Energievernichter Trinkwassererwärmung und -verteilung in Bestandsobjekten
Die energetischen Aufwendungen für die Warmwasserbereitung und -verteilung sind vor allem durch die angestrebte Energiewende und damit den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen in den Fokus geraten. Ein wesentlicher Grund: Durch die in den einschlägigen Regelwerken (wie dem DVGW-Arbeitsblatt W 551) vorgeschriebenen Systemtemperaturen von 60/55°C sinkt die Effizienz der Wärmepumpen umso stärker, je höher die Aufwändungen für die Bereitung von Trinkwasser warm (PWH) sind. Gerade in Großobjekten im Bestand wie Hotels oder Sporthallen mit zudem stark schwankenden und punktuellen Bedarfen schließt das ausdrücklich die Wärmeverluste ein, die durch die Verteilung entstehen – insbesondere bei permanenter Zirkulation zum Aufrechterhalt des Versorgungskomforts und der hygienebedingten Trinkwarmwassertemperatur ≥55°C (Stichwort: Ausstoßzeit). Hinzu kommt, dass der Energieeinsatz für PWH durch eine bessere Dämmung der Gebäudehülle, also eine Senkung des Heizwärmebedarfs (Qh) relativ gesehen deutlich ansteigt (Bild 2).
Das hat unmittelbare Konsequenzen für die Arbeit von TGA-Fachplanenden. Denn sie müssen sich häufiger und intensiver mit der Frage auseinandersetzen, wie etwa bei einem Heizungstausch der Wärmeerzeuger im Spannungsfeld zwischen Effizienz, Versorgungsleistung und Wirtschaftlichkeit zu dimensionieren ist. Das über Projektmanagement auch in Planerkreisen bestens bekannte „Magische Dreieck“ aus Zeit, Kosten und Leistung wird hier gewissermaßen neu interpretiert.
Die Basis: 13 Sporthallen, 15 Hotels
Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Verbundprojektes TA-DTE XL haben das Institut für Solarenergieforschung Hameln (als An-Institut der Leibniz-Universität Hannover) und Viega vor diesem Hintergrund am Beispiel von 13 Sporthallen sowie 15 Hotelanlagen in ganz Deutschland an typischen Praxisbeispielen untersucht,
- wie hoch der tatsächliche Anteil des Energieeinsatzes für Zapfung und Zirkulation ausfällt
- welche Kennzahlen für eine energieeffiziente Auslegung der Wärmeerzeugung herangezogen werden können (Tabelle 1), und
- wie realistisch damit die normativen Vorgaben für die Bemessung solcher Anlagen sind.
Welche Messmethodik dafür zum Einsatz kam und welche Herausforderungen sich bei der Anwendung in Bestandsobjekten stellten, wurde in einem ersten Fachbeitrag in der MGT Ausgabe 6/2024 (Juni) beschrieben. Zu den Herausforderungen gehörten u. a.
- die Entwicklung eines nicht-invasiven Messverfahrens, um Betriebsunterbrechungen zu vermeiden
- die Bestimmung objekttypischer Nutzungsperioden, um möglichst realitätsnahe Verbrauchsdaten zu messen, und
- die Identifikation von Störgrößen wie automatisierte Hygienespülungen oder Innenrohrzirkulationen (in Zeiten ohne Durchfluss), die zu einer Verfälschung der Messergebnisse geführt hätten.
Um das Fazit vorwegzunehmen: Das Ergebnis der repräsentativen Reihenmessungen überraschte nicht: Vor allem in Sporthallen war, trotz annähernd vergleichbarer baulicher Rahmenbedingungen und Nutzung, die Spreizung der Messdaten beträchtlich. In den untersuchten Hotels erwies sich die wohnähnliche Nutzung des Gebäudes (Ähnlichkeit zum Mehrfamilienhaus) mit entsprechendem Nutzungsprofil als bestimmender Faktor, wann welche Warmwasserlasten anstanden und wie unterschiedlich damit die energetischen Aufwändungen für die Bereitstellung und Verteilung ausfielen.
Detailbetrachtung: Sporthallen
Zur Beurteilung der Lastprofile in Sporthallen wurden insgesamt 13 Sporthallen (Bild 4) über einen zusammenhängenden Zeitraum von vier Wochen (28 Tage, 1s Messintervall) erfasst. Für die Messungen waren Zeiträume festgelegt, an denen eine intensive Nutzung der jeweiligen Halle zu erwarten war. Allen Sporthallen gemeinsam waren getrennte Umkleiden für Damen und Herren mit jeweils identischer Anzahl an Duschen. Der durchschnittliche Nutzungsgrad über alle Sporthallen betrug nach Auswertung der Messungen 19,6 %, die durchschnittliche Zapf- und Zirkulationsenergie aller Anlagen 10,2 kWh/d und 39,2 kWh/d.
Interessant sind die Abweichungen vom Durchschnitt: Während in der Sporthalle HM_4 beispielsweise ein überdurchschnittlich hoher absoluter Gesamtenergieverbrauch festgestellt wurde, lag der Gesamtenergieverbrauch in Sporthalle PB_5 im Vergleich aller Sporthallen signifikant niedriger. Dies sind zwei zwar extreme, aber typische Beispiele, warum eine pauschale Auslegung der Wärmeerzeuger wenig zielführend wäre. Denn erst bei näherer Betrachtung ergeben sich Rückschlüsse auf die Ursachen. In Sporthalle HM_4 kann es der über 50m entfernte Standort des Wärmeerzeugers mit erdverlegter Zuleitung zu den Duschanlagen sein, der den Energieverbrauch in die Höhe treibt. Der unterdurchschnittliche Energieverbrauch in Sporthalle PB_5 hingegen lässt sich wohl darauf zurückführen, dass in dieser Anlage kaum PWH gezapft wird – weil die Nutzenden fast ausschließlich jünger als 16 Jahre sind und in dieser Altersklasse erfahrungsgemäß kaum die Gemeinschaftsduschen nutzen.
Ähnlich unterschiedlich, aber erklärlich stellen sich die ermittelten Summenlinien dar (Bild 5), die für eine bedarfsgerechte Auslegung der Speicher (Trinkwasser- oder Pufferspeicher) auch für Spitzenlasten entscheidend sind. Der kleinste kumulierte Energiebedarf wurde hier mit 3,8 kWh in Sporthalle PB_5 ermittelt, der größte mit 91,3 kWh an einem Wochenende in Sporthalle PB_3. Das lässt die Vermutung zu, dass hier ein großes Sportereignis (Turnier) stattfand.
Generell ist aus den Verläufen der Summenlinien ersichtlich, dass die meisten Zapfereignisse in Sporthallen nach 14 Uhr auftreten, also in etwa mit Ende des Schulsports in den Hallen zusammenfallen. Daraus lässt sich ableiten, dass in Sporthallen nur der Vereinssport einen wesentlichen Einfluss auf die Größe des PWH-Systems hat, nicht der Schulsport.
Für die optimale Auslegung eines PWH-Systems in einer Sporthalle sind also vor Planungsbeginn eigene Messungen und die Erstellung von Summenlinien und Spitzendurchflüssen zu empfehlen. Auch, weil es für den Gebäudetyp „Sporthallen“ keine expliziten Normen oder Regelwerke – ähnlich wie die VDI 2072 für Wohngebäude – für eine bedarfsgerechte Auslegung gibt.
Detailbetrachtung: Hotels
Der zweite Forschungsschwerpunkt lag auf Hotels, also einer Objektart, mit der Fachplanende deutlich häufiger konfrontiert werden. Die untersuchten 15 Hotelanlagen standen prototypisch für die Hotellandschaft als Ganzes: In den meisten Hotels werden immer noch fossile Wärmeerzeuger genutzt, die durch überdimensionierte Speicher gleichermaßen großzügig ausgelegte Trinkwarmwassersysteme mit hohen Systemtemperaturen bedienen.
Das bestätigten auch die Messreihen, die sich – wie bei den Sporthallen – ebenfalls durch eine sehr breite Spreizung auszeichneten (Bild 6): Die energetischen Nutzungsgrade der Hotelanlagen deckten einen Bereich von 18 bis 88 % ab. Der mittlere Nutzungsgrad lag mit 57 % deutlich höher als bei Sporthallen (14 %), kann aber sowohl aus Gründen der Nachhaltigkeit als auch der Wirtschaftlichkeit nicht wirklich zufriedenstellen. Ansätze zur Verbesserung der Effizienz wären hier beispielsweise:
- die Verringerung von Zirkulationsverlusten
- die Anpassung der voreingestellten Systemtemperaturen sowie
- die Anpassung der Zirkulationsvolumenströme, um den Nutzungsgrad weiter zu erhöhen.
Mit solchen Optimierungsmaßnahmen könnten zugleich die Betriebskosten der Objekte deutlich gesenkt werden. Eine wesentliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang allerdings ebenfalls die Größe des jeweiligen Hotels (ablesbar an der Höhe des generellen Energiebedarfs) sowie das individuelle Nutzungsprofil, das etwa in einem Tagungshotel ganz anders aussieht als in einer auf Wellness ausgerichteten Hotelanlage (Bild 7).
Nicht zuletzt aufgrund der deutlich intensiveren Nutzung der Warmwassersysteme fiel bei den Messungen noch ein zweiter wesentlicher Aspekt auf: der hohe Einfluss der saisonalen Kaltwassertemperatur auf die Spitzenleistungen zur Warmwasserbereitung. Diese Temperatur variiert abhängig von der Umgebungstemperatur der Jahreszeiten. Die Messreihen wurden darauf entsprechend abgestimmt, da das Szenario mit dem größten Energiebedarf entscheidend für die optimierte Auslegung des Warmwassersystems am Spitzenbedarf ist. Am Beispiel der Hotels wird im Winterszenario mit einer Kaltwassertemperatur von 10°C rund 40 % mehr Energie zur Trinkwassererwärmung bei gleicher Duschtemperatur benötigt, als bei einer Kaltwassertemperatur von 18°C im Sommer (Bild 8).
Entsprechend sind allein aufgrund dieser Einflüsse die Spitzenleistungen der Wärmeerzeuger um Werte zwischen 11 und 67 % nach oben zu korrigieren (Bild 9). Vor allem, wenn davon auszugehen ist, dass die Auslastung der Hotels sommers wie winters annähernd gleich ist. Mit Werten zwischen 80 und 100 % war das in den untersuchten Häusern der Fall.
Grundlagenarbeit geleistet
Um in den Sporthallen und den Hotels zu belastbaren Messwerten für eine bedarfsgerechte, energieeffiziente Auslegung der Trinkwarmwassersysteme zu kommen, war es zum einen notwendig, ein möglichst universell einsetzbares Messkonzept mit entsprechenden Messeinrichtungen zu entwickeln. Die Lösung (Bild 10) aus der Messung einer Kaltwasserleitung zum Trinkwassererwärmer (Trinkwasserspeicher, Durchfluss-Trinkwassererwärmer oder andere), einer Warmwasserleitung (PWH) zur Zapfstelle und einer Zirkulationsleitung (PWH-C), die in den Trinkwassererwärmer bzw. Trinkwasserspeicher zurückführt, hat sich dabei als praxistauglich erwiesen. Für die Messung selbst wurden über Anlege-Temperaturfühler mindestens die Temperaturen am Eingang sowie am Ausgang des Trinkwassererwärmers bzw. -speichers und in der Zirkulation gemessen und verglichen. Für die Volumenströme kamen zwei Ultraschall-Durchflusssensoren auf geraden Rohrstücken der Zuleitung zum Trinkwassererwärmer/-speicher sowie der Zirkulationsleitung zum Einsatz. Auch das ist in dieser oder auf die jeweiligen Installationsbedingungen vor Ort angepasster Form auf weitere Anwendungen übertragbar.
Zum anderen wurde sehr schnell deutlich, dass bestimmte Werte für die Ermittlung der energetischen Spitzenbedarfe nur bedingt geeignet waren, weil sie durch äußere oder systemische Einflüsse verfälscht wurden. Typisch dafür sind die bereits genannten Störgrößen wie automatisierte Hygienespülungen oder Innenrohrzirkulationen, aber genauso die Festlegung der Messintervalle zur rechnerischen Ermittlung der Mittelwerte für Spitzendurchflüsse. Hier wurde im Rahmen des Verbundforschungsprojektes ebenfalls Grundlagenarbeit geleistet.
Fazit
Angesichts der ermittelten energetischen Nutzungsgrade von 14 % in Sporthallen bzw. 54 % in Hotelanlagen für Trinkwarmwassersysteme wird deutlich, wie hoch der ökologische wie ökonomische Handlungsbedarf ist. Bestehende Anlagen müssen optimiert und neue Anlagen bedarfsgerechter geplant werden, um speziell einen Umstieg auf regenerative Wärmeerzeuger zu ermöglichen. Planende können dabei aber nur sehr eingeschränkt auf die aktuell vorhandenen Normen und Regelwerke (Tabelle 2) zurückgreifen. In diesen finden sich zwar gewisse Richtwerte, die den stark differierenden Bedarfen in den jeweiligen Objekten aber nur bedingt entsprechen.
Besonders deutlich wird das am Beispiel der theoretischen Planungsgrundlagen nach DIN EN 12831 Teil 3 (Energetische Bewertung von Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast – Teil 3: Trinkwassererwärmungsanlagen, Heizlast und Bedarfsbestimmung). Deren modifiziertes Summenlinienverfahren stellt zwar im Vergleich zur früher genutzten DIN 4708 eine deutliche Verbesserung – sprich: kleinere Dimensionierung – in der Auslegung dar. Durch die Unschärfe der angesetzten Nutzungsprofile sowie obligatorische Sicherheitszuschläge, beispielsweise im Hinblick auf Reaktionszeiten oder individuell nutzungsabhängig zu bewertende Spitzenlasten, weichen die rechnerischen Ergebnisse aber immer noch (zu) deutlich von den realen Betriebsbedingungen ab.
Umso wichtiger ist es, vor Planungsbeginn einer Neuinstallation oder einer umfangreichen Sanierungsmaßnahme entweder unter Hinzuziehung passender Vergleichswerte aus bestehenden Sport- oder Hotelanlagen oder durch geeignete Messreihen am konkreten Objekt eine eigene Datenbasis aufzubauen, die als Grundlage für eine bedarfsgerechte Auslegung des Warmwassersystems im jeweiligen Objekt dienen kann.
Dies gilt insbesondere für die Entwicklung zukunftssicherer Trinkwarmwassersysteme auf Basis regenerativer Wärmeerzeuger und/oder mit effizienzoptimierten Speicher- und Verteilsystemen. Exemplarisch sei hier auf
- die Auslegung des Warmwasserbedarfs auf Basis realer Gleichzeitigkeiten mit
- hygienegerecht „schlank“ dimensionierten Rohrleitungssystemen
- den Verzicht auf kleinteilige Zirkulationssysteme zur Verringerung der Verteilverluste sowie
- entsprechende Speichersysteme mit abgestimmten Durchfluss-Trinkwassererwärmern
verwiesen.
M. Sc. Sven-Yannik Schuba
M. Sc. Jan Kuhlen
Dipl.-Ing. Detlev Schmitt
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