Bestandsanlagen systematisch nachplanen
Die Wärmepumpe, lange Zeit eine Nischentechnologie, wird den Heizungsmarkt der Zukunft dominieren. Unter den Wärmeerzeugern, die als Alternative zur herkömmlichen Öl- oder Gasheizung in Frage kommen, nimmt sie schon heute klar die Spitzenstellung ein. Bereits 2021 machten Wärmepumpen im Neubau erstmals mehr als die Hälfte aller installierten Wärmeerzeuger aus.
Die Entwicklungen seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 haben diesen Trend noch einmal deutlich verstärkt und auch im Bestand für den Durchbruch der Technologie gesorgt. Allein von März bis Mai 2022 verzeichnete das Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle (BAFA) insgesamt 59.579 neue BEG-Förderanträge für Wärmepumpen – fast viermal so viele wie im Januar und Februar zusammen (15.361) und weit mehr als für Biomasse (36.945) oder Solarthermie (17.379). Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, war das freilich nur der Anfang: Ab 2024, so die erklärte Absicht, sollen bundesweit pro Jahr mindestens 500.000 Wärmepumpen eingebaut werden. Die Wärmepumpe wird deshalb in den kommenden Jahren ohne Zweifel das zentrale Thema der SHK-Branche sein.
Das bestehende Heizsystem an den neuen Wärmeerzeuger anpassen
Mit der Dominanz der Wärmepumpe als Wärmeerzeuger gehen nun allerdings auch neue Herausforderungen in Planung und Installation einher, die noch nicht überall in vollem Umfang erfasst sind. Das betrifft insbesondere den Bestand, wo die Wärmepumpe i. d. R. eine Öl- oder Gasheizung ersetzt.
Mit der Entscheidung für eine Wärmepumpe und ihrer korrekten Dimensionierung anhand der Gebäudeheizlast ist nicht alles getan. Vielmehr muss auch die Heizanlage hinter dem Wärmeerzeuger – also das Verteilsystem aus Umwälzpumpe, Armaturen, Rohrleitungen und Übertragungsflächen – an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Anlagenkonfigurationen, die auf einen Öl- oder Gaskessel zugeschnitten waren, können hier nicht einfach beibehalten werden. Eine systematische Nachplanung muss ohne Abstriche beim Wohnkomfort den effizienzoptimierten Betrieb des neuen Wärmeerzeugers sicherstellen. Wird dieser Schritt versäumt, besteht die Gefahr, dass die Wärmepumpe ineffizient arbeitet und nicht die gewünschten Jahresarbeitszahlen (JAZ) erreicht. Im ungünstigsten Fall werden die angestrebten Raumtemperaturen unter- und die erwarteten Heizkosten dabei noch überschritten.
Absenkung der Vorlauftemperaturen als oberste Zielsetzung
Oberstes Ziel der Nachplanung muss die Absenkung der Vorlauftemperaturen sein. Während sie bei den meisten Öl- und Gaskesseln viel höher angesetzt sind als nötig und eine Überhitzung des Gebäudes nur durch nachgeschaltete Regelungseinheiten wie Misch- und Thermostatventile verhindert wird, muss beim Einsatz einer Wärmepumpe von Grund auf anders vorgegangen werden. Die Jahresarbeitszahl und damit auch die Energieeffizienz der Wärmepumpe fällt umso höher aus, je geringer die Temperaturdifferenz zwischen der Umweltwärmequelle – Erdreich, Grundwasser oder Luft – und der Vorlauftemperatur des Heizungssystems ist.
Vorlauftemperaturen von 60 oder 65 °C sind bei Wärmepumpen nur selten zielführend. Um einen möglichst effizienten Wärmepumpenbetrieb zu erreichen, sollten sie vielmehr im Bereich von 40 bis 50 °C liegen. Die besten Voraussetzungen dafür bieten Flächenheizungen. Auch bei Heizkörperanlagen jedoch müssen die Temperaturen im Vorlauf mindestens unter die 55 °C-Schwelle gesenkt werden.
Hydraulischer Abgleich als Schlüsselmaßnahme
Wichtigste Einzelmaßnahme auf dem Weg dorthin ist der hydraulische Abgleich der Heizanlage. Er regelt zwar de facto „nur“ die Massenströme und sorgt dadurch für eine bedarfsgerechte Verteilung des Heizwassers. Er ermöglicht so jedoch eine optimale Nutzung der verfügbaren Wärmeenergie und schafft so die Grundvoraussetzungen für eine gezielte Absenkung der Vorlauftemperatur und die effizienzoptimierte Anpassung des nachgelagerten Systems an die Wärmepumpe. Für bestmögliche Ergebnisse sollte stets ein dynamischer hydraulischer Abgleich nach Verfahren B gemäß VdZ-Bestätigungsformular angestrebt werden – also ein Abgleich, der in Einklang mit den BEG-Förderrichtlinien auf Basis der vereinfachten raumweisen Heizlast berechnet wird und durch den Einsatz druckunabhängiger Armaturen auch im Teillastfall eine bedarfsadäquate Wärmeverteilung sicherstellt. Softwaretools wie DanBasic 7 bieten umfassende Unterstützung bei Berechnung, Armaturenauswahl und Dokumentation und ermöglichen die zügige Umsetzung aller Schritte – von der Planung über den Förderantrag bis zur Einstellung der Ventile.
Ermittlung der raumweisen Heizlast
Eine strukturierte Vorgehensweise beginnt mit der Ermittlung der raumweisen Heizlast. Diese kann selbst bei identischen Raummaßen sehr unterschiedlich ausfallen, wenn etwa die Anzahl von Außenwänden oder Fenstern differiert oder es unbeheizte Nebenräume gibt. Die erforderliche Berechnung der Transmissionsverluste gestaltet sich allerdings oft schwierig, da die U-Werte älterer Bauteile z. T. unbekannt sind. Die DanBasic 7 Software kann hier eine näherungsweise Vorgabe der U-Werte nach Baualter und Isolierung unterstützen. Unbedingt berücksichtigt werden sollten neue Fenster oder – sofern vorhanden – eine Wärmerückgewinnung bei der Lüftung. Rohrnetzdaten hingegen sind vor allem bei kleineren Gebäuden nachrangig, Verfahren B gestattet deshalb eine annahmebasierte Kalkulation.
Nachrechnung der Heizflächen und Ermittlung kritischer Heizkörper
Die Heizleistung jedes Heizkörpers (mit vorgegebener Übertemperatur (von 70/55 °C) wird nun der Heizlast des jeweiligen Raums gegenübergestellt, um den für den nächsten Berechnungsgang notwendigen Überdimensionierungsfaktor zu ermitteln. Danach wird – in Abhängigkeit vom neuen Wärmeerzeuger bzw. Speichersystem – die maximal notwendige Übertemperatur der vorhandenen Heizkörper ermittelt. Mit Systemspreizungen zwischen 8 und 15 K (jeweils mit oder ohne Pufferspeicher) lässt sich nun über den Heizkörperüberdimensionierungsfaktor der Heizkörper ermitteln, der die „Absenkgrenze“ nach unten vorgibt. Anhand dieses Faktors lässt sich zudem auch erkennen, ob es Heizkörper gibt, die mit der Systemanforderung einer abgesenkten Vorlauftemperatur nicht Schritt halten und deshalb ersetzt werden sollten.
Errechnung der Massenströme und Systemeinstellungen
Sind vereinfachte raumweise Heizlast und Heizkörperleistung bestimmt, werden mit Hilfe der Berechnungssoftware die realen Massenströme und Rücklauftemperaturen ermittelt. Bevor dann abschließend die notwendigen Einstellungen der Heizkörperthermostatventile, der dezentralen Differenzdruckregler und der Heizungsumwälzpumpe festgelegt werden, folgt aber noch ein weiterer wichtiger Systemoptimierungsschritt: Wurde bei der Temperaturoptimierung die Vorlauftemperatur so weit abgesenkt, dass die Heizleistung der Heizkörper genau der Heizlast entspricht, so können nunmehr durch die Absenkung der Differenzdrücke über den Thermostatventilen die Voreinstellwerte optimiert werden. In der Praxis führt dies zu einer deutlich besseren Regelgüte und damit Fremdwärmenutzung. Erst auf dieser Basis erfolgt dann die endgültige Parametrisierung von Umwälzpumpe, Differenzdruckreglern und Thermostatventilen. So kann etwa nach Optimierung der Massenströme oft noch einmal eine Reduktion der Pumpenförderhöhe vorgenommen werden. Sie liegt bei Wärmepumpenanlagen am Ende meist bei 1,0 – 1,5 m.
Feinabstimmung per Automatik
Letzter Schritt einer Systemoptimierung durch den hydraulischen Abgleich kann dann die Feinjustierung durch Einsatz einer Abgleichautomatik sein, wie sie etwa die intelligenten Heizkörperthermostate Danfoss Ally und Eco bieten. Sie erfassen, bei welchen Massenströmen die vorgesehene Raumtemperatur im realen Betrieb erreicht wird und nehmen automatisch eine weitere Massenstromoptimierung am Heizkörper vor. Die Automatik berechnet die Massenströme dabei permanent, so dass die Einstellungen regelmäßig bedarfsabhängig angepasst werden.
Bei Wohneinheiten mit bis zu 20 Heizkörpern wird dadurch sogar ein hydraulischer Abgleich ohne vorherige Berechnung möglich. Das beste Ergebnis wird indes erreicht, wenn zunächst nach Verfahren B gerechnet sowie mit druckunabhängigen Armaturen abgeglichen wird und die Automatik nur die Feinabstimmung übernimmt. Durch diese Kombination lässt sich eine Präzision erreichen, die auf andere Weise nicht realisierbar ist.
Fazit
Wird die Nachplanung und Optimierung des Wärmeverteilsystems in der skizzierten Art und Weise umgesetzt, sind beste Voraussetzungen für einen sowohl komfortorientierten als auch effizienzoptimierten Wärmepumpenbetrieb im Bestand geschaffen. Jahresarbeitszahlen im 3er- oder 4er-Bereich sind dann auch in älteren Bestandsgebäuden keine Utopie. Noch einfacher erreichen lassen sich solche Werte bei Fußbodenheizungen, die freilich anders abgeglichen werden als Heizkörpersysteme (relevante Schritte sind hier die Annahme von Verlegeabständen, die Bestimmung der Anzahl der Heizregister, die Errechnung von Massenströmen und Druckverlusten je Heizregister, die Ermittlung des minimal nötigen Differenzdrucks sowie nicht zuletzt die Berücksichtigung des Bodenbelages und der Verluste nach unten für die Ermittlung der minimal notwendigen Vorlauftemperatur). Darüber hinaus lassen sich auch unabhängig von den installierten Wärmeübertragern nicht selten noch weitere Spielräume für eine Absenkung der Vorlauftemperaturen erschließen, etwa durch Verbesserungen in der Gebäudeisolierung. Da sich durch Dämmmaßnahmen die raumweise Heizlast ändert, sollte dann aber eine erneute Nachplanung vorgenommen werden, um die erschlossenen Energiesparpotenziale maximal auszuschöpfen.
Die Heizung bleibt letztlich ein System, dessen Stellschrauben wiederholt geprüft und gegebenenfalls nachjustiert werden müssen, um optimale Ergebnisse sicherzustellen.
Bernd Scheithauer
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