Mit KI Solarthermie-Anlagen effizient und kostengünstig regeln

ANNsolar, so nennen die Forscher des Fraunhofer ISE das Projekt, bei dem sie Künstliche Intelligenz (KI) für die kostengünstige und energetisch optimierte Regelung von Heizungsanlagen entwickeln.

Das menschliche neuronale Netz stand Pate bei der Entwicklung der künstlichen neuronalen Netze für die Regelung von solarthermischen Heizungsanlagen (Bild: pixabay)
Das menschliche neuronale Netz stand Pate bei der Entwicklung der künstlichen neuronalen Netze für die Regelung von solarthermischen Heizungsanlagen (Bild: pixabay)

Künstliche neuronalen Netze ähneln dem menschlichen Gehirn. Sie sind in der Lage, Handlungsstrategien selbstständig mithilfe von erlebten Beispielen zu entwickeln. Ihr Aufbau orientiert sich dabei an den Erkenntnissen der Neurobiologie über die Funktionsweise des menschlichen Gehirns. Genau hier setzt das Projekt „ANNsolar – Neuronale Netzwerke für die Anwendung in der Solarthermie“ an.

Die Wissenschaftler arbeiten an einem Regelungskonzept, das individuelle Randbedingungen, wie lokales Klima oder Wärmedämmstandard, sowie das charakteristische Betriebsverhalten der solarthermischen Anlage und des Wärmeverteilsystems selbstständig identifiziert.

Die Netzstrukturen erfassen die individuelle thermische Dynamik des Gebäudes, die Wärmebedarfsänderung durch Solarstrahlung auf die Gebäudehülle und den Ladezustand des Speichers in Abhängigkeit der Betriebsbedingungen. So sind sie in der Lage, die thermischen Zustände für die Zukunft zu prognostizieren, ohne dass eine Simulation erforderlich ist. Die entsprechende Abhängigkeit erlernen die neuronalen Netze selbstständig.

Erhebliches Einsparpotenzial

Die Entwicklung von Raumtemperatur, Solarertrag und Speicherladezustand lässt sich dann im Regelungsbetrieb prognostizieren. Auf diese Weise kann die Heizungsanlage optimal betrieben werden. „Künstliche neuronale Netze bieten so eine hervorragende Möglichkeit, Heizungsanlagen effizienter und kostengünstiger zu regeln“, erklärt Dr. Wolfgang Kramer, Abteilungsleiter Thermische Speicher und Gebrauchsdaueranalyse sowie Koordinator Solarthermie am Fraunhofer ISE.

Im Vergleich zu einer optimierten konventionellen Regelung bei Bestandsgebäuden liegen hier die Einsparpotenziale bei mindestens sieben Prozent. Nicht optimierte Regelungen kommen in der Praxis sehr oft vor. Gegenüber solchen Anlagen liegt das Einsparpotenzial in der Größenordnung von zwölf Prozent und mehr, so das Ergebnis der Arbeiten.

Mithilfe dieses Ansatzes sollen die Maximierung von Solarertrag und Energieeffizienz, vor allem aber auch die Reduzierung der Aufwände bei Installation und Inbetriebnahme der Regler erreicht werden. Man rechnet mit Einsparungen von mehreren Stunden an Handwerkerdienstleistung.

Die Kombination von selbstlernenden künstlichen neuronalen Netzen (Artificial Neural Network- ANN), die nichtlineare Zusammenhänge abbilden, und einer Linearen System Identifikation (LSI) stellt einen vielversprechenden Ansatz dar. Sowohl nichtlineares als auch lineares Verhalten der Anlage lässt sich mithilfe dieser Verknüpfung abbilden. Am Fraunhofer ISE wurden die dafür benötigten Algorithmen entwickelt, in einen Regelungscode implementiert und erfolgreich in einer realen Anlage validiert.

Individuelle Prognosen ohne aufwändige Simulationen

Die Prognosen von Raumtemperatur, Solarertrag und Speicherladezustand stellen die wesentliche Basis des entwickelten Regelungskonzepts dar. Mithilfe der Kombination aus ANN und LSI lassen sich die Größen in guter Genauigkeit vorhersagen. Messdaten einer realen Heizungsanlage mit solarthermischer Unterstützung wurden für das Training von ANN-Netzen genutzt, um dies nachzuweisen. „Die große Stärke des gewählten Regelungsansatzes besteht darin, dass er in der Lage ist, individuelle Prognosen über die zukünftige Entwicklung von Raumtemperatur und Solarertrag zu generieren und zu berücksichtigen, ohne dass dafür aufwändige Simulationen notwendig sind“, so Dr. Wolfgang Kramer.


Die ANN-Regelung übernimmt zwei Regelungsfunktionen und greift dabei auf die ANN-Prognosen zurück. Die individuell optimale Heizkurve wird automatisch ermittelt. Im Vergleich zu einer konventionellen Heizkurve werden hier zusätzliche Einflüsse (z.B. passive solare Erwärmung des Gebäudes, Betrieb eines Kaminofens) berücksichtigt.

Die Regelung steuert zudem auch die Zuschaltung der fossilen Nachheizung. Über die Einschaltung der Heizung entscheidet die Prüfung der Heizung, ob die notwendigen Speichertemperaturen innerhalb eines Prognosezeitraums ggf. auch ohne Nachheizung erreicht werden. Unnötige Brennerstarts fallen weg. Die fossile Nachheizung wird minimiert und der solare Ertrag maximiert.

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