Bekanntlich trennen Fettabscheider leichte Stoffe wie Fette und Öle vom Abwasserstrom und sammeln diese an der Oberfläche. Somit baut sich meist auch schon kurz nach jeder Entleerung eine Schicht an der Oberfläche auf. Diese enthält nicht nur Fette und Öle, sondern auch eine hohe Konzentration an bioverfügbarer organischer Masse wie Eiweiß oder Stärke – eine willkommene Nahrungsquelle für die über das Abwasser zusätzlich eingetragenen Mikroorganismen.
Das zufließende Abwasser gibt genug Wärme in den Fettspeicher ab, so dass hervorragende Bedingungen für die Bildung von Biogasen vorherrschen. Insofern stellt der Fettabscheider einen kleinen Bioreaktor dar, in dem sich der Gasraum im Abscheider mit Reaktionsprodukten aus der Fettschicht anreichert und parallel die Sauerstoffkonzentration abfällt.
Messungen bestätigen dies. Schon nach kurzer Zeit lassen sich Methan (CH4) oder Kohlenmonoxid (CO) nachweisen. Darüber hinaus gelangen über Nahrungsreste auch noch Schwefel in den Fettabscheider, daher sind auch nachgelagerte Reaktionsprodukte von Schwefel nachweisbar (Tabelle 1).
Risiken der Gasbildung
Bezüglich der sich bildenden Gase braucht es eine differenzierte Betrachtung. Nach jedem Entleerungsvorgang und Verschließen der Anlage entspricht der Gasraum im Fettabscheider zunächst annähernd dem Umgebungsmilieu. Somit kann anfangs meist von einem Sauerstoffgehalt von etwa 21 % ausgegangen werden. Doch schon nach kurzer Zeit sinkt die Konzentration, da der Sauerstoff von Mikroorganismen „veratmet“ und umgesetzt wird. Bei schlecht betriebenen Anlagen wurden Restwerte von 2 % Sauerstoff gemessen.
Schon Werte von unter 15 % sind als lebensfeindlich einzustufen. Somit sollte es bei jeder Begehung von Abscheidern selbstverständlich sein, für eine ausreichende Lüftung zu sorgen. Parallel zum Abfall des Sauerstoffgehalts steigt der Anteil an Kohlenmonoxid. Bei Stichprobenmessungen wurden bis zu 268 ppm (parts per million) gemessen. Dies ist zwar für sich gesehen noch nicht gesundheitsgefährdend, jedoch ein Indikator für die Sauerstoffarmut der Atmosphäre. Die damit verbundene Unfallgefahr ist enorm. Jedes Jahr verzeichnet die Berufsgenossenschaft bei der Begehung von Fettabscheidern Todesfälle. Ausreichende Arbeitssicherheitsmaßnahmen sollten deshalb selbstverständlich sein. Dies gilt für alle, die diese Anlagen betreuen.
Schwefel wird in einer anaeroben Umgebung zu Schwefelwasserstoff. Abhängig vom Schwefeleintrag aus dem Zulauf und von den Bedingungen im Fettabscheider wurden Konzentrationen von bis zu 200 ppm H2S gemessen. Dies entspricht dem 20-fachen der erlaubten MAK-Werte (maximale Arbeitsplatzkonzentration). Schon geringere Mengen belasten den Geruchsinn. Weitere übelriechende Gase ergänzen diesen unangenehmen „Cocktail“ (Tabelle 2). Deshalb müssen Fettabscheider immer dicht ausgeführt werden, da selbst kleine undichte Stellen wie z. B.nicht abgedichtete Abdeckungen oder ausgetrocknete Fülleinrichtungen eine enorme Beeinträchtigung im Aufstellraum darstellen.
Zusätzliche Risiken entstehen aufgrund der Bildung von korrosiven Gasen. Durch den hohen Feuchtegehalt im Abscheider und die thermische Belastung kommt es häufig im Schacht- und Dombereich zu Kondensationseffekten. Gase wie Schwefelmonoxid oder Schwefeldioxid reagieren dann zu schwefliger Säure oder sogar Schwefelsäure. Dies begünstigt Korrosionseffekte und belastet vor allem die nicht wasserberührten Teile der Fettabscheideranlage. Nicht normgerecht betriebene Anlagen scheinen hiervon besonders betroffen zu sein. Ausreichende Durchlüftungsmaßnahmen können den Korrosionsangriff verringern, jedoch niemals ganz ausschließen. Zusätzlich erfordert es immer eine sorgfältige Werkstoffauswahl. Beschichtungen oder Auskleidungen der gefährdeten Bereiche sowie hochbeständige Materialien können die Lebensdauer der Anlagen entscheidend verbessern.
Risikofaktor Methan
Mengenmäßig besitzt die Bildung von Methan die größte Bedeutung bei der Betrachtung von Sicherheitsmaßnahmen. Hier wurden in Einzelfällen bei nicht normgerecht betriebenen Anlagen bis zu 1,7 Vol.-% nachgewiesen; das entspricht 39 % der so genannten Unteren Explosionsgrenze (Tabelle 3). Methan ist zwar nicht direkt gesundheitsschädlich. Doch ist es aus Sicht der Explosionsfachleute bedenklich, wenn schon bei wenigen Stichprobenmessungen die Sicherheitsgrenze von 30 % UEG überschritten wurde. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass in nicht normgerecht betriebenen Anlagen die Konzentration von Methan zeitweise noch höher ansteigt. Solange gleichzeitig die Sauerstoffkonzentration gering bleibt bzw. ein Oxidationsmittel fehlt, besteht beim Betrieb der Anlagen keine Gefahr. Wird die Anlage jedoch geöffnet, wird Sauerstoff aus der Umgebungsluft bereitgestellt und somit könnte bei Arbeiten an der Anlage kurzzeitig das entstehende Gasgemisch den Bereich der unteren Explosionsgrenze erreichen. Deshalb spricht die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig die Empfehlung aus, bei allen Wartungsarbeiten von einer „temporären Exzone“ auszugehen /1/. Geeignete Maßnahmen müssen daher im Rahmen einer Gefährdungsanalyse vorgesehen werden.
Systembedingt muss in jedem Fettabscheider mit der Bildung von Gasen gerechnet werden, die übel riechen, korrosiv wirken und gesundheitsgefährdend sind. Im Extremfall ist sogar mit der Bildung einer gefährlichen, explosionsfähigen Atmosphäre zu rechnen. Diese Risiken lassen sich allerdings vermeiden oder zumindest minimieren.
Natürliche Durchlüftung
Der effektivste und auch wirtschaftlichste Ansatz ist der ständige Austausch dieser Gase mit unbelasteter Luft. Dafür ist nicht nur eine einfache Be- und Entlüftung zum Ausgleich von Druckschwankungen nötig. Es muss auch eine nennenswerte Erneuerung der Atmosphäre im Fettascheider erfolgen, indem die „verbrauchte Atmosphäre“ über Dach abgeleitet und frische Umgebungsluft nachgespeist wird. Dies könnte durch eine „künstliche Lüftung“ wie einem Lüfter erfolgen, was aber energetisch nicht sinnvoll wäre. Außerdem besteht für die Anlage das Risiko eines Stromausfalls und sie müsste diesbezüglich überwacht werden.
Beim normgerechten Einbau des Fettabscheiders in das Entwässerungssystem entstehen beste Voraussetzungen für eine so genannte Durchlüftung, also eine quantitative Erneuerung der Gasphase. Sowohl die betriebsbedingt vorhandene hydraulische Belastung und Thermik als auch der geodätische Unterschied zwischen Zulauf und Mündung über Dach sorgen für einen dauerhaften Luftaustausch – ohne Fremdenergie, die Notwendigkeit einer Überwachung oder andere Betriebskosten. Die natürliche Lüftung ist auch im Sinne eines vorbeugenden Explosionsschutzes die bevorzugte Strategie. Sie ist einer künstlichen daher immer vorzuziehen.
Klare Regeln für Planung und Einbau
Vor der Überarbeitung der DIN 4040-100 /2/ mussten sich Planer und Ausführende aus unterschiedlichen Normen wie der DIN EN 1825-2, DIN EN 12056-4 oder DIN 1986-100 die wichtigsten Informationen selbst zusammentragen /3, 4/ – ein aufwändiger Prozess, der Planungsfehler begünstigte. Doch mit der Überarbeitung der DIN 4040-100 im Jahr 2016 gelang eine sehr übersichtliche Darstellung /5/. Dabei wurde zum ersten Mal anstelle von „Be- und Entlüftung“ auch der Begriff „Durchlüftung“ verwendet. Alle wichtigen Regeln finden sich im neuen Abschnitt 9.7 wieder. Bei korrekter Anwendung lässt sich somit eine natürliche Lüftung dauerhaft, sicher und kostengünstig realisieren. Und dies ohne Fremdenergie. Denn werden Fettabscheider einmal korrekt in das Entwässerungsnetz eingebaut, funktionieren sie dauerhaft.
Für die richtige Umsetzung wurde die Überprüfung der „Durchlüftung“ als neuer Punkt in die Inspektion aufgenommen. Im Rahmen der ersten und auch bei jeder wiederkehrenden Prüfung muss vom Fachkundigen kontrolliert werden, ob die Voraussetzungen für die Durchlüftung gegeben sind. Abweichungen sind als Mangel im Prüfbericht festzuhalten. Somit kann auch die zuständige Behörde informiert und Korrekturmaßnahmen angestoßen werden.
Vorbeugen ist besser als sanieren
Erfahrungsgemäß sind viele Anlagen lüftungstechnisch noch nicht korrekt angeschlossen. Die nachträgliche Herstellung eines normgerechten Zustandes kann im Bestand aufwendig oder bei schwierigen Rahmenbedingungen (Denkmalschutz) sogar unmöglich werden. Hier muss geklärt werden, welche Ersatzmaßnahmen einen möglichst gleichwertigen Zustand zu einer natürlichen Lüftung ermöglichen. Tabelle 4 zeigt eine Übersicht möglicher Alternativen und deren Eignung.
Jedoch haben alle Alternativen eines gemeinsam:
- höhere Betriebskosten
- regelmäßige Wartung und Erneuerung erforderlich
- geringere Betriebssicherheit.
In einer ganzheitlichen Betrachtung ist keine Alternative gleichwertig mit einer natürlichen Durchlüftung, da alle Ersatzmaßnahmen langfristig Nachteile mit sich bringen.
Fazit
Betriebsbedingt ist in Fettabscheideranlagen immer mit der Bildung von korrosiven, übelriechenden Gasen zu rechnen. In Extremfällen besteht bei nicht normgerechter Installation zusätzlich das Restrisiko einer explosionsgefährlichen Atmosphäre. Zur Minimierung der möglichen Auswirkungen ist auf eine ausreichende natürliche Durchlüftung zu achten. Diese ermöglicht eine normgerechte Installation. Alle bekannten Ersatzmaßnahmen erfordern hingegen einen höheren Betriebsaufwand bei geringerer Betriebssicherheit. Der normgerechten Installation sollte deshalb bei Planung, Ausführung und Überwachung oberste Priorität eingeräumt werden.
Literaturhinweise
/1/ Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben „Bewertung der Explosionsgefahr in Abscheideranlagen für Fette und deren Rückstausicherungsanlagen zur Einstufung von potenziell explosionsgefährdeten Bereichen in Zonen“, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Braunschweig, 2015
/2/ DIN 4040-100: Abscheideranlagen für Fette, Teil 100: Anwendungsbestimmungen für Abscheideranlagen für Fette nach DIN EN 1825-1 und DIN EN 1825-2, 2016
/3/ DIN EN 1825-2: Abscheideranlagen für Fette, Teil 2: Wahl der Nenngröße, Einbau, Betrieb und Wartung, 2002
/4/ DIN EN 12056-4: Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden, Teil 4: Abwasserhebeanlagen. Planung und Bemessung, 2001
/5/ DIN 1986-100: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke, Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 120, 2016
Roland Priller
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