Trockenbau und TGA kombinieren

Pilotprojekt zur Wohnraumgewinnung

In einem Pilotprojekt zur Nutzbarmachung eines Kellerraums wurde eine neuartige TGA-gestützte Trockenbaukonstruktion zur nachhaltigen Feuchte-, Schad- und Geruchsstoffabfuhr ohne Raumluftbelastung umgesetzt und mit einem Monitoringsystem kombiniert.

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Aufbau der Messstelle in der Test-Vorwand des Pilotprojekts Bild: Martin Donath
Aufbau der Messstelle in der Test-Vorwand des Pilotprojekts Bild: Martin Donath

Im Rahmen der energetischen Sanierung eines Wohn-und Geschäftshauses in Wernigerode, Sachsen-Anhalt, wurden die Maßnahmen zur Trockenlegung von Kellerräumen messwertbasiert überprüft. Das Feuchtemonitoring der einzelnen, zunächst mit traditionellen Verfahren begonnenen Bauphasen (Horizontalsperre, Schachtarbeiten, Dränung und Abdichtung) und die dementsprechende Abwägung zwischen Aufwand und angestrebtem Nutzen, einer kurzfristigen Einrichtung eines Archivs in einem einzelnen Kellerraum, offenbarten die technischen und wirtschaftlichen Grenzen dieser Maßnahmen. Die permanente Einhaltung des erforderlichen Zielwertes < 55 % rF für die Raumluft würde das zusätzliche aufwändige Aufbringen eines Sanierputzes und eine laufende Klimatisierung sowie Überwachung des Innenraumes erfordern. Das belegen die in dem benachbarten Referenzraum des Kellers kontinuierlich gemessenen Feuchtwerte der Innenluft, die temporär 95 % rF überschritten, denn Wände und Fußboden des Kellers sind auch nach Trockenlegung des Gebäudes weiterhin vollständig mit Wasser gesättigt und geben dieses Wasser an die Innenluft ab.

Die zum bauseitigen Feuchtemanagement bisher bevorzugten Sanierputze, mineralische oder kapillaraktive Innendämmungen zur Raumseite müssen funktionsbedingt diffusionsoffen sein, um Feuchtetransporte an die raumseitige Oberfläche und eine Verdunstung zu ermöglichen. Im gelösten Zustand mitgeschleppte Bausalze werden über lange Zeiträume im Porenraum unter der Oberfläche gespeichert, ohne dass Salzausblühungen sichtbar werden. Doch Ausgasungen von Schad- und Geruchsstoffeinschlüssen aus den Bauteilen in den Innenraum können solche Systeme nicht unterbinden. Zusätzliche Flächenabdichtungen auf Innendämmungen konterkarieren deren Grundfunktion. Sie verhindern eine natürliche Trocknung durchfeuchteter Baustoffe und stellen einen unkontrollierten Eingriff in den hygrischen Haushalt der Bauteile und in das Raumklima eines Gebäudes dar.

Deshalb wurde entschieden, mittels einer innovativen Trockenbaukonstruktion mit Innendämmung zur Entkoppelung des Innenraums von der Gebäudehülle eine kostengünstige Variante zu versuchen. Sie wurde mit einem Monitoring des Feuchte- und Schadstoffabtransports zur Qualitätssicherung kombiniert. Die Innovation bringt die theoretischen Überlegungen und praktischen Erfahrungen aller Projektbeteiligten zusammen.

Wirtschaftliche und umweltrelevante Betrachtung

Für das Projekt wurden Material- und Lohnkosten in Höhe von 275 €/m² installierter Trockenbaufläche benötigt, die in einer seriellen Ausführung sicher noch signifikant gesenkt werden können. Der ca. 40 m² große Kellerraum selbst wurde nur an den Außenwänden und auf dem Fußboden mit der Trockenbaukonstruktion versehen. Bezogen auf einen Raum von 100 m² Nutzfläche und 2,50 m Höhe und unter Berücksichtigung aller Wände würde die Nutzbarmachung einer zuvor nicht verwendbaren Fläche 55.000 € bzw. 550 €/m² Nutzfläche kosten. Bei einer Kaltmiete von 5 €/m² Nutzfläche und Monat, die in bevorzugten verdichteten Quartieren sicher erzielbar wären, würde sich eine derartige Maßnahme schon in 10 Jahren amortisiert haben.

Die Überlegung, aus der Einzellösung in eine patentrechtlich geschützte skalierbare Produktentwicklung überzugehen, resultiert einmal aus der erkennbaren Rentabilität der Maßnahme und aus dem Umstand, dass allein in Deutschland trotz dringend benötigter Wohn- und Nutzflächen ca. 12 Mio. Wohngebäude (Baujahr bis 1979) mit bisher nicht oder kaum nutzbaren Erd-, Souterrain- und Kellergeschossen existieren.

Wohnraum in unteren Geschossen schrumpft oder leidet zudem durch Feuchteschäden und Kontaminierungen (z. B.durch Heizöl) infolge von Extremwetterlagen wie Starkregenereignisse und Hochwasser, energiekrisenbedingte Einschränkungen von Heizung und Lüftung mit Kondensatschäden und fehlerhaft ausgeführte Dämmungen. Neue Handlungserfordernisse ergeben sich auch durch die Ausweisung von weiteren Radon-Vorsorgegebieten. Mit einer Feuchtesanierung solcher Geschosse und Räume im Baubestand kann zusätzlicher Wohn- und Nutzraum einfach und wirtschaftlich gerettet oder hinzugewonnen und die sanierten Flächen können sofort bzw. kurzfristig bezogen werden.

Der Vorteil dieser nachhaltigen energetischen Sanierung besteht darin, auch nur einzelne Räume oder Etagen wieder einer Nutzung zuführen zu können. Durch die Wieder- oder Neubelebung des Bestandes werden Klimaschutz und Energieeinsparung gefördert, Kosten reduziert und finanzielle Risiken vermieden.

Eine pragmatische Systemlösung sollte nun ein Montagesystem als Trockenbau-Vorsatzschale ohne wesentliche Arbeiten außerhalb der Umfassungsbauteile schaffen.

Erfahrungen der Projektbeteiligten als Basis für die Neuentwicklung

Das von Dr.-Ing. Martin Donath entwickelte Monitoringsystem wurde bereits seit 2017 erfolgreich zur Qualitätssicherung bei Sanierungen durchfeuchteter denkmalgeschützter Gebäude eingesetzt. Die Notwendigkeit, bauliche Maßnahmen an der Hülle gebäudetechnisch zu unterstützen, wurde z. B. in der Veröffentlichung: „Passivhäuser erfordern aktive Anlagentechnik“ (Das Objektgeschäft 2013) begründet.

Im vorliegenden Fall wurde ein Messrohr implementiert, das der Erfassung von Klimadaten hinter der speziell für den Anwendungsfall entworfenen Vorwandkonstruktion dient (Bild 1).

Von Dr.-Ing. Jörg Walther wird ein so genanntes Konvektions- und Dämmsystem seit 2015 erfolgreich eingesetzt (Bild 2). Auf der Basis eines gekoppelten Doppel-Luftspaltes, der eine Kerndämmung umschließt, dient es einer natürlich-konvektiven Trocknung von Kellerwänden, denen Hochwasserschutzwände aus Stahlbeton vorgeblendet wurden. Es führt zu einer raschen Klimastabilisierung in den zuvor feuchtkalten Kellerräumen. Ein ebensolches System funktioniert seit 2018 auch auf einer erdberührten Wandaußenseite.

2 - Bauzustand Konvektions- und Dämmsystem vor erdberührter Kellerwand Bild: Jörg Walther

Einen wesentlichen Beitrag für diese Umsetzung im Trockenbau leistete Milan Fulst. Er führte den Trockenbau an den Wänden und am Fußboden einschließlich der notwendigen Abdichtungen ideenreich mit einem großen handwerklichen Geschick und Erfahrungsschatz aus. Darüber hinaus erhielt das Projektteam von weiteren Fachkollegen entscheidende Tipps, ohne die der Prototyp wohl nicht so funktionsfähig konstruiert und gebaut worden wäre.

Risikomanagement durch die Projektbeteiligten

Eine innovative Trockenbaulösung als „Bauart ohne Vorbild“ wie im vorliegenden Anwendungsfall stellt ein Wagnis für die Projektbeteiligten dar. Es existieren kaum technische Regeln für solche Konstruktionen im zu erwartenden Bauklimabereich. Somit werden deshalb nur bauaufsichtlich zugelassene Einzelprodukte angeboten, die in diesen Klimarandbedingungen eingesetzt werden können. Zur Minimierung des Risikos erfolgte daher die Kombination der Doppelspalt-Trockenbauausführung (Dr.-Ing. Walther) mit dem System zur permanenten Überwachung und manipulativen Steuerung des Trocknungs- bzw. Trockenhaltungsprozesses. (Dr.-Ing. Donath).

Durch die natürlichen thermischen, hygrischen, barometrischen und aerodynamischen Potenzialdifferenzen am Gebäude sollte ein ausreichender Luftstrom entstehen, der Baufeuchte (Wasser) als Wasserdampf (Gas) sowie emittierte Schad- und Geruchsstoffe aus den umschließenden Bauteilen an die Außenluft abtransportiert. Eine dampfsperrende Luftdichtheitsschicht begrenzt bzw. unterbindet eine Belastung der Raumluft. Die Kontrolle der Feuchtewerte dient der Qualitätssicherung der realisierten Trockenbaulösung sowie der Zuschaltung zusätzlicher Aktoren (Strömung, Entfeuchtung, Erwärmung). Perspektivisch sind eine Standardisierung und Übernahme in ein normatives Regelwerk denkbar.

Die Testphase begann mit der Installierung des Feuchtemonitorings am 24.11.2023. Neben temporären Messungen der Strömungsgeschwindigkeit an Zuluft- und Abluftflansch sowie ausgewählten Punkten der Trockenbauwand wurden kontinuierlich Messwerte an der Außenwand des Archivs mit 4 Messkammern, der Zuluft nach der Trocknerkammer, der Abluft in der Kaminzuführung, sowie der Feuchte- und Temperaturwerte einer weiteren Stelle aufgenommen, weiterhin an der Referenzkellerwand im unveränderten Nachbarraum mit fünf Messkammern und der Außenluft im Bodenbereich (Bild 3).

3 - Prinzip des Pilotprojekts Bild: Martin Donath

Der fertiggestellte Raum ist in Bild 4 zu sehen. In der Mitte des Bildes befindet sich die Trocknerkammer für die Zuluft, die über das mit einem Durchbruch versehene Fenster zugeführt wird. An der Trocknerkammer ist die Projektbeschreibung angebracht.

4 - Prototyp Zuluft Bild: Martin Donath

Das Messrohr (Bild 1) misst die Feuchte- und Temperaturwerte im Wandaufbau. Die Datensammlung und Weitergabe erfolgen über ein hausinternes WLAN und das Internet. Das Kondensat aus dem Trockner wird über einen Schlauch abgeleitet. Nach Verlassen der Trocknerkammer wird die Luft in ein Verteilsystem an der Decke geführt, strömt dann an der Wand nach unten und danach über den Fußboden. Wenn die Luft Wand und Fußboden passiert hat, wird sie an Austrittsöffnungen in den Abluftkanal eingeleitet (Bild 5). Hier verlässt sie das System über einen nicht mehr für die Feuerung benötigten Kamin.

5 - Prototyp Abluft Bild: Martin Donath

Patentanmeldung

Für die konstruktive Trockenbaulösung und das Monitoringsystem wurden entsprechende Schutzrechte angemeldet. Dieses Projekt wurde damit in eine konstruktive Lösung für ein belüftetes Trockenbausystem zur Klimastabilisierung sowie zur Schad- und Geruchsstoffabfuhr aus Räumen mit erd- und außenluftberührten Bauteilen eines Gebäudes überführt. Der energetische Vorteil der Lösung besteht darin, dass Klimatisierung und Schadstoffabfuhr nicht mehr aus dem gesamten Raumvolumen, sondern nur noch aus dem wesentlich kleineren Luftvolumen hinter der Trockenbau-Vorsatzschale notwendig sind, d.h., auf die hygrothermische Grenzschicht der Außenwände beschränkt bleiben. Der Raum selbst ist von den klima-, schadstoff- und geruchsbeeinflussenden Bauteilen entkoppelt und kann mit üblicher Heizungs- und Lüftungstechnik ohne Luftfilter temperiert werden.

Bild: Donath
Bild: Donath

Bauphysikalische Funktionsbeschreibung

Temperatur- und Feuchteunterschiede beeinflussen die Dichte der Luft. Wird ein Luftspalt von einer Wärmesenke oder Feuchtequelle und ein mit ihm gekoppeltem weiteren Luftspalt von einer Wärmequelle und einer Feuchtesenke beeinflusst, wird die Luft in dem einen Spalt schwerer und im anderen Spalt leichter. Durch die Koppelung beider Spalte an ihren Enden entstehen spontan Rotationsströmungen im gesamten System. Wird das System mit der Außenluft verbunden, beeinflusst deren jahreszeitlicher Wetterverlauf, ob die Außenluft als thermische bzw. hygrische Quelle oder Senke das System beeinflusst. Das Wandsystem als Doppelspalt kann direkt an einen Schornstein oder ein Abluftrohr angeschlossen werden, um thermischen bzw. windinduzierten Auftrieb zu nutzen. Im vorliegenden Pilotprojekt wurde das Wandsystem mit einem Ein-Spalt-System über dem Fußboden gekoppelt, bevor es den Schornstein erreicht.

Wie schon bei der Entwicklung der Systeme mit Außenanordnung im Hochwasserschutz und im erdberührten Bereich, die sich seit Jahren ohne Zusatzmaßnahmen und Energiezufuhr bewähren, erfolgte zunächst eine hygrothermische Simulation nach der Feuchteschutznorm DIN 4108-3:2018-10 Anhang D. Auch hier wurde unter bestimmten Randbedingungen eine erfolgreiche Funktion der Idee vorausgesagt. Das nachgerüstete Trockenbausystem beim Pilotprojekt im Wand- und Fußbodenbereich ist in Bild 6 rot umrandet dargestellt.

6 - Modellgeometrie und Trocknungsfortschritt in der Simulation zum Pilotprojekt Bild: Jörg Walther

In den je 40 mm starken Luftspalten des vorliegenden Pilotprojekts (ca. 1,75 m³ Wand-Spaltluft) wird eine rechnerische, durchschnittliche Luftwechselrate von 5 bis 30 h–1 erforderlich, um das Trocknungsverhalten nach Bild 6 zu initiieren. Das würde dauerhaft wirkenden Geschwindigkeiten einer Luftströmung von nur etwa 5 mm/s bis 30 mm/s entsprechen. Es handelt sich damit um sehr schwach durchströmte Luftschichten, deren Strömungen kaum zu messen sind.

Innerhalb von 12 Monaten „stürzt“ der Feuchtegehalt im oberflächennahen Wandbaustoff von ggf. vollständigem Sättigungsgehalt auf Vergleichswerte herab, die sonst nur außenluftberührte Wände aufweisen. Dennoch behalten Kern und Außenschale der historischen Kellerwand so wie auch der Fußboden Feuchtegehalte, die keine trocknungsbedingten Schäden riskieren. Auf die kostenintensive Abdichtung auf den Bauteilaußenseiten kann daher verzichtet werden.

Um die Randbedingungen zur Funktionsweise dauerhaft beherrschen zu können, wurde im Rahmen der Risikoabwägung entschieden, dass mit dem oben beschriebenen Monitoringsystem wahlweise Aktoren zur Unterstützung des Luftstromes, Trocknung der Zuluft und auch zur Beheizung oder Befeuchtung zu- und abgeschaltet werden können. Ohne diese Beeinflussung sollte das System ansonsten allein durch die spontane Wirkung natürlicher Antriebskräfte funktionieren.

Die Konstruktion des Pilotprojekts erreicht gegen das Erdreich einen Wärmedurchgangskoeffizienten von U = 0,22 W/(m²K). Dieser Wert erfüllt die Anforderungen gemäß Anlage 7 Nr.1b und 6b des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) 2024, obwohl für innenliegende Dämmungen wegen der Gefahr von Kondensationsschäden keine Forderungen bestehen. Die Konstruktion unterbindet schließlich diese Gefahr. Die Wärmebrückenzuschläge an den Konstruktionsrändern sind fallbezogen zu berechnen. Der Fußboden gegen das Erdreich wurde beim Pilotprojekt auf einen Wärmedurchgangskoeffizienten von U = 0,40 W/(m²K) ertüchtigt. Auch dieser Wert erfüllt die Anforderungen nach Anlage 5 Zeile 6c GEG 2024.

Erste Ergebnisse des Monitorings

Entsprechend der geplanten Testszenarien wurde am 29.11.2023 der Zuluft-Trockner mit voller Leistung zugeschaltet und am 30.11.2023 die Leistung auf 50 % reduziert. Bild 7 zeigt, wie der Feuchtewert im Zuluftflansch zunächst auf < 20 % rF gesenkt wurde und sich dann intermittierend auf einen Wert um 50 % rF einpegelt. Die Erwärmung der Zuluft ist auf die Abwärme des Trockners zurückzuführen.

7 - Feuchte- und Temperaturwerte von Zuluft und Abluft Bild: Martin Donath

Die Werte der Außenwand des Archivs werden im Bild 8 gezeigt. Damit wird das Mauerwerk innen in 5 cm Tiefe (Kammer 1), der Spalt an der Kellermauer (Kammer 2), der Spalt an der inneren Trockenbauwand (Kammer 3), die Grenzfläche zum Innenraum (Kammer 4) sowie der Innenraum selbst (Archiv) kontrolliert. Hier wird die permanente Temperatur- und Feuchtespreizung an den Messstellen des Doppelspaltsystems deutlich.

8 - Feuchte- und Temperaturwerte des Messrohrs im Aufzeichnungszeitraum Bild: Martin Donath

Das Klima in der Spaltluft ist vom Klima an der Außenluft geprägt. Mit der Kontrolle und Auswertung dieser Daten soll die Abhängigkeit von der Witterung (natürliche thermische, hygrische, barometrische und aerodynamische Potentialdifferenzen) auf die Feuchte- und Temperaturwerte in den Spalten bewertet werden. Der gewünschte Effekt zur Trockenhaltung bzw. Wasser- und Schadstoffabtransport wird messwertbasiert verfolgt.

Im gezeigten Messzeitraum folgen die Werte geglättet den Werten der Außenluft (ca. 55 % rF aus Bild 8). Kammer 1 zeigt, dass das Mauerwerk (< 100 % rF) zu trocknen beginnt. Der Spalt zur Kellermauer weist ca. 80 % rF, der Spalt zum Innenraum ca. 65 % rF und die Grenzfläche zum Innenraum ca. 55 % rF bei Temperaturen um 15 °C auf.

Am 15.12.2023 betrug bei Heizbetrieb im Archiv und einer Raumlufttemperatur von ca. 20 °C der Partialdampfdruck im äußeren (wandzugewandten) Luftspalt ca. 1.230 Pa, während der innere (raumzugewandte) Luftspalt einen Partialdampfdruck von 1.500 Pa entgegensetzte. Diese Dampfdruckunterschiede verdeutlichen, dass eine Rotationsströmung im Doppelspalt hinter der Vorwand stattfinden muss, weil diese miteinander gekoppelt („kurzgeschlossen“) sind.

Sofern die Partialdruckverhältnisse, einschließlich im Fußboden, ungünstige Bedingungen signalisieren, können die Aktoren (bislang Lüfter in Zuluft und Abluft sowie Kondensationstrockner Zuluft) zugeschalten werden. Die Reaktion im Luftspalt des Fußbodens wurde deshalb am 15.12.2023 überprüft. In einer Abfolge verschiedener Regime der Zu- und Abschaltung der Aktoren wurden Temperatur, relative Feuchte und Strömungsgeschwindigkeit in der Spaltluft des Fußbodens aufgezeichnet. Die Ergebnisse des Einflusses der Aktoren sind in den Bildern 9 bis 11 dokumentiert.

9 - Einfluss der Aktoren auf die Temperatur der Spaltluft im Fußboden Bild: Jörg Walther
10 - Einfluss der Aktoren auf die relative Feuchte der Spaltluft im Fußboden Bild: Jörg Walther
11 - Einfluss der Aktoren auf die Strömungsgeschwindigkeit der Spaltluft im Fußboden Bild: Jörg Walther

Zusammenfassung

In dem dargestellten Pilotprojekt wird eine Trockenbaukonstruktion mit Innendämmung zur Entkoppelung des Innenraums von der Gebäudehülle mit einem Monitoring des Feuchte- und Schadstoffabtransport zur Qualitätssicherung kombiniert.

Die Motivation besteht in der Bereitstellung von dringend benötigtem Wohnraum durch bisher nicht wirtschaftlich realisierbare Nutzbarmachung von Gebäuden und Gebäudeteilen. Bisher noch genutzte Gebäude sind zudem der Zunahme von Feuchteschäden und Kontaminierungen infolge von Extremwetterlagen wie Starkregenereignissen und Hochwasser, der energiekrisenbedingten Einschränkung von Heizung und Lüftung mit Kondensatschäden, fehlerhaft ausgeführten Dämmungen sowie neuen Handlungserfordernissen durch die Ausweisung von Radon-Vorsorgegebieten ausgesetzt und sollen unter vertretbarem Aufwand nutzbar bleiben können.

Bezogen auf einen Raum von 100 m² Nutzfläche und 2,50 m Höhe und unter Berücksichtigung aller Wände würde die Nutzbarmachung einer zuvor nicht verwendbaren Fläche 55.000 € (550 €/m² Nutzfläche) kosten. Bei einer Kaltmiete von 5 €/m² Nutzfläche und Monat, die in bevorzugten verdichteten Quartieren sicher erzielbar wären, würde sich eine solche Maßnahme schon in10 Jahren amortisieren.

Das System nutzt natürliche thermische, hygrische, barometrische und aerodynamische Potenzialdifferenzen mit optionaler Ansteuerung von zusätzlichen Aktoren. Da bisherige konservative Lösungen wie Abdichtung oder Abriss und Neubau aufgrund fehlender Kapazität, wachsender Material- und Zinskosten, hohen Energieverbrauchs, hoher CO2- Emissionen, hohem Zeitaufwand, zunehmender Flächenversiegelung und erforderlicher Infrastrukturerweiterung mit wachsendem Mobilitätsaufwand nur noch begrenzt realisierbar sind, wurde mit dem vorliegenden Pilotprojekt eine sichere, energiesparende und wirtschaftliche Maßnahme zur nachhaltigen Nutzung durchfeuchteter und/oder schadstoffbelasteter Gebäudesegmente realisiert.

Das entwickelte Know-how ermöglicht nunmehr, dieses System interessierten Unternehmen bzw. Eigentümern oder Nutzern betroffener Gebäude für Feuchtesanierungen anzubieten. Die Qualitätssicherung für diese innovative Trockenbaulösung erfolgt durch ein integriertes Feuchtemonitoring, so dass der Trocknungs- bzw. Trockenhaltungsprozess sicher überwacht und ggf. gesteuert werden kann.

Dr.-Ing. Martin Donath

Dr.-Ing. Martin Donath

Milan Fulst

Milan Fulst

Dr.-Ing. Jörg Walther

Dr.-Ing. Jörg Walther
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Pilotprojekt zur Wohnraumgewinnung
Seite 30 bis 36
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