Das Firmengebäude des Härdle Verpackungsservice befindet sich inmitten eines Wein- und Spargelanbaugebietes, unweit vom Schlossgarten von Bruchsal. Der Ort liegt zwischen der Rheinebene und dem Kraichgau, auch „Toskana Deutschlands“ genannt. Mit der Erweiterung des Unternehmens zog auch der Klimaschutz ein. Ein durchdachtes Gesamtkonzept für die Gebäudetechnik sorgt für hohe Energieeffizienz und niedrige Betriebskosten.
In deckenhohen Regalreihen stapeln sich Paletten, Form- und Polstermatten, Kartonagen und Kantenschutzprofile, offene und geschlossene Kisten beim Verpackungsspezialisten Härdle in Bruchsal. Am Spätnachmittag sind die Lager- und Arbeitshallen verlassen, die Gabelstapler in Parkposition. Die acht Meter hohen Hallen sind sauber und aufgeräumt, der Betonboden blank.
Schwerpunkt des Unternehmens Härdle ist die Einkaufs- und Lagerlogistik und eine Spezialisierung auf intelligente Verpackungslösungen für komplexe Produkte. In zwei Logistikhallen, einem Zwischen- und einem Außenlager werden bis zu 11.000 verschiedene Teile gelagert. Gegründet 1986, erfolgte nach einigen Jahren erfolgreichen Wachstumskurses die Neuansiedelung in Bruchsal. Seit dem Jahr 2000 wird der Standort kontinuierlich erweitert.
Mittlerweile hat sich das 60 Mitarbei-ter starke Unternehmen auf insgesamt 23.000 m2 Logistikfläche und rund 500 m2 Bürofläche vergrößert.
Der Boden aus 30 cm dicken vorkonfektionierten Betonfertigteilen ist hier nicht nur zum Befahren da, sondern beherbergt auch das Rohrsystem der Flächenheizung. Sie ist Teil eines Gesamtkonzepts, das auf Wärmepumpen und erneuerbare Energien setzt. Strom kommt vom Dach aus Photovoltaikanlagen mit insgesamt mehr als 400 kWpeak, die 2010 und 2016 inklusive etwa 30 Wechselrichtern installiert wurden. Im Sommer ist das Unternehmen damit nahezu autark, im Winter werden immerhin 20 % des Eigenbedarfs gedeckt. Die gesamte Beleuchtung wurde gegen LED ausgetauscht. Die erste Ladestation für eine künftige E-Autoflotte ist installiert, weitere sollen folgen.
„Firmeneigentümer, die selbst modernisieren, treffen andere Entscheidungen als Investoren, die Büro- und Industriebauten für den Verkauf oder zur Vermietung errichten und die Betriebskosten den Käufern oder Mietern aufbürden“, sagt Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmepumpe e. V. (BWP).
Klimaschutz ist dem Geschäftsführer Wolfgang Härdle ein wichtiges Anliegen, doch hier zeigt sich, dass er auch wirtschaftlich nachhaltig ist. Früher wurden solche Gebäude wie hier mit Öl und Warmluftgebläsen geheizt.
Heute ist die Anlage das größte Objekt im Landkreis mit einer Fußbodenheizung und einer Betonkernaktivierung. Diese erlaubt im Zusammenspiel mit den Wärmepumpen eine besonders effiziente Heizung. Die ursprüngliche hohe Investition – ca. 600.000 € für beide Hallen – amortisierte sich innerhalb weniger Jahre; inzwischen wirken sich die stark gefallenen Betriebskosten positiv auf Konkurrenzfähigkeit und Bilanz aus.
Flächenheizungen und Wärmepumpen
Der massive Betonfußboden klimatisiert die Gebäude über seine gesamte Fläche besonders gleichmäßig. Die Systemtemperaturdifferenzen können niedrig bleiben: Das Heizungswasser muss nicht so stark erwärmt werden wie z. B. das Wasser in einer konventionellen Zentralheizung, die mit Öl oder Gas beheizt wird und deren Heizkörper eine wesentlich kleinere Übertragungsfläche bieten. Konventionelle Heizsysteme liefern überdies die bekannten Temperaturschichtungen im Raum, d. h. aufgrund der Physik ist es unter der Decke wärmer als am Boden – in hohen Lagerhallen ist dies ein besonderer Nachteil. Die Hallenbeheizung per Betonkernaktivierung liefert hingegen die Wärme dorthin wo sie gebraucht wird – in den Bereich wo sich Menschen aufhalten und halbwegs warme Füße haben wollen. Mit Vorlauftemperaturen von maximal 32 °C im Heizungsrohr wird der Betonboden bei Härdle 18 – 20 °C warm. Das genügt völlig, um ein entspanntes Arbeiten ohne Frieren oder Schwitzen zu ermöglichen. Die Wärmeverteilung ist sehr ausgeglichen. Erst in einer Höhe von 3 m über dem Betonboden sinkt die Temperatur ab.
Aufgrund der Masse ist das System träge. Ist es jedoch einmal auf Temperatur, liefert es zuverlässig konstante Wärme. Der Betonboden benötigte zum Erdreich hin keine Dämmung; die Wärme aus dem Heizkreislauf steigt nach oben.
Die erste Halle mit 6.000 m2 sowie 500 m2 Bürofläche mit Fußbodenheizung wurden 2009 in Betrieb genommen. Insgesamt 20 km Rohr liegen dafür im Boden. Versorgt wird sie von drei Wasser/Wasser-Wärmepumpen à 75 kW in Kaskade. Das System liefert eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von 4,9. Ein einziger 2.000-l-Pufferspeicher genügt für die komplette Halle. Die Grundwassernutzung ist abgabenfrei; das Wasser wird mit 10 °C aus drei Grundwasserbrunnen entnommen. Laufen alle drei Wärmepumpen gleichzeitig, was sehr selten ist, dann werden pro Wärmepumpe 15 m³, insgesamt 45 m³/h Grundwasser benötigt. Zurückgeführt werden die Mengen mit 5 °C über eine spezielle Versickerung aus 134 Sickerkörben, die mit 0,75 m Überdeckung auf dem Betriebsgelände verteilt sind.
Die Anlage für die zweite Halle mit einer Fläche von 3.500 m2 wurde 2016 fertiggestellt. Weitere Brunnen wurden von der Stadt nicht genehmigt; hier kamen stattdessen sieben Luft/Wasser-Wärmepumpen mit je 18,5 kW zum Einsatz (JAZ 4,2). Sie wurden wurden beim Bau der Halle in einem Zeitfenster von nur einem Tag über das noch offene Dach in einen speziellen Raum im Obergeschoss gehoben, erzählt Michael Heiler, Geschäftsführer der Firma MHK Wärme- und Kältetechnik, mit der Härdle von Anfang an zusammenarbeitete. Jede Wärmepumpe benötigt pro Stunde 4.500 m3 Luft, die durch wuchtige kastenförmige Kanäle vom Dach herein- und wieder hinausgeschleust wird. Wärmepumpen dieser speziellen Leistung sind inzwischen nicht mehr üblich; laut Hersteller Viessmann seien sie zu aufwändig in der Produktion, erzählt Heiler.
Die Energiewende muss „getan“ werden
„Alle Hallen müssten mit industriellen Fußbodenheizungen, so genannten Betonkernaktivierungen, ausgerüstet werden“, sagt Michael Heiler, der mit seiner Firma seit 1997 den Klimaschutz im Bereich der Gebäudetechnik mit Leidenschaft und Pioniergeist vorantreibt. „Wir müssen die Energiewende tun, und das nicht immer nur nach Herstellerangabe.“
Am Anfang standen für den Heizungsbaumeister und Entwickler Wartungsverträge, dann kontrollierte Wohnraumlüftung und Solarthermie. Sein erstes Wärmepumpenprojekt war die Ausrüstung der Wallfahrtskirche im Kloster Waghäusel mit einer Viessmann Sole/Wasser-Wärmepumpe im Jahr 2000. Sie steht gemeinsam mit einem 1.000-l-Pufferspeicher im Heizraum unter dem Kirchensaal. Durch Fußbodenauslässe wird er über ein Warmluftgebläse beheizt, dessen Wärmetauscherfläche wegen der geringeren Vorlauftemperatur mit doppelter Größe ausgelegt wurde. Unter der Kirche stehen zwei Pufferspeicher mit 1.500 l. Diese werde über eine Fernleitung vom Heizraum aus versorgt. Die Speichergröße genügt, um für die Dauer eines Gottesdienstes die nötige Wärme in der Kirche bereitzustellen. Außerdem werden ca. 2.500 m2 des Klostergebäudes über Heizkörper beheizt, darunter auch Gästezimmer für bis zu 20 Personen. 14 Sonden á 33 m liefern Energie aus dem Erdreich. Die Wärmepumpe arbeitet mit einer maximalen Vorlauftemperatur von 60 °C und das bis heute fehlerfrei und wartungsarm. Zur damaligen Zeit galt das bivalente System, das mit einer Ölheizung im Heizraum des Klosters parallel läuft, als revolutionär und es wurde zunächst nicht nur positiv aufgenommen.
„Manchmal muss man einfach Mut haben“, sagt Heiler, „auch unternehmerisch.“ Projekte wie dieses lassen sich nicht mit Standardlösungen bewältigen und in den 20 Jahren danach folgten viele weitere dieser Art. „Die Wärmepumpe ist zickig“, erzählt Heiler. „Wir haben auch viele Fehler gemacht.“ Doch: „Ein Wärmepumpenexperte ist nur, wer einmal vor einer Wärmepumpe gestanden und geweint hat“, sagt er auch. Die gewonnenen Erfahrungen sind unbezahlbar und am Ende wurde immer eine gute Lösung erarbeitet.
Heiler zufolge ist etwa eine hohe Jahresarbeitszahl nicht das einzig wichtige Kriterium. Nur mit dem falschen Kältemittel brauche die Wärmepumpe unbedingt eine Fußbodenheizung und hochgedämmte Wände mit der resultierenden hohen System-JAZ. Mit dem richtigen hingegen könne sie 90 °C Vorlauftemperatur bringen und das ist Industrieniveau. Im Bestand sind auch mit Jahresarbeitszahlen um 3,0 mehr Lösungen möglich als man annehmen würde. Das wichtigste ist dann jedoch die Art der Stromerzeugung. Erfolgt sie über Photovoltaik, Wind oder Wasserkraft, rückt die Jahresarbeitszahl in den Hintergrund. Was oft fehle, sei das Interesse bei Heizungsbauern – oder auch die entsprechende Ausbildung. „Heizung ist heute wenig Heizung und viel IT“, sagt Heiler, der auch in Forschungsprojekte an Universitäten involviert ist.
Nicht jeder Heizungsbaumeister muss jedoch forschen, tüfteln und am laufenden Band Sonderprojekte durchziehen. Vieles von dem, was Heiler sich mit seiner Firma an Fakten über die Wärmepumpe erarbeitete, ist heute in der VDI-Richtlinie 4645 Heizungsanlagen mit Wärmepumpen in Ein- und Mehrfamilienhäusern wiederzufinden, die u. a. Schulungskategorien für die Weiterbildung für Fachhandwerker formuliert.
An der Erarbeitung des Schulungskonzepts im VDI-Gremium „Qualitätssicherung von Wärmepumpen-Schulungen“ ist Viessmann-Produktmanager Egbert Tippelt in tragender Rolle involviert, der seit Jahrzehnten mit Heiler zusammenarbeitet. Unterstützt wird der VDI vom Bundesverband Wärmepumpe e.V. (BWP), bei dem sich Heizungsbauer zum „Sachkundigen für Wärmepumpensysteme nach VDI 4645“ qualifizieren können.
MSc, Dipl.-Ing. Silke Schilling


Anhang | Größe |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 346.62 KB |
· Artikel im Heft ·