Stand der Technik bei gas- und wasserdichten Hauseinführungen
Die spartenbezogenen Regelwerke der einzelnen Verbände (AGFW, DVGW, VDE-FNN) oder die DIN 18322 für Kabelleitungstiefbauarbeiten enthalten ebenfalls diese Forderung. Immer mehr Netzbetreiber und Versorgungsunternehmen verlangen deshalb heute nach DVGW VP 601 geprüfte und zugelassene Gebäudeeinführungssysteme. Sie lehnen ungeprüfte Baustellenlösungen mit KG-Rohren ab. Weil sie die Art der Hauseinführungen bestimmen können, müssen sich Planer und Bauausführende auf den heutig geltenden Stand der Technik einstellen.
Schutz gegen Radongas
Gasdichtigkeit verlangt indirekt auch das am 31. 12. 2018 in Kraft getretene Strahlenschutzgesetz. Um Belastungen durch Radongas zu begrenzen, die aus dem Erdreich ins Gebäude eintreten, legt es erstmalig einen Referenzwert für die Radonbelastung in Gebäuden mit Aufenthaltsräumen fest. „Bei den heute relativ luftdichten Gebäuden kann nicht davon ausgegangen werden, dass eingedrungene Schleich- oder Radongase kurzfristig weggelüftet werden. Insbesondere Radongas kann sich so im Gebäude anreichern und aufkonzentrieren, was negative Einflüsse auf die Gesundheit der Bewohner bzw. Nutzer mit sich bringen kann“, warnt Karin Leicht, zertifizierte Sachverständige für Schäden an Gebäuden.
Die neuen Anforderungen an Radondichtheit gelten bereits als erfüllt, wenn die allgemein anerkannten Regeln der Technik für den Feuchteschutz eingehalten wurden. Dabei muss die Gas- bzw. Radondichtheit der verwendeten Produkte oft nicht explizit mittels Laborprüfung nachgewiesen werden. Bei der Beurteilung der Gasdichtigkeit ist die vorliegende Wassereinwirkungsklasse zu berücksichtigen. Bei der Klasse WE-2E „drückendes Wasser“ muss die Abdichtung verschweißt oder verklebt, also gasdicht sein. Bei der Wassereinwirkungsklasse W1-E „Bodenfeuchte und nichtdrückendes Wasser“ dagegen sind auch Abdichtungsbahnen zulässig, die nur lose verlegt wurden und damit nicht zwingend gasdicht sind. Auf Gasdichtigkeit geprüfte Hauseinführungssysteme erfüllen die Kriterien, wenn sie zuverlässig an die Flächenabdichtung angeschlossen sind.
Industriell gefertigte Gebäude-Einführungssysteme
Bei trocken eingebauten Systemen sorgen im Prinzip Ringraumdichtungen für die Gas- und Wasserdichtigkeit. Jede Ringraumdichtung besteht aus zwei Pressplatten mit dazwischen liegendem Gummiring. Durch kontrolliertes Zusammenpressen der Platten mit dem Drehmomentschlüssel dehnt sich der Gummiring aus und legt sich mit dem erforderlichen Druck sowohl an das Rohr als auch an die Durchdringung (Bild 2). Dabei ist der vorgegebene Anpressdruck exakt einzuhalten.
Die Breite und die Anzahl der erforderlichen Ringraumdichtungen hängen von der Wasserbelastung (Wassereinwirkungsklasse nach DIN 18533) und dem Bauteil ab. Für die Anzahl und erforderliche Mindestdichtbreite der Ringraumdichtung in Verbindung mit dem Bauteil hat der FHRK Standardlösungen entwickelt. Für die Wassereinwirkungsklasse W2-E „drückendes Wasser“ benötigt eine Kellerwand oder Bodenplatte mit Außenabdichtung z. B. eine 30 mm breite Ringraumdichtung. Der Anschluss an die Flächenabdichtung erfolgt durch eine Fest/Losflansch-Konstruktion. Eine WU-Beton-Elementwand mit integrierter Wärmedämmung benötigt bei Verwendung eines Futterrohres ebenfalls eine 30 mm breite Ringraumdichtung, bei einer Kernbohrung jedoch zwei 30 mm breite Ringraumdichtungen. Weitere Beispiele sind der Broschüre „Planung Gebäudeeinführungen“ des FHRK zu entnehmen. Die Leitungen müssen auf der Außenseite nach Absprache mit dem jeweiligen Versorgungsunternehmen überdeckt sein.
Damit die Gummidichtung zuverlässig anliegt, muss die Öffnung eine gleichmäßig dichte Oberfläche haben. Gemauerte Wände erfordern deshalb Futterrohre, die fachgerecht an die Flächenabdichtung angeschlossen sind. Bei WU-Beton kann eine Kernbohrung das Futterrohr ersetzen. Deren Oberfläche muss bei Bedarf lunkerfrei versiegelt werden. Freigelegter Bewehrungsstahl ist vor Korrosion zu schützen.
Beim Verfüllen der Baugrube ist darauf zu achten, dass die Schutzrohre/Mantelrohre unterfüttert sind, die Verfüllung lagenweise erfolgt und keine zu schweren Verdichtungsgeräte eingesetzt werden. Hauseinführungssysteme dürfen auch raumseitig keinen radialen Belastungen ausgesetzt werden. Die Rohre und Kabel sind entsprechend abzufangen.
FHRK entwickelt praxisgerechte Prüfbedingungen
Dichtigkeitsprüfungen erfolgten bisher nur unter Laborbedingungen. Gebäudeeinführungen sind aber nach dem Einbau auch mechanischen Belastungen, z. B. aus Erdverdichtungen, ausgesetzt – Grund genug für den FHRK, Fachverband Hauseinführungen für Rohre und Kabel e. V., u. a. die Prüfgrundlage GE 101 zu entwickeln. Nach gemeinsam mit der iro GmbH Oldenburg, einem 100%igen Tochterunternehmen des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e. V., durchgeführten Vorversuchen definierte der FHRK in dieser Prüfgrundlage Mindestanforderungen für Hauseinführungen, z. B. für ihre Wasserdichtigkeit unter radialer Last (Bild 4). Hauseinführungssysteme, die zusätzlich auf dieser Prüfgrundlage geprüft wurden und die diese Prüfungen erfolgreich bestanden haben, erhalten das „FHRK Quality“-Label. Die Prüfgrundlagen liegen unter www.fhrk.de im Internet.
Mehrsparten-Hauseinführungen
Hauseinführungssysteme werden als Einsparten- und Mehrsparten-Hauseinführungen angeboten. Für Versorgungsleitungen (Wasser, Strom, Telekommunikation, Gas und Fernwärme) bieten sich Mehrsparten-Hauseinführungen an. Sie bündeln die verschiedenen Leitungen in einer Durchdringung und gewährleisten gleichzeitig, dass jeder Netzbetreiber einen getrennten Zugang in das Gebäude hat. Für die Einführung der Versorgungsleitungen liefern die Hersteller Dichtungseinsätze (Bild 3).
In Kellerwänden sind runde Hauseinführungen üblich (Bild 5). Für Bodenplatten hat sich die rechteckige Ausführung durchgesetzt, weil so alle Auslässe einen gleichmäßigen Abstand zur Wand haben (Bild 6).
Bei Bodenplatten muss die Hauseinführung vor dem Vergießen dabei sein
Damit Bodendurchführungen dicht sind, muss ein auf das Hauseinführungssystem abgestimmtes, spezielles Rohbauteil bereits in die Bewehrung eingebracht und in die Bodenplatte einbetoniert werden. Zur genauen Lagefixierung liefern die Hersteller Erdspieße oder ein Einbaugestell mit (Bild 7). Die Einbauhöhe richtet sich nach der Oberkante des Fertig-Fußbodens. Sie ist oft auf dem Rohbauteil markiert. Grundsätzlich ist von der verputzten Wand ein Abstand von mindestens 5 cm einzuhalten. Entscheidend für den erforderlichen Abstand ist die Größe der Gasarmatur.
Im überbauten Bereich sind die Leitungen in Schutzrohren/Mantelrohren zu führen. Von einigen Netzbetreibern wird gefordert, dass diese bis zu 1 m aus dem überbauten Bereich geführt werden. Sind sie bis zur Versorgungsübergabestelle geführt, kann die Baugrube nach deren Verlegung sofort verfüllt werden. Die Rohre und Kabel lassen sich zu einem späteren Zeitpunkt einführen.
Solange die Leitungen nicht gas- und wasserdicht verlegt sind, müssen die zugehörigen Schutzrohre/Mantelrohre mit einem gas- und wasserdichten Blindstopfen versehen sein, um während der Bauzeit das Eindringen von Gas und Wasser zu verhindern.
Schlussbemerkungen
Geprüfte Hauseinführungssysteme sind heute Stand der Technik. Sie erfüllen die Forderung nach gas- und wasserdichter Abdichtung von Gebäudedurchdringungen für Versorgungsleitungen. Auch die neuen Anforderungen an Radondichtheit gelten fiktiv bereits als erfüllt, wenn die allgemein anerkannten Regeln der Technik für den Feuchteschutz eingehalten wurden. Da die Netzbetreiber zunehmend industriell gefertigte und geprüfte Hauseinführungssysteme verlangen, müssen Planer und Handwerker sich darauf einstellen. Die zusätzlich auf mechanische Belastungen im Einbauzustand geprüften und mit dem FHRK-Qualitätssiegel versehenen Ringraumdichtungen der FHRK-Mitgliedsunternehmen bieten dabei praxisgerechte Produktsicherheit. Ungeprüfte Baustellenlösungen mit KG-Rohren sollten der Vergangenheit angehören.
Dr. Reiner Pohl


Anhang | Größe |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 490.95 KB |
· Artikel im Heft ·