Hitzegefahr in der Stadt senken

Duschwasser zur Bewässerung nutzen

Grüne Oasen können Hitze in der Stadt abmildern. Gegen Wasserknappheit bei anhaltender Trockenheit hilft etwa gereinigtes Wasser aus Duschen, Waschbecken und Badewannen, das auch Ressourcen schont. Ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördertes Projekt liefert Handlungsempfehlungen.

Lebenswichtig: städtische Begrünung zur Minimierung von Hitzeauswirkungen. Aufbereitetes Grauwasser aus Waschbecken, Duschen, Badewannen und Küchen leistet einen erheblichen Beitrag zur nachhaltigen Bewässerung. Bild: Anastasiia/stock.adobe.com
Lebenswichtig: städtische Begrünung zur Minimierung von Hitzeauswirkungen. Aufbereitetes Grauwasser aus Waschbecken, Duschen, Badewannen und Küchen leistet einen erheblichen Beitrag zur nachhaltigen Bewässerung. Bild: Anastasiia/stock.adobe.com

Dem Umweltbundesamt (UBA) zufolge gab es in den Sommern 2023 und 2024 jeweils etwa 3.000 hitzebedingte Todesfälle in Deutschland. Künftig sei mit einem Anstieg zu rechnen. Davor hat am Mittwoch auch der bundesweite Hitzeaktionstag gewarnt. Die Attributionsforschung rund um ein internationales Team der World-Weather-Attribution (WWA)-Initiative hat überdies in einer vor wenigen Tagen vorgelegten Studie die Zusammenhänge zwischen menschengemachter Klimakrise und globaler Extremhitze dargelegt – inklusive der lebensbedrohlichen Gefahren besonders für Alte, Kranke und Schwangere.

Laut WWA war 2024 im globalen Durchschnitt das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Hälfte der Menschheit – also rund vier Milliarden Menschen – haben im Vergleich zu einer Welt ohne Klimawandel von Mai 2024 bis Mai 2025 etwa 30 zusätzliche Hitzetage erlebt. „Wir müssen diese Erkenntnisse sehr ernst nehmen. Stadtplanung benötigt vollkommen neue Parameter: weniger Beton und Asphalt, mehr Schutz, Schatten und grüne Oasen. Das ist lebenswichtig“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.

Hitzebedingte Sterblichkeit in Städten höher als in ländlichen Gebieten

Dem Umweltbundesamt zufolge ist in Städten die hitzebedingte Sterblichkeit wegen so genannter Wärmeinseln höher als in ländlichen Gebieten. „Wir brauchen mehr städtische Begrünungen, um die Auswirkungen solcher Hitzeinseln zu minimieren“, so Bonde. Ein solches Ziel trotz begrenzter Wasserressourcen wird also eine Zukunftsaufgabe besonders für Städte und Kommunen. Doch die urbane Vegetation ist immer häufiger auf eine Bewässerung angewiesen, um ihre Funktionen im Zuge der Klimaanpassungsstrategie zu gewährleisten. 

Grauwassernutzung

Aufbereitetes Grauwasser aus Waschbecken, Duschen, Badewannen und Küchen kann hier einen erheblichen Beitrag leisten. Ein Forschungsteam, koordiniert von der Bauhaus-Universität Weimar, hat mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) eine Lösung für die Nutzung von Regen- und Grauwasser entwickelt. Eine infrastrukturelle Anpassung sowie intelligente Speicher- und Regelungskonzepte machen die Ressourcen effizient und bedarfsgerecht verfügbar.

Bonde: „Die Nutzung von Grauwasser bietet sich als eine Lösung an: Das schont zugleich den Frisch- und Trinkwasserverbrauch und stärkt die Widerstandsfähigkeit von Städten gegen Klimawandelfolgen.“ Das DBU-geförderte Projekt zeigt, wie es funktionieren kann: Gebrauchtes Wasser aus Waschbecken, Duschen, Badewannen und Küchenspülen wurde zunächst gereinigt, dann mit Regenwasser gemischt und könnte zukünftig in einem Modellquartier in Dortmund für die effiziente Bewässerung von Grünflächen umgesetzt werden. Bonde: „Wir müssen Wasser viel mehr wertschätzen und behutsamer damit umgehen.“

Intelligente Steuerung regelt Wasserzufuhr präzise nach Bedarf

Das Projektkonsortium mit Fachkenntnissen aus Wohnungs- und Gartenbau, Wasserwirtschaft, Bewässerungstechnik sowie künstlicher Intelligenz (KI) und Gesundheit hat ein Wassermanagement entwickelt, das dezentrale, anpassungsfähige und KI-gestützte Systeme integriert. 

„Die Steuerzentrale ermöglicht eine bedarfsgerechte Bewässerung: Sie misst kontinuierlich die Bodenfeuchte und steuert die Wasserzufuhr präzise nach Bedarf", sagt Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Silvio Beier von der Bauhaus-Universität Weimar. Dadurch erfolge eine schnellere Reaktion auf Veränderungen in der Umwelt und den Grünanlagen – dezentral direkt vor Ort. Digitalisierung sei entscheidend für die effiziente Wassernutzung. Beier: „Künstliche neuronale Netze helfen bei Datenanalyse und zur Fehlererkennung, -isolierung und -behebung von Defekten mittels Sensoren.“

Modellquartier „Bergmannsgrün“ in Dortmund – Internationale Gartenausstellung 2027

Laut Beier erfolgt eine physikalische, chemische und mikrobiologische Analyse der Grauwasserqualität. Zudem werden das gereinigte Grauwasser aus Haushalten sowie das Regenwasser von Dachflächen in einem Zwischenspeicher gebündelt. Beier: „Der Zwischenspeicher dient als Reservoir für die Bewässerung und als saisonaler Wärmespeicher.“ Bewohnerinnen und Bewohner sollen aktiv in den Prozess der Grauwassernutzung eingebunden und über Ziele, Vorteile und technischen Aspekte der Grauwassernutzung informiert werden. „Das erhöht den lokalen Mehrwert und die gesellschaftliche Akzeptanz“, so Beier. Als Untersuchungsgebiet diente das Modellquartier „Bergmannsgrün“ der Firma Vivawest Wohnen in Dortmund-Huckarde, das im Kontext der Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2027 entsteht.

Handlungsempfehlungen für Bauwillige und Stadtplanung

Die Forschungsergebnisse des Projekts sollen öffentlich zugänglich gemacht werden. Dazu DBU-Fachreferentin Sabine Djahanschah: „Das innovative Projekt und der entwickelte Leitfaden für Bauwillige und Stadtplanung liefern wegweisende Impulse für eine klimaangepasste Stadtentwicklung.“ Dieser enthält Handlungsempfehlungen zur Implementierung von Grauwassernutzungssystemen in urbanen Grünanlagen und zur Integration von Sensortechnologien in das Wassermanagement. Kooperiert haben das Institut für Digitales und Autonomes Bauen der Technischen Universität Hamburg, die Hochschule Hamm-Lippstadt, das Unternehmen HVG Grünflächenmanagement sowie das Ingenieurbüro JENA-GEOS. Hier geht es zum Leitfaden: Wasserwende im Wohnungsbau.

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