weil es vielen Unternehmen an Geld, Zeit und Planungssicherheit mangelt. Kurzfristige Maßnahmen zur Stabilisierung von Umsatz und Liquidität haben Vorrang. Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive ist das eine Herausforderung, vor allem, weil wir uns mitten im digitalen Strukturwandel befinden“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Fehlende Kompetenzen der Beschäftigten sind eine der größten Hürden der Digitalisierung im Mittelstand. Schon vor der Krise hatte ein Drittel der Unternehmen Engpässe bei Digitalkompetenzen. Ohne eine erhebliche Steigerung der Weiterbildungsaktivitäten – am besten noch während der Krise – wird die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands Schaden nehmen“, so Köhler-Geib. Die Unternehmen seien mehr als zuvor auf Unterstützung bei der Weiterbildung angewiesen. „Hierzu könnte neben Förderkrediten und Kostenerstattung auch eine steuerliche Förderung von Weiterbildungsausgaben gehören, die Humankapitalinvestitionen analog zu Sachinvestitionen behandelt und Abschreibungen ermöglicht.“

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