Auftragslage der Bauindustrie bleibt schwach, Erwartungen verhalten
Der ZdB stellte am Freitag die aktuellen Baukonjunkturerwartungen der Branche in den den drei Feldern Wohnungsbau, Industriehochbau (Gewerbebauten) und Industrietiefbau (Infrastruktur) vor.
Demnach sind die Einbrüche im Wohnungsbau besonders hoch, wo 75 % der Unternehmen über zu geringe Auftragsbestände klagen. Im Ausbau und Tiefbau meldet gut die Hälfte der Unternehmen, über gute oder zumindest ausreichende Auftragsbestände zu verfügen. Insbesondere sei das begründet in umfangreichen Infrastrukturprojekten (Stromnetze, Umspannwerke, Bahn-Infrastruktur), sagt Wolfgang Schubert-Raab, Präsident Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB): "Treiber sind hier die Energie- und Mobilitätswende."
Der Wirtschaftstiefbau verzeichnet für 2024 real positive Wachstumsraten von 9% (2024) und erwartet für 2025 noch einmal 4,5%. Er wird erstmalig umsatzstärker als der Wirtschaftshochbau sein.
Reale Umsatzrückgänge prognostiziert
„Der Umsatz im Bauhauptgewerbe wird 2024 voraussichtlich knapp 160 Milliarden Euro erreichen. Dies entspricht einem nominalen Rückgang von 2 Prozent, unter Herausrechnung der Preisentwicklung von zwei Prozent, einem realen Minus von 4 Prozent", so Schubert-Raab. "2025 dürfte das fünfte Jahr in Folge mit realen Umsatzverlusten sein: Die Umsätze werden bei einer Preisentwicklung um 2,5 Prozent um real 2,5 Prozent sinken“, kommentiert er die Konjunkturzahlen der Bauwirtschaft 2024 /2025. Seit 2021 seien die Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe real um 13% zurückgegangen. Laut ZDB-Umfrage unter mehr als 1.600 Unternehmen bleibe der Mangel an Aufträgen der häufigste Baubehinderungsgrund.
Schwache Nachfrage im Wohnungsbau
Im Wohnungsbau wirke sich die unzureichende Neubauförderung aus, heißt es vom Verband. Für 2024 werden nur noch 250.000 bis 255.000 fertiggestellte Wohnungen erwartet, ein deutlicher Rückgang gegenüber 294.400 WE im Jahr 2023 und noch weiter weg von den urpsprünglich versprochenen 400.000. Die Rahmenbedingungen – stark gestiegene Bau- und Finanzierungskosten – blieben ungünstig. Die Nachfrage nach Baugenehmigungen stagniere auf niedrigem Niveau.
Noch nicht in die Zahlen eingepreist sei zudem, dass Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen, weil es keinen beschlossenen Haushalt gibt", sagt Schubert-Raab. Das betreffe sämtliche Länder.
Öffentlicher Bau: Investitionsstau gefährdet Infrastruktur
Kommunen, die 60 Prozent der öffentlichen Bauinvestitionen tragen, kämpfen seit über zwei Jahrzehnten mit negativen Nettobauinvestitionen. Laut KfW-Kommunalpanel ist der Investitionsstau allein in den Kommunen bis 2023 auf 186 Milliarden Euro angestiegen. Es besteht dringender Handlungsbedarf
Der Investitionsstau wird durch unzureichende öffentliche Budgets weiter verschärft. Hinzu kommen aktuelle Herausforderungen durch die vorläufige Haushaltsführung ab 2025, die geplante Projekte verzögert und Kapazitäten im Bauwesen gefährdet.
Für 2024 wird der Umsatz im öffentlichen Bau auf rund 47 Milliarden Euro geschätzt, ein realer Zuwachs um drei Prozent. Für 2025 wird mit Stagnation gerechnet. Nur durch strukturelle Reformen und eine verlässliche Finanzierung kann der Investitionsstau nachhaltig abgebaut werden.
In Zeiten knapper öffentlicher Kassen bringt das Verkehrsministerium erneut Geschäftsmodelle wie Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) ins Spiel. Diese komplexen Vergabemodelle, die von der privaten Vorfinanzierung bis zur Betreiberphase über 30 Jahre reichen, schließen den Mittelstand faktisch vom Wettbewerb aus, heißte es vom ZdB. Dies zeigten die Erfahrungen mit den bisherigen ÖPP-Staffeln zeigen. Dies schade nicht nur mittelständischen Unternehmen, sondern auch der öffentlichen Hand und letztlich den Steuerzahlern. Der Bund sollte stattdessen seine Planungskompetenz in der Autobahn GmbH und bei der DEGES weiter stärken und nicht schwächen. Um dem Investitionsstau in Deutschland Herr zu werden, braucht es zügig eine auskömmliche Finanzausstattung für alle Verkehrsträger.
Forderungen an die kommende Bundesregierung
ZDB-Präsident Schubert-Raab fordert einen Neustart Bau mit strukturellen Reformen und klaren politischen Weichenstellungen und verweist auf die Bedeutung der Bauindustrie für die deutsche Wirtschaft. "Angesichts sinkender Baugenehmigungen, hoher Zinsen und sanierungsbedürftiger Infrastruktur ist ein politischer Neustart Bau unumgänglich. Wichtig dabei sind verlässliche Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung von Bauaufgaben durch mittelständische Unternehmen."
Der ZdB appelliert an die neue Bundesregierung, die bestehenden Förderungen fortzuführen. Seien Töpfe leer, solle die Förderung nicht abgeschafft, sondern im Folgejahr fortgeführt werden. In Anbetracht der Zeiten, die von Baugenehmigung bis Fertigstellung vergehen (z.B. bei einem Einfamilienhaus 18 Monate, bei Mehrfamilienhaäusern mehr) sei nichts schlimmer für Bauherren als alle drei Monate eine Änderung der Förderbedingungen.
Außerdem brauche man ein starkes Bauministerium, das Bauen, Sanieren und Förderpolitik in einer Hand bündelt.
ZdB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa mahnt außerdem an, dass die Themen Klimawandel, Nachhaltigkeit und Ökologie in der politischen und öffentlichen Debatte fast gar nicht mehr vorkommen. Dabei sei das eine riesige Aufgabe für die Bauwirtschaft. "Mit einer neuen Regierung wollen wir da wirklich vorankommen", so Pakleppa. Dem ZdB zufolge ist eine enge Verzahnung von Klimaschutz und Baupolitik erforderlich, um ökologische und ökonomische Ziele in Einklang zu bringen und attraktives Bauen zu ermöglichen.
Sparsamer bauen
"Wir brauchen den Gebäudetyp E", sagt Schubert-Raab, der mit der künftigen Regierung auch darüber reden will. Er sieht das als wichtige Option, die Kosten im Wohnungsbau deutlich zu senken. Dabei gehe es nicht um Einschränkungen bei Technik und Sicherheit. Beim Komfort ließe sich aber sicher differenziert entscheiden.
Effizienzpotenzial gebe es weiterhin mit dem seriellen Bauen und Sanieren. Und schließlich müsse der Effizienzhausstandard 55 wieder gefördert werden. Diesen Standard beherrschten Planer wie Bauherrn, und von der Energieeinsparung her seien mit mehr teurem Dämmstoff für den EH40-Standard kaum noch zusätzliche Energieeinsparungen zu erzielen.