Projekt

Hybrider Energiespeicher Krankenhaus

In vielen deutschen Krankenhäusern stehen Anlagen, die die Einbindung erneuerbarer Energien fördern und kurzfristige Strompreisschwankungen nutzen könnten. Die Potenziale hat ein Forschungskonsortium untersucht.

Schema des im Projekt »Hybrider Energiespeicher Krankenhaus (HESKH)« entwickelten Optimierungsmodells. Quelle: Fraunhofer UMSICHT
Schema des im Projekt »Hybrider Energiespeicher Krankenhaus (HESKH)« entwickelten Optimierungsmodells. Quelle: Fraunhofer UMSICHT

Wie hoch das Potenzial der Lastverschiebung konkret ist, haben das Fraunhofer UMSICHT, die Stadtwerke Bochum GmbH und das Evangelische Krankenhaus Hattingen im Projekt "Hybrider Energiespeicher Krankenhaus (HESKH)" untersucht. Eines ihrer Ergebnisse: Wenn alle KWK-Anlagen, die aktuell in Krankenhäusern eingebaut sind, flexibel betrieben werden sowie die Fahrweise nach den Marktpreisen für Strom optimiert wird, liegt – grob geschätzt – ein Lastverschiebepotenzial von etwa 300 MW für positive und 200 MW für negative Flexibilität vor.

Das Projekt startete im Oktober 2018 mit dem Ziel, Potenziale für Lastverschiebungen in Krankenhäusern und ihre wirtschaftlichen Vorteile für die Krankenhäuser zu ermitteln. "Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Prognose des Wärmebedarfs, der eine wichtige Rolle bei der vorausschauenden Optimierung des Anlageneinsatzes spielt", sagt Dr. Anne Hagemeier vom Fraunhofer UMSICHT.

Energieverbräuche im Krankenhaus verstehen und Einsparpotenziale aufdecken

In einem umfangreichen Monitoring wurden über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr die Wärme- und Kältemengen im Evangelischen Krankenhaus Hattingen gemessen und durch Kurzzeitmessungen einzelner Stromverbraucher und Abteilungen ergänzt. Die Ergebnisse flossen in verschiedene, im Projekt erstellte Modelle ein und erlaubten es, die Zusammensetzung der Energieverbräuche zu verstehen und Einsparpotenziale aufzudecken. Gleichzeitig konnten durch eine Simulation von Energieverbrauch und -versorgung Möglichkeiten zum Energiesparen und zur Kostenreduktion aufgezeigt werden.

"Es zeigte sich, dass – wenn die Nennlast des Blockheizkraftwerkes (BHKW) des Krankenhauses die Grundlast übersteigt und thermische Speicher vorhanden sind – Flexibilität bereitgestellt und wirtschaftliche Vorteile erzielt werden können. Auch, wenn ein konstanter Strompreis verwendet wird", so UMSICHT-Wissenschaftler Sebastian Berg. "Gehen wir von einem dynamischen Stromtarif aus, der sich an dem Börsenstrompreis orientiert, können die Stromkosten zusätzlich um bis zu 15 Prozent reduziert werden. Die Stromerzeugung mit dem BHKW erfolgt dann vorzugsweise zu Zeiten, in denen die Strompreise hoch sind."

Den vorausschauenden Betrieb mit Hilfe von Prognosemodellen in der Praxis umsetzen

Um den vorausschauenden Betrieb in der Praxis umzusetzen, ist die Prognose von Rahmenbedingungen notwendig. Dazu gehören die Energiebedarfe (Strom, Wärme etc.), die Preisen für deren Ein- und Verkauf sowie nicht-steuerbare Eigenerzeugungen (Photovoltaik, Solarthermie). "Um eine hohe Prognosegenauigkeit zu erzielen, haben wir u.a. auf Basis künstlicher neuronaler Netze unterschiedliche Prognosemodelle erstellt und anschließend simulativ getestet", beschreibt UMSICHT-Wissenschaftler Malte Stienecker das Vorgehen. "Dabei konnten wir feststellen, dass die Prognoseabweichungen zwar zum Teil durch den thermischen Speicher des Krankenhauses ausgeglichen werden konnten, jedoch regelmäßig Anpassungen am ursprünglichen Anlagenfahrplan, der mit den prognostizierten Daten erstellt wurde, notwendig waren, um auch den tatsächlich auftretenden Wärmebedarf zu decken."

Welche Mehrkosten dadurch im Betrieb anstehen, hängt sowohl von der Größe der Abweichung als auch von ihrem Zeitpunkt ab. So waren vor allem in den Wintermonaten vermehrte Fahrplananpassungen notwendig. Zu dieser Zeit laufen allerdings – aufgrund des höheren Wärmebedarfs – die Spitzenlastkessel, die kurzfristig und ohne Beeinträchtigung der Stromseite ihre Wärmeerzeugung anpassen können. Anders in den Sommermonaten: Dann nutzt das Krankenhaus ausschließlich das BHKW zur Wärmeversorgung, so dass sich Fahrplananpassungen stärker auswirken, weil z.B. mehr Strom eingekauft werden muss.

Lastverschiebungspotenziale deutscher Krankenhäuser

Die Projektergebnisse sind sowohl auf andere Krankenhäuser als auch auf Gebäudetypen mit ähnlichen Anlagen bzw. ähnlicher Energieerzeugung übertragbar – etwa Hotels, Schwimmbäder oder Gewerbebetriebe. "Wir haben eine Analyse der Krankenhauslandschaft in Deutschland durchgeführt und dabei die ermittelten Lastverschiebepotenziale für das Krankenhaus in Hattingen hochgerechnet", sagt Sebastian Berg. "Ergebnis: Wenn alle KWK-Anlagen, die aktuell in Krankenhäusern eingebaut sind, flexibel betrieben werden, liegt ein Lastverschiebepotenzial von etwa 300 MW für positive und 200 MW für negative Flexibilität vor – wenn die Fahrweise der Anlagen nach den Marktpreisen für Strom optimiert wird."

Durch eine verbesserte Steuerung können Krankenhäuser somit zur Energiewende beitragen und gleichzeitig Kosten sparen.

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