Fraunhofer IMWS

Zuverlässigkeitsprognose von PV- und Batterie-Wechselrichtern

Das Fraunhofer IMWS ist an der Entwicklung präziserer Methoden für Lebensdauervorhersagen für Wechselrichter beteiligt, die eine wichtige Basis des Übergangs zu Erneuerbaren Energien darstellen.

Rasterelektronenmikroskopische Abbildung eines geschädigten Relais-Kontaktes nach zyklischer Strombelastung. Bild: Fraunhofer IMWS
Rasterelektronenmikroskopische Abbildung eines geschädigten Relais-Kontaktes nach zyklischer Strombelastung. Bild: Fraunhofer IMWS

Wechselrichter spielen eine Schlüsselrolle für moderne Energiesysteme. Sie werden überall eingesetzt, in privaten Haushaltsgeräten bis hin zu Kraftwerksparks. Ihre Bedeutung ist durch die Energiewende noch einmal gestiegen, denn auch für Photovoltaik (PV)-Anlagen, Batteriespeicher wie in der Elektromobilität oder das Energienetz-Management sind sie unerlässlich. Allerdings sind Wechselrichter in solchen Systemen sehr herausfordernden Einsatzbedingungen ausgesetzt: den Einflüssen von Schmutz, Wind und Wetter, hohen Spannungen und einem nahezu pausenlosen Betrieb. Ursachen für Defekte sowie Abläufe von Versagensprozessen sind dabei noch nicht ausreichend gut verstanden.

Hochwertige Wechselrichter erreichen trotz dieser Belastungen typischerweise eine Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren. Welche Bauweisen, Materialien und Auslegungen dies sicherstellen, ist aber noch weitgehend unbekannt, zumal für Anwendungsszenarien wie der Photovoltaik oder Elektromobilität noch relativ wenig Erfahrungswerte vorliegen. Deshalb werden die Wechselrichter mit Sicherheitszuschlägen gefertigt und im Zweifel überdimensioniert. Hersteller setzen auf Produktionsverfahren und Werkstoffe, mit denen die nötige Robustheit zu erwarten ist, allerdings ohne ein vertieftes Verständnis von Alterungsprozessen, Ausfallmechanismen oder Defektrisiken für die einzelnen Bauteile innerhalb eines Wechselrichters. Das bringt entsprechende Mehrkosten mit sich.

Im Projekt Reliability Design haben die SMA Solar Technology AG (Niestetal), die Electronicon Kondensatoren GmbH (Gera), die Merz Schaltgeräte GmbH & Co. KG (Gaildorf), das Institut für Maschinenelemente der Universität Stuttgart und das Fraunhofer IMWS (Halle/Saale) zusammengearbeitet, um das bisherige Erfahrungswissen durch wissenschaftlich fundierte Daten, Modelle und Messverfahren zu untermauern und zu erweitern. Im Ergebnis steht nun eine effiziente und präzise Methodik für die Zuverlässigkeits- und Lebensdauer-Vorhersage von PV- & Batteriewechselrichtern und ihren kritischen Bauteilen zur Verfügung – und somit eine noch bessere Grundlage für deren verlässlichen Betrieb über die gesamte Lebensdauer. Die Projektergebnisse können auch die Kosten der Stromproduktion senken.

Zielgenaue Auslegung bei Entwicklung neuer Wechselrichter

"Unsere Ergebnisse ermöglichen eine zielgenaue Auslegung bei der Entwicklung neuer Wechselrichter und schnellere Tests bei der Qualitätsprüfung. Damit lassen sich Herstellungskosten reduzieren, weil wir das Verhalten der Bauteile viel tiefgründiger verstanden haben", sagt Sandy Klengel, die am Fraunhofer IMWS das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderte Projekt geleitet hat.

Das Institut in Halle (Saale) hat für das Projekt die Aufklärung bisher unverstandener Fehler- und Alterungsvorgänge an Folienkondensatoren und elektromechanischen Schaltgeräten (DC-Trennschalter und Relais-Baugruppen) betrachtet und dabei vertiefte physikalische und chemische Analysen sowie Modellierung der Defektursachen und Zuverlässigkeitsrisiken angewendet. "Wir haben im Konsortium gezielt Felddaten von Wechselrichterausfällen analysiert und dabei auch geprüft, ob sich Erfahrungen und Methodiken aus anderen Anwendungsszenarien auf diese Phänomene übertragen lassen. Wir können hier ein exzellentes Verständnis des Material- und Bauteilverhaltens in der Leistungselektronik und umfangreiche Erfahrungen im Bereich Testentwicklung, Analyse und Bewertung von Korrosionsprozessen mikroelektronischer Komponenten einbringen", sagt Sandy Klengel. "Durch das Projekt haben wir nun auch für das häufig besonders kritische Zusammenwirken von Spannung, Temperatur und Feuchte auf Isolationsmaterialien eine große Expertise entwickelt."

Neue Methoden zur Prüfung von Folienkondensatoren und Schaltern

Durch häufig eigens entwickelte Test-Setups wurde im Projekt unter Laborbedingungen eine Vielzahl von Defekten und Degradationsmechanismen gezielt provoziert, bei der jeweils auch Materialwechselwirkungen im Gerät, wechselnde elektrische Belastung oder Standortfaktoren wie saisonale Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen oder korrosive Medien wie Salznebel berücksichtigt wurden. Zugleich erfolgte eine Bewertung, welche dieser Phänomene auch für den Einsatz im Feld und für den zuverlässigen Betrieb tatsächlich relevant sind, etwa durch einen Abgleich mit defektfrei im Feld gealterten Komponenten und Bauteilen.

Die gewonnenen Erkenntnisse betreffen etwa Risse in Keramikschichten, wodurch die Isolationsfestigkeit von Leistungsmodulen gefährdet werden kann, Bildung von Oxidschichten, Demetallisierung, Polymerdegradation, thermische Schädigung durch Überspannung, Lotdegradationen aufgrund thermomechanischer Belastungszyklen, kristalline Ablagerungen, lokale Aufschmelzungen, Kontaminationen mit Fremdmaterial oder das Versagen von Gehäusekomponenten.

Fehlerkatalog zu Ausfallarten, Merkmalen und Ursachen formuliert

Die Ergebnisse der Analysen an Folienkondensatoren wurden in einem Fehlerkatalog zusammengefasst, der eine Übersicht zu Ausfallarten, Fehlermerkmalen, Fehlertyp und Fehlerursachen bietet. Ergänzend wurden numerische Simulationsansätze für ein erweitertes Verständnis der Physics of Failure eingesetzt, um beispielsweise lokale Stromdichte- und Verlustwärmeverteilungen in Schaltern zu ermitteln. "Mit den Ergebnissen können Hersteller jetzt den Materialbedarf und Testaufwand reduzieren und damit die Gerätekosten senken – ohne Einschränkungen bei Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Wechselrichter. Das ist auch ein Beitrag, um das erneuerbare Energiesystem günstiger zu machen", sagt Klengel.

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