Das Demonstrationsprojekt läuft unter dem Namen Multi-SOFC. SOFC heisst Solid Oxide Fuel Cells, zu Deutsch Festoxid-Brennstoffzellen. Es soll ein weltweit sichtbares Modell für die künftige Energieversorgung von großen Gebäuden werden, das Krankenhaus effizienter mit Energie versorgen und den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren. Die Partner wollen bis Ende 2026 die innovative Kombination von zwei neuartigen Wasserstofftechnologien untersuchen und demonstrieren, dass es sich dabei um eine klimafreundlichere und perspektivisch günstigere Lösung handelt. Es soll geprüft werden, ob mit der Multi-SOFC-Lösung die Hälfte der Grundlast des Krankenhauses über das Projekt abgedeckt werden kann.
„Im Klinikbetrieb werden konstant mindestens 92 Kilowatt Strom und 220 Kilowatt Wärme pro Jahr verbraucht“, sagt Jann Habbinga, Verwaltungsdirektor des Hermann-Josef-Krankenhauses Erkelenz. „Durch den Betrieb rund um die Uhr haben wir eine konstante Abnahmemenge, die wichtig für das Projekt war. Uns ist es wichtig, einen Beitrag zur Entwicklung von Wasserstofftechnologien zu leisten und wir freuen uns sehr, dass wir Teil dieses Innovationsprojektes sein dürfen.“
Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 23,6 Mio. Euro gefördert.
Strom und Wärme aus Brennstoffzellen
Die Strom- und Wärmeversorgung übernimmt ein Festoxid-Brennstoffzellen-System der Robert Bosch GmbH. In einer späteren Ausbaustufe ab Anfang 2025 erfolgt die Versorgung mit Wasserstoff mittels der LOHC-Technologie der Firma Hydrogenious LOHC NRW GmbH, einer Tochter der Hydrogenious LOHC Technologies in Erlangen. LOHC ist die Abkürzung für Liquid Organic Hydrogen Carrier – flüssiger organischer Wasserstoffträger.
Das bestehende Blockheizkraftwerk in der Energiezentrale des Erkelenzer Krankenhauses wird durch eine SOFC-Anlage der Leistungsklasse 100 kW ergänzt, die aus zehn Brennstoffzellen-Units besteht. Es ist die erste Vorserien-Anlage dieser Größenordnung, die Bosch für den Regelbetrieb installiert. Die Anlage soll Mitte des Jahres in Betrieb genommen werden. Die komplette Versorgung des Hauses ist auch ohne die Neuinstallationen weiterhin gewährleistet.

40 % weniger CO2-Emissionen
In den ersten zwei Jahren wird das SOFC-System mit Erdgas betrieben. Es werden im Vergleich mit dem am HJK vorhandenen und mit Erdgas betriebenen Gasmotor Vorteile erwartet, denn die SOFC-Anlage erzielt einen elektrischen Wirkungsgrad von 60 %, der Gasmotor hingegen nur 36 %. Damit emittieren die SOFC-Systeme bei der Stromerzeugung aus reinem Erdgas im Vergleich zum Gasmotor knapp 40 % weniger CO2. Das erspart im Dauerbetrieb bereits in der ersten Projektstufe 150 t CO2-Emissionen pro Jahr.
Die Wärme, die beim Verstromen des Erdgases im SOFC-System entsteht, soll im ersten Schritt zum Beheizen des Krankenhauses genutzt werden. Mit dieser Kombination von Strom und Wärme erreicht das System zu Beginn des Lebenszyklus einen Gesamtwirkungsgrad von etwa 85 %. Im weiteren Verlauf des Projekts planen die Partner, den Wasserstoff-Anteil im Gasgemisch für das Brennstoffzellen-System schrittweise zu steigern und damit die Emissionen weiter zu reduzieren.

Wasserstoff aus einer Trägerflüssigkeit für das SOFC-System
Ab 2025 wird das Brennstoffzellen-System mit Wasserstoff versorgt, der chemisch an ein LOHC, also einen flüssigen organischen Wasserstoffträger, gebunden wurde. Dazu wird vor Ort eine Dehydrierungsanlage von Hydrogenious installiert. Darin wird der in LOHC gespeicherte Wasserstoff freigesetzt und dann in die Brennstoffzelle eingespeist.
Die LOHC-Technologie
Die LOHC-Technologie erlaubt die besonders sichere und effiziente Speicherung und den Transport von Wasserstoff. Bei der Technologie von Hydrogenious wird der Wasserstoff an Benzyltoluol gebunden, ein Thermalöl, das bei Umgebungsdruck und -temperatur einfach und sicher gehandhabt werden kann. Auch mit Wasserstoff beladen ist dieses LOHC schwer entflammbar und nicht explosiv. Darüber hinaus kommt es nicht zum so genannten Boil-Off. Es geht also kein Wasserstoff aus dem LOHC verloren. Alternative Methoden wie etwa die Kompression bei hohem Druck oder das Verflüssigen des Wasserstoffs unter Abkühlung auf –253 °C sind vergleichsweise energieintensiv und erfordern einen höheren Aufwand, um den Verlust von Wasserstoff zu verhindern und die Sicherheit der Anlagen zu gewährleisten.
Die LOHC-Anlage wird mit der Wärme aus dem SOFC-System hochgefahren, die künftig auch Energie für die Freisetzungsreaktion des Wasserstoffs aus dem LOHC liefern soll. Bis dahin wird die Anlage elektrisch beheizt.
Das Projekt in Erkelenz ist das erste mehrerer Demonstrationsprojekte, die das HC-H2 im Rheinischen Revier koordiniert. Das Helmholtz-Cluster besteht aus dem 2021 gegründeten Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) am Forschungszentrum Jülich und seinen Projektpartnern aus Industrie, Wirtschaft, Kommunen und Forschung. Das HC-H2 soll im Rheinischen Revier neuartige klimafreundliche Wasserstoff-Speichertechnologien zeigen, die weltweit eingesetzt werden können. Das zweite wichtige Ziel ist das Schaffen von neuen Arbeitsplätzen und neuer Wirtschaftskraft im Revier als Ausgleich für den Ausstieg aus der Braunkohle, der bis 2030 erfolgt.
„Multi-SOFC ist unser erstes Demonstrationsvorhaben“, sagt Prof. Dr. Peter Wasserscheid, Sprecher des Helmholtz-Clusters Wasserstoff HC-H2. „Wir sind stolz, dass es uns gelungen ist, nur 15 Monate nach unserer Gründung so weit zu sein. Wir wachsen nicht nur an unserem Stammsitz im Brainergy-Park in Jülich, sondern auch mit unseren Demonstrationsprojekten im Rheinischen Revier. Das Projekt ist ein wichtiger Meilenstein, weil wir im Revier mit unseren Partnern zum ersten Mal großskalig eine Technologie demonstrieren, die weltweit eine Lösung sein kann für die klimafreundliche Energieversorgung von großen Gebäudekomplexen.“
Eine Information
der Robert Bosch GmbH, der Hydrogenious LOHC Technologies und des Forschungszentrums Jülich
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