Wohnungslüftung

Wie viel Luft braucht der Mensch und wie erreicht sie ihn in Wohnungen?

Wie viel Luft ein Mensch in Innenräumen braucht, ist von Faktoren wie CO2- und Schadstoffgehalt, Raumluftfeuchte, Nutzerempfinden und Wohlbefinden abhängig. Für die Quantifizierung des Luftbedarfs und die Auslegung der Lüftung gelten eine Reihe von Normen und Richtlinien.

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1 – Beispiel für ein dezentrales Zu- und Abluftsystem für EFH Bild: Hans Berhorst, Wilhelm Reiners
1 – Beispiel für ein dezentrales Zu- und Abluftsystem für EFH Bild: Hans Berhorst, Wilhelm Reiners

Ehe sich beantworten lässt, wie viel Luft ein Mensch braucht, muss zuerst klar sein, was mit dem allgemeinen Begriff „Luft“ denn gemeint ist. Häufig wird er mit Sauerstoff gleichgesetzt. Ein Mangel an Sauerstoff besteht aber normalerweise in unserer Umgebungs- und damit auch Raumluft so gut wie nie. Umgangssprachlich wird Luft außerhalb von Gebäuden auch als Frischluft bezeichnet. Frischluft oder „frische Luft“ wird dabei häufig als unbelastete Luft ohne oder mit nur geringsten schädlichen Luftbeimengungen verstanden. Nach /1/ setzt sich solch saubere trockene Luft aus den folgenden Anteilen (in Vol.-%) zusammen: Stickstoff 78,09; Sauerstoff 20,95; Argon 0,93; Kohlendioxid (CO2) 0,033; Wasserstoff 0,01 sowie Spuren von Helium, Neon, Krypton und Xenon.

Schon wegen des unvermeidbar höheren CO2-Gehalts kann es solch saubere Luft in besiedelten Gebieten nicht geben. Man hat sich in der Fach- oder Normensprache deshalb auf den allgemein gültigen wertfreien Begriff Außenluft verständigt. Die Qualität der Außenluft variiert dabei abhängig von der territorialen Lage und dem jeweiligen Besiedelungsgrad. In ländlichen, dünn besiedelten Gebieten wird sie immer besser sein als in konzentriert besiedelten oder in Industriegebieten. Die Eingangsfrage müsste deshalb korrekterweise heißen: „Wie viel möglichst saubere Außenluft braucht ein Mensch, wenn er sich in geschlossenen Räumen aufhält?“

Einflussfaktoren auf die notwendige Menge an Außenluft

Wie groß die Menge sein muss oder sein müsste, hängt von mehreren Faktoren ab. So richtet sie sich zuerst nach dem Nutzungszweck der jeweiligen Räume. In diesem Beitrag sollen vorzugsweise Räume mit wohnungstypischer Nutzung betrachtet werden.

CO2- und Schadstoffgehalt

Einen mittlerweile umstrittenen, für diesen Nutzungszweck aber trotzdem noch immer gebräuchlichen Indikator für den notwendigen Außenluftbedarf definierte der deutsche Arzt und Hygieniker Max von Pettenkofer /2/ schon 1858 über den CO2-Gehalt der Luft. Als hygienisch zuträglichen Grenzwert schlug er für bewohnte geschlossene Räume 0,10 Vol.-% CO2 bzw. 1 ‰ oder 1.000 ppm vor.

In Bild 2 wird gezeigt, wie groß die zuzuführende Außenluftmenge in Form eines Volumenstroms in m3 oder l je Zeiteinheit (h oder s) und Person (P) sein müsste, um in einem Musterschlafzimmer mit einem Raumvolumen von 20 m3/P bei gleichzeitigem Aufenthalt von zwei erwachsenen Personen auch nach längeren Zeiträumen diesen Grenzwert möglichst nicht zu erreichen oder sogar zu überschreiten. Dabei wird von einem CO2-Gehalt der Außenluft von 400 ppm (0,04 Vol.-%) und einer menschlichen CO2-Emission von 10 l/h·P ausgegangen.

2 – Zeitlicher Verlauf der Zunahme der CO₂-Konzentration in einem Muster-Schlafraum für zwei Personen in Abhängigkeit von der Außenluftrate in m³/h·P /5/ Bild: Heinz

Es zeigt sich, dass ca. 20 m3/h·P bei üblichen Aufenthaltsdauern in Schlafräumen in jedem Falle ausreichend wären. Bei nur 10 m3/h·P würde er schon nach ca. 1:45 h erreicht und nach weiterem Aufenthalt überschritten werden. Nach DIN 1946-6 /3/ darf er deshalb nicht kleiner als 15 m3/h·P gewählt werden. Nach DIN EN 16798-1 /4/ gilt vordergründig für Nicht-Wohngebäude: „Aus gesundheitlichen Gründen sollte während der Nutzung der Mindest-Außenluftvolumenstrom insgesamt, ausgedrückt in l/s je Person, nie unter 4 l/s je Person sein.“

Etwa 50 % höher ist der Bedarf an Außenluft in Tagesaufenthalts- bzw. Wohnräumen (Bild 3). Ursache ist die im Mittel größere Aktivität der Nutzer und Nutzerinnen. Geht man von einer Freisetzung in Höhe von 16 l CO2 je Stunde und Person aus, sind mindestens 30 m3/h·P Außenluft erforderlich. Bei nur 20 m3/h·P wie in Schlafräumen würde der Grenzwert schon nach ca. 1:20 h erreicht und danach überschritten werden.

3 – Zeitlicher Verlauf der Zunahme der CO₂-Konzentration in einem Muster-Wohnraum für zwei Personen in Abhängigkeit von der Außenluftrate in m³/h·P /5/ Bild: Heinz

In geschlossenen Räumen werden neben CO2 durch die Nutzung aber auch noch weitere Luftverunreinigungen einschließlich Schadstoffen freigesetzt.

Dazu gehören zum Beispiel /5/:

  • die Gesamtheit flüchtiger organischer Komponenten (TVOC: total volatile organic compounds) wie synthetische und natürliche Luftverunreinigungen, die bereits bei Raumtemperatur aus der Innenausstattung und Produkten des täglichen Bedarfs ausgasen (Kohlenwasserstoffe wie z. B. Alkane oder Alkene als Fettlöser und Toluol in Klebstoffen, Lacken und Druckerzeugnissen sowie natürliche Bestandteile mancher Holzarten, wie z. B. Terpene in Duftstoffen)
  • biologische Luftbeimengungenwie Keime und pathogene Mikroorganismen (z. B. Bakterien, Pilze und Viren) sowie allergene Bestandteile im Hausstaub (z. B. Milbenkot, Pilzsporen, Pollen und Tierepithelien)
  • anorganische Stoffe (Chemikalien), auch mit toxischer Wirkung
  • Geruchsstoffe und
  • (Fein-)Stäube, mit oder ohne angelagerte Schadstoffe (z. B. SVOC – semivolatile organic compounds, die als schwerflüchtige organische Verbindungen über längere Zeiträume ausgasen und biologische Luftbeimengungen).

Bei der Festlegung von hygienisch bedingten Anforderungen an den Außenluftbedarf müssen deshalb auch diese Luftverunreinigungen berücksichtigt werden. Nicht selten sind sie noch höher als der CO2-bedingte Bedarf. Auf den Einfluss der Freisetzung von Schadstoffen aus dem Bauwerk, die nach DIN EN 16798-1 /4/ u. a. auch berücksichtigt werden müssten, kann hier verzichtet werden, weil davon ausgegangen werden kann, dass die in Frage kommenden Gebäude aus überwiegend emissionsarmen Materialien errichtet sind.

Nutzerempfinden

Mit der Zunahme des Einsatzes von Zuluftsystemen könnte auch das Nutzerempfinden für „unverbrauchte“, „frische“ Luft im Wohnbereich in Zukunft eine größere Rolle spielen. Schwierigkeiten bereitet offensichtlich aber immer noch die objektive Bewertung der „Empfundenen Luftqualität“. Weil sie gegenwärtig nicht objektiv messbar ist, muss sie auf Basis des menschlichen Geruchssinns ermittelt werden.

Bisherige Untersuchungen, siehe /5/, zeigen, dass die Anforderungen an den darauf bezogenen Außenluftbedarf bei einer Lüftungseffektivität von 1 nicht wesentlich über denen des CO2-Maßstabs liegen dürften. Wäre Letztere geringer, würde sich der Außenluftbedarf allerdings entsprechend vergrößern.

Raumluftfeuchte

Neben den hygienisch bedingten können auch Anforderungen an den Feuchtegehalt der Raumluft eine wichtige Rolle spielen. In jeder Wohnung wird von den Nutzenden Feuchtigkeit freigesetzt. Diese muss bis auf bautechnisch und gesundheitlich (hygienisch) erforderliche Werte aus der Wohnung abgeführt werden. Geschieht das nicht in gewünschtem Maß, kann eine zu hohe Raumluftfeuchte vor allem in der kälteren Jahreszeit – in wohnähnlich genutzten ungedämmten Kellerräumen aber auch unter sommerlichen Bedingungen – nicht nur zu Schädigungen am Bauwerk durch zu hohe Oberflächenfeuchte bis hin zur Kondensation von Wasserdampf führen, sondern infolge freigesetzter Schimmelpilz-Sporen auch zu gesundheitlichen Problemen beim Menschen. Die Gefahr einer Schimmelpilzbildung besteht dann, wenn an fünf aufeinander folgenden Tagen die (leider nicht direkt messbare) relative Luftfeuchte auf der inneren Bauteiloberfläche an 12 h/d und länger mindestens 80 % beträgt (nach /3/).

Der Abtransport überschüssiger Feuchte kann ebenfalls nur mit Hilfe der Lüftung über das Transportmedium Außenluft erfolgen. Der Anteil der Feuchte, der über die häufig zitierten „atmenden Wände“ von innen nach außen gelangen kann, ist im Verhältnis zur notwendigen Menge verschwindend gering. Er geht gegen null, je besser unsere Wände von innen und/oder außen luft- und wasserdicht „versiegelt“ sind.

Das Risiko für ein Schimmelpilzwachstum ist dabei nicht nur bei niedrigen Außenlufttemperaturen (θAu≤- 5 °C) besonders hoch, sondern auch wegen des erheblich höheren absoluten Feuchtegehalts der Außenluft und der daraus resultierenden geringeren Aufnahmefähigkeit für Wasserdampf im Innenraum auch im Bereich der Heizgrenztemperatur (10 ≤θAu≤ 15) °C.

Dazu ist es neben ausreichender Außenluftzufuhr wichtig, auch die Raumlufttemperatur θi nicht zu weit unter die normativen Auslegungswerte absinken zu lassen. Als grobe Richtwertbereiche sollten danach im Tagesmittel in ungedämmten oder auch ungenügend gedämmten Gebäuden θi < 18 °C und in nach GEG /6/ gedämmten θi < 16 °C vermieden werden. Das gilt wegen möglicher Feuchteentspeicherung aus Bauwerk und Einrichtungsgegenständen einschließlich Topfpflanzen auch während längerer Abwesenheit der Nutzerinnen und Nutzer.

Verbrennungsluftbedarf

Mögliche Anforderungen an den Verbrennungsluftbedarf spielen nur in Wohnungen mit vorhandenen raumluftabhängigen Feuerstätten eine Rolle und sollen, auch wegen ihres vergleichsweise marginalen Einflusses auf die hygienischen und bautenschutztechnischen Bedarfsanforderungen, deshalb hier unberücksichtigt bleiben.

Quantifizierung des Außenluftbedarfs

Um möglichst allen vorgenannten Anforderungen gerecht werden zu können, ist die Grundlage aller Überlegungen zur Wahl der zu planenden Außenluftmenge zuallererst der Bedarf des einzelnen Menschen.

Neben der Erhaltung der Gesundheit spielt dabei auch das Wohlbefinden eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wird auf Letzteres nicht der notwendige Wert gelegt, sind kontraproduktive Eingriffe der Nutzer in getroffene Maßnahmen vorprogrammiert.

Der Außenluftbedarf kann wahlweise in m3/h·NE, m3/h·R oder in m3/h·P geplant werden. Unabhängig von der jeweiligen Auswahl muss die Sicherstellung der notwendigen personenbezogene Außenluftrate aber immer im Vordergrund stehen.

In Europa einschließlich Deutschland sollen Regelwerke die diesbezüglichen Entscheidungen sowohl fachlich als auch juristisch so weit wie möglich absichern. Grundlage dafür sind europäische Normen einschließlich nationaler Anhänge. Deutschland leistet sich für die Wohnungslüftung bekanntlich zurzeit auch noch einen eigenen nationalen Standard in Form der DIN-Norm 1946 Teil 6. Deren letzte Überarbeitung wurde im Jahr 2019 abgeschlossen. Weil die aktuellen Euro-Normen gegenwärtig (noch?) keine eigenständigen speziellen Forderungen analog zur DIN 1946-6 /3/ enthalten, gilt gemäß dem in DIN EN 16798-1 /4/ integrierten Nationalen Anhang: „Außenluftvolumenströme werden für Nutzungseinheiten bis 250 m2 nach DIN 1946-6 festgelegt“.

Danach sind die Auslegungswerte des Außenluftvolumenstroms für eine Nutzungseinheit (Wohnung) qv,ges,NE,NL nach Gleichung (1) zu bestimmen:

qv,ges,NE,NL =

fLSt (- 2·10-3·ANE2 + 1,15·ANE + 11) (1)

Aus der Gleichung ist zu erkennen, dass es sich um Nenn-Luftvolumenströme (NL) qv,ges,NE,NL für die gesamte Nutzungseinheit (m3/h·NE) handelt.

Es wird nach DIN 1946-6 /3/ außerdem neben der Nennlüftung (NL): „Notwendige Lüftung zur Sicherstellung der gesundheitlichen Anforderungen sowie des Bautenschutzes bei Anwesenheit aller Nutzer (Normalbetrieb)“ auch noch unterschieden in Lüftung zum Feuchteschutz (LF): „Notwendige Lüftung zur Sicherstellung des Bautenschutzes (Feuchte) bei zeitweiliger Abwesenheit der Nutzer und kein Wäschetrocknen“.

Unterschieden wird bei dieser (Lüftungs-)Betriebsstufe zudem bezüglich der Qualität des vorhandenen Wärmeschutzes.

Intensivlüftung (IL): „Zeitweilige Lüftung mit erhöhtem Luftvolumenstrom zum Abbau von Lastspitzen (Lastbetrieb)“ und Reduzierte Lüftung (RL): „Notwendige Lüftung zur Sicherstellung der gesundheitlichen Mindestanforderungen sowie des Bautenschutzes (Feuchte) bei reduzierter Anwesenheit der Nutzer oder geringerer Raumluftqualität“.

In DIN 1946-6 /3/ sind in Abhängigkeit von der Wohnungsfläche die erforderlichen Außenluftvolumenströme für diese (Lüftungs-)Betriebsstufen tabellarisch aufgelistet. Bild 4 zeigt die zugrundeliegenden Verlaufskurven gemäß Gleichung (1) für den Fall hoher Belegungsdichte.

4 – Mindestwerte der Gesamt-Außenluftvolumenströme in m³/(h · NE) bei hoher Belegung der Nutzungseinheit (NE) für die einzelnen (Lüftungs-)Betriebs-Stufen in Abhängigkeit von der Fläche der NE /5/ Bild: Heinz

Die für den Lufttransport notwendigen Antriebskräfte können entweder natürlichen Ursprungs (freie Lüftung) sein oder müssen mittels lüftungstechnischer Maßnahmen (ventilatorgestützte Lüftung) bereitgestellt werden. Bild 5 gibt einen Überblick über die daraus resultierenden Systeme der Wohnungslüftung.

5 – Übersicht über die Systeme der Wohnungslüftung für Nutzungseinheiten (NE) in Wohngebäuden (nach physikalischem Wirkprinzip) /5/ Bild: Heinz

Über die häufig unbefriedigende Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der freien Lüftung ist schon hinreichend oft berichtet worden, so dass hier nicht noch einmal näher darauf eingegangen werden muss.

Flächenabhängige Auslegung der ventilatorgestützten Lüftung

Detaillierter betrachtet werden soll aber die Auslegung der ventilatorgestützten Lüftung. Nach Tabelle 1 erfolgt die Planung der Außenluftvolumenströme primär flächenabhängig in m3/h je m2 Nutzungsfläche (ANE) gemäß Gleichung (1) nach DIN 1946-6 /3/.

Was die alleinige Auslegung des Außenluftvolumenstroms nach der Fläche der Nutzungseinheit (ANE) für den personenbezogenen Außenluftvolumenstrom (m3/h·P) bei den (Lüftungs-)Betriebsstufen Nenn- und Reduzierte Lüftung bedeutet, kann für die Tagesaufenthalts- bzw. Wohnräume den Tabellen 2 und 3 entnommen werden. In Tabelle 2 wird dabei von einer Belegung der Nutzeinheit (NE)mit drei Personen ausgegangen.

Bei Zugrundelegung des CO2-Maßstabs nach Pettenkofer würden demnach nur in Wohnungen ab ca. 80 m2 die nach DIN 1946-6 /3/ ermittelten Nennluftvolumenströme für drei sich in der NE befindenden Personen ausreichend groß sein. Bei der Betriebsstufe Reduzierte Lüftung (RL) gilt das für die Tagesaufenthalts-(Wohn-)Räume erst ab ca. 120 m2 (schwarze Schrift).

Legte man den Mindest-Außenluftvolumenstrom von 14,4 m3/h·P nach DIN EN 16798-1 /4/ zugrunde, würden für die Nennlüftung (NL) die nach DIN 1946-6 /3/ ermittelten Werte ausreichen. Das gilt für Reduzierte Lüftung (RL) mit Ausnahme von Räumen mit ANE ≤ 30 m2 ebenso. Die Werte in Tabelle 3 gelten für eine Belegung mit fünf Personen.

Bild: HUSS Medien GmbH

Bei Zugrundelegung des CO2-Maßstabs nach Pettenkofer stünde bei Nennlüftung nur in Nutzungseinheiten ab 170 m2 den Nutzernund Nutzeinnen ausreichend Außenluft zur Verfügung. Das würde aber nicht für weniger gut gedämmte Gebäude im Gebäudebestand gelten. Hielten sich mehrere Personen gleichzeitig in einem Raum auf, würden die Ergebnisse noch gravierender von den hygienisch bedingten Erfordernissen abweichen.

Würde für die Auslegung die nach DIN EN 16798-1 /4/ mindestens zu realisierende personenbezogene Außenluftrate von ≥ 4 l/s·P (≥ 14,4 m3/h·P) zugrunde gelegt werden, sähe das Ergebnis gemäß Tabelle 3 insofern günstiger aus, als bei Nennlüftung (NL) bereits NE ab ca. 60 m2 hinreichend Außenluft erhielten. Bei Reduzierter Lüftung (RL) wären es NE ab ca. 95 m2.

Bedeutung für die Auslegung und für die Nutzer/Nutzerinnen

Nach DIN 1946-6 /3/ gilt für die Auslegung:

„Eine aus Lüftungssicht planmäßig zulässige Personenzahl in einer Nutzungseinheit kann bestimmt werden, indem der für Nennlüftung angegebene Gesamt-Außenluftvolumenstrom durch ungefähr 30 m 3/h je Person geteilt (entsprechend CO 2-Maßstab) wird, z. B. Nutzungseinheit mit 110 m 2: 120 m 3/h/30 m 3/(h*Pers.) = 4 Personen (gerundeter Wert).“

Außerdem:

„In Ausnahmefällen kann bei intensiv genutzten Nutzungseinheiten die aus Lüftungssicht planmäßig zulässige Personenzahl bestimmt werden, indem der für die Nennlüftung angegebene Gesamt-Außenluftvolumenstrom durch 20 m 3/h je Person geteilt wird.

Bei erhöhten Anforderungen (z. B. bei über die üblichen Werte hinausgehenden, hohen Schadstofflasten) können die Außenluftvolumenströme erhöht werden, siehe Nationaler Anhang NA der DIN EN 15251:2012-12 (gilt auch für DIN EN 16798).“

Da seit März 2022 die DIN EN 15251 durch DIN EN 16798-1 /4/ ersetzt wurde und im zugehörigen Nationalen Anhang für Wohnungen nur noch auf die uneingeschränkte Anwendung der DIN 1946-6 /3/ verwiesen wird, befinden sich Planer in einem gewissen Dilemma.

Immerhin lässt DIN 1946-6 /3/ aber erkennen, dass mit der flächenabhängigen Planung des Außenluftvolumenstroms u. U. keine Absicherung des tatsächlichen belegungsabhängigen Bedarfs gewährleistet werden kann. Dies ist auch dann nicht möglich, wenn nach DIN 1946-6 /3/ der tatsächlich wirksame Gesamtluftvolumenstrom qv,ges (in m3/h) für die ventilatorgestützte Lüftung nach Gleichung (2)

qv,ges = qv,LtM + qv,Inf,wirk(2)

aus den aus Lüftungstechnischen Maßnahmen qv,LtM und zusätzlich aus dem Gesamtvolumenstrom angesetzt wird, der aus der „Wirksamen Infiltration“ („Selbstlüftung“) qv,Inf,wirk resultierenden angesetzt wird.

Die wirksame „Selbstlüftung“ durch Infiltration qv,Inf,wirk kann wegen der geforderten hohen Dichtheit von Gebäudehüllen nach /6/ bei der Gesamtbilanz nach /4/ zudem nur Wohnungen mit ventilatorgestützter Unterdrucklüftung (Abluftanlagen/-geräte) zugerechnet werden. Weil sie aber nicht tagesaktuell planbar ist, sondern nur als Mehrtagesmittelwert berücksichtigt werden kann, ist sie keine verlässliche Bilanzgröße für die Gewährleistung einer stets hinreichend großen personenbezogenen Außenluftzuführung.

Berücksichtigung raumabhängiger Werte

Bei der Planung der notwendigen lüftungstechnischen Maßnahmen (LtM) müssen nach DIN 1946-6 /3/ neben flächen- auch raumabhängige Werte berücksichtigt werden. Es gilt deshalb für den final zu berücksichtigenden Gesamt-Außenluftvolumenstrom:

„Maßgebend für den Gesamt-Außenluftvolumenstrom q v,ges ist der größere Wert, entweder aus dem flächenabhängigen Luftvolumenstrom für die Nutzungseinheit q v,ges,NE oder aus der Summe der Luftvolumenströme für die einzelnen Räume Σq v,ges,R.“

Dabei wird der Gesamt-Außenluftvolumenstrom für eine Nutzungseinheit bei ventilatorgestützter Lüftung aus den einzelnen Räumen ∑qv,ges,R ausschließlich durch die Summe der Abluftvolumenströme in Küche, Bädern/WC’s und weiteren Abluft-Räumen gemäß Tabelle 4 nach DIN 1946-6 /3/ bestimmt.

Die Summe der Abluftvolumenströme bestimmt am Ende aber nur dann die Planung, wenn sie größer als der flächenabhängig ermittelte Außenluftvolumenstrom ist.

Bild: HUSS Medien GmbH

Auch wenn also der jeweils größere Wert aus flächen- oder raumabhängiger Ermittlung des Gesamt-Außenluftvolumenstroms maßgebend für die Auslegung aller notwendigen Lüftungskomponenten der ventilatorgestützter Lüftung ist, führt das nicht automatisch zur Anpassung an die jeweilige Personenbelegung der einzelnen Räume. Das wäre nur mit einem raumluftabhängig bedarfsgeführten Lüftungsbetrieb realisierbar.

Zuführung der notwendigen Außenluftmenge mit sensorgeführter Lüftung

Voraussetzung für den bedarfsgeführten Lüftungsbetrieb ist der Einsatz geeigneter Sensoren, mit deren Hilfe der Außenluftvolumenstrom automatisch (nutzerunabhängig) dem jeweils aktuellen Bedarf angepasst werden kann. Optimal wäre es, wenn die Sensoren dabei nicht nur auf einen einzigen Lastparameter ansprechen würden. Auch wenn sich Feuchte- und CO2-Gehalt der Raumluft allein durch eine feuchteabhängige Regelung unter allen Einsatzbedingungen zuverlässig in den vorgeschriebenen Grenzen halten ließen, ist noch nicht 100-prozentig gesichert, dass sich sicher keinerlei Schadstoffe in unzulässiger Höhe in der Raumluft anreichern. Es ist deshalb zweckmäßig, parallel zur Raumluftfeuchte auch die Raumluftqualität zu erfassen und die Ergebnisse in die Volumenstromregelung mit einfließen zu lassen. Dafür würden neben Feuchte- und CO2- zusätzlich auch noch Mischgassensoren benötigt.

Rein feuchtegeführte Anlagen werden schon seit Längerem angeboten und installiert. Der Einsatz von CO2- und/oder mischgassensorisch geführten Lüftungsanlagen bzw. -geräten beschränkt sich bisher lediglich auf wenig bekannte Einzelfälle, u. a. auch zur Erfassung des Ist-Zustandes im Rahmen von Forschungsvorhaben. Von diesen ist bekannt, dass z. B. im nächtlichen Schlafzimmer bei geschlossenem und damit weitgehend dichtem Fenster in vielen, wenn nicht sogar in den meisten Fällen der empfohlene CO2-Grenzwert der Raumluft regelmäßig überschritten wird.

Bisher liegen insgesamt aber noch zu wenige hinreichend verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse sowohl für den feuchte- als auch und insbesondere für den schadstoffgeführten Lüftungsbetrieb vor.

Unklar ist oftmals z. B. der zweckmäßigste Ort für das Anbringen der jeweiligen Fühler (Sensoren). Zur nachhaltigen Verhütung von Feuchteschäden und Hygieneprophylaxe ist es mit Sicherheit am günstigsten, wenn sich die Sensoren in den Räumen mit den höchsten Feuchte- und Schadstofflasten (z. B. Bade- und Schlafzimmer oder Zimmer, in denen geraucht wird) in der Nähe der potenziellen Schadensstellen (Feuchte) und/oder in den Aufenthaltsbereichen der Nutzerinnen und Nutzer (Hygiene) befinden. In VDMA 24773 /7/ wird ohne nähere Begründung die „Nähe des Abluftdurchlasses“ als geeigneter Ort angegeben. Abluftdurchlässe befinden sich aber generell im oberen Raumbereich. Für das Beispiel Schlafzimmer wäre es deshalb zielführender, wenn der CO2-Sensor nahe und in Höhe der Liegefläche angeordnet würde. Grund ist, dass nicht nur CO, sondern auch CO2 schwerer als Luft ist und deshalb im unteren Raumbereich in größerer Konzentration auftritt als im oberen.

Ähnlich verhält es sich mit der relativen Luftfeuchtigkeit als Regelgrenzwert für das Schimmelpilzwachstum. Sie müsste sowohl im Badezimmer als auch im (vor allem nächtlichen) Schlafzimmer über Feuchtefühler in der Nähe der kritischen Stellen im Bereich der Außenwand (Raumkanten und -ecken sowie konstruktiv bedingte weitere Wärmebrücken) erfasst werden, weil sie dort mit Sicherheit höher ist als am wärmeren Abluftdurchlass.

In DIN 1946-6 /3/ wird die Planung einer „sensorgesteuerten“ Lüftung derzeit nur für radongefährdete Kellerräume empfohlen, um unerwünschten Feuchteschäden beim unverzichtbaren Sommerbetrieb vorzubeugen.

Für einen sensorgeführten Lüftungsbetrieb müssen Lüftungsanlagen bzw. -geräte immer auch in der Lage sein, genügend Außenluft in die betroffenen Räume zu fördern. Während das bei Zu-/Abluftanlagen kein Problem darstellen dürfte, sind bei reinen Abluftanlagen regelbare Luftdurchlässe in der Gebäudehülle (nach DIN 1946-6 /3/ Außenbauteil-Luftdurchlässe ALD) erforderlich. Vom Markt werden diese momentan jedoch noch zu wenig angeboten. Solche sensorisch ansteuerbaren ALD reagieren auf den jeweils vorhandenen Bedarf durch Veränderung der freien Querschnittsfläche. Das hat z. B. zur Folge, dass sich diese nachts in den Schlafräumen vergrößert, während sie in den Tagesaufenthalts-(Wohn-)Räumen kleiner wird. Am Tage ist es, vor allem bei Anwesenheit von Personen, gerade umgekehrt.

Für die sensorgeführte Zuführung der Außen-/Zuluft eignen sich sowohl raum- oder wohnungsweise angeordnete Geräte als auch zentrale Anlagen für mehrere NE (siehe Bild 1). Bei Auswahl und Planung sollten dabei immer auch Gesichtspunkte der Instandhaltung und des Schallschutzes berücksichtigt werden. Viele einzelne Geräte erfordern z. B. einen größeren Wartungsaufwand als ein zentrales Gerät und verursachen u. U. eine höhere Geräuschbelastung im unmittelbaren Aufenthaltsbereich als ein entfernter installiertes, Schall emittierendes Gerät. Da bei der Auswahl nach GEG /6/ auch energetische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, sollte Geräten und Anlagen mit den höchsten Wirkungsgraden der Vorzug gegeben werden.

Die gegenwärtig überwiegend gebräuchlichen Einzelraumgeräte mit dem Menschen als „Sensor“ für die bedarfsgerechte Versorgung mit Außenluft über manuelle Schaltvorgänge und/oder temporäres Fensteröffnen sind kein hinreichend guter Ersatz für einen gerätetechnisch sensorgeführten Betrieb über regelnde Luftdurchlässe. Die menschlichen Sinnesorgane sind bekanntlich nur unzureichend in der Lage, zu hohe Feuchtewerte und/oder andere unzulässig hohe Raumluftbelastungen zuverlässig zu melden. Hinzu kommt, dass Nutzerinnen und Nutzer aus Energieeinspar- und Geräuscherwägungen in der Mehrzahl der Fälle eher zu einer sparsameren und damit u. U. unvorteilhaften Betriebsweise neigen dürften. Das gilt in Zeiten zunehmender bzw. spürbar erhöhter Energiepreise naturgemäß noch ausgeprägter.

Hinweis: Für vom generischen Maskulinum abweichende Formulierungen ist die Redaktion verantwortlich.

Literaturhinweise

  • /1/ Witthauer, J.; Horn, H.; Bischof, W.: Raumluftqualität – Belastung, Bewertung, Beeinflussung – Verlag C. F. Müller, Karlsruhe 1993

  • /2/ Pettenkofer, M.: Besprechung allgemeiner auf die Ventilation bezüglicher Fragen. In: Über den Luftwechsel in Wohngebäuden, S. 69-126, J. G. Cottasche Buchhandlung, 1858

  • /3/ DIN 1946-6: Raumlufttechnik Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen an die Auslegung, Ausführung, Inbetriebnahme, Übergabe und Instandhaltung; Dezember 2019

  • /4/ DIN EN 16798-1: Energetische Bewertung von Gebäuden – Lüftung von Gebäuden, Teil 1: Eingangsparameter für das Innenraumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden bezüglich Raumluftqualität, Temperatur, Licht und Akustik; März 2022 (Ersatz für DIN EN 15251:2012-12)

  • /5/ Heinz, E., Hartmann, T.; Borrmann, D.: Wohnungslüftung – frei und ventilatorgestützt Anforderungen, Grundlagen, Maßnahmen, Normenanwendung, 4., aktualisierte und erweiterte Auflage, Beuth Verlag GmbH · Berlin · Wien · Zürich 2021

  • /6/ GEG: Gesetz zur Vereinheitlichung des Energiesparrechts für Gebäude – Bundesrat Drucksache 584/19, Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz); Artikel 1: Umsetzung; November 2020

  • /7/ VDMA 24773: Bedarfsgeregelte Lüftung – Begriffe, Anforderungen, Regelstrategien; März 1997

Ehrenfried Heinz

Ehrenfried Heinz
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Wie viel Luft braucht der Mensch und wie erreicht sie ihn in Wohnungen?
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