Generationswechsel

Planung und Installation barrierefreier Sanitärräume

Eine zunehmend ältere Bevölkerung braucht mehr Barrierefreiheit – auch im Bad. Doch was heißt eigentlich „barrierefrei“. Eine rechtlich bindende Definition für den Begriff liefert die DIN 18040, die zudem vorgibt, wie Bäder neu oder umzubauen sind, um die Anforderungen zu erfüllen. Für Planung und Installation ergeben sich daraus einige Herausforderungen.

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Eine Dusche muss in einem barrierefreien Bad gut erreichbar und ein Waschbecken unterfahrbar sein. Bild: GESOBAU
Eine Dusche muss in einem barrierefreien Bad gut erreichbar und ein Waschbecken unterfahrbar sein. Bild: GESOBAU

Bis 2035 werden in Deutschland 2 Mio. Wohnungen für Senioren fehlen. Bis 2030 werden voraussichtlich knapp 22 Mio. Menschen oder 26 % der Bevölkerung älter als 65 Jahre sein. Derzeit sind es 22 %. 2018 waren lediglich 1,5 % oder 560.000 von insgesamt 37 Mio. Wohnungen barrierearm ausgestattet. Im Sinne der Norm barrierefrei waren noch weniger.

Der Markt bietet inzwischen eine breite Palette an Ausstattungen, die nicht nur funktional, sondern auch ästhetisch ansprechend sind. Barrierefreie Wohnungen müssen keineswegs wie ein Krankenhaus aussehen. Innovative Lösungen stellen Funktionalität und Ästhetik gleichermaßen in den Vordergrund, so wie es etwa die heute weit verbreiteten bodengleichen Duschen leisten. Entscheidend ist jedoch, dass bei der Planung und Ausführung barrierefreier Wohnungen strenge Normen einzuhalten sind.

Barrierefreiheit bedeutet nicht, dass das Bad im Krankenhausdesign gestaltet wird. Bild: Dornbracht

Normen sind eng gefasst

Im Bau- und Immobilienbereich werden auch die Begriffe barrierearm und behindertengerecht verwendet. Beiden Begriffen liegt jedoch keine Norm zugrunde.

Die Barrierefreiheit in Bezug auf Sanitärräume in öffentlichen Gebäuden ist durch die Norm DIN 18040-1 geregelt, die für Badezimmer und Toiletten in Wohnungen in der DIN 18040-2. Die Norm legt präzise die Höhen der Badausstattungen sowie die erforderlichen Abstände (Bewegungsflächen) zwischen den verschiedenen Komponenten, beispielsweise für Pflegekräfte oder Rollstühle, fest.

Sanitärräume müssen der DIN 18040-2 nach spezifische Maße für Sanitärobjekte, Bewegungsflächen und Abstände aufweisen. Drehflügeltüren etwa dürfen nicht in diese Räume schlagen und müssen von außen entriegelbar sein. Wände in Sanitärräumen sollen so beschaffen sein, dass sie bei Bedarf mit Stütz- und Haltegriffen ausgestattet werden können.

Bäder sollten sowohl stufenlos begehbare Duschen als auch Badewannen bieten, die zudem mit rutschhemmenden Bodenbelägen ausgestattet sein sollten. Armaturen sollten idealerweise als Einhebelarmaturen mit schwenkbarem Auslauf und verlängerter Hebellänge oder als berührungslose Armatur mit Temperaturbegrenzung gestaltet sein.

Bei rollstuhlgerechten Bädern sind noch strengere Anforderungen zu erfüllen. Hier muss trotz eines Rollstuhls mit einem ausreichenden Wendekreis (gemäß der genannten Norm wären das 1,50 m bei 90°) gewährleistet sein, dass alle Elemente im Badezimmer erreichbar bleiben. Hersteller haben viele gut gestaltete Lösungen für solche barrierefreien Komponenten entwickelt.

Waschtische müssen für Rollstuhlfahrer unterfahrbar sein und genügend Beinfreiraum bieten. Die Bewegungsfläche vor dem WC sollte mindestens 1,20 ×1,20 m betragen. Der seitliche Abstand zu Wänden oder anderen Sanitärobjekten muss ausreichend sein. Stützklappgriffe sollten neben dem WC montiert werden.

Bei Waschbecken und Armaturen müssen Beinfreiheit und Verbrühschutz mitgedacht werden. Bild: Burgbad

Bei Wohnungen wird zudem nach VDI 6000-1 von Einzelnutzung des Sanitärraums als Regelfall ausgegangen. Bewegungsflächen dürfen dort überlappen. Spezielle Nutzungen wie gleichzeitig durch mehrere Personen oder mit Rollstühlen, sind vor Planungsbeginn zu vereinbaren.

Schon in der Planung Vorgaben beachten

Die Realisierung eines barrierefreien Badezimmers beginnt bereits während der Bau- oder Sanierungsphase, damit über die Nutzungszeit eines Bades hinweg nahtlose Anpassungen von alltäglicher Nutzung bis hin zur Pflegegerechtigkeit möglich sind. Dazu müssen Wandstrukturen und Vorbauten verstärkt werden, an denen später Haltegriffe, Lifte oder Schränke hängen. Allerdings können bestimmte Wandmaterialien, etwa der auch bei Sanierungen recht beliebte Trockenbau, nicht ausreichend verstärkt werden. In solchen Fällen braucht es dahinter eine geeignete Tragstruktur.

Toilettenanschlüsse müssen mit manueller Höhenverstellung ausgestattet werden. Stromanschlüsse sind großzügig an potenziellen Verbrauchsstellen zu planen. Deswegen ist auch möglichst vor der Umsetzung eine Analyse des individuellen Nutzungsverhaltens sinnvoll.

Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung eines barrierefreien Bades ist aufgrund der Vielzahl der Gewerke eine sehr gute Koordination. Denn die Fehleranfälligkeit ist höher als bei herkömmlichen Bädern. Sinnvoll wäre auch die Einbeziehung eines Handwerkers, der Erfahrung mit den Kriterien der Barrierefreiheit hat.

Trotz bester Planung sind nicht immer alle Umbauten möglich. Dies zeigt eine Studie des Branchenverbands ZVSHK, die sich mit der Barrierefreiheit in altersgerecht angepassten Kleinstbädern unter 5 m² in Bestandsgebäuden befasst /1/. Von den untersuchten Bädern erfüllte nur eines sowohl die Anforderungen der Nutzer mit fortschreitenden Beeinträchtigungen als auch die des Pflegepersonals.

Viele der untersuchten Kleinstbäder hatten keine bodenebenen Duschen, zu schmale Eckeinstiege oder unzureichend erhöhte Toiletten. Auch die Platzierung der Waschbecken, Ablagen und Steckdosen entsprach oft nicht den Anforderungen für Pflegezwecke. Zudem ist das häufig verwendete weiße Material für sehbehinderte Menschen zum Teil ungeeignet, wenn die Farbwahl die Anforderungen bezüglich ausreichender Kontraste nicht erfüllt.

 

Schalter sollten kontaktfrei bedienbar sein sowie akustisch informieren können. Bild: GIRA

Und: Die Installation einer bodengleichen Dusche erfordert eine bestimmte Bodenhöhe. Die Bewegungsflächen, die ein Rollstuhl benötigen würde, sind damit im Bestandsbad oft nicht gegeben.

Tipps der Fachverbände

VDS: Aktion Barrierefreies Bad

Der VDS bietet umfangreiche Empfehlungen, wie man mit begrenzten Ressourcen die bestmögliche Barrierefreiheit erreichen kann. Diese Tipps umfassen auch Informationen über Sanierungs- und Umbaumaßnahmen sowie mögliche Fördermöglichkeiten. Weitere Informationen finden Sie unter www.aktion-barrierefreies-bad.de.

ZVSHK: SHK Barrierefrei

Der ZVSHK stellt auf www.shk-barrierefrei.de einen Onlinekatalog für barrierefreie Badezimmer zur Verfügung. In diesem Katalog können Produkte verschiedener Hersteller für verschiedene Arten von körperlichen Einschränkungen recherchiert werden.

AAL mitdenken

Wenn eine barrierefreie Umgestaltung eines Badezimmers ansteht, ist es zudem ratsam, die Prinzipien des Ambient Assisted Living (AAL) zu berücksichtigen. Das wiederum erfordert eine zukunftsorientierte Elektroinstallation mit zahlreichen Elektroanschlüssen an definierten Positionen. Ein AAL-gerechtes Badezimmer muss vor allem hygienisch sein und leicht zu reinigen. Aspekte wie spülrandloses Design der Toilette, Dusch-WCs zur Reinigung und Trocknung sowie berührungslose Armaturen und Lichtsteuerungen tragen zu einer hygienefördernden Umgebung bei.

Literaturhinweise

  • /1/ZVSHK (Hrsg.): Optimierung der Umsetzung und Finanzierung von pflegegerechten Bädern im Rahmen der Wohnraumanpassung - Modellprogramm zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung nach §8 Abs. 3 SGB XI, März 2022, Kurzlink https://t1p.de/gmvj3

Dipl.-Journalist Frank Urbansky

Dipl.-Journalist Frank Urbansky
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· Artikel im Heft ·

Planung und Installation barrierefreier Sanitärräume
Seite 49 bis 51
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