Moderne Messtechnik zeigt dem Gebäude Effizienz
Der moderne Schulcampus in Usingen ist pädagogisch wie gebäudetechnisch ein Vorbild für andere Lehreinrichtungen. Der Hochtaunuskreis als Bauherr investierte dort rund 30 Mio. Euro in einen Neubau für zwei Schulen, der die baulichen Voraussetzungen zur Inklusion von Kindern mit Handicaps in den Regelschulbetrieb schafft. Neben der selbstverständlichen barrierefreien Zugänglichkeit wurde bei der Gestaltung an viele weitere Details gedacht: „Eine gute Akustik in den Klassenräumen unterstützt hörbehinderte Kinder. Große Fensterflächen, durch die viel Tageslicht einfällt, helfen Schülern mit eingeschränkter Sehkraft. Die klare Gliederung in acht Gebäudeteile vereinfacht die Orientierung,“ nennt Norbert Henzgen als Projektleiter des Hochtaunuskreises nur einige wenige Aspekte des inklusiven Schulbetriebes. Henzgen ist selbst Architekt und lobt das Konzept für diesen Campus aus der Feder von Jochen Spiegelberger (LS Architekten BDA, Traunstein): „Hier am Usinger Campus wurde die Förderschule ‚Paula Fürst‘ Zug um Zug in die Gesamtschule ‚Helmut-Schmidt‘ inkludiert. Für dieses Projekt ideale Lernbedingungen zu schaffen, war keine leichte Aufgabe. Insbesondere, wenn so viele unterschiedliche Bedürfnisse von Schülern zu berücksichtigen sind. Doch das ist vom Gebäudeentwurf bis zur handwerklichen Umsetzung wirklich gelungen“, beschreibt Henzgen den Projektverlauf.
Energetisch vorbildlich
Nicht nur bei der Inklusion ist der Schulcampus in Usingen ein Vorzeigeprojekt.
„Der Hochtaunuskreis zeigt mit seinem Bau, wie Energiewende geht“, erklärt Achim Braun, Leiter Hochbau und Liegenschaften des Kreises. „Ziel war es, 30 Prozent besser zu bauen als es die EnEV vorgab. Damit gibt man nicht nur Impulse für private Bauvorhaben, sondern senkt auch maßgeblich die Energiekosten. Gerade in Schulgebäuden sind diese in der Regel sehr hoch“, so Braun zu den Vorteilen einer nachhaltigen Bauweise.
Das Energiekonzept des Schulcampus Usingen beruht auf einer Grundlastabdeckung mittels Geothermie mit zwei 110-kW-Wärmepumpen. Lastspitzen werden über einen 310-kW-Gas-Brennwertkessel abgefangen. Die Verteilung der Raumwärme erfolgt über die Fußbodenheizung. „Das hat den Vorteil“, so Achim Braun, „dass wir hierüber bei Bedarf auch passiv kühlen können. Zusätzlich findet eine aktive Kühlung über die Lüftungsanlage statt. Denn durch die hochgedämmten Fassaden und großen Fensterflächen entstehen auch außerhalb der schulfreien Sommermonate schnell hohe Wärmelasten. Die abzuführen kommt nicht nur den Schülern in den Klassenräumen zugute. Wir können dadurch auch eine ausgeglichene Energiebilanz bei der Geothermie erzielen“, so Braun.
Die Rückführung von Wärme ins Erdreich durch passive Gebäudekühlung ist bei Anlagen mit Leistungen über 30 kW eine Forderung des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Dieses Vorgehen wirkt der Auskühlung des Erdreichs entgegen und schützt damit zum einen das Mikroklima im Boden. Zum anderen ermöglicht es dauerhaft eine effiziente Nutzung der Geothermie.
Zusätzliches Effizienzplus durch Messtechnik
Das Dämmen der Gebäudehülle gegen Wärmeverluste und ein effizientes System zur Wärmeerzeugung und -verteilung sind aber nur zwei von drei Säulen, auf denen die langfristige Einsparung von Energiekosten ruht. Achim Braun: „Da wir die Energieverbräuche auf dem Campus den zwei Schulen exakt zuordnen müssen, ist entsprechende Verbrauchsmesstechnik auf jeden Fall erforderlich. Doch wir wollten den Energieeinsatz auch beobachten können, um im Betriebsablauf Optimierungspotenziale zu erkennen. Mit WDV-Molliné haben wir einen Partner gefunden, der diese Aufgabenstellung mit abgestimmten Systemen aus einer Hand gelöst hat.“
Zu den Vorgaben gehörte nämlich, Zähler für unterschiedliche Medien zu installieren und die Daten per LON-Bus an die Gebäudeleittechnik (GLT) zu übertragen. Erfasst werden neben den Wasserverbräuchen (zehn Wasserzähler Hydromess® 62) auch alle Wärmeströme – von der Gewinnung (Geothermie), der Erzeugung (Spitzenlast-Gas-Brennwertkessel) bis zur Verteilung (Fußbodenheizung). Hinzu kommen die Volumenströme aus dem 4.000 l großen Kaltwasser-Pufferspeicher zur aktiven Kühlung der Klassenräume über die Lüftungsanlage sowie die Wärmerückführung ins Erdreich.
Für die Erfassung der Wärme- und Kältemengen werden durchgehend Zähler mit Ultraschallmesstechnik eingesetzt (Ultramess® 602). Da für die Messung keine Teile in den Medienstrom eingeführt werden, weisen solche Zähler praktisch keine Druckverluste auf und sind verschleißfrei. „Wartungs- und verschleißfreie Zähler waren uns wichtig“, betont Achim Braun, „denn die Verbrauchswerte nutzen wir ja nicht für eine Berechnung an Dritte, sondern für die interne Kostenzuordnung. Insofern sind diese Zähler nicht der Eichfrist von sechs Jahren unterworfen und können länger genutzt werden. Die Messgenauigkeit darf aber natürlich auch bei längeren Betriebszeiten nicht leiden. Sonst würden die Erkenntnisse aus dem Energiemonitoring irreführen statt zur Optimierung beitragen“, begründet der Leiter des Hochbauamtes.
Für ein aussagefähiges Energiemonitoring übermitteln rund 20 Zähler Daten an die GLT: Drei Wärmemengenzähler sind in der Verteilung des Gas-Brennwertkessels installiert.
Neun Kältezähler ermitteln Durchflussmengen und Medientemperatur des Kühlwasserskreislaufs von dem zentralen Pufferspeicher zu den Wärmetauschern der Lüftungsanlage. Darüber hinaus ist in den Hauptsträngen der Wärmeverteilung zu den acht Gebäudeteilen jeweils ein Klimazähler verbaut. Diese kombinierten Wärme- und Kältezähler sind für den breiten Temperaturbereich von 2 bis 130 °C geeignet und können im Heiz- und im Kühlfall die Energiemengen der Fußbodenheizung erfassen.
In der Hauptzuleitung von den beiden Wärmepumpen zur Heizzentrale ist allerdings ein besonderer Zählertyp notwendig: ein Klimazähler mit dem Energierechner Ultramess® 531. Das Rechenwerk kann prozentgenau auf die spezifische Wärmekapazität von über 30 verschiedenen Glykolsorten und Kältemitteln programmiert werden. Die Voreinstellung übernahm WDV-Molliné bereits vor Auslieferung. „Somit entfiel die zeitintensive Programmierung bei Inbetriebnahme vor Ort“, begrüßt Reiner Steup den Service. Er ist Geschäftsführer des Installationsunternehmens Kühn Haustechnik GmbH aus Usingen und war Projektleiter seines Gewerks beim Schulcampus.
Temporäre Messtechnik optimiert Pumpen
Das Aufspüren von Potenzialen zur Energieeinsparung auf dem Campus in Usingen begann jedoch nicht erst mit dem Energiemonitoring nach Aufnahme des Schulbetriebs. Schon bei der Inbetriebnahme der Heizanlage wurden erste Effizienzmaßnahmen durchgeführt. Dazu zählte die messtechnische Überprüfung der Volumenströme nach dem hydraulischen Abgleich und die daran angepasste Einstellung der Pumpenförderhöhe.
Reiner Steup kennt die große Lücke, die oft zwischen theoretischer und tatsächlich erforderlicher Pumpenförderhöhe klafft: „Die Voreinstellung der maximalen Pumpenförderhöhe ermittelt in der Regel der Pumpenhersteller. Die Basis dafür sind die Rohrnetzberechnung und die einzelnen hydraulischen Widerstände, die den hydraulischen Abgleich der Verteilleitungen und Heizkreise gewährleisten. Doch Simulationen von Leitungsnetzen am Computer, die auf Planungsunterlagen beruhen, weichen in Teilen immer von den tatsächlichen Gegebenheiten ab. Entweder, weil im Bauverlauf andere Installationslösungen gefunden werden mussten, oder weil alternative Bauteile eingesetzt wurden“, berichtet Steup aus der Praxis. Daher plädiert er bei größeren Anlagen generell für eine Messung der tatsächlichen Sollfördermengen in verschiedenen Betriebsszenarien. Sein Argument: „Wenn die Pumpenförderhöhe exakt zum tatsächlichen Differenzdruck passt, ist auch die Regelung im Teillastbetrieb effizienter und spart somit viel Energie.“
Die Messungen auf dem Schulcampus bestätigen das. WDV-Molliné stellte hier für den temporären Einsatz so genannte Clamp-On-Zähler bereit. Oliver Ebelshäuser, bei dem Messtechnikspezialisten Vertriebsleiter, erklärt das Verfahren: „Clamp-On-Zähler leiten ihren Namen von der Installationsart ab – sie werden einfach von außen auf das Rohr aufgeschnallt; ebenso die Temperaturfühler. Die Durchflussmengen werden per Ultraschall erfasst. Da also kein Eingriff ins Rohrnetz erforderlich ist, können Messungen an bestehenden Leitungen schnell und genau an der Stelle vorgenommen werden, die für eine exakte Messung geeignet ist“, so der Experte.
Fazit
„Eine energieeffiziente Heizung, Kühlung und Lüftung von Gebäuden ist nur über eine entsprechende Gebäudeautomation möglich – einschließlich eines aussagefähigen Energiemonitorings“, ist Achim Braun überzeugt. Grundvoraussetzung für ein entsprechendes Messstellenkonzept sind passende Energiemengenzähler mit ihren vielfältigen Schnittstellen zur Aufschaltung an die Gebäudeleittechnik. Außerdem können schon bei der Inbetriebnahme temporär eingesetzte Clamp-On-Zähler exakte Daten für die optimierte Einstellung der Pumpenförderhöhen bieten und so die Energiekosten senken.
Eine Information der WDV Molliné GmbH, Stuttgart
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