Der Autor: Dipl.-Ing. Bernd Konrath, Geschäftsführender Gesellschafter des I. F. I. Institut für Industrieaerodynamik
Bauherren wollen langfristig kostengünstige Energiequellen nutzen. Die Politik will eine Energiewende hin zu klimaneutralen Energien aus erneuerbaren Quellen. Seit 2022 haben Bundesländer wie Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein eine Photovoltaikpflicht erlassen. Hinzu kamen Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen im Jahr 2023. Weitere haben konkrete Pläne oder diskutieren diese. Wann welche Regelung greifen soll, wird in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Viele gelten aber bereits jetzt für neu errichtete Nicht-Wohngebäude. „Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden“, heißt es im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung. Diese Anforderungen gelten zunächst nur für Neubau oder Sanierung. Nach einer Information der Verbraucherzentrale sollten 2023 eine enorme neue PV-Anlagenleistung in Höhe von 9 Gigawatt ans Netz gehen. Dies umfasst allerdings auch Freiland- und Fassadenanlagen sowie Dachflächen privater Häuser. Die Leistung der Photovoltaik soll bis 2030 auf 200 Gigawatt vervierfacht werden. Das heißt, der Ansturm auf die vorhandenen Dachflächen wird weiter zunehmen.
Ausgangssituation
Rauch- und Wärmeabzugsanlagen werden gemäß den Prüfverordnungen der einzelnen Bundesländer alle drei Jahre geprüft. In dieser Zeit kann sich ein Dach stark verändern. Wo sich etwa bislang nur Lichtkuppeln und natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA) befanden, teilen sich nun mehrere Nutzungen die Dachfläche. Die auffälligste Änderung ist immer häufiger eine Photovoltaikanlage (PVA). Manchmal grenzen die neuen Anlagen nah an die natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsgeräte (NRWG). Bild 1 zeigt eine Situation mehrfacher Nutzungen von Dächern zusammen mit Photovoltaikanlagen.
Abstandsregeln für Mehrfachnutzungen der Dächer
Viele Gebäude mit Versammlungs- und/oder Verkaufsstätten sowie zahlreiche Industriebauten müssen baurechtliche Anforderungen zur Rauchableitung beziehungsweise Entrauchung erfüllen. Die meisten großflächigen Hallen mit flachen oder schwach geneigten Dächern sind dazu mit so genannten Natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA) ausgestattet. Damit unterliegen immer mehr Dachflächen einer Mehrfachnutzung durch Anlagen – mit unterschiedlichen Nutzungsanforderungen an die belegten Flächen und der Notwendigkeit regelmäßiger Wartungen oder Prüfungen.
Aus Gründen des Arbeitsschutzes und auch aus rein praktischen Erwägungen sind daher Abstände zwischen den Anlagen unterschiedlicher Nutzung erforderlich. Die DIN 4426 [1] regelt Einrichtungen zur Instandhaltung baulicher Anlagen und die dazu erforderlichen sicherheitstechnischen Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege. Zu Photovoltaik- und Solarthermieanlagen werden darin ein umlaufender Abstand von 0,5 Metern für Arbeitsplätze und Verkehrswege bei Planung und Installation gefordert.
Auch Versicherungen fordern Abstände in ihren Regeln, deren Einhaltung der Brandentstehung vorbeugen und eine großflächige Brandausbreitung verhindern soll. Dazu gehören die Unterteilung zusammenhängender Modulflächen, ein Abstand zu Brandwänden von mindestens 1,25 Metern, ein Überbauungsverbot von Brandwänden und Brandschutzkanäle für über Brandwände führende Leitungen. Des Weiteren ist ein Mindestabstand von 0,5 Metern zu Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) gefordert.
Die VdS 2098 [2] regelt unter anderem Abstände von Geräten der natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen zu den Photovoltaikanlagen, damit die aerodynamische Wirksamkeit der NRA erhalten bleibt. Mit der Ausgabe der VdS-Richtlinie vom Oktober 2022 wurde die zuvor als Ergänzung 2014 veröffentlichte VdS 2098-S1 informativ in den Anhang der Richtlinie aufgenommen. In diesem Dokument ist ein Abstand der NRA von Photovoltaiksystemen von mindestens 2,5 Metern gefordert, wenn die PV-Elemente nicht höher über die Dachoberfläche hinausragen als die Aufsatzkränze der natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsgeräte (NRWG).
Überragen die PV-Elemente die Aufsatzkränze um bis zu 2,5 Meter, müssen die NWRG einen Mindestabstand von den PV-Elementen von 5 Meter haben. Bei PV-Systemen mit mehr als 2,5 Metern Höhe oberhalb der Aufsatzkränze werden individuelle Untersuchungen empfohlen. Die VdS Richtlinie 3145 [3] zu Photovoltaikanlagen beschreibt ebenfalls Anforderungen zur Vorbeugung gegen Brandentstehung und großflächiger Brandausbreitung. Hinsichtlich der notwendigen Abstände der PV-Module zu Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) wird hier jedoch auf die Internetseite des Fachverbandes für Tageslicht und Rauchschutz FVLR verwiesen.
Die Abstandsregeln der NRA von PV-Elementen des FVLR wurden 2021 von Ulrich Koch im FeuerTrutz Magazin [4] vorgestellt. Um die aerodynamische Wirksamkeit der Natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsgeräte nicht negativ zu beeinflussen, sollen danach bei PV-Elementen, die nicht über die Aufsatzkränze der NRWG hinausragen, mindestens 2 Meter Abstand eingehalten werden. Bei den PV-Elementen, die die Aufsatzkränze der NRWG um nicht mehr als 2 Meter überragen, ist ein umlaufender Mindestabstand von 5 Metern einzuhalten.
Aus den vorgestellten Regeln ergeben sich uneinheitliche Abstandsanforderungen von 0,5 bis 5 Metern und es stellt sich die Frage, welche Abstände tatsächlich erforderlich sind.
Zugleich sollen Dachflächen aber optimal ausgenutzt werden: Um möglichst viel Strom produzieren und die PV-Anlagen wirtschaftlich aufbauen und betreiben zu können, müssen der belegte Flächenanteil so groß wie möglich ausfallen und die Anlagen so nah wie irgend möglich an die NRWG herangeführt werden.
Anforderungen aus dem Baurecht
Bei Sonderbauten wie zum Beispiel Verkaufsstätten und Versammlungsstätten oder Industriebauten besteht eine Anforderung zur Rauchableitung zur Unterstützung der Brandbekämpfung. Bei Verkaufsstätten [5] und Versammlungsstätten [6] müssen Räume mit mehr als 200 Quadratmetern, jedoch weniger als 1.000 Quadratmetern Grundfläche Öffnungen zur Rauchableitung an oberster Stelle (Dach) mit einer Fläche von mindestens 1 Prozent der Grundfläche aufweisen. Bei Industriebauten gilt diese Anforderung bis zu einer Grundfläche von 1.600 Quadratmetern [7]. Bei Überschreitung der zuvor genannten Grundflächengrenzen sind Rauchabzugsanlagen mit mindestens einem Gerät pro 400 Quadratmeter Grundfläche einzubauen, mit einer aerodynamisch wirksamen Entrauchungsfläche von mindestens 1,5 Quadratmetern. Die Anforderungen gelten für NRA, bei denen der Rauch auf natürliche Weise, nämlich infolge einer thermischen Druckdifferenz aufgrund der Übertemperatur des Rauchs, abgeleitet wird. Bei Sonderbauten mit Anforderungen an NRA, die vor 2014 errichtet wurden, war ein NRWG pro 200 Quadratmeter Grundfläche gefordert. Rauchabzugsanlagen müssen unter Verwendung von Natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsgeräten errichtet werden. Die dazu auf den Dächern installierten NRWG müssen die Entrauchungswirksamkeit, die durch die aerodynamisch wirksame Fläche ausgedrückt wird, auch unter allen Windeinflüssen gewährleisten. Bei der Prüfung und Zertifizierung der NRWG nach DIN EN 12101-2 [8] wird auch deren individuelle aerodynamisch wirksame Entrauchungsfläche unter Berücksichtigung des Windeffektes an ebenen Dachflächen ermittelt.
Auswirkungen auf die PV-Anlagen
Die Anforderungen in Bezug auf die Arbeitsplätze und Verkehrswege mit einem umlaufenden Abstand der Photovoltaikmodule von 0,5 Metern zu den NRWG führen bei einem Lichtkuppel-Gerät (siehe Bild 1) mit üblichen Abmessungen von zum Beispiel 1,8 × 2,5 Meter zu einem Aufstellflächenverlust der PV-Anlagen von circa 13 Quadratmetern. Diese Auswirkungen gelten für die Kombination der PV-Anlagen mit „Öffnungen zur Rauchableitung“, für die keine Anforderungen zur Berücksichtigung des Windeinflusses bestehen.
Berücksichtigt man die Anforderungen der Verbände [2] und [4] hinsichtlich der Abstandsregeln zu den NRWG, so führen flache PV-Anlagen (kleiner als die Höhe des Aufsetzkranzes) zu einem Verlust an Aufstellfläche für PV-Anlagen von 40 Quadratmetern (nach FVLR-Regel) beziehungsweise 51 Quadratmetern (nach VdS-Regel) und bei höheren PV-Anlagen zu 148 Quadratmetern je Gerät zur Rauchableitung. Bei Bestandsgebäuden vor 2014 und bei Gebäuden, bei denen aus anderen Gründen eine raucharme Schicht auf Basis der DIN 18232-2 nachgewiesen wurde, bedeutet das für die flachen PV-Anlagen einen Aufstellflächenverlust von 20 Prozent und bei den höheren Anlagen bereits einen Verlust der Aufstellfläche von 74 Prozent.
Aerodynamische Auswirkungen
Durch die PV-Systeme wird die normalerweise parallel zur Dachfläche auftretende Windströmung vertikal angehoben und je nach System und Windrichtung stark verwirbelt. Wird die oberflächenparallele Strömung in der Nähe der NRWG angehoben, reicht die Höhe der Windleitwand nicht mehr aus, um den Wind über die geöffnete Klappe zu leiten. An der Oberseite des geöffneten Gerätes entsteht ein Überdruck, der die aerodynamisch wirksame Austrittsfläche mindert (Bild 2).
Bei höheren PV-Anlagen kann infolge von stromab der PV-Elemente entstehenden Wirbeln die Windströmung so geleitet werden, dass sie direkt in das NRWG hineinströmt (Bild 3).
Infolge der so veränderten und auf die NRWG einwirkenden Windströmungen wird die Wirksamkeit der RWA-Geräte stark verändert und damit die aerodynamisch freie Fläche vermindert. Um eine Beeinflussung der NRA durch die PVA zu unterbinden, muss der Abstand der PVA von den einzelnen NRWG so groß gewählt werden, dass sich am NRWG wieder eine dachparallele Anströmung auf die NRWG entsprechend der Zertifizierungssituation einstellt. Nur so bleibt die im Rahmen der Zertifizierung bestätigte aerodynamisch wirksame Fläche erhalten.
Ausführungen von PV-Systemen
PV-Freilandanlagen werden überwiegend in Ost-West-Richtung verlaufenden Modulreihen mit nach Süden ausgerichteten Flächen in unterschiedlicher Höhe über dem Boden angeordnet. Solche so genannten Südsysteme werden auch auf flachen und schwach geneigten Dächern eingesetzt. Auf flachen Hallendächern finden sich häufig Anlagen, deren Module in Nord-Südrichtung verlaufenden Reihen sowohl nach Osten als auch nach Westen geneigt angeordnet sind und einen gemeinsamen Hochpunkt in der Reihenmitte besitzen – so genannte Ost-West-Systeme (Bild 2). Bei Satteldächern werden seit Jahren überwiegend oberflächenparallel angeordnete PV-Module an der Gebäudesüdseite angebaut. An Flachdächern und schwach geneigten Dächern werden die oberflächenparallelen Anlagen mittlerweile ebenfalls eingesetzt. Die im Freiland Verwendung findenden Tracker-Systeme sowie vertikale oder geneigte Fassadensysteme werden hier nicht betrachtet.
Windkanaluntersuchungen an einem beispielhaften Bauprojekt
Auf dem Dach einer eingeschossigen Industriehalle mit einer Grundfläche von mehr als 10.000 Quadratmetern mit einer natürlichen RWA sollte nachträglich eine PV-Anlage errichtet werden. Zunächst wurde überlegt, die PV-Module bis zu einem Abstand von 1,5 Metern an die NRWG heranzuführen. Da dabei aber die Anforderungen der VdS-Richtlinie und des FVLR unterschritten würden, wurde zunächst untersucht, wie die aerodynamisch wirksame Fläche sich verändert, wenn das vorgesehene PV-System in dem vorgesehenen Abstand um ein einzelnes NRWG angeordnet wird. Bei der NRA handelte es sich um ein Lichtkuppel-NRWG-System mit üblichen Abmessungen und einem Öffnungswinkel von 165°. Der NRWG-Typ ist nach DIN EN 12101-2 [8] zertifiziert und die berücksichtigte aerodynamisch wirksame Fläche wurde ohne Windleitwände nachgewiesen. Als PV-System war ein Ost-West-System geplant, dessen größte Höhe die Oberkante des Aufsatzkranzes über der Dachfläche nur um wenige Millimeter überstieg.
Als Versuchseinrichtung wurde der Prüfstand zur Bestimmung der aerodynamisch wirksamen Fläche nach DIN EN 12101-2 bei der Zertifizierungsstelle des I. F. I. Institut für Industrieaerodynamik in Aachen verwendet, der ebenfalls über eine große Düse zur Aufbringung der Windströmung verfügt. Die Untersuchung wurde an geometrisch verkleinerten maßstäblichen Modellen durchgeführt. Bild 4 zeigt eine beispielhafte Anordnung der PV-Elemente im Umfeld des untersuchten natürlichen RWA-Gerätes im Windkanal.
Bereits die ersten Untersuchungsergebnisse zeigten, dass sich je nach Anordnung der Reihenausbildungen der PV-Elemente bei einem Abstand der PV-Elemente zu den NRWG von 1,5 Metern die aerodynamisch wirksame Entrauchungsfläche um 40 bis 45 Prozent reduzierte. Bei einem Abstand der PV-Elemente von 2,5 Metern betrug die Minderung noch 21 bis 26 Prozent. Bei einer solchen Anlagenkonstellation würden damit die baurechtlichen Anforderungen nicht erfüllt.
Bei einem Bestandsgebäude, bei dem die baurechtlichgeforderte Entrauchungsanlage nicht mit entsprechenden Reserven ausgeführt wurde, ist also zu befürchten, dass nach der Installation der PV-Anlage mit den in den genannten Richtlinien genannten Abständen die Nutzungsgenehmigung des Gebäudes erlischt. Wenn die baurechtlich geforderte Entrauchung nicht mehr gewährleistet ist, liegt ein wesentlicher Sicherheitsmangel vor.
In weiteren Untersuchungen wurden die Abstände der PV-Elemente zu den NRWG schrittweise vergrößert, um das Maß herauszufinden, ab dem keine negative Beeinflussung durch die PV-Anlage mehr besteht. Entsprechend den unterschiedlichen Reihenausbildungen des PV-Systems wurde für die untersuchten Systeme ein erforderlicher Mindestabstand von 5 beziehungsweise 7 Metern ermittelt. Erst dann wurde keine Beeinflussung der aerodynamisch wirksamen Fläche durch die PV-Elemente mehr festgestellt und die Baurechtsanforderungen waren wieder erfüllt.
Zwischenzeitlich wurden diese Ergebnisse durch weitere Untersuchungen im Rahmen einer Masterarbeit [10] bestätigt.
Optimierungen an NRWG
Um die Strömungsverhältnisse an den bestehenden NRWG zu verbessern, können diese mit Windleitwänden ausgerüstet werden, die die zuvor verwirbelte und zum Teil abwärts gerichtete Windströmung auf dem Dach wieder ohne Störung für die Entrauchung über die Geräte lenken. Außerdem ist eine Verkleinerung des Öffnungswinkels der Lichtkuppel beziehungsweise der NRWG-Klappe denkbar, um auch der Windanströmung von „hinten“ gerecht zu werden, da für die NRWG eine windrichtungsunabhängige Wirksamkeit gefordert ist. Bild 5 zeigt die verschiedenen untersuchten Anströmrichtungen auf das NRWG.
Mit einer Anordnung von Windleitwänden nur an den vorderen Ecken, die an dem im Bauvorhaben verwendeten NRWG bereits bei der Produktzertifizierung für größere aerodynamisch wirksame Flächen verwendet wurden, konnte der erforderliche Abstand der PV-Elemente zu den NRWG bereits auf die Hälfte der zuvor festgestellten 7 Metern reduziert werden.
Mit einer Vergrößerung der Windleitwände umlaufend um die drei offenen Seiten bei gleichzeitiger Erhöhung auf 400 Millimeter und einer Reduzierung des Öffnungswinkels der Klappe ließ sich der Abstand zu den PV-Elementen auf 1,5 Meter verkleinern.
Christian Metz untersuchte im Rahmen der Masterarbeit [10] unterschiedliche Kombinationen von NRA-Systemen und PV-Systemen. Er betrachtete verschiedene Aufbauhöhen von PV-Anlagen, verschiedene Aufsatzkranzhöhen der NRWG und unterschiedlich hohe Windleitwände. Insbesondere verglich er Durchflussbeiwerte in Situationen mit Wind und ohne Wind, für unterschiedliche Aufsatzkranzhöhen sowie unterschiedlichen Abständen zwischen PVA und NRA. Dabei fiel auf, dass die geringsten Durchflussbeiwerte häufig nicht bei den kleinsten Abständen auftreten. Ursache dafür sind die oben erläuterten Wirbel der Anströmung auf die NRWG, die sich durch die von den PV-Systemen hervorgerufenen Störungen hinter den PV-Anlagen bilden. Die aerodynamisch wirksame Fläche des NRWG kann bei einer Aufsatzkranzhöhe von ≥ 750 Millimeter und einem PV-System in Ost-West-Richtung mit einer Höhe von 300 Millimeter auch bei einem Abstand des PV-Systems von 0,5 Metern eingehalten werden (Bild 6).
Bei PV-Systemen mit Südausrichtung, die im Beispiel mit einer Höhe von 1.000 Millimetern untersucht wurden (Bild 7), zeigt sich einerseits die größte Beeinflussung der aerodynamisch wirksamen Entrauchungsfläche bei einem Abstand von 5 Metern. Andererseits kann sich die Abschattungswirkung der PV-Elemente bei einem weniger hohen Aufsetzkranz und einem geringen Abstand zwischen PVA und NRA positiv auswirken.
Die Beispiele zeigen, dass Optimierungen an den Windführungen der NRWG die Abstände zwischen PV-Anlagen und NRA reduzieren können. Bei den Optimierungen an bestehenden NRWG ist jedoch zu berücksichtigen, dass damit in die Zertifizierung der Geräte eingegriffen wird. Da die Geräte in den letzten 20 Jahren den Wünschen der Architekten und Bauherren entsprechend immer mehr auf ein flaches Erscheinungsbild hin optimiert wurden, weisen praktisch alle am Markt verfügbaren NRWG sehr große Öffnungswinkel, möglichst kleine Windleitwände und niedrige Aufsatzkränze auf.
Zusammenfassung
Die im I. F. I. Institut für Industrieaerodynamik und im Rahmen der Masterarbeit durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass Photovoltaik-Anlagen und Rauch- und Wärmeabzugsanlagen sich gegenseitig beeinflussen. Es wurde deutlich, dass die zitierten Mindestanforderungen der Verbände an die Abstände zwischen PV-Anlagen und natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen nicht ausreichend sind, um eine Beeinflussung der Rauch- und Wärmeabzugsanlagen durch PV-Anlagen auszuschließen.
Es konnte gezeigt werden, dass durch geeignete Maßnahmen auch geringe Abstände zwischen den Systemen hinsichtlich der aerodynamischen Wirksamkeit realisierbar sind. Inwieweit aus Gründen der Brandübertragung größere Abstände als die Mindestanforderungen aus dem Arbeitsschutz (0,5 Meter) erforderlich sind, wurde hier nicht betrachtet.
Da für allgemein gültige Aussagen noch sehr viele Untersuchungen an unterschiedlichen Konstellationen von verschiedenen NRA-Systemen (Doppelklappen, Lichtbandgeräten) und PV-Systemen (Nord-Süd-, Ost-West-System, Oberflächen parallele Systeme) nötig sind, sind konkrete Empfehlungen und Nachweise für die NRA individueller Bauvorhaben aktuell nur durch individuelle Untersuchungen zu ermitteln.
Die Untersuchungen resultierten in der Erkenntnis, dass die Auswirkungen der NRA auf die PVA erheblich sein können. Im vorgestellten ungünstigsten Fall lag der erforderliche Abstand zwischen NWRG und PVA bei 7 Metern und der Verlust der nutzbaren Dachfläche für die PVA bei 260 Quadratmetern pro NRWG. Bei Gebäuden, deren Entrauchung nach alter Industriebaurichtlinie mit der Anforderung mindestens 1 NRWG pro 200 Quadratmeter Grundfläche umgesetzt wurde, wäre also absolut keine Dach-PV-Anlage möglich. Für eine Anforderung 1 NRWG pro 400 Quadratmeter wäre weniger als 35 Prozent der Dachfläche für PV-Anlagen nutzbar. ⟵
Quellen/Literatur:
[1] DIN 4426:2017-01: Einrichtungen zur Instandhaltung baulicher Anlagen - Sicherheitstechnische Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege - Planung und Ausführung
[2] VdS 2098:2022-10 VdS-Richtlinien für natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA) - Planung und Einbau
[3] VdS 3145:2017-11 Photovoltaikanlagen
[4] Koch, U.: Abstände von Rauchabzügen zu Photovoltaikanlagen, Feuertrutzmagazin Oktober 2021
[5] Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Verkaufsstätten (Muster-Verkaufsstättenverordnung – MVKVO); Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz 2014
[6] Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (Muster-Versammlungsstättenverordnung – MVStättVO); Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Stand 2014
[7] Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL); Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Stand Mai 2019
[8] DIN EN 12101-2:2017-08 Rauch- und Wärmefreihaltung - Teil 2: Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte, Deutsche Fassung EN 12101-2:2017
[9] DIN 18232-2, Rauch- und Wärmefreihaltung – Teil 2: Natürliche Rauchabzugsanlagen (NRA); Bemessung, Anforderungen und Einbau; Beuth Verlag, November 2007
[10] Metz, Ch.: Einfluss von Photovoltaikanlagen auf Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, Masterarbeit, Technische Akademie Südwest an der Hochschule Kaiserslautern, 2023
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