Betonbehälter

Regenwasser im Betrieb sicher nutzen

Im Gewerbegebiet Niederwiesen der Stadt Bräunlingen war laut Satzung der Kommune für die von den Dachflächen stammenden Niederschläge eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung gefordert. Wie das geht, was vorgeschrieben war und was in Eigeninitiative geschah, zeigt das folgende Beispiel. Sicherheitsaspekte und technische Regeln der Regenwassernutzung stehen bei dieser Betrachtung im Vordergrund.

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Luftbild des Betriebsgeländes der Ing. G. Werr + S. Ludwig GmbH im Gewerbegebiet Niederwiesen der Stadt Bräunlingen. Das Regenwasser der drei Dachflächen wird im Regenspeicher gesammelt und genutzt, der Überlauf unterirdisch versickert. Bild: Werr & Ludwig
Luftbild des Betriebsgeländes der Ing. G. Werr + S. Ludwig GmbH im Gewerbegebiet Niederwiesen der Stadt Bräunlingen. Das Regenwasser der drei Dachflächen wird im Regenspeicher gesammelt und genutzt, der Überlauf unterirdisch versickert. Bild: Werr & Ludwig

Im Gewerbegebiet Niederwiesen der Stadt Bräunlingen/Schwarzwald wird versucht, trotz Bebauung und Versiegelung mit dem Niederschlagsabfluss der Dachflächen die Wasserhaushaltsgrößen Verdunstung, Grundwasserneubildung und Oberflächenabfluss soweit wie möglich zu erhalten /1/.

Das Familienunternehmen Ing. G. Werr & S. Ludwig GmbH entstand aus einem klassischen Heizung-/Lüftung-/Sanitär-Betrieb, beschäftigt heute 80 Mitarbeiter und fertigt am neu gebauten Standort zusätzlich mobile Energiezentralen.

Das Regenwasser von den 2.026 m² Dachflächen der drei Betriebsgebäude wird zurückgehalten und dann genutzt oder versickert. Das entlastet die kommunale Entwässerung und hilft, die Gefahr von Überflutung im Stadtgebiet zu reduzieren. Wasserorientierte Stadtplaner sehen darin Teile der so genannten blau-grünen Infrastruktur. Bestehen deren wesentliche Bestandteile wie in diesem Beispiel aus Beton, wird sie blau-grün-graue Infrastruktur genannt.
 

Projektdaten

  • Bauherrschaft: Simone Ludwig, 78199 Bräunlingen
  • Fertigstellung: November 2023
  • Jahresniederschlag: 974 mm
  • Flachdach extensiv begrünt: 216 m²
  • Flachdächer unbegrünt: 1.810 m²
  • Filterschacht im Zulauf zum Regenspeicher: Mall FS 45
  • Regenspeicher: Mall 2B 20400/20,4 m³
  • Substratfilterschacht vor Versickerung: Mall ViaPlus 3000
  • Versickerungsrigole: Mall CaviLine 2500 25-2-6/72,6 m³
  • Abdeckungen der Schächte, Speicher, Rigole: befahrbar, Klasse D 400


Die Regenwassernutzung für WC-Spülung und zur Reinigung von Bauteilen war eine Entscheidung der Bauherrschaft. Die Kommune hatte hier laut Bebauungsplan und Abwassersatzung eine Dachbegrünung auf mindestens 30 m² Dachfläche gefordert. Zudem muss nicht genutztes Regenwasser von den Dächern auf dem Betriebsgelände versickert werden. Vorgesehen war ein unterirdischer Speicher.

Um den Trinkwasserbedarf möglichst gering zu halten und zugleich die Speichergröße wirtschaftlich vernünftig zu dimensionieren, ermittelten Bauherrschaft und Planer aus Wasserertrag und Wasserbedarf die richtige Größe. Dafür genügt ein frei verfügbares Simulationsprogramm /2/ oder zur überschlägigen Ermittlung das vereinfachte DIN-Rechenverfahren nach Anhang A /3/. Das Ergebnis ist ein unterirdischer Speicher, bestehend aus zwei Betonbehältern mit insgesamt 20,4 m³ Nutzvolumen.

Betriebssicherheit zahlt sich aus

Wenn Regenwasser wie in diesem Fall in der Produktion verwendet wird, zahlt es sich aus, dass die Regenwassernutzungsanlage (RWNA) zuverlässig, das heißt störungsfrei arbeitet. Denn nicht vorhergesehene Ausfälle der Versorgung führen zu kostenintensiven Verzögerungen im Betriebsablauf. Auch die WC-Spülung für 80 Mitarbeitende darf nicht für Stunden oder Tage ausfallen. Funktionsstörungen vorsorglich zu vermeiden, ist in Gewerbe und Industrie und auch bei öffentlichen Gebäuden noch wichtiger als im Privathaushalt oder bei der Gartenbewässerung.

Regenwassercenter Tano XL für die Regenwassernutzung in Gewerbe und Industrie. Es enthält zwei Pumpen zur Druckerhöhung, einen Frequenzumrichter, ein System zur Trinkwassernachspeisung mit Zwischenbehälter, eine LCD-Anzeige und weitere vormontierte Einzelteile. Bild: Mall

Wie alle technischen Systeme benötigt auch die RWNA eine regelmäßige Inspektion und Wartung durch sachkundiges Personal. Bei Werr & Ludwig, einer Firma mit eigener Sanitärabteilung, ist das kein Problem. Der richtige Zeitpunkt für Inspektion und Wartung ist im Frühjahr und im Herbst. Vor der Frostperiode sollte die Anlage zur Regenwassernutzung winterfest gemacht werden, falls es Außenzapfstellen gibt. Es lohnt sich dann auch, den Filterschacht zu reinigen. Was sonst zu tun ist, ist in der DIN EN 16941-1 nachzulesen /4/.

Kennzeichnung einer Entnahmestelle nach Vorgaben der DIN EN 16941-1, um Verwechslungen mit Trinkwasser durch die Nutzer zu verhindern. Dieses Ventil ist an einem großen Waschbecken installiert, das zur Reinigung von Bauteilen in der Produktionshalle dient. Bild: König

Wohin mit dem Speicherüberlauf? Sicherheit für Boden und Grundwasser

Heutzutage müssen die vor Ort zuständigen Kommunen das Gefährdungspotenzial in Industriegebieten besonders abwägen. In Bräunlingen muss laut Anordnung der Stadt der Abfluss von befestigten Geländeflächen im Industriegebiet an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossen werden. Im Gegensatz dazu muss sämtliches Dachwasser, soweit es nicht vom Gründach aus verdunstet oder aus dem Regenspeicher genutzt wird, auf dem Grundstück „schadlos beseitigt“ werden. Aus Sicht der Bauherrschaft geht letzteres nur unterirdisch, denn die komplette Oberfläche des Betriebsgeländes wird als Lagerfläche sowie als Parkplatz für Kunden und Mitarbeitende benötigt. Und das Überlaufrohr des Regenspeichers liegt bereits unter der Erde.

Wegen der in Baden-Württemberg kritischen Haltung der Wasserbehörden bei Versickerung ohne bewachsenen Oberboden kam zwischen Dachablauf und unterirdischer Sickerrigole bei Werr & Ludwig der Mall-Substratfilter ViaPlus Typ 3000 zum Einsatz. An diese „Alleskönner“-Regenwasser-Behandlungsanlage dürfen bis zu 3.000 m² abflusswirksame Fläche angeschlossen werden. Die Reinigung erfolgt in drei Stufen:

  • Rückhaltung absetzbarer Stoffe
  • Trennung abfiltrierbarer Stoffe
  • Entfernung gelöster/emulgierter Stoffe.

Diese Behandlungsstufen sind im Substratfilterschacht so angeordnet, dass die Durchströmung horizontal erfolgen kann. Dadurch ergibt sich ein geringer Fließwiderstand und ein optimierter Höhenversatz /5/. ViaPlus wurde speziell für die Entwässerung von Verkehrsflächen mit hohem Verkehrsaufkommen entwickelt, ist also deutlich „überqualifiziert“ für die Behandlung von Dachablaufwasser, das im Zulauf zum Speicher bereits gefiltert und sedimentiert wurde. Der Vorteil: Während eine Wartung bei Anschluss stark verschmutzter Flächen alle vier Jahre erforderlich wäre, sind die Intervalle hier um ein Vielfaches länger.

Sickertunnel: Standsicher, belastbar und wartungsfrei

Die Entwässerungssicherheit ist auch beim definierten Starkregen gegeben, wenn für die Versickerungsanlage das Rückhaltevolumen nach den Regeln der Technik bestimmt wird. Dafür muss gemäß DWA-A 138-1 /6/ das Gründach als wassergesättigt, die gesamte Einzugsgebietsfläche von 2.026 m² mit Abflussbeiwert 1,0 und der Regenspeicher als voll angesetzt werden. Die Simulation mit örtlichen Regendaten und dem Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens ergibt knapp 60 m³ notwendiges Volumen /2/. Die verwendeten standardisierten Tunnelelemente der Baureihe CaviLine führten zu einer Vergrößerung um 22 % bei dann 118 m² Sickerfläche.

Montage der Betonfertigteile zu einem unterirdischen Sickertunnel. Im Hintergrund der Substratfilterschacht, der neben mineralölhaltigen Kohlenwasserstoffen auch Feststoffe wie Reifenabrieb und die Schwermetalle Kupfer und Zink aus dem Wasser entfernen kann. Bild: König

Hohlkörperrigolen des Typs CaviLine haben gegenüber den gebräuchlichen Füllkörperrigolen außerdem Vorteile durch den Werkstoff Stahlbeton. Sie sind statisch bestimmt, standsicher, bis SLW 60 belastbar und kommen auch bei großen Hohlräumen ohne innere Aussteifungen aus. Die Innenhöhe von 1,25 m gilt nach der Definition der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) als „begehbar“. Der Einstieg erfolgt bei Bedarf durch den vorhandenen Domschacht. Nicht erforderlich ist eine regelmäßige Wartung der Sickertunnel, diese beschränkt sich auf den Substratfilter ViaPlus.

Kosten und Kalkül

Früher wäre sämtliches Regenwasser in die Kanalisation eingeleitet und ohne Niederschlagsgebühr von der Kommune entsorgt worden. Die Kosten für die Regenwasserbewirtschaftung plus Dachbegrünung gemäß den behördlichen Auflagen liegen für das Familienunternehmen Werr & Ludwig heute deutlich über 100.000 €. „Natürlich belastet das und wir waren bei der Kalkulation auch erschrocken. Doch mit kühlem Kopf betrachtet finde ich es richtig, dass wir die Umwelt und speziell den Wasserhaushalt schützen, verursachergerecht – nicht über die Allgemeinheit,“ meint Jörg Ludwig. Er ist in der zweiten Generation geschäftsführender Gesellschafter. „Wir machen aus der Not eine Tugend und zeigen die zukunftsfähige Haustechnik im eigenen Neubau in der bestmöglichen Ausführung. Das dient der Kundenberatung und hilft uns sogar bei der Suche nach qualifiziertem Personal.“

Eine Information der Mall GmbH, Donaueschingen

Literaturhinweise

  • /1/ Klemens, Stephan: Ausgeglichene Wasserhaushaltsbilanz – Regenwasser speichern statt ableiten. In: Ratgeber Regenwasser. Für Kommunen und Planungsbüros. Mall GmbH, Donaueschingen, 9. Auflage 2022

  • /2/ Mall-Bemessungs-Software MBS-Online. Kostenloser Download unter: https://www.mall.info/dienstleistungen/planerunterstuetzung/bemessungsprogramme/

  • /3/ DIN 1989-100:2022-07. Regenwassernutzungsanlagen – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 16941-1. Beuth Verlag, Berlin

  • /4/ DIN EN 16941-1:2024-05. Vor-Ort Anlagen für Nicht-Trinkwasser – Teil 1: Anlagen für die Verwendung von Regenwasser; Deutsche Fassung EN 16941-1:2024. Beuth Verlag, Berlin

  • /5/ Regenwasserbewirtschaftung und Niederschlagswasserbehandlung, Planerhandbuch. (Hrsg.:) Mall GmbH, Donaueschingen, 2024/2025

  • /6/ DWA (Hrsg.): Entwurf DWA-A 138-1 – Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser – Teil 1: Planung, Bau, Betrieb. Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), Hennef; November 2020

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· Artikel im Heft ·

Regenwasser im Betrieb sicher nutzen
Seite 121 bis 123
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