Am Dienstag veröffentlichte das Statistische Bundesamt die Wohnungsbaugenehmigungszahlen für den Monat Dezember und das Jahr 2024.
Kritik vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie
„Die Zahlen der Wohnungsbaugenehmigungen haben unsere Erwartungen leider erneut bestätigt. Bei Neu- und Umbauten von Wohn- und Nichtwohngebäuden wurden im Dezember 2024 etwa 22.250 Wohnungen genehmigt, dies war zwar gegenüber dem Vorjahresmonat ein Plus von 5,1 %. Für das Gesamtjahr 2024 verzeichnet die Branche allerdings lediglich 215.900 Genehmigungen. Damit wurde das Ergebnis von 2023 um 43.700 bzw. 18,6 % verfehlt. Wir befinden uns damit unter dem Niveau von 2011.“ Mit diesen Worten kommentiert der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, die Baugenehmigungszahlen für den Dezember und das Jahr 2024.
„Trotz der sozialen und gesellschaftlichen Brisanz ist der Wohnungsbau in diesem Wahlkampf kein zentrales Thema geworden, das wundert uns – ist aber leider nicht mehr zu ändern. Nach der Bundestagswahl muss das Thema wieder auf die Tagesordnung. Die neue Regierung hat nicht viel Zeit. Attacke Wohnungsbau – denn das ist Sozialpolitik. Neben einer zielgerichteten finanziellen Unterstützung benötigen wir ein verlässliches Marktumfeld, das endlich die dringend benötigte Schaffung von ausreichend bezahlbarem Wohnraum ermöglicht.“ Ein Hoffnungsschimmer: Die Voraussetzungen für eine Bodenbildung im Wohnungsmarkt noch in diesem Jahr sind etwas besser als im vergangenen Jahr. Die Hypothekenzinsen bei den langen Laufzeiten lagen Ende des Jahres um 0,2 Prozentpunkte unter dem Niveau zu Jahresbeginn.
Der Neubau im Nichtwohnungssegment ist 2024 ebenfalls im Sinkflug: Während sich bei den Genehmigungen (veranschlagte Baukosten) im Wirtschaftshochbau reale1 Rückgänge von rund 5,5 % ergeben, nahmen die Genehmigungen im Öffentlichen Bau real um rund 3,7 % ab. „Hier haben sich im Jahresverlauf die Auswirkungen der Industrieschwäche und die starken Energiekostensteigerungen bemerkbar gemacht. Überlegungen hinsichtlich möglicher Standortverlagerungen ins Ausland nehmen zu“, kommentiert Müller die Entwicklung. Er fordert Bund, Länder und Gemeinden auf, nicht am falschen Ende zu sparen, sondern die Baubudgets aufzustocken, um den Investitionsstau im Öffentlichen Bau nicht noch größer werden zu lassen und die Daseinsvorsorge zu sichern.
1Berechnung der BAUINDUSTRIE
BMWSB bewertet Lage und Aussichten positiv
„Der Wohnungsbau macht gerade eine schwere Zeit durch", heißt es vom BMWSB. "Die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die wirtschaftliche Entwicklung und gerade auch auf den Wohnungsbau sind weiterhin spürbar. Aber: Es geht aufwärts. Der Rückgang der Baugenehmigungen insgesamt hat sich bereits seit der zweiten Jahreshälfte 2024 abgeschwächt", so der Sprecher.
"Wir erwarten in diesem Jahr die Trendwende. Die Zinsen für Wohnungsbaukredite sind gesunken, der Anstieg der Baukosten hat sich verlangsamt, die Auftragslage am Bau geht nach oben. Die Politik der Bundesregierung hat den Wohnungsbau stabilisiert. Der soziale Wohnungsbau, für den der Bund bis 2028 insgesamt 21,65 Milliarden Euro plant bereitzustellen, hat sich als Stabilitätsanker der Bauwirtschaft erwiesen. Im Jahr 2024 wurden rund 55.000 Sozialwohnungen gefördert, eine Steigerung von rund 33% gegenüber 2022. Viele Länder, wie z.B. Hamburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen, fördern den sozialen Wohnungsbau massiv und stabilisieren mit hohen Zuwachsraten im sozialen Wohnungsbau die Baubranche. Gemeinsam mit den Neubau-Förderprogrammen des Bundesbauministeriums konnten im Jahr 2024 schätzungsweise rund 108.000 Wohnungen öffentlich gefördert werden, etwa 40% der genehmigten Wohnungen. Rund 390.000 Wohnungen, die sich derzeit im Bau befinden, werden die Baufertigstellungen in Deutschland stabilisieren.“
Nachfolgende Indikatoren werden die Bautätigkeit in Deutschland positiv beeinflussen:
- Die Hypothekenabschlüsse liegen in der 6. Kalenderwoche gegenüber dem Vorjahreswert rund 24,9 % im Plus.
- Die Finanzierungsbedingungen haben sich deutlich verbessert: die Hypothekenzinsen liegen laut Interhyp mit aktuell rund 3,33 % (bei 10-jähriger Zinsbindung) trotz eines zwischenzeitlichen leichten Anstiegs in den letzten Wochen nach wie vor deutlich unter ihrem Höchststand im November 2023 (4,23 %).
- EZB hat auf ihren letzten Sitzungen im zudem die Leitzinsen gesenkt, sodass der zentrale Zinssatz für die Einlagefaszilität aktuell bei 2,75 % liegt.
- Die Immobilienpreise sind laut vdp und GREIX im 4. Quartal erneut leicht gestiegen (bzw. die Preise für Eigentumswohnungen haben laut GREIX stagniert), nachdem sie im 2. Quartal erstmals seit rund 2 Jahren gestiegen waren, und setzen damit einen Anreiz für Neubau.
- Die Inflation hat sich 2024 abgeschwächt, während die Bruttolöhne und Gehälter stiegen, sodass Wohnraum auch bei höheren (Bau-)Preisen wieder erschwinglicher wird.
- Der Anstieg der Baukosten hat sich deutlich verlangsamt.
- Der ZIA geht in seinem Frühjahrsgutachten davon aus, dass sich die Auftragseingänge weiter stabilisieren und die Wohnungsbauinvestitionen ab Mitte dieses Jahres wieder erholen.
- Die Baufertigstellungen 2023 waren durch den hohen Bauüberhang stabilisiert worden: Wie schon in 2021 und 2022 wurden knapp 300.000 Wohnungen errichtet. Ein ähnlicher Effekt könnte auch für 2024 entstehen. Das DIW rechnet in einer Schätzung für das BMWSB mit rund 265.000 fertiggestellten Wohneinheiten in 2024. Die offiziellen Zahlen für das Jahr 2024 liegen erst im Mai 2025 vor (sowohl zu Baufertigstellungen als auch Bauüberhang).